Medienschrott: Die „EU-Digitalcharta”
Was ist der Unterschied zwischen „Prominenten” und Kompetenten?
Jede Menge (Pseudo-)„Prominente” haben die „EU-Digitalcharta” geschrieben. Aber keine Kompetenten.
Journalisten gehen dieser Tage an die Decke, wenn man ihnen vorwirft, „Lügenpresse” zu sein.
Nicht ganz so heftig, aber tendenziell ähnlich reagieren sie, wenn man ihnen „Kampagnenjournalismus” vorhält. Nein, nein, sie wollen ja seriös sein. Kampagnenjournalismus würden sie nicht betreiben.
Oder doch?
Heise berichtete diese Woche über eine „Digitalcharta”, und eigentlich war da schon alles klar, denn gleich an erster Stelle nannten die Sascha Lobo. Wenn der schon ihr Bester und Promimentester gewesen sein soll, was sollte dann noch kommen können? Dieser HansDampf auf allen Gassen, der seine wesentliche Substanz nicht im, sondern auf dem Kopf hat, der rumläuft wie ein Huhn? Der gerade aus Gründen, die ich noch nicht ergründen konnte, in einer Talkshow nach der anderen sitzt, und die dann aus offensichtlichen Gründen ebenso reihenweise alle im Trash enden? Dieses rotgefärbte Symptom des irreparablen intellektuellen Siechtums all jener Illners und Maischbergers in ihren Geldverschwendungsstudios? Der wird an erster Stelle genannt?
Und die wollen eine „Digitalcharta” gemacht haben?
Na, da schauen wir mal rein. Ist hier zu finden. Als Download hier.
Der erste Brüller ist ja, dass die ZEIT-Stiftung dahintersteckt, und dann verblüffend viele ZEIT-Redakteure drinstecken. Das stinkt ja schon mal nach „wir feiern uns selbst”. Was ich von Stiftungen halte, habe ich schon dargelegt.
Was aber ist das, wenn keine Kampagne?
Widerspricht die Erklärung, die „digitale Welt gestalten” zu wollen, nicht den Neutralitätsanforderungen an Journalisten?
Und was genau soll die „Initiatoren” eigentlich befähigen, die „digitale Welt zu gestalten”?
„Digitale Welt”? Ist nicht schon die Wahl dieses Begriffes hohles, leeres Geschwafel, disqualifiziert nicht schon der pathetische aber inhaltslose Begriff das Unterfangen? Nach dem Motto „Ich weiß zwar nicht, wovon genau ich rede, aber ich bin wild entschlossen, es zu ändern”? Was „digital” bedeutet, ist ihnen offenbar nicht so klar, denn eigentlich meinen sie sowas wie „vernetzt” und nicht „digital”. Aber „digital” ist heute wie „Algorithmus”: Man muss nicht wissen, was es ist. Es reicht zu wissen, dass es irgendwie böse und man selbst im Trend ist, wenn man darauf schimpft.
Wir fordern Digitale Grundrechte
Schon die Überschrift ist Quatsch. Man kann ein Recht nicht fordern.
Entweder hat man ein Recht, und kann dann aufgrund dieses Rechtes etwas fordern. Oder man hat das Recht nicht, dann kann man darum bitten oder betteln.
Das erinnert mich an ein Kind, das ich mal einige Zeit in meiner Obhut hatte. Das Kind hat mich immer wieder alles mögliche gefragt, was ich richtig gut und toll fand, weil es so neugierig war und mir offenbar zutraute, alles zu wissen und zu beantworten. Es nervte aber, dass das Kind jede Frage mit „Du, Hadmut, darf ich dich mal was fragen?” einleitete. Ich habe immer wieder gesagt „Dann hast Du doch schon etwas gefragt. Stell doch einfach gleich die Frage, die du fragen willst und lass die Vorfrage weg!”
