Über Wahl, Qualifikation und Befähigung von Verfassungsrichtern
Ich habe ja kürzlich schon erwähnt, in der Causa der Verfassungsrichterin Susanne Baer beim Wahlausschuss des Bundestages nachgefragt zu haben, wie es denn so gekommen wäre. Wider Erwarten habe ich eine zweite Antwort bekommen, die aber inhaltlich mit der ersten nicht so ganz in Einklang zu bringen ist:
Von den beiden Vertretern der FDP bekam ich kürzlich eine Antwort, in der sich folgende Aussage fand:
Nur explicandi causa wollen wir noch einmal darauf hinweisen, dass wir uns in unserer Mail nicht zu den Beratungen im Richterwahlausschuss verhalten haben. Wir haben auch nicht die Absicht, einen bestimmten damaligen Beratungsverlauf sublim zu insinuieren. Aus unserer Feststellung, dass es keine nennenswerte *öffentliche* Debatte zur Wahl von Frau Professor Baer gegeben hat, mögen Sie daher bitte weder schließen, dass es im Richterwahlausschuss gleichlaufend ebenfalls keine, noch folgern, dass es dort abweichend eine ausführliche Debatte gegeben hat.
Seien Sie versichert, dass wir den Lebenslauf und bisherige rechtsbezogene Stellungnahmen – bei Hochschullehrern zuvörderst die wissenschaftlichen Veröffentlichungen – eines jeden Verfassungsrichterkandidaten vor der Wahlentscheidung ausführlich würdigen. Seien Sie bitte auch versichert, dass wir auch etwa um die vorherige hochschulinstitutionelle Einbindung der zur Wahl stehenden Hochschullehrer selbst dann wissen, wenn die Bezugsinstitutionen nicht in Berlin und damit lediglich wenige Meter von den Bundestagsliegenschaften entfernt ansässig sind. Es ist selbstverständlich, dass die Mitglieder des Richterwahlausschusses auch außerhalb seiner Sitzungen tätig am Diskurs von Rechtspraxis und Rechtswissenschaft teilnehmen.
Es wird suggeriert, dass man die Qualifikation geprüft habe. Die Formulierungen sind seltsam, denn im ersten Absatz sagen sie ja nur, ich möge nicht schließen, dass es keine Debatte gegeben habe. Was suggeriert, aber nicht nicht positiv aussagt, dass es eine gegeben habe. Im zweiten Absatz heißt es, dass sie Veröffentlichungen und die hochschulinstitutionelle Einbindung „ausführlich würdigen”. Was heißt aber „würdigen”? Man tut so, als habe man etwas geprüft, hat es aber nicht, sonst hätte man gesagt, man hätte es geprüft. Würdigen heißt mehr so „wohlwollend zur Kenntnis nehmen”, kann sich aber auch allein auf die politische Ausrichtung und nicht die wissenschaftliche Befähigung beziehen. Eine auch an Hochschulen übliche Formulierungen, Professoren „würdigen” grundsätzlich nur, weil man ihnen ja an den Karren fahren könnte, wenn sie sagten, sie hätten etwas geprüft. Fürs Prüfen muss man was arbeiten, fürs Würdigen reicht ein bisschen Gelaber.
Heute nun bekam ich im Auftrag vom Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder von deren Justiziar eine Antwort, in der sich folgende Passage findet:
Die Bundesverfassungsrichter werden gemäß Art. 94 Abs. 1 Satz 2 GG je zur Hälfte von Bundestag und Bundesrat gewählt. § 6 BVerfGG bestimmt in Absatz 1, dass der Bundestag die Richter in indirekter Wahl wählt, und in Absatz 2, dass zwölf Abgeordnete zu Wahlfrauen bzw. Wahlmännern nach der Verhältniswahl unter Zugrundelegung des d‘Hondt‘schen Höchstzahlverfahrens gewählt werden. Die Mitglieder des dergestalt gebildeten Wahlausschusses sind gemäß § 6 Abs. 4 BVerfGG zur Verschwiegenheit verpflichtet. Die Arbeit des Ausschusses ist nicht öffentlich. Zum Richter ist gewählt, wer im Wahlausschuss mindestens acht Stimmen erhält.
