Bloggen über faule Doktorgrade ist viel gefährlicher, als sie zu tragen
Au weia. Wenn ich gewusst hätte, wie gefährlich es ist, über Doktortitel zu bloggen.
Hausdurchsuchung von acht Beamten wegen eines satirischen Blog-Artikels.
Was erstaunlich ist. Denn kürzlich habe ich im Rahmen der Recherchen für mein nächstes Buch einige Feministinnen dabei ertappt, die noch vor der Veröffentlichung ihrer Diss und vor Verleihung ihres (meines Erachtens ohnehin ungerechtfertigten) Doktorgrades in Gender-Quatsch die Phantasie-Titel „Dr. des.” (für designiert) trugen, den es nicht gibt. Mindestens eine ist dadurch sogar an eine Professur gekommen. Sieben verschiedene Staatsanwaltschaften, und keine ist eingeschritten, allerdings mit unterschiedlichen Begründungen. Manche fanden das OK, sich mit Phantasie-Doktorgraden zu schmücken (unter Betrugsjägern ist bekannt, dass Juristen zu den größten Kundengruppen von käuflichen Titeln gehören, also nicht überraschend, dass die das so sehen, viele Staatsanwälte stören sich ja auch nicht an gewerblichem Titelhandel und Plagiaten).
Andere meinten, das sei schon verbotener Missbrauch von Titeln, aber eine so klitzekleine und unwichtige Straftat, dass die Vernehmung der Damen durch die Kriminalpolizei schon Abschreckung genug gewesen sei und ihnen den Schreck in alle Knochen gejagt habe.
Da ist möglicherweise sogar was dran. Denn die Aktion, die ich nie gegenüber irgendwem erwähnt und auch nie gebloggt hatte, muss sich in Feministinnenkreisen herumgesprochen haben, denn es meldete sich eine Journalistin bei mir, die darüber schreiben wollte und mit der ich ein langes Telefonat führte, um ihr das alles zu erklären. Sie sagte mir, dass sich die Aktion da ziemlich herumgesprochen und einiges Zähneklappern verursacht habe. Das Dumme daran: Die war von der Financial Times Deutschland, und just als die darüber schreiben wollte, hat es die FTD zerrissen. Dumm gelaufen.
Mir ist aber kein einziger Fall bekannt, in dem bei irgendwem wegen unberechtigten Führens akademischer Titel oder Titelhandel eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden wäre. Es ist ja schon fast unmöglich, eine deutsche Staatsanwaltschaft überhaupt dazu zu bringen, gegen Doktorschwindel vorzugehen.
Schreibt aber eine Bloggerin einen Spaß-Artikel über einen Jux-Doktor, dann rücken sie mit acht Mann an um der die Bude umzustülpen.
Die Bananenrepublik und die Diktatur erkennt man daran, dass gegen Kritiker härter vorgegangen wird als gegen Täter.
Und welche Lehre ziehen wir daraus? Ich werde nicht mehr in Unterhosen bloggen, sondern mir immer einen Bademantel dazu anziehen. Falls ein SEK mit Kamera kommt.
Ich danke für den Link und … moment, es klopft gerade an der Tür.
12 Kommentare (RSS-Feed)
Für mich liest sich das, als wolle man die “dumping-“konkurrenz ausschalten. enn die titel “ehrlich” von deutschen Universitäten gekauft sind, passiert nichts. Wenn man sie aber für 30€ aus dem Ausland bezieht, ist man ein “titelfälscher”. Erinnert mich irgendwie an das vorgehen gegen die fake-Markenwaren wie Uhren, Lederwaren, Kleidung, etc. aus Fernost, die als “echt” verkauft werden, obwohl man die ohne weiters anhand des preises als fake identifizeiren kann.
Ein dickes Extra-Lob für den ironisch-sarkastischen Schluß. Ein stimmiger Artikel, chapeau!
Und keiner wird jemals für die unverhältnismäßige grundgesetzwidrige Aktion belangt. Eine Hausdurchsuchung endet nicht mit dem Abzug der Beamten. Das Vertrauen in die Sicherheit des Wohnraumes, die Geborgenheit, die Intimsphäre und Anderes ist dann für eine lange Zeit verloren.
Jetzt ist zumindest bekannt, warum die FTD eingestellt wurde!
😀
Ich bin sprachlos. Ist es tatsächlich schon (wieder) soweit gekommen, dass man als Nicht-“Elite”-Angehöriger und mit einem Jahreseinkommen unter 500.000,- EUR vor (polizei?)staatlicher Willkühr nicht mehr sicher ist? Während sich “Young Leader” wie Dr. cp. G. mit falschen Doktorgraden wie mit Weihnachtsschmuck behängen dürfen und dabei straffrei bleiben, machen die bei der Dame wegen eines Scherzes gleich eine Razzia?
Mal schauen, ob man noch mehr von dem Fall zu hören/lesen bekommt (insbesondere wie’s weitergeht und ob z.B. der Richter mal betreffs seiner umnächtigten Entscheidung befragt wird) oder ob das alles wieder von den deutschen Qualitätsmedien als weniger wichtig erachtet wird als die neuesten Skandale bei DSDS…
0.02 EUR
Niko
In dem Artikel steht, dass sie sich mit einem “Dr. h.c.” geschmückt hat. Ist ein Ehrendoktor überhaupt ein akademischer Grad? Ist ein “Dr. h.c.” überhaupt geeignet, einen strafbaren Titelmissbrauch zu begehen? Sonst müssten ja so einige des Titelmissbrauchs bezichtigt werden…
Juhu, Hadmut, willst Du Asyl in Wales? Sag einfach Bescheid! Ansonsten kann ich zu dem hier nicht viel schreiben, weil mir nichts einfällt, außer dass die Hysterie in Deutschland langsam zur Normalität zu werden scheint… Aber dem Amtsrichter, der diesen Durchsuchungsbefehl unterschrieben hat, gehört wirklich ein Order verliehen, denn er hat dafür gesorgt, dass eine sehr große Gefahr vom deutschen Volke abgewendet wurde. Wenn er sich jetzt noch dazu äußern könnte, worin diese Gefahr bestanden hat, hat er vielleicht sogar Chancen auf den Pulitzer-Preis… (nächstes Jahr…).
@Raphael
Auch ein Ehrendoktor ist ein akadamischer Grad und für ausländische Titel braucht man eh eine Genehmigung des Ministeriums.
Gruß aus der Anstalt
Zudem reicht es schon, wenn er mit einem akademischen Grad verwechselt werden kann.
Mir scheint eine Durchsuchung da nicht unbedingt im Verhältnis zum Vorwurf (Strafmaß) zu stehen….
Andererseits: Wer “führt” einen Doktortitel? Genügt es dazu vielleicht, in seinem Büro (mit Kundenverkehr) eine in Deutschland nicht gültige Ernennungsurkunde auszuhängen (weil dadurch der Besucher getäuscht werden könnte)? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wie sonst kann dieser Vorwurf bestätigt werden als durch eine Inaugenscheinname vor Ort?
Sinnvoll wäre es zumindest, Schabernack gar nicht zu betreiben und eine solche Urkunde bzw. fiktiven Titel in keiner Form zu verwenden, die als Vortäuschen eines real erworbenen akademischen Grads in Frage kommen.
“… dass gegen Kritiker härter vorgegangen wird als gegen Täter.”
das kann ich aus Erfahrung gleich mehrfach bestätigen und da finde ich das Beispiel sogar noch harmlos.