Genauso unsinnig ist es, ein Recht zu fordern. Man muss gleich das fordern, was Inhalt des Rechtes ist. Und das setzt eigentlich voraus, dass man das Recht schon hat (oder eine andere Art des Nachdrucks), denn sonst ist man gar nicht in der Position, etwas zu fordern.
Charta der Digitalen Grundrechte der Europäischen Union
Au weia.
Daten können digital sein. Rechner können digital sein. Aber nicht Rechte. Rechte sind nicht digital.
Außerdem ist es keine Charta der Europäischen Union, sondern nur ein Vorschlag dafür. Also kann man es nicht drüberschreiben.
IM BEWUSSTSEIN, DASS
Huahahahahaaa.
Da kommen sie mit so pathetisch-schweren Fundamentalphrasen wie „IM BEWUSSTSEIN, DASS” daher, faseln dann aber einfach einfach irgendwas daher. Ohne je zu erklären, wie sie zu dem Bewusstsein gekommen sein wollen. Man kann sich einer Tatsache bewusst sein.
Wenn man aber etwas als Ziel hat, dann ist man sich dessen nicht bewusst, sondern dann will man das. Also müsste die Überschrift da lauten „wir wünschen uns” und nicht „im Bewusstsein, dass”.
Medienkompetenz ist,
- solchen Quatsch zu erkennen,
- Zeitungen nicht mehr zu kaufen, die einem so Wünsche als Tatsachen suggerieren wollen.
die Anerkennung der angeborenen Würde und der gleichen und unveräußerlichen Rechte aller Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,
Ist es das? Und wenn ja, ist das nicht Zirkelschluss-Gefasel? Anreicherung mit schicksalsschweren Begriffen, die eigentlich nichts mit dem Inhalt zu tun haben? Wir wünschen uns Weltfrieden?
die zunehmende Digitalisierung zur Veränderung der Grundlagen unserer Existenz führt,
Wäre schön, wenn man mal sagen würde, was sie mit „Existenz” meinen. Früher hat man gegessen, getrunken, geatmet, geschlafen. Und heute?
es im digitalen Zeitalter zu enormen Machtverschiebungen zwischen Einzelnen, Staat und Unternehmen kommt,
Ja, das ist … sehr vage. Kann man immer mal so behaupten. Weil’s so ungenau ist, dass man es eh nicht werten kann. Wer sich in diesem Bewusstsein befindet, naja, der hat kein allzutiefes Bewusstsein, wenn es sich in solchen Allerweltsfloskeln erschöpft.
im digitalen Zeitalter eine zivilgesellschaftliche Debatte entstanden ist und weitergeht,
Weil irgendwer über irgendwas „debattiert” brauchen wir einen Satz neuer Grundrechte?
technischer Fortschritt stets im Dienste der Menschheit zu stehen hat,
Meine erste Frage wäre: In wessen Diensten denn sonst? Solange keine Außerirdischen landen, ist ja sonst keiner da.
Allerdings hat man häufig argumentiert, dass etwa Energietechnik der Erde und Natur und nicht dem Menschen dienen soll.
Wer aber würde das entscheiden, ob etwa Facebook im Dienste der „Menschheit” steht?
Ich kann dieses Gutmenschengeschwafel nicht ab.
FEST ENTSCHLOSSEN
Grundrechte und demokratische Prinzipien auch in der digitalen Welt durch die Herrschaft des Rechts zu schützen,
Widerspruch in sich. Wenn es um den Schutz von Grundrechten geht, dann wiederspricht es dem, einen neuen Satz von Rechten zu fordern und zu katalogisieren. Dann ist das eine Sache der Rechtsprechung auf Grundlage der bestehenden und nicht der Normierung neuer Rechte.
Und die „Herrschaft des Rechts” erreicht man nicht durch neue Rechte, denn die setzen ja voraus, dass Recht herrscht, und erzeugt das nicht. Herrscht kein Recht, sind normierte Rechte wertlos. Ursache und Wirkung verwechselt.
staatliche Stellen und private Akteure auf eine Geltung der Grundrechte in der digitalen Welt zu verpflichten,
Blödsinn.