Dieses Verfahren (genauer: die Mehrheitserfordernisse) bringt es mit sich, dass die Parteien zu einer Verständigung über die zu Wählenden gelangen müssen.
Dementsprechend besteht eine informelle Absprache, wonach CDU/CSU und SPD sich gegenseitig das Besetzungsrecht für je 4 Stellen in jedem Senat zugestehen. Wenn ein Richteramt vakant wird, schlägt die Partei, der die Präferenz eingeräumt ist, einen Kandidaten vor. Wenn eine kleine Fraktion – bislang waren das Bündnis 90/Die Grünen oder die FDP – Ansprüche auf eine vakante Richterstelle anmeldet, muss eine große Fraktion auf die ihr zustehende Vorschlagspräferenz verzichten, damit der Vorschlag zum Tragen kommen kann.Die Verfassungsrichter werden nicht wie die Bundesrichter berufen, sondern vom unmittelbar demokratisch legitimierten Bundestag gewählt. Diese Wahl ist eine politische Entscheidung, die demokratische Legitimation vermittelt und die sich nicht an Kriterien wie Eignung und Leistung orientieren muss. Deshalb sind die Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG auf Wahlämter nicht anwendbar.
Das liest sich für mich wie das genaue Gegenteil der Antwort der FDP. Nämlich dass es gerade gar nichts mit Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu tun habe (der Kriterientrias aus Art. 33 Abs. 2 GG), sondern eine rein politische Wahl ist, und man die Posten unter sich aufgeteilt hat. Jeder setzt auf seine Posten, wen er will, und die anderen gucken weg und halten das Maul, um dann bei ihren Besetzungen die gleichen Vorzüge zu genießen. Nach dieser Darstellung werden die Senate, die ja beide aus je 8 Richtern bestehen, je zur Hälfte von der CDU und von der SPD nach Gutdünken besetzt. Wollen die Kleinen, FDP oder Grüne, auch mal, müssen die Großen verzichten, um haben das hier offenbar auch mal getan. Verzichten heißt hier aber offenbar, auch keine Kritik zu üben, denn würde man kritisieren, wen die Grünen (genauer gesagt: Renate Künast im Alleingang) vorgeschlagen haben, dann wäre es ja kein vollständiger Verzicht, und vor allem würde man sich dadurch dann einhandeln, dass die Grünen dann auch nicht schweigen, wenn man selbst irgendwelche Polit-Kandidaten installiert. Deshalb hat man Eignung und Befähigung offenbar nie geprüft, sondern allein die politische Ausrichtung.
Für mich liest sich die Antwort der CDU sogar so, als wolle man sagen, dass man mit der Wahl Susanne Baers gar nichts zu tun habe und die Verantwortung dafür ablehne. Das hat so ein Aroma als wollte man sagen, dass das ein Richterposten war, den man den „Kleinen” überlassen und sich deshalb bei der Abstimmung komplett herausgehalten hat, damit die mit ihren geringern Stimmgewichten wegen des Wahlverfahrens überhaupt eine Auswirkung haben können. Nach meinem Demokratieverständnis hat aber jeder gewählte Vertreter mitzuwirken, ein „Weggucken” ist mit meiner Auffassung von Demokratie nicht vereinbar. Auch wer wegguckt hat eine Verantwortung für das Ergebnis.
Das erklärt natürlich, warum Susanne Baer Verfassungsrichterin werden konnte, obwohl sie noch nie richterlich, anwaltlich oder nennenswert juristisch tätig war und sich auch als Professorin fast nur um soziologische und literaturwissenschaftliche Themen gekümmert hat, also abgesehen von ihren rund 20 Jahre zurückliegenden Staatsexamen und ihrer formalen Quotenprofessur eigentlich keine Juristin ist. Und damit zur Verfassungsrichterin eigentlich gar nicht befähigt ist.
Und es erklärt, warum eine Renate Künast ihre Kandidatin im Alleingang durchsetzen konnte, wenn nämlich bei der Mehrheit im Wahlausschuss ein organisiertes „Weggucken” stattfand, damit eine aggressive Minderheit auch mal Macht hat.
