Wie Esoterik die Wissenschaft und die Universitäten unterwandert
In der Süddeutschen ist eine lesenswerte Rezension über ein vermutlich sehr lesenswertes kritisches Buch über die Esoterik, Unwissenschaftlichkeit und den Lobbyismus hinter Homöopathie erschienen.
Darin (also in der Rezension, das Buch habe ich noch nicht gelesen) finden sich interessante Textstellen:
Dazu kommt, dass das Medizinstudium an manchen Universitäten zunehmend von Anhängern der Homöopathie und anderer paramedizinischer Heilverfahren untergraben wird. Es ist ihnen gelungen, ihre “Lehren” an einer Reihe von Hochschulen in Form von Vorlesungen und Seminaren ins Medizinstudium zu integrieren. Zugleich mit Lehrstühlen zu sogenannten alternativen Heilverfahren, die fast ausschließlich von Firmen und Stiftungen finanziert werden, können die Homöopathen deshalb vortäuschen, den akademischen Ritterschlag erhalten zu haben. Dieser Eindruck führt letztlich dazu, dass die Bereitschaft der Patienten und Krankenkassen wächst, Geld in die Paramedizin zu investieren.
Damit nicht genug: Nach Jahren intensiver Lobbyarbeit der Unternehmen und der Anhänger des Heilverfahrens haben die Homöopathie und die zum Teil mit homöopathischen Methoden arbeitende anthroposophische Medizin einen Sonderstatus in Deutschland und Europa erreicht: Im Gegensatz zu konventionellen Medikamenten müssen sie ihre Wirksamkeit nicht beweisen. […]
Die Gesundheitsministerin in Nordrhein-Westfalen, Barbara Steffens (Grüne), hat sich als besonders wertvolle Verbündete der Homöopathen erwiesen, die öffentlich fordert, die paramedizinische Methode müsse einen festen Platz im Gesundheitssystem haben. Auch die Entschärfung der Novelle des Arzneimittelgesetzes 2009 geht offenbar unter anderem auf die Lobbyarbeit des BPI unter SPD-Bundestagsabgeordneten zurück. […]
“Politiker, die weniger daran interessiert sind, was tatsächlich möglich ist, sondern mehr daran, was Bürger für möglich halten, finden sich anscheinend immer”, schreiben die Autoren dazu. […]
“Vor allem aber”, heißt es zutreffend bereits auf dem Buchrücken über die weißen Kügelchen, die Globuli, “untergraben sie ein Denken, das auf rationalen Kriterien beruht”. […]
Deshalb, so schließen Weymayr und Heißmann, “kann es unserer Ansicht nach nur einen Ausweg geben: Die Homöopathie muss, wie die Astrologie und die Alchemie bereits vor ihr, kategorisch aus der wissenschaftlichen Welt verbannt werden. Homöopathie ist Glaube, Aberglaube, Esoterik, Voodoo”.
Das sind treffende Aussagen. Und sie zeigen und belegen sehr schön, wie die Universitäten ihre Wissenschaftlichkeit verloren haben. Interessengruppen drücken da per Lobbyismus und schwachsinniger Politik, hier schon wieder mal eine Politikerin der Grünen, die auf dem Voodoo-Pfad ist, und als Ministerin massiv in die Wissenschaft eingreift. Genau dagegen sollte die Wissenschaftsfreiheit eigentlich schützen.
Und nach genau demselben Schema funktionieren auch Feminismus und Gender Studies: Politik- und Lobby-Druck, eine Bevölkerungsschicht, die jeden Blödsinn bereitwillig glaubt, und die Etablierung eines Phantasiefachs, das seine Richtigkeit nicht beweisen muss.
(Danke für den Link)
24 Kommentare (RSS-Feed)
WAS sagt die Grüne Ministerin da?
Klar ist aber auch, dass evidenzbasierte Nachweise nicht für alle Methoden sowohl der Komplementärmedizin wie auch der Schulmedizin funktionieren. Es braucht solide wissenschaftliche Konzepte, unter grundsätzlicher Berücksichtigung aller zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Methoden, um begründete Aussagen zur Wirksamkeit von Therapien zu treffen. Das gilt für alle Therapiekonzepte.
Ist ja der Hammer. Nicht die Homöopathie wird an der Wissenschaft gemessen, sondern die Wissenschaft soll sich Methoden suchen, um zu dem Ergebnis der Wirksamkeit zu kommen. Die Wirkung wird von Vornherein fest unterstellt, und es ist Aufgabe der Wissenschaft, sich irgendwas auszudenken um wissenschaftlich zu sagen, dass es wirkt.
Genau so funktioniert auch Gender.
Das Zeitalter der Aufklärung geht dem Ende entgegen.