Es gibt keine „analogen Grundrechte”. Entweder man hat die Grundrechte, dann gelten sie auch in der „digitalen Welt” (was auch immer das sein soll…), oder man hat sie nicht, und dann kann man ihre Geltung nicht ausdehnen.
Außerdem ist es schon sprachlicher Mist, weil man jemanden nicht zu einer Geltung von Rechten verpflichten kann, sondern nur zu deren Einhaltung. Wenn man das geschafft hat, dann gelten sie. Man kann jemanden verpflichten, etwas zu tun, aber nicht, dass etwas ist. Aber selbst wenn man es sprachlich in Ordnung gebracht hätte, wäre es immer noch inhaltlicher Unsinn, denn jemanden auf die Einhaltung von Rechten zu verpflichten ist „doppelt gemoppelt”. Rechte heißt ja schon, dass jemand zur Einhaltung vepflichtet ist. Man kann jemanden nicht zwingen, etwas machen zu müssen.
auf diese Weise das Fundament einer rechtsstaatlichen Ordnung im digitalen Zeitalter zu schaffen,
Haben wir jetzt eine digitale Welt oder ein digitales Zeitalter?
Und gilt die bisherige rechtsstaatliche Ordnung nicht mehr?
Artikel 1
Würde
(1) Die Würde des Menschen ist auch im digitalen Zeitalter unantastbar. Sie muss Ziel und Zweck aller technischen Entwicklung sein und begrenzt deren Einsatz.
Da hätte man sich vielleicht vorher erst mal schlau machen sollen, was Menschenwürde eigentlich so bedeutet. Das ist nämlich nicht so ein Faselbegriff. Das steht vor dem Hintergrund von Konzentrationslagern, von Menschen die hungern, geschlagen werden, eingesperrt werden.
Man kann durchaus die Frage aufwerfen, ob die Menschenwürde überhaupt durch Information (und nur darum geht es im „Digitalen”) substanziell berührt werden kann.
Oder man könnte umgekehrt die Frage stellen, ob in der Entwertung des Begriffs der Menschenwürde für so ein Digitalgefasel nicht eine Art Holocaust-Leugnung steht, wenn man nämlich Menschenwürde auf irgendwelche Twitter-Probleme herabwertet.
(2) Neue Gefährdungen der Menschenwürde ergeben sich im digitalen Zeitalter insbesondere durch Big Data, künstliche Intelligenz, Vorhersage und Steuerung menschlichen Verhaltens, Massenüberwachung, Einsatz von Algorithmen, Robotik und Mensch-Maschine- Verschmelzung sowie Machtkonzentration bei privaten Unternehmen.
Tun sie das?
Aber mal davon abgesehen: Es soll doch eine Rechte-Charta sein (oder werden). Was haben dann solche Tatsachenbehauptungen (noch dazu im vagen Allerweltsgefasel) in einer Rechte-Norm zu suchen? Ich habe das Recht, dass sich Gefährdungen meiner Menschenwürde ergeben, oder was?
Außerdem ist es wieder sprachlich falsch. Etwas ergibt sich nicht durch sondern aus, und wenn sich etwas ergibt, dann kann auch keiner was dafür, sprachlich richtig wäre entstehen aus, aber selbst dann gehört sowas nicht in die Norm, sondern in deren Begründung. Außerdem wären es dann nicht Gefährdungen, sondern Gefahren.
Außerdem wäre es dann nötig, diese Gefährdungen mal zu benennen. Denn wie will man sich gegen Gefährdungen schützen, wenn sie nicht benannt sind? Ooooohhh, Algorithmen sind böööösee, Huuuuuuhhh. Gefährdung „Einsatz von Algorithmen”.