Das heißt aber auch, dass das Bundesverfassungsgericht kein Gericht ist, sondern eine jeglicher demokratischer Kontrolle entzogene oberste politische Machtinstanz. Ausgerechnet das Bundesverfassungsgericht selbst ist der Hebel, mit dem die Demokratie ausgehebelt wird. Denn zwischen dem Bürger und der Wahl der Richter liegen zwei Indirektionsstufen (Abgeordnete, Wahlausschuss), das ganze ist willkürlich und geheim, Richter werden ausgehandelt und nicht gewählt, und mit der Zweckbindung hat es nichts mehr zu tun. Denn Verfassungsrichter sollen Recht und nicht Politik betreiben. Behaupten sie ja auch selbst. Und widersprechen damit ihrer eigenen Existenz.
Bleibt festzuhalten, dass weder CDU noch FDP nachvollziehbar in Anspruch nehmen, dass Susanne Baer zur Verfassungsrichterin befähigt wäre. Die CDU gibt es halbwegs offen zu, die FDP suggeriert um den heißen Brei herum.
Von SPD und Grünen habe ich noch gar nichts gehört. Was ins Bild passt.
Man bedenke, dass eben dieses Bundesverfassungsgericht morgen eine Entscheidung über den EU-Rettungsschirm und damit vermutlich über den Gesundheitszustand oder gar den Fortbestand der Bundesrepublik Deutschland treffen wird. Und da schreiben die mir so nebenbei, dass die Auswahl der Richter mit deren Können und Befähigung gar nichts zu tun hat, dass rein politisch gewählt wird und damit prinzipiell auch die letzte Pfeife Verfassungsrichter werden kann. Leute, die an keinem kleinen Amtsgericht unterkämen.
Ich bin begeistert. Sowas von begeistert.
23 Kommentare (RSS-Feed)
Da sieht man mal an einem sehr schönen Beispiel, wie wenig Recherche und Kombinationsvermögen es im Grunde bedarf, um Ursachen- und Wirkungsforschung zu betreiben.
Weitere Recherchen würden z.B. ebenfalls ergeben, dass so ziemlich alle Richter am Bundesverfassungsgericht nicht ordnungsgemäß berufen wurden, aufgrund der nicht ordnungsgemäß erfolgten Wahlen zum Bundespräsidenten zwischen 1980-2000 sowie 2005-2011; das Bundesverfassungsgerichtsgesetz aufgrund seines Verstoßes gegen die Gültigkeitsvoraussetzung für Grundrechte einschränkende Gesetze gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG ungültig ist; die Verfassungsbeschwerde verfassungswidrig ist; die erste Besetzung des Bundesverfassungsgerichts zum wichtigen Teil aus alten Nazis bestand, welche dafür sorgten, dass das Bundesverfassungsgericht ohne grundgesetzliche Ermächtigung die Interpretationsgewalt über das Grundgesetz erlangte und dass das Bundesverfassungsgericht ausschließlich zum Zwecke installiert wurde, die herrschenden Parteien vor den Grundrechten als Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat zu schützen.
Das sich aus einem entideologisierten Nationalsozialismus ableitende Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland täuscht eine auf allgemeingültigen Gesetzen bestehende demokratische Ordnung vor; ist jedoch eine hinter unerfüllbaren Formalien verborgene sowie auf der einzelfallbezogenen Deklaration von Bedarfsrecht beruhende hermetische Anomie der öffentlichen Gewalt zum Zwecke der uneingeschränkten Verwertung von Menschen. Die öffentliche Gewalt in Form der Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung fühlt sich weder an Gesetz noch Recht gebunden. Die von ihr erlassenen und vollzogenen Gesetze gelten ausschließlich für das Volk und werden als Abwehrrechte der öffentlichen Gewalt gegen die durch das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland als deren ranghöchste Rechtsnorm bzw. »lex fundamentalis« garantierten Grundrechte der Bürger missbraucht.
Und das Bundesverfassungsgericht verleiht dem den Anschein der Rechtmäßigkeit, da nicht mehr das Grundgesetz entscheidet, was verfassungswidrig ist, sondern das Bundesverfassungsgericht. Solange nämlich das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungswidrigkeit nicht als solche anerkennt, existiert sie nicht. Auf dieser Grundlage arbeitet die öffentliche Gewalt, welche nicht ohne Grund als Gewalt bezeichnet wird, anstatt als Dienst.
Das Ergebnis werden wir morgen sehen.
Es ist einigermaßen befremdlich, dass Eignung keine Rolle spielen soll. Die Verfassungsrichter sollten ausnahmslos ausgewiesene Verfassungsjuristen sein und keine Politiker. Wer Recht spricht, muss auch die Denkweise der Rechtsprechung kennen und verstehen.
Bisher habe ich von Susanne Baer bis auf ein paar substanzlose Rechtsvergleiche zwischen USA und Deutschland nichts zu Verfassungsrecht gefunden, insbesondere nichts mit Tiefgang.
Dafür war sie von 2003 bis 2010 gegen Zuwendungen über mehr als 3 Millionen Euro im Auftrag der Bundesfamilienministerinnen Schmidt und von der Leyen als Politikberaterin für Regierung, Ministerien usw. tätig, also rein politisch.
Wenn das so ist… …na toll.
Die Demokratie war eigentlich eine gute Idee. Der Sozialismus auch. Hat halt nicht geklappt. Wenn man lange genug versucht hat Geld zu essen und noch höchstens 100 Mio Leute übrig sind kann man ja was anderes probieren.
“Bisher habe ich von Susanne Baer bis auf ein paar substanzlose Rechtsvergleiche zwischen USA und Deutschland nichts zu Verfassungsrecht gefunden, insbesondere nichts mit Tiefgang.”
Ein Verfassungsrichter sollte doch vor allem in der Lage sein, sehr verwickelte Fragen juristisch korrekt zu behandeln. Immer dann, wenn Güter gegeneinander abgewogen werden, ist das notwendig. Oder wenn die Materie von der Gesetzeslage her schon kompliziert ist. Dazu braucht man aber ein ausgebildetes juristisches Denkvermögen.
Die o.a. nicht ordnungsgemäße Berufung betrifft im Übrigen Fr. S. Baer ebenso.
“eine jeglicher demokratischer Kontrolle entzogene oberste politische Machtinstanz”
Quis custodiet ipsos custodes?
Mundus vult decipi.
> Quis custodiet ipsos custodes?
Naja, es geht ja um die Wahl, nicht um die Überwachung der Tätigkeit.
Naja, die Tatsache, dass eine Entscheidung unter formale Beachtung von Art. 33 II GG nicht geboten ist, weil es um eine genuine Wahlentscheidung geht, bedeutet keinesfalls im Umkehrschluss, dass die Eignung der Kandidaten im Verfahren keine oder eine untergeordnete Rolle spielt. Insoweit kann die Eignung der einzelnen Kandidaten sehr wohl sehr breit diskutiert worden und in die Entscheidungsfindung eingeflossen sein.
IÜ ist es keineswegs Voraussetzung für das Amt des Verfassungsrichters, Verfassungsrechtler oder Wissenschaftler zu sein. Viele der Richter haben einen strafrechtlichen Background (wie früher Prof. Hassemer) oder sind gar Zivilrechtler (wie der unter Juristen berühmte Prof. Brox). Das BVerfGG besagt hierzu lediglich, dass pro Senat je drei Richter aus dem Kreis der obersten Bundesrichter stammen müssen (§ 2 III BVerfGG). Die weiteren Vss. ergeben sich aus § 3 BVerfGG – von Verfassungsrecht steht da nichts. Da Frau Baer Volljuristin ist und das 40. Lebensjuahr vollendet hat, ist sie qualifiziert für ihren Job. Alles weitere ist eine politische Entscheidung. Ähnlich wie bei Peter Müller, der als Jurist außerhalb seiner wohl glänzenden Examina auch nie aufgefallen ist.
@Siap1984: formal ja. Aber das heißt ja nicht, dass man als Bürger davon eine gute Meinung haben muss. Nur weil es den formalen Anforderungen entspricht, heißt das da nicht, dass man die formalen Anforderungen richtig finden muss – eher im Gegenteil. Ich sage ja nicht, dass Susanne Baer nicht Richterin werden konnte, sondern will umgekehrt den Systemfehler aufzeigen der darin liegt, dass sie es werden konnte.
Was interessiert mich, welche “Ansicht ein Informatiker” zu einer Richterin am Bundesverfassungsgericht hat? Frau Baer erfüllt die formellen Voraussetzungen und wurde gewählt.
Auf einen Hadmud Danisch trifft beides offensichtlich nicht zu.
Ich kann leider gerade nicht mit einem lateinischen Sprichwort aufwarten, aber dafür ein hübsches deutsches:
Schuster bleib bei deinen Leisten!
> Was interessiert mich, welche “Ansicht ein Informatiker” zu einer Richterin am Bundesverfassungsgericht hat?
Und warum liest Du dann sein Blog, wenn Dich seine Meinung nicht interessiert? Contradiction in terms.
Davon ganz abgesehen: Wie Susanne Baer Verfassungsrichterin werden konnte, ist durchaus meine Angelegenheit. Sie hat es zu meiner gemacht. Man muss eine ziemlich totalitäre Staatsauffassung haben, wenn man die Auffassung vertritt, dass Bürger nicht einmal zu Angelegenheiten, die sie unmittelbar betreffen, eine Meinung haben dürften.
@ Hadmut, so habe ich sie auch verstanden. Mir schien nur bei anderen Teilnehmern der Diskussion nicht ganz sicher, dass sie die Vss. für eine Wahl zur VerfassungsrichterIn kennen. Ich bin ja durchaus selbst auch der Ansicht, dass man das Wahlverfahren möglicherweise überdenken sollte. Trotzdem ist Frau Baer für das Amt der VerfassungsrichterIn nach derzeit geltendem Recht qualifiziert- was die Schmallippigkeit der Reaktionen der von Ihnen angeschriebenen Personen erklären könnte. Dass das nicht befriedigend ist, ist mir allerdings auch klar.
Ich habe sie übrigens vor einigen Jahren mal bei einer Vortragsveranstaltung in Bayreuth erlebt (http://www.oer4.uni-bayreuth.de/de/iff/Archiv/index.html, ihren Namen auf der Seite suchen). Ich erinnere mich nur daran (lange her…), dass sie für eine Juraprofessorin sehr frisch und diskussionsfreudig war und keinerlei Dünkel hatte. Die Veranstalter – selbst junge aufstrebende Ö-Rechts-Profs – schwärmten im kleinen Kreis vor der Veranstaltung intensiv von ihr und ihren Fähigkeiten, was unter gleichaltrigen Juristen nicht gerade üblich ist. Aus diesen sekundären Eindrücken schien sie mir also durchaus kompetent als Juristin zu sein.
> dass sie für eine Juraprofessorin sehr frisch und diskussionsfreudig war und keinerlei Dünkel hatte
Sowas liest man öfters über sie, das scheint wohl so zu sein und wäre auch eine durchaus positive Eigenschaft, die ich gar nicht in Abrede stellen will.
Aber als Ersatz für Kompetenz taugt’s halt nicht.
> Aber als Ersatz für Kompetenz taugt’s halt nicht.
Das ist natürlich wahr. Wobei mich mir ob ihrer Kompetenz nicht so sicher bin, ob es daran fehlt… Ich habe allerdings noch nie etwas von ihr gelesen. Ich mache nur Zivilrecht 😉
@Klonderer:
Hast du schon mal irgendwo richtige Demokratie gesehen? Also Demokratie = alle Macht liegt in der Hand des Volkes?
Nur so, wer darf in Deutschland die Verfassung ändern? Natürlich nur das Parlament, nicht das Volk…
ohje die alle Macht in der Hand des Volkes!? … hör mir auf, bloss nicht, mag mir gar nicht ausdenken, was dann los wäre
Irgendwie muss man hier aber auch mal die jeweiligen Parteien loben.
Eine Antwort einer Partei braucht man bei uns (Österreich) nämlich nicht erwarten…
Daß Leute ohne Kompetenz an die Macht kommen und gleichzeitig keinerlei Verantwortung tragen, ist das kennzeichnende Wesenmerkmal jeder demokratischen Staatsform. Und daß das Endprodukt immer eine totalitäre Tyrannei ist, ist schon seit dem Altertum bekannt, dazu muß nichts ausgehebelt werden.
Ja, die geliebte Bundesrepublik ist so ziemlich im Endstadium, auch deswegen wird der auf jeden einprasselnde Gesinnungsterror immer lauter. Daß dann letztlich auch das Grundgesetzgericht degeneriert, ist da nur logisch.
Man muß sich halt vorher überlegen, ob reine Mehrheitsentscheidungen in mehreren Indirektionsebenen zu Freiheit und Selbstbestimmung führen — oder doch eher zum Gegenteil. Meine Erfahrungen mit der hochgelobten “Schwarmintelligenz” (bspw. bei Wikipedia) lassen mich stark daran zweifeln, daß das langfristig funktionieren kann.
Ich sage ja nicht, dass Susanne Baer nicht Richterin werden konnte, sondern will umgekehrt den Systemfehler aufzeigen der darin liegt, dass sie es werden konnte.
Der Fehlerbegriff setzt voraus, dass man eine Vorstellung vom System hat, wie es “eigentlich” sein soll und was seine Zwecke sind. Woher weiß man das denn?
Man kann den Standpunkt vertreten, die Gerichte würden Wahrheit ergründen um Gerechtigkeit zu schaffen. Oder das Bundesverfassungsgericht sei mit der juristischen Elite des Landes besetzt, um die anderen Verfassungsorgane zu “kontrollieren”. Das sind schul- und lehrbuchgängige Aussagen, die zwar nicht stimmen, aber dennoch permanent verbreitet werden und erstaunlicherweise weder als falsch noch als ideologisch gelten.
> Oder das Bundesverfassungsgericht sei mit der juristischen Elite des Landes besetzt,
Es muss vielleicht nicht die Elite sein.
Aber jemand, der das Fach einigermaßen beherrscht und mit Jura mehr zu tun hatte also vor 20 Jahren mal Staatsexamen gemacht, eine Quotenprofessur abgestaubt und sich seitdem in soziologischen Gender-Themen versteckt zu haben.
Und wie ich schon an anderer Stelle sagte, bin ich der Meinung, dass ein Verfassungsrichter die Grundrechte alle drauf haben sollte. Baer redet nur von Artikel 3 und ignoriert alle anderen Rechte. Und das, was sie über Artikel 3 sagt und verbreitet, ist schlichtweg falsch und bewusste Desinformation.
Auch hier zeigt sich, wenn auch weitgehend unbeachtet, eines der Kernprobleme unserer demokratie: Das Parteiensystem.
Die CDU Antwort verhehlt es gar nicht; es geht – wie so erschreckend oft – schlicht um Parteienproporz.
Parteien haben Interessen, auch ganz ordinäre wie z.B. den Erhalt von Posten und Pöstchen. So ergibt es sich, dass Abgeordnete eben *nicht* das Volk, ihre Wähler vertreten sondern, eingebunden in und zum Amt gekommen (weitgehend) durch ihre Partei (siehe insbesondere auch -> Listenplätze).
Wer mal mit dem Politikbetrieb auf Landes oder Bundesebene in Berührung kam, weiss es: Hinter so einer Nominierung steht weit mehr als “die Frau finden wir gut”. Dahinter stehen häufig langjährige Verbindungen, deals und Seilschaften. Im Ergebnis steht dahinter aber vor allem auch eines: Die hinreichend hohe und in aller Regel durch langjährige Kontakte und Verflechtungen begründete Gewissheit, der/die Nominierte werde im Amt konform mit der Linie der Ernenner entscheiden.
Die Frage, wie solide die juristische Kompetenz von Fr. Baer ist, halte ich für Zweitrangig. Viel interessanter ist die Frage warum, insbesondere aufgrund welcher Verflechtungen, Fr. Baer von Künast vorgeschlagen und von anderen abgenickt und durchgewunken wurde.
Hadmuts neues Buch wurde dadurch nochmal interessanter, denn es gibt Hinweise auf die entscheidenden Fragen.
Man könnte jetzt an das Dilbert- oder Peterprinzip denken – man muss aber nicht 😉
Das Politik nicht immer viel mit Demokratie zu tun haben muss ist eine erschreckende Entwicklung. Vielleicht sind manche Politiker aufgrund persönlicher Ziele nicht in der Lage Entscheidungen im Sinne der Allgemeinheit zu fällen.
Vielleicht liegt es aber auch einfach daran, dass Parteisoldaten leichter Karriere machen können als Querschießer.
Gibt es denn echte Bestrebungen das Wahlverfahren transparenter zu machen ? Wie begründet sich überhaupt die Geheimhaltung im Wahlausschuss ?
Andererseits: Was wird dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt ? (ist praktisch sowieso egal, da kaum ein Abgeordneter dies lesen wird)