Antworten auf zwei dumme Fragen
Eine kritische Betrachtung von heutigem Journalismus.
Ich hatte im Blog schon mehrfach Susanne Gaschke erwähnt, Ex-Journalistin, dann kurzzeitig aber erfolglos Oberbürgermeisterin von Kiel, und inzwischen wieder als Journalistin unterwegs. Sie war mir mal auf einer journalistischen Konferenz aufgefallen, bei der sie auf dem Podium saß, auf mich aber ziemlich dämlich, abstoßen und unglaub selbstgefällig, arrogant und überheblich wirkte, weil sie sich feministisch extrem herablassend über Männer äußerte, sich über deren Umgang beschwerte, auch in dieser #Aufschrei-Nummer gegen Brüderle und die FDP drinsteckte, und sich immer wieder lustvoll darin suhlte, Brüderle als „alten Sack” zu bezeichnen.
Sie beschwert sich ständig über den Umgangston von Männern gegenüber Frauen (Dirndl…) und der Öffentlichkeit gegenüber Journalisten, aber findet es völlig normal, Leute in Abwesenheit, wenn sie sich also nicht wehren können, aber öffentlich und vor großem Publikum wiederholt als „alten Sack” zu titulieren. Auf meinen Einwurf, dass das ja nun auch nicht besser sei und zudem nach feministischen Maßstäben Sexismus und Ageismus, ist ihr auch nichts eingefallen, intellektuell nicht zur Auseinandersetzung oder zum Umgang mit Kritik befähigt. Außer einer Entgleisung der Gesichtszüge kam da nichts. Eine der feministischen Schmierenschreiberinnen im Publikum schrieb dann darüber, es hätte sich einer aufgeregt und sie hätte das souverän „weggelächelt”. Von der Sorte waren viele im Publikum, und es war eine reine Journalistenveranstaltung. Diese Veranstaltung war so eines der zentralen Erlebnisse, die bei mir die Erkenntnis haben reifen lassen, dass der Journalismus eigentlich in weiten Teilen nur noch so eine Art Müllhalde für den intellektuellen Ausschuss ist, den die Universitäten produzieren (das ging zwei Tage lang so). Leute, die sonst nichts können, werden durch irgendwelche Politstudien gezogen, und weil die spätestens nach ein paar Jahren fertig sind, und die da nicht ewig bleiben können, wandern die dann halt in solche Jobs. Das sind Leute, die inhaltlich nichts zustandebringen und auch zum Disput nicht befähigt sind, die eigentlich nur geifern, schimpfen, diffamieren, intrigieren. Ich war da echt entsetzt, wieviele dieser Leute dort rumliefen, und das alles auf einem Haufen und nur Journalisten (war im NDR, wo auch die Tagesschau produziert wird, abends beim Essen im Freien kam der Tagesschausprecher auf dem Weg zur Sendung vorbei).
Das ist so richtig erleuchtend, wenn man nicht nur den Mist in den Zeitungen liest, sondern die Leute, die den produzieren, auch mal life und in Aktion erlebt, und die mal erlebt, wie die so ticken und reden. Auf diesen Konferenzen habe ich wirklich den letzten Respekt vor Presse verloren. Journalistenkonferenzen sind so richtig deillusionierend, und eigentlich auch sehr deprimiierend.
Ein anderes Symptom degenerierter Medien sind diese unzähligen und immer gleichen, vor allem gleich leeren Artikel der Sorte „Woher kommt all dieser Hass?”, die vor allem die geistige Leere der Autoren und mehr noch, die sprachliche Armut und den dürftigen Wortschatz offenbaren. Denn auch das ist mir da immer wieder aufgefallen, dass ausgerechnet viele der Schreiberlinge sprachlich sehr spärlich ausgestattet sind. Ich finde diese „woher nur…”-Artikel so enddämlich.