Meine Güte, wer schreibt so einen Mist?
(3) Die Rechte aus dieser Charta gelten gegenüber staatlichen Stellen und Privaten.
Oh, no!
Das können sie gar nicht, denn wenn solche Rechte staatliche Stellen grundsätzlich verpflichten, dann muss das Volk, der Souverän, der Gesetzgeber sein. Dann gelten sie nicht gegenüber „Privaten”. Deshalb gilt das das Grundgesetz ja auch nur für die Staatsgewalten und nicht für Bürger.
Und was sind den „Private”?
Allgemein natürliche und juristische Personen? Müsste man halt auch mal klar formulieren.
Artikel 2
Freiheit
Jeder hat ein Recht auf freie Information und Kommunikation. Dieses Recht ist konstitutiv für die freie Gesellschaft. Es beinhaltet das Recht auf Nichtwissen.
Freie Information von was?
Kommunikation mit wem?
Gibt’s dann keine Geheimnisse mehr? Heißt das dann, weil’s ja auch „Private” verpflichten soll, dass ich meine komplette Privat- und Intimsphäre jedem ausbreiten muss, der es wissen will, weil er dann mir gegenüber ein Recht auf „freie Information” hat?
Und was soll denn das „Recht auf Nichtwissen” sein?
Kann man dann im Straßenverkehr fahren, wie man will, und jeden niederschlagen, weil man das Recht hat, die Straßenverkehrsordnung und das Strafrecht „nicht zu wissen”?
Oder mal im Selbstwiderspruch: Wie soll die Charta „Private” verpflichten können, wenn die doch das Recht haben, von der Charta nichts zu wissen?
Und kann man dann vor Gericht klagen? Ich habe was erfahren, was ich nicht wissen wollte, und klage deshalb darauf, dass mir das aus dem Gehirn wieder entfernt wird? Oder was soll das sein?
Artikel 3
Gleichheit
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf eine gleichberechtigte Teilhabe in der digitalen Sphäre. Es gilt das in der Europäischen Grundrechte-Charta formulierte Diskriminierungs-Verbot.
Oh ja. Sascha Lobo hockt andauernd in irgendwelchen bekloppten Talkshows im Digitalfernsehen. Wenn ich da jetzt „gleichberechtigt” sein will, kann ich mich dann auch in die Talkshows reinklagen?
Und ist nicht gerade die ZEIT dafür berüchtigt, alle Kommentare mit abweichenden Meinungen zu sperren? Darf man dann die ZEIT darauf verklagen, Kommentare zuzulassen?
Und was soll ein Gesetz, das bekräftigt, dass ein schon geltendes Gesetz gilt? Viel hilft viel? Gelten Gesetze erst, wenn sie in mindestens zwei Chartas bekräftigt werden?
(2) Die Verwendung von automatisierten Verfahren darf nicht dazu führen, dass Menschen vom Zugang zu Gütern, Dienstleistungen oder von der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden. Dies gilt insbesondere im Bereich Gesundheit, Schutz vor elementaren Lebensrisiken, Recht auf Arbeit, Recht auf Wohnen, Recht auf Bewegungsfreiheit und bei Justiz und Polizei.
Oh. Das heißt, dass es in der U-Bahn keine Fahrkartenautomaten mehr geben darf? Und dass Kino- und Theaterkarten nicht mehr über das Internet verkauft werden dürfen? Weil ja automatisiert nur der Fahr- und Eintrittskarten bekommt, der Geld einwirft, andere aber nicht?
Dienstleister dürfen keinen Passwort-Schutz mehr verwenden? Das heißt, die ZEIT darf ihre Webseiten nicht mehr für zahlende Abonnenten vorbehalten, weil das ein automatisiertes Verfahren ist, das Menschen von Dienstleistungen abschneidet?
Und ein Türschloss darf ich dann auch nicht mehr haben, weil das automatisiert Menschen vom Zugang zu meinen Gütern ausschließt, denn als „Privater” wäre ich ja auch verpflichtet?
Artikel 4
Innere und äußere Sicherheit
(1) Im digitalen Zeitalter werden innere und äußere Sicherheit auf neue Weise bedroht. Bei der Ausübung der Schutzverantwortung des Staates sind enge rechtsstaatliche Grenzen zu beachten.
Wieder so eine Feststellung, die weder belegt ist noch ein „Recht” normiert, sondern irgendwie so eine Begründung für etwas wäre, was nicht da ist. „..werden auf neue Weise bedroht”. Ja, auf welche denn?
„Enge rechtsstaatliche Grenzen zu beachten”. Mal abgesehen davon, dass es einfach gar nichts aussagt, ist es überflüssig, redundant. Denn wenn es rechtsstaatliche Grenzen gibt, sind diese ohnehin zu beachten, sonst wäre es ja keine. Solche Bekräftigungsfloskeln sind völlig inhalts- und nutzlos. Nur Geblubber.
(2) Sicherheitsbehörden dürfen nicht auf durch Private erhobene Daten zugreifen. Ausnahmen sind nur auf gesetzlicher Grundlage zum Schutz besonders wichtiger Rechtsgüter zulässig.
Was sind denn „Sicherheitsbehörden”?
Und heißt das dann, dass das Finanzamt, die Bundeskanzlerin, der Pfarrer, das Veterinäramt und die Feuerwehr alles dürfen, weil sie keine „Sicherheitsbehörden” sind?
Und was sind „besonders wichtige Rechtsgüter”?
Und was heißt „dürfen nicht”, um dann mit „Ausnahmen” fortzufahren. Dürfen also doch?
Gut, so rein gedanklich könnte man damit was anfangen, aber es zeigt schon, dass wer immer das geschrieben hat (und hier sind ja Autoren und Journalisten am Werk) nicht mal vernünftig formulieren kann, sich nicht ausdrücken kann, nicht mal die einschlägigen Rechtsformulierungen kennt, einfach so als Laie drauflosblubbert.
(3) Eine anlasslose Massenüberwachung findet nicht statt.
Ein „Anlass” findet sich immer. Wenn man nicht sagt, was ein hinreichender Anlass sein soll. (Eine Hebamme erklärte mir mal, dass ein Kaiserschnitt nur bei medizinischer Indikation vorgenommen werden darf. Dass sie aber in der Lage wären, an jeder Frau eine Indikation zu finden, das Ergebnis also wäre, dass bei ihnen doch wirklich jede einen Kaiserschnitt bekäme, die einen haben will.)
Braucht man aber auch nicht, denn was „Massenüberwachung” ist, steht ja auch nicht da.
Oben reden sie von „Big Data” (nix gut deutsch..), einem unbestimmten Rechtsbegriff, und jetzt von „Massenüberwachung”. Wann ist etwas „Massenüberwachung”? Ab zwei Exabyte oder wie?
(4) Waffensysteme dürfen nicht vollautomatisiert eingesetzt werden.
Hatten wir neulich schon bei den Grünen: Lieber einen übernächtigten, im Kriegsstress kaputtgegangenen, kriminellen, verlogenen, habgierigen, plündernden und unter Drogen stehenden Durchgeknallten an der Waffe, der Angst hat und vergewaltigen will, als eine sauber definierte Maschine mit nachprüfbarer Protokollierung.
Artikel 5
Meinungsfreiheit und Öffentlichkeit
(1) Jeder hat das Recht, in der digitalen Welt seine Meinung frei zu äußern. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Digitale Hetze, Mobbing sowie Aktivitäten, die geeignet sind, den Ruf oder die Unversehrtheit einer Person ernsthaft zu gefährden, sind zu verhindern.
Hahaha. Das widerspricht sich schon selbst. Jeder darf seine Meinung frei äußern, eine Zensur findet nicht statt. Aber wehe dem, der das falsch sagt, das ist sofort zu verhindern.
Und was ist „Hetze”?
Darf man dann nicht mehr darüber berichten, wenn Politiker lügen, betrügen, hinterziehen, vergewaltigen, Drogen nehmen, weil es den Ruf der Person gefährden könnte?
Aber mal vom inhaltlichen Unsinn abgesehen, es ist wieder sprachlicher Unfug. „sind zu verhindern”. Wer soll verhindern?
Das sind wieder diese passivierten Formulierungen, die man verwendet, wenn man nicht genau weiß, was man eigentlich sagen will. Im altsprachlichen Schulunterricht habe ich noch gelernt, dass nur die im Passiv stehen können, die Subjekt-fähig sind. Ein Mensch kann gewaschen werden. Aber nicht ein Tisch. Den Tisch muss man waschen. Deshalb kann Hetze (von der Definitionsschwäche hier mal ganz abgesehen) schon sprachlich nicht verhindert werden, nicht zu verhindern sein, sondern jemand muss sie verhindern.
Wer? (s.u.)
Und wer bestimmt, was Hetze und Mobbing ist?
Und hieß es nicht, die Charta enthielte „Rechte”? Rechte sind normalerweise Abwehrrechte gegen den Staat. Und keine Handlungsverpflichtungen. Das ist schon inhaltlich keine Charta.
(3) Ein pluraler öffentlicher Diskursraum ist sicherzustellen.
Wieder der gleiche Mist.
- Was soll das sein? „pluraler öffentlicher Diskursraum”? Staats-Twitter oder was?
- Wer soll das sicherstellen?
Oben hieß es, die Charta soll auch „Private” verpflichten. Muss dann jeder jedem einen Diskursraum zur Verfügung stellen?
(4) Staatliche Stellen und die Betreiber von Informations- und Kommunikationsdiensten sind verpflichtet, für die Einhaltung von Abs. 1, 2 und 3 zu sorgen.
Ah, ja. So nachträglich hintendrangeklatscht.
Staatliche Stellen. Das Finanzamt? Die Stadtreinigung? Die Forstbehörde? Das Bergbauamt?
Und ich als Blogger und Anbieter eines Informationsdienstes habe einen „pluralen öffentlichen Diskursraum” sicherzustellen? Auf eigene Kosten oder wie?
Artikel 6
Profiling
Profiling durch staatliche Stellen oder Private ist nur auf gesetzlicher Grundlage zulässig.
Wäre halt schön, wenn mal gesagt würde, was der unbestimmte Rechtsbegriff „Profiling” (nix gut deutsch…) bedeuten soll.
Artikel 7
Algorithmen
(1) Jeder hat das Recht, nicht Objekt von automatisierten Entscheidungen von erheblicher Bedeutung für die Lebensführung zu sein. Sofern automatisierte Verfahren zu Beeinträchtigungen führen, besteht Anspruch auf Offenlegung, Überprüfung und Entscheidung durch einen Menschen. Die Kriterien automatisierter Entscheidungen sind offenzulegen.
Heißt: Wir dürfen in kein Flugzeug, in keinen Zug mehr steigen, weil da ständig automatisierte Entscheidungen getroffen werden, die für das Überleben entscheidend sind. Man darf sich von der Fluglinie die Flugsoftware darlegen lassen.
Heißt: Es darf an den Universitäten keine Multiple-Choice-Prüfungen mehr geben, weil automatisiert entschieden wird, ob die Prüfung bestanden ist und mit welcher Note.
Heißt: Man darf zu seinem Herzschrittmacher auch einen menschlichen Herzschrittmacher fordern.
Artikel 8
Künstliche Intelligenz […]
Was ist „künstliche Intelligenz”? So im Rechtssinne?
Es gibt einige Informatiker, die der Auffassung sind, dass es das gar nicht gibt und das nur ein Schwafelbegriff und Platