Ansichten eines Informatikers

Die Entnazifizierung ist komplett gescheitert

Hadmut
18.10.2016 23:09

Was mich daran wundert: Warum merkt man das erst jetzt?

Neulich ging ja so eine Meldung rum, dass viele Nazis nach dem Krieg direkt im Bundesjustizministerium unterkamen. (Insofern sollte man Maas mal klarmachen, wo er zuerst mal kehren müsste.)

Das hat mich überhaus verwundert.

Nicht, dass das so war und ist, daran habe ich nicht den geringsten Zweifel. Sondern daran, dass das jetzt erst hochpoppt.

Denn schon lange, lange, bevor ich mich mit dem ganzen Gender- und Hochschulbetrugsquatsch herumgeschlagen habe, bin ich mal durch einen Zufall in einen Kriminalfall involviert gewesen, der in meinem weiteren Bekanntenkreis passiert war. Ich hatte damit selbst eigentlich gar nichts zu tun, habe aber danach jemandem geholfen, der davon betroffen war, und habe dann, weil’s mich gejuckt hat, mal den Detektiv gespielt, rumgeschnüffelt und mich deshalb mal etwas mit Strafrecht, Polizei, Staatsanwaltschaft und Strafrichtern befasst und die Akten verfolgt, was die da so treiben und machen. Fand ich ganz gruselig, weil da massiv manipuliert, gedreht, gefälscht wurde. Ich kann mich sogar noch daran erinnern, dass der Polizei damals etwas, was ich für sehr naheliegend und auffällig hielt, dass nämlich etwas nicht so gelaufen sein konnte, wie es in den Akten stand, (man musste sich halt mal aus seinem eigenen Standpunkt und seiner Sichtweise herausbequemen und sich überlegen, wie diese Situation aus Wissenstand und Position des Täters ausgesehen hat, um zu merken, dass das so nicht stimmen kann) erst gemerkt bemerkt hat, als ich mal einen der ermittelnden Polizisten direkt danach gefragt habe. Die Polizei hat zwar Fehler gemacht, aber im Großen und Ganzen fand ich deren Arbeit soweit OK und in Ordnung.

Gruselig fand ich aber, wie Juristen die Sache gedreht, gebogen, gedehnt und nach ihren Urlaubswünschen ausgerichtet haben, und habe mich deshalb etwas näher damit beschäftigt. Irgendwie bin ich dann in einem SPIEGEL-Artikel aus den sechziger Jahren, der in der Bibliothek schon fast auseinandergefallen ist (saures Papier), darauf gestoßen, dass es sich ein gewisser Leonhard Drach, Staatsanwalt unter der NSDAP und Kriegsverbrecher, danach bei der Staatsanwaltschaft Frankenthal nett untergekommen war, wieder als Staatsanwalt.

Dabei bin ich dann auf das Buch „Furchtbare Juristen” von Ingo Müller gestoßen, Copyright 1987, über die unbewältigte Vergangenheit unserer Justiz. Und weiter auch zu Hochschulen, etwa „Vertuschte Vergangenheit – Der Fall Schwerte und die NS-Vergangenheit der deutschen Hochschulen” von König/Kuhlmann/Schwabe, 1997. Gibt noch mehr dazu.

Deshalb wundere ich mich gerade sehr, warum man jetzt plötzlich meint, das neu herausgefunden zu haben. Das ist doch schon lange bekannt, dass die bundesdeutsche Justiz und in weiten Bereichen auch die Hochschulen (wobei Hochschulen und Justiz ja im Bereich der Rechtswissenschaften sehr deckungsgleich sind) sich nach dem Krieg aus Alt-Nazis rekrutiert haben.

Ich erinnere mal an meine These, dass wir uns immer noch – sogar wieder verstärkt – in einer Phase einer grostesken Spätentnazifizierung befinden, die sich zur Ideologie verselbständigt hat.

Und jetzt schreien sie herum, dass die Entnazifizierung gescheitert wäre.

Warum hat das 70 Jahre keinen gestört und soll jetzt plötzlich ein hochaktuelles Problem sein?