Neulich fiel mir ein Artikel in ähnlicher Machtart auf, eben von Gaschke. Wieder so ein Artikel, in dem eigentlich nichts gesagt wird, sondern nur doofe Fragen in die Luft geblasen werden, also wieder so ein Retortengefasel.
Kann die Mangelhaftigkeit von Politik und Medien (beides wird von Menschen gemacht) wirklich der Grund für ein so abgrundtiefes Unglück eines so großen Teils der Bevölkerung sein, wie es sich gegenwärtig in Umfragen manifestiert? Das glaube ich einfach nicht. Ich glaube, dass es drei ganz andere Faktoren sind, die die Stimmung in diesem definitiv friedlichen und insgesamt wohlhabenden Land so düster grundieren.
An diesen Großtrends ist nicht “die Politik” Schuld
Zum einen scheinen immer mehr Leute verhängnisvolle Entscheidungen in ihrem Beziehungsleben zu treffen. Dann sitzen sie da, mit wütenden Ex-Partnern, verstörten Kindern, Schulden und sich unverstanden fühlenden neuen großen Lieben ihres Lebens. Klar, durchhalten wäre auch anstrengend gewesen. Aber anders anstrengend.
Wieder mal die übliche feministische Masche, sich selbst für unkritisierbar zu halten und daraus zu folgern, dass jeder Kritiker aus persönlichen Problemen heraus kritisieren muss. Dabei kann die Mangelhaftigkeit von Medien und Politik selbstverständlich Ursache des Unmuts sein, denn kaum jemand sonst kann soviel Schaden anrichten, und auch niemand tut es. Der Schaden durch schlechte Politiker und Journalisten ist einfach enorm.
Sie versucht dabei aber noch eine rhetorische Falle: Sie stellt zwei Fragen in den Raum:
Es gibt zwei Dinge, die ich die politik- und medienverdrossenen Wutbürger gern einmal fragen würde. Erstens: In welchem anderen Land der Welt würden Sie lieber leben als in Deutschland? Zweitens: Zu welcher Zeit in der Vergangenheit hätten Sie gern in Deutschland gelebt? Ich rätsele darüber, woher der ganze Ärger kommt.
Das ist nun richtig dreckig. Denn erstens wird jeder, der anderer Meinung ist, von vornherein als „verdrossener Wutbürger” abgewertet und eingeschrumpft. Zweitens suggeriert sie auv diese Weise, dass die Leute darauf keine vernünftige Antwort haben oder sagen würden, dass sie im hier und jetzt am liebsten leben, und damit im Prinzip zugeben, dass unsere Politik doch das allerbeste liefern würde.
So richtig dreckige Rhetorik. Sie übernimmt im Prinzip gleich die Rolle der Gegenseite mit und stellt sie gleich als dümmlich dar. Suggeriert, als würden sich die Leute selbst widersprechen, obwohl sie gar nichts gesagt haben und nicht zu Wort kamen.
Medienkompetenz heißt heute, diese Sauereien zu erkennen und nicht darauf hereinzufallen.
Eigentlich wollte ich den Artikel gar nicht erst erwähnen, war mir zu blöd.
Dann aber kam ein zweiter Artikel, in dem jemand Gegenrede erhebt. Und der antwortet sehr gut. Ein häufig zu beobachtender Effekt, dass inzwischen die Leserkommentare weit schlauer sind als die Presseartikel.
Der Mann – ungefähr meines Alters – gibt als Ort, an dem er lieber leben würde, Australien an. Und das ist mir aufgefallen, denn er beschreibt das sehr gut. Auch ich wäre gerne nach Australien ausgewandert, mir hat nur diese leidige Promotionssache einen Strich durch die Rechnung gemacht. (Zumal ich erfahren habe, dass ein Klassenkamerad gleich nach dem Abi nach Australien ausgewandert und dort Pfarrer geworden ist.)
Das wäre auch meine Antwort gewesen.
Und er gibt eine Zeit an, zu der er lieber gelebt hätte. Ende der vierziger Jahre, nach dem Krieg.
