Nur ein einzelner 18-Jähriger…
Habt Ihr das Münchner Medienchaos gestern abend mitverfolgt?
In der ARD fast vier Stunden Dauer-Sonder-Panik-Sendung von Tagesschau und Tagesthemen. Im ZDF deutlich weniger, die haben noch normales Programm gebracht, und in diesem Fall deutlich sachlicher, besser und unaufgeregter berichtet, aber auch noch Chaos-Niveau.
Vier Stunden Sondersendung darüber, dass sie nichts wissen. Sie hatten keine Ahnung, was passiert ist, aber wollten sich selbst dabei vier Stunden live übertragen. Beim Nichtswissen.
Hat das genutzt? Nein.
Hat das geschadet? Ja.
Was für eine Panik und Angst haben die damit ausgelöst, obwohl ja eigentlich gar nichts mehr los war. Es gab nur einen Täter und der war schon tot.
Nur ein Täter?
Ja. Ein 18-jähriger. Ein 18-Jähriger. Kein ausgebildeter IS-Kämpfer oder sowas, nur ein 18-Jähriger mit ner Knarre.
Selbst die Polizei versank im Chaos, obwohl sie eigentlich gut vorbereitet waren und gute Arbeit gemacht haben, denn die hatten das eine Woche vorher erst geübt. Und die hatten einen exzellenten Pressesprecher.
So hat die Polizei auch ziemlich schnell herausgefunden, dass es zwei der angeblichen drei Täter gar nicht gab: Zwei Zivilpolizisten waren zufällig vor Ort und haben natürlich sofort die Verfolgung des Täters aufgenommen. Natürlich, wie sollten sie das anders machen, mit gezogenen Waffen. Und wurden dafür von den Leuten irrtümlich für Täter gehalten, weil nicht als Polizisten erkennbar (das ist so das zentrale Prinzip von Zivilpolizisten…). Die Pressemeute hat natürlich gleich interviewt, wenn sie kriegen konnte. Die Polizei hat zwar früh rausgefunden, dass Täter zwei und drei nur Irrtümer waren, aber konnte das nicht durchmelden, weil der Funk überlastet war.
Auch so ein Ding: Sie ziehen Tausende Leute zusammen, schalten den öffentlichen Verkehr ab, wollen, dass man die Autobahnen freimacht, fliegen die GSG9 ein – aber eine elementar wichtige Information, dass zwei der angeblich drei Täter gar keine Täter, sondern nur Verwechslungen waren, kommt nicht durch. Organisatorische Kommunikationsdefizite. Keine Prioritäten.
Nochmal: Ein einzelner, militärisch nicht ausgebildeter 18-jähriger. So bedauerlich und traurig es ist, acht Tote zu beklagen (hätte uns ein Verkehrsunfall mit 8 Toten gejuckt? Interessieren uns 8 tote Radfahrer in Berlin? Stören uns 8 tote Passivraucher? Nö.), es ist doch nicht mehr passiert als dass ein 18-jähriger mit ner Pistole auf Leute geschossen hat. Kein organisierter Terroranschlag, kein Sprengstoffanschlag. Wisst Ihr, wieviele Pistolen im Umlauf sind?
So.
Und jetzt die Frage:
Was machen die eigentlich, wenn wir von 3000 ausgebildeten IS-Kämpfern mit Kriegswaffen, Sprengstoff, Logistik und monatelanger Vorbereitung richtig angegriffen werden? Wenn die schon bei solchem „Kleinkram” so durchdrehen?
Als neulich Türkei-Putsch war, hat Erdogan es spontan und nur durch eine SMS vermocht, hier in Deutschland tausende aggressive Gegendemonstranten auffahren zu lassen. Und offenbar war Erdogan gut vorbereitet. Wieviele vorbereitete Leute haben der oder der IS in Deutschland? Was ist, wenn die eine SMS mit „Angriff!” schicken?
Die Münchner Polizei (jedenfalls ihr Pressesprecher) hat gestern abend gute Arbeit geleistet, aber offenbar noch deutliche organisatorische Schwächen und vor allem Kommunikationsprobleme. Hätten da 30, 300 oder eben 3000 Leute gleichzeitig angegriffen und jeder an einem anderen Ort, wäre da gar nichts mehr gegangen.
Die Medien haben gestern abend meiner Einschätzung nach total versagt. Nicht nur die komplette Unfähigkeit, vernünftige Informationen zu bringen (oder wenigstens einfach die Klappe zu halten, wenn sie nichts zu sagen haben), sondern auch noch Schaden angerichtet: Spätestens seit dem Olympia-Attentat von 1972 wissen wird doch, dass es katastrophale Auswirkungen hat, Bilder und Videos zu senden, solange der Anschlag noch im Gange ist. Und was machen die Idioten? Senden und twittern aus allen Rohren über Polizeiaktionen.
Und dabei sogar Leute, die sich auf ihrer Webseite damit brüsten, auf elitären Journalistenschulen gewesen zu sein.
Den Verdacht habe ich schon lange, dass man auf Journalistenschulen heute gar nichts mehr lernt.