15 Jahre IPv6 und die Deutschen
Seit ungefähr 15 Jahren (wenn man die ersten Schritte dazunimmt, sind es eigentlich schon 20) wird am neuen IP-Protokoll IPv6 gebastelt. Die Deutschen haben sich – wie immer – kaum oder gar nicht an der Entwicklung beschäftigt. Hat keinen interessiert.
Jetzt, wo IPv4 erschöpft ist und die Welt (endlich) zum Sprung auf IPv6 ansetzt, wo es eigentlich kein zurück und keine Verzögerung mehr geben kann, jetzt, wo es in allen Betriebssystemen und neueren Routern und anderen Geräten implementiert ist, jetzt kommen die Deutschen an und machen sich Gedanken über die anonyme Nutzung und wie man das Verhindern kann.
Typisch deutsche Internet-Eigenheiten: Erst jahrelang ignorieren und die anderen die Entwicklungs- und Implementierungsarbeit machen lassen, und dann hinterher kommen und rummäkeln und verhindern. Wie immer.
Und warum ist das so? Ich hab’s schon so oft geschrieben. Weil wir kein Ingenieurs-, sondern ein Juristenstaat sind. Und Juristen ihrer Natur und Aufgabenstellung entsprechen nicht konstruktiv, aufbauend oder vorausschauend tätig sind, sondern abwarten, was andere machen, und dann im Nachhinein destruktiv feststellen, welche Rechte es verletzt und wie man es verhindern kann.
14 Kommentare (RSS-Feed)
> jetzt kommen die Deutschen an und machen sich Gedanken über die anonyme Nutzung und wie man das Verhindern kann
Ja, ja, das sagtest du schon ausführlich und ganz richtig.
> Weil wir kein Ingenieurs-, sondern ein Juristenstaat sind.
Volle Zustimmung. Was ich aber schlimmer finde als dass das so ist, ist dass niemand was dagegen unternimmt. Inkl. uns hier, wir meckern, oder hören dir dabei zu, aber unternehmen wir was?
@dasuxullebt TOR mögen sie nicht, weil sie das selbst weitgehend daran hindert unsere Anonymität zu kompromittieren. Unterm Strich geht es um die Interessen der Politiker, die die Datenschutzbeauftragten bezahlen.
Typisch deutsch? Nun ja…nicht ganz. Bill Gates ist, soweit ich weiß, kein Deutscher. Meiner Meinung nach hat er aber mit dieser Vorgehensweise angefangen.
( Das war mein unqualifizierter Beitrag zum Freitag 😀 )
Ich weiß nicht… Gerade dieses IPv6-Gehampel zeigt doch vor allem, wie wenig Macht der Datenschutzbeauftragte hat, oder von mir aus auch wie viel Aufmerksamkeit er generieren möchte.
Aber wie haben hier doch keine unüberbrückbaren Unterschiede zwischen 4 und 6, wieso 6 unsicherer sein sollte als 4. Wenn man die Dinger dynamisch vergibt, ist es genau das Selbe. Vielleicht bin ich da jetzt ja nur naiv, aber wenn der Gesetzgeber/das Volk das unbedingt will, sollte das doch mit einem Gesetz zu regeln sein, ohne in 15 Jahren Spezifikationen rumzubasteln. “Internetanbieter haben ihren Kunden (auf Wunsch) (mindestens) dynamische Adressen anzubieten.” Sowas sollte ein Volk von Juristen doch in ein gültiges Gesetz übersetzen können…
Natürlich hätte man, wenn einem wirklich was an dem Thema läge, auch schon mal an dem Standard mitarbeiten können um zu schauen, wie der noch besser als IP4 zu kriegen ist, aber darum geht’s bei dem Gehampel ja nicht mal. Man möchte das alte “Schutzniveau” beibehalten, was ja jetzt wirklich kein Kunststück ist. Sicher, vielleicht war es auch nur Glück, dass sich das aus dem Standard der uns vorgesetzt wurde, so leicht retten lässt, aber es ist nun mal so.
Oder ist mir irgend etwas fundamentales an IPv6 entgangen, was jetzt noch ein Problem wäre, außer der Möglichkeit der statischen Adresse?
Dazu paßt ja auch:
Wir wollen mit Gesetzen verbieten, was sich eigentlich nur durch guten Willen des betreibers erreichen läßt, genauso wie es die Bankräuber juckt, daß es verboten ist, Banken zu berauben.
Warum wird bitte kein Browser programmiert der Datenschutzrechtlich passt? Ist das wieder zu konstruktiv?
Wenn man sich nur anschaut, was Firefox, Chrome, Safari und Co über einen Preisgeben. Einfach alles was möglich ist! Statt eines do not track headers der lieb darum bittet das man nicht verfolgt wird, sollte der Browser mal schön den Mund halten außer ich erlaube es ihm. Auch funktionen wie like buttons und co haben nichts auf Webseiten verloren, sondern gehören in den Browser, dann kann man auch Personen nicht mehr über die Homepage-Knöpfchen tracken, ohne das man mit den Diensten wirklich was macht…
Grüße
ziv
Warum immer diese bekloppte Verallgemeinerung? In Deutschland leben über 80Millionen Menschen. Nicht alle sind Juristen, Datenschützer, ahnungslose Politiker oder eben Informatiker.
Über das vermeintliche Datenschutzproblem wurde schon alles gesagt, eben nur noch nicht von jedem.
Nachdem letztes Jahr sich der Hamburger Datenschutzbeauftragte meinte dazu äußern zu müssen, ist nun der Bundesdatenbeauftragte dran. Sich darüber aufzuregen lohnt nicht.
Ansonsten sei angemerkt, dass es auch sehr wohl Admins und Informatiker in diesem Land gibt, die das internationale Projekt “IPv6” stark voran treiben.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Schäfer
Diese Seite hat übrigens noch keinen AAAA-Record.
@Thomas:
Diese Seite hat bewußt noch keinen AAAA-Record, obwohl der Rechner, auf dem sie läuft, schon voll am IPv6 angeschlossen ist.
Es hat sich aber gezeigt, daß einige Nutzer des Servers noch erhebliche Probleme haben, etwa weil es bei Tunnelprovidern noch zu Abbrüchen und dergleichen kommt. Ich selbst verwende beispielsweise 6to4-Tunnel, die hier seit kürzlich aber auch nicht mehr funktionieren. Das ist derzeit einfach noch viel zu fehleranfällig für Produktivsysteme. Das Problem ist nämlich, daß die Anwendungsprogramme immer erst IPv6 versuchen, und dann im IPv6 hängen bleiben. Ich brauche aber einen Webserver der läuft, ich hatte schon genug Probleme mit Hängern bei hoher Last. Zumal mir derzeit keine Nutzer bekannt sind, die nur noch über IPv6 zugreifen können.
Deshalb schalte ich IPv6 frühestens dann frei, wenn ich selbst keine Probleme mehr feststellen kann. Und das ist derzeit nicht der Fall. Denn IPv6 läuft derzeit noch nicht so stabil, wie viele behaupten. Die, die tröten, daß das alles so sauber und einwandfrei läuft, haben meistens gar nicht so den Überblick.
Ich denke – gerade im Licht von ipv6 – ist es notwendig TOR-netze (oder besseres..) zu fördern und insbesondere bezüglich der Rechtslage (Störerhaftung..) abzusichern;
Das wären auch durchaus erste Optionen, die Herr Schaar zumindest fordern könnte.
@Hadmut
“Die, die tröten, daß das alles so sauber und einwandfrei läuft, haben meistens gar nicht so den Überblick.”
Ich gehöre zu denen, behaupte aber trotzdem den Überblick zu haben. Tunnel sind grundsätzlich problematisch, vor allem der 6to4 mit seinen Anycast-Endpunkten. Vielleicht änderst Du ja Deine Meinung am 6.6.2012. Dann bist Du nicht allein von den seltenen Problemen betroffen – schließlich geht dann google, facebook und vieles auf akamai gehostete auch nicht. Bis dahin bleibt mir nur der Verweis auf sixy.ch – dort sind, sozusagen 10000 Tröter gelistet.
@ziv: Gerade Firefox ist eher Plattform als Browser. Du kannst dir aus den Addons ein Portfolio diesbezüglicher Erweiterungen zusammenstellen wie Ghostery und Request Policy, um Webbugs auszufiltern und überhaupt für jede Website die externen Quellen zu verwalten, aus denen sie zusammengestellt wird.
Wenn du dann noch einen Proxy wie wwwoffle davor schaltest, der u.a. die Einträge im Request Header (Referer, User-Agent¹…) gestaltet (oder einfach entfernt), bleibt von der Geschwätzigkeit des Browsers nur noch das übrig, was technisch notwendig ist.
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¹ Dann geht aber das Posten hier° nicht mehr 😉
Apropos juristische Problemlösung:
http://blogs.scientificamerican.com/plugged-in/2012/05/30/nc-makes-sea-level-rise-illegal/
Meeresspiegelerhöhung ist illegal. 🙂
Dumme Frage: wieso macht man nicht einfach wieder randomisierte IPs, außer für die, die explizit eine feste IP wollen? So mit Zwangstrennung und Allem? Die Provider wirds freuen weil sie weiterhin mehr Geld für feste IPs verlangen können, und die Datenschützer werden auch Okeh damit sein.
Ansonsten, wieso engagieren die Datenschützer sich nicht lieber mal für sowas wie TOR oder Freenet? Oder dafür, dass Do-Not-Track-Header nicht ignoriert werden dürfen (auch wenn Letzteres sehr problematisch ist)?