Überraschend. Aber nicht dumm. Denn es war die Zeit des Wiederaufbaus, der Kreativität, der Befreiung, des kommenden Wirtschaftswunders.
Nicht der Artikel von Gaschke, sondern die Antwort des Lesers veranlasst mich, auch etwas dazu zu schreiben.
Wann hätte ich lieber in Deutschland gelebt?
Mein erster Gedanke ist da immer, im Berlin der 1920er Jahre gelebt zu haben. Da gab es mal eine sehr lebenslustige Phase. Allerdings auch unterschiedliche Darstellungen, die nicht alle so toll sind.
Nein, meine Antwort ist: In den 1990er Jahren.
Denn da habe ich gelebt und weiß, wovon ich rede. Die ausgehenden Achtziger und die Neunziger waren eine geile Zeit. Gut, die Mode war hässlich, aber ansonsten war das so richtig frei, entspannt, innovativ, offen. Kennt Ihr noch die Langnese-Werbung „Like ice in the sunshine”? Oder RTL Tutti Frutti? String Tangas? Zu Silvester kam im Fernsehen noch Crazy Horse, und keinen hat’s gestört.
Diese ganze polit- und political-correctness-Scheiße herrschte damals nicht, es hat irgendwie alles gut zusammengepasst, die Musik war gut, das Internet noch gesund und einer Elite vorbehalten, die Industrie noch nicht von einigen großen Konzernen komplett gefressen, Männer waren noch Männer, Frauen noch Frauen, die Welt war sicher, man konnte fast überall hin reisen, das war einfach alles irgendwie Sommer, Sonne, Sonnenschein, unbeschwert, locker, modern.
Man konnte seine Meinung sagen, unbeschwert essen was man wollte, die Steuern waren noch überschaubar, die Staatsverschuldung noch nicht eskaliert.
Die Medien waren noch halbwegs brauchbar, der SPIEGEL damals noch Daumendick, inhaltsvoll, ein lohnendes Lesestück für eine Woche.
Die Mieten waren noch in Ordnung, die Hauspreise auch.
Irgendwie habe ich mich damals so viel besser, freier, entspannter gefühlt.
Und heute?
Alles kaputt.
Wir sind eine verbiesterte, verbissene, von Missgunst und Feindschaft zerfressene Gesellschaft, in der man eigentlich keinen Spaß mehr hat, sondern sich nur noch in ständiger Verteidigung bewegt, ständig aufpassen muss, was man sagt, ständig für alles geächtet und vernichtet, an den Pranger gestellt und diffamiert werden kann. Alles politisiert, alles manipuliert, alles korrumpiert.
Von unglaublicher Inkompetenz, von Willkür, von einem regelrechten Kult um die aggressiv ausgelebte Dummheit erfasst. Extreme Ideologisierung, gepaart mit der extremen Verachtung jedes intellektuellen Gedankengangs.
Deutschland heute ist so richtig zum Kotzen geworden. Ein Ort in Zeit und Raum, in dem man nicht mehr leben will.
Gerade wenn man mal ein paar Jahrzehnte zurückdenkt und vergleicht merkt man, wie runtergekommen, wie verdreckt, wie kaputt die Gesellschaft inzwischen ist, inzwischen gemacht wurde. Es wird uns immer so als „progressiv” und als Verbesserung verkauft, in wirklichkeit aber ist die Gesellschaft so kaputt, so vermurkst, so sabotiert, so krank, so verdorben, so malträtiert, dass man es kaum beschreiben kann.
Und wer trägt schuld daran?
Ja. Politiker und Journalisten. Die haben uns den ganzen Mist eingebrockt. Leute wie Gaschke.
Und das finde ich grotesk: Dass ausgerechnet das Gesindel, das uns das alles kaputt gemacht und den ganzen Mist eingebrockt hat, sich auch noch einbildet und anderen gegenüber so tut, als hätten wir die besten Zustände aller Zeiten.