@ Hadmut
Ich empfehle dir ernsthaft, mal eine volle Stunde AstroTV anzuschauen und genau zuzuhören. Es ist in so vielerlei Hinsicht erschreckend und erhellend. Auch, wenn man sich überlegt, dass das kommerziellen Erfolg hat.
Ich habe einen notorischen Astrologen in meinem Bekanntenkreis, der im Notfall auch mal mit Hellsehen und sowas anfängt.
@Hans Moser,
wenn man sich eine Stunde lang Astro-TV ansieht, landet man bestenfalls in der Klapse. Also Vorsicht 😉
Beim Satz “Im Gegensatz zu konventionellen Medikamenten müssen sie ihre Wirksamkeit nicht beweisen.” fällt mir die Parallele zu einem anderen zentralen Thema dieses Blogs auf: Auch Quotenfrauen müssen ihre “Wirksamkeit” nicht beweisen.
Ich sehe sehe darin mittlerweile ein echtes gesellschaftliches Problem. Waren vor über 20 Jahren Esoteriker, Homöopathen und Astrologen noch eine kleine Randgruppe, die man mit dem Etikett “merkwürdig, aber harmlos” belegen konnte (“die spinnen, die …”), kommt mir unsere Gesellschaft mittlerweile unterwandert vor. Selbst Arbeitsämter fördern deren dubiose Lehren:
https://ixquick.com/do/search?q=AZWV+Hom%C3%B6opathie&l=deutsch
https://ixquick.com/do/search?q=AZWV+Astrologie&l=deutsch
Vor kurzem war (Ich glaube in der Süddeutschen) ein interssanter Artikel über Esoterik und die Nähe zu rechten Gesinnungen (war das nicht auch Thema hier im Blog??).
Bei uns in der Stadtteilbibliothek Köln-Sülz ist die Abteilung
Esoterik/Astrologie umfangreicher als Naturwissenschaften(gesamt).
Homöopathie noch nicht berücksichtigt.
Nur so als losgelösten Einwurf von der Homöopathie Debatte ist leider die Beweisführung zur Nützlichkeit von schulmedizinischen Präparaten und deren Zulassung im Endeffekt wohl auch eher esoterischer Natur. Zumindest ist das Wohl des Patienten irgendwo relativ weit hinten auf der entsprechenden Liste…
Jaysson in der EBM liegt in der gelebten Praxis in der Tat viel im Argen, das hat aber keine fundamentalen Gründe. Nenn mir eine bessere Methode. Ganz anders bei Eso & Co. Dein Argument unterstellt Gleichwertigkeit und Vergleichbsrkeit, das ist schon im Ansatz verkehrt.
Gute Quellen, um sich hier zu informieren und mit den Argumenten der Scheinmediziner umzugehen, sind psiram (oben schon erwähnt) und z.b. das Blog der GWUP.
Im übrigen ist doch alleine die Existenz von “Stiftungsprofessuren” ein Riesenskandal. Die beste Wissenschaft die man für Geld kaufen kann? Sollte es da nicht auch Stiftungsminister, Stiftungsgerichte und Stiftungspolizisten geben?
Ich will mal meinen Eindruck wiedergeben, der natürlich auch ein Vorurteil sein kann. Mir scheint es jedenfalls, dass Homöopathie und Anthroposophie vor allem von Frauen vertreten wird. Ich kenne freilich auch einige Männer, die darauf schwören. Dennoch habe ich mehr homöopathie-begeisterte Frauen als Männer getroffen. In der Masse waren das gut ausgebildete Frauen, Akademikerinnen und keinesfalls nur die Vertreter meines eigenen Faches oder angrenzender Geisteswissenschaften, sondern auch BWLer und Ingenieure.
Problematisch fand ich bei vielen Verfechterinnen der Homöopathie ihr Sendungsbewusstsein. Sie waren sehr oft felsenfest von der Richtigkeit der Naturheilverfahren überzeugt und versuchten auch andere davon zu überzeugen. Sie missionierten und warben. Gleichzeitig zeigten sie eine heftige Ablehnung aller Schulmedizin. Ähnlich einer Religion teilten sie die Welt in Anhänger der reinen Lehre und Ungläubige ein. Das ist dann außerordentlich anstrengend.
Vermutlich gedeiht diese Neigung zur Homöopathie auf dem Boden einer verbreiteten Überschätzung des Weiblichen. Frauen werden ja nicht selten als sozial kompetenter, intelligenter und was sonst noch positiv ist, beschrieben. Das mindert vermutlich die Einsichtsfähigkeit in eigene Fehler. Außerdem haben sich so seltsame Dinge wie Mondkalender und Hexenkult unter Frauen verbreitet oder sie sehen sich in der Tradition irgendeiner Großen Mutter. Wo solche Vorstellungen kursieren, steigt sicher auch die Bereitschaft, anderen Hokuspokus zu glauben, während man die Schulmedizin als männlich kalte Zweckwissenschaft verachtet.
@Milo: Ich bitte um eine strengere Unterscheidung zwischen Homöopathie und Naturheilverfahren. Je nach gewählter Definition kann man Naturheilverfahren scheinbar eine echte Wirkung bescheinigen. (wobei dies in meinen absolut laienhaften Einschätzung einfach daran liegt dass es “Schulmedizin” ist – nur eben auf einem recht alten Stand…)
Ich empfinde es auch als bemerkenswert dass alle Anhänger der Homöopathie eine Wirksamkeit bei sich selbst feststellen können – das zu hinterfragen geschieht einfach nicht.
“Gleichzeitig zeigten sie eine heftige Ablehnung aller Schulmedizin.”
Bitte nicht den Eso-Kampfbegriff “Schulmedizin”. Es gibt Medizin, und es gibt Lehren und Verfahren, die keine Medizin sind.
Ein weiterer Aspekt ist, dass die Schulmedizin mit ihrem Sumpf an Korruption und geldgierigen Subjekte nicht gerade Vertrauen einflösst. Ich bspw. lehne beides ab, Schulmedizin und Homeopathie, und hoffe darauf, nicht krank zu jeden. Und wenn doch: Schulmediziner konsultieren, aber nur als Berater, und stets eigenem Eindruck vertrauen und selbst entscheiden. Bin gut damit gefahren, bspw eine OP nach einer Schulterverletzung abzulehnen
@Fry: Das sehe ich anders. Ohne Schulmedizin gäbe es dieses Blog nicht. Denn dann würde mich mir schon seit über 20 Jahren die Blümchen von unten anschauen.
Der beste Trick:
Kritik am akademischen Betrieb bzw. am Wissenschaftsbetrieb als Kritik an “der Wissenschaft” bezeichnen. Diese Kritik natürlich esoterischer Unsinn ist.
Und es gibt auch Esoteriker die Wissenschaft an sich ablehnen und nicht verstanden haben, was Wissenschaft von Pseudowissenschaft unterscheidet.
Es gibt auch Esoteriker, die eine “Verschwörung” oder Korruption im Wissenschaftsbetrieb sehen, wo keine ist und die längst wirklich wissenschaftlich widerlegten Unsinn behaupten (und dann Beispielsweise die Reletivitätstheorie besteiten). Wer die bestreitet, der möge die Software seines GPS-Navigationssystems abändern, die Funktionen zur Berücksichtigung relativistischer Effekte rausstreichen und dann schauen, wohin es ihn führt. Oder wo man sich angeblich gerade befindet und dies mit dem tatsächlichen Aufenthaltsort vergleichen.
Das müsste schon eine riesige Verschwörung sein, jeder der den Quellcode der Software eines GPS-Empfängers kennt müsste eingeweiht sein und dreist lügen.
Trotzdem ist es unzulässig das Ausmachen angeblicher oder tatsächliche Korruption und/oder ideologischer Verblendung im Wissenschaftsbetrieb/akademischen Strukturen pauschal mit einer esoterischen Ablehnung “der Wissenschaft” gleichzusetzen. Denn so sehr Esoteriker nicht wissen, was Peusowissenschaft von Wissenschaft unterscheidet, so liegt der Unterschied doch auch nicht (zwangsläufig) im äußeren Schein und der formalen Organisation.
Trotzdem versucht jeder gerne Wissenschaftlichkeit für sich in Anspruch zu nehmen und hat, wenn er sich im akademischen Betrieb eingenistet hat, ein Interesse daran diesen mit “der Wissenschaft” gleichzusetzen.
Nach dieser Logik ist die Ablehnung der Homöopathie als Esoterik ab jetzt selber Esoterik.
Dabei hängt Wissenschaftlichkeit von der Methodik ab. Dies gestehen auch viele ein, die den spektizistischen Kampf gegen Pseudowissenschaft aus politischen Gründen missbrauchen wollen, um ihre Weltsicht vor Kritik abzuschotten. Doch setzen Sie die Strukturen ihres eigenen Milieaus als absoluten Beweis für die Wissenschaftlichkeit ihres tuns.
Dieses Milieau muss keinesweges deckungsgleich mit dem gesammten akademischen Mileau sein, es gibt also nicht nur das eine akademische Mileau. So kann es zum Beispiel das eindringen offensichtlichen, esoterischen Humbugs wie Homöopathie verurteilen (*), aber bereits etablierte oder genehme Peusodwissenschaft tollerieren (*hust* gender *hüstle*).
(*) vielleicht wird dieses Eindringen auch einfach als Gefahr für die eigenen Glaubwürdigkeit geseheh, zeigt es doch auf, das formale strukturen _keine_ Beweis für Wissenschaftlichkeit sind.
“Diese Kritik natürlich esoterischer Unsinn ist.”
Dieser Satz von Joda formuliert wurde, ich weiß und mitteilen euch.
Fry dann sei vor allen Dingen mal froh, dass du weitgehend gesund bist. Deine Wahlmöglichkeiten undoder dein Fachwissen hat nicht jeder.
Aber mal rein interessehalber: Wenn du zb über einen Fluss rübermusst, prüfst du dann erstmal die Angebote von Schul- und Alternativingenieuren? Oder beklagst, den korrupten und unbelehrbaren Schulbaufirmen ausgeliefert zu sein, die sich verknöchert wie sie sind den frischen Naturbaumethoden Stand 1740 verschließen? Lehnst du auch Trageseile ab, weil die ja reißen und einen dabei erschlagen könnten (s. Impfdebatte)? Und ruderst am Ende lieber selbst rüber?
Mit anderen Worten: Trotz aller Missstände, die es zweifellos in allen wiss. Disziplinen gibt (Eitelkeit, Betrug, Korruption uvm, frag Hadmut), bleiben das Wissenschaften mit klarem Fundament und sauberer Methodik. In der Praxis ni ht immer, isklar, aber ein marodes Haus auf einem sauberen Fundament geht, umgekehrt nicht.
Und die Medizin ist eine richtige Wissenschaft , während dieser ganze Eso@#$& keinerlei Fundament hat.
Noch jemand, der lieber traditionelle Komplementärzahncreme benutzt?
Hadmut Dein Blog, deine Wortwahl, hab ich verstanden. Aber Jens hat recht, “Schulmedizin” ist ein Kampfbegriff von der dunklen Seite der Macht. Wenn Du ihn verwendest, musst du Genderinformatik auch gleichberechtigt der Schulinformatik gegenüberstellen. Gleiches Schema.
Was wäre der geeignete Begriff?
In deinem Satz hätten Anführungszeichen gereicht, um Fry angemessen zu antworten. Im übrigen “evidenzbasierte Medizin” oder “wissenschaftliche Medizin”, soweit ich mir das angelesen habe, wobei ich aber nicht weiß, ob diese Begriffe nebeneinander odef übereinander stehen. Bin halt Leser, kein Dokter. Das Problem bei beiden Begriffen ist, dass sie in den Augen mancher Leute konzedieren, dass die “Alternativ-“, “Komplementär-” und sonstige “Medizin” gleichwertig danebenstünde, was aber schlicht Quatsch ist.
Eigentlich würde das Wort “Medizin” alleine völlig reichen. Das wird aber dann erst recht zu oft falsch gedeutet. Ein Dilemma, das vor ein paar Tagen in deinem Blog schon angerissen wurde, die schleichende 1984mäßige Entwertung und Verdrehung von Begriffen, so dass selbst Fachleute irgdndwann keine Wörter mehr haben, um sich zu verständigen.
Zur weiteren Komplikation trägt bei, dass auch jeder “Schul”mediziner wissentlich oder unwissentlich mit dem Placeboeffekt arbeitet, auf dem jede “alternative” “Wirkung” basiert, und das streng seriös und ohne jede Ideologie.
Ferner ist evident, dass es bei Placebo- und Noceboeffekten Wirkmechanismen geben muss (die wie manch andere Arznei eben nicht bei jedem in gleicher Weise anschlagen),die m.W. weitgehend unverstanden sind.
Das alles ist leider für die öffentliche Diskussion viel zu komplex (“ja was soll ich denn jetzt glauben?” …. seufz). Und in diesen Untiefen segeln halt die Ideologen und Geschäftemacher mit den einfachen Erklärungen. Jahrhundertealtes Erfahrungswissen, und bei meinem Onkel hat es doch gewirkt, und die Wissenschaft gibt doch selbst zu, dass sie nicht alles erklären kann.
Zum Heulen.
Wann gibts denn mal einen Smartphonebrowser, der Eingabefelder innerhalb der Bildschirmbreite darstellt, und der Scrolling in langen Texteingaben erlaubt? iPhone/Safari Müll. Android auch Müll. Grrrr
“Früher besprach man Warzen, heute betreibt man Esoterik.” Harald Schmid?
Dein Blog gefällt mir.
Schöne Grüsse aus der Freidenker Galerie
Rainer Ostendorf
http://www.freidenker-galerie.de
Die Aussagen von Barbara Steffens wurden auch hier genauer unter die Lupe genommen: http://blog.psiram.com/2013/01/alternativministerin-steffens-auffassungen-von-gesundheit/
Die Frau kann meinetwegen als Elfenbeauftrage nach Island gehen, auf einem Ministersessel hat sie nichts zu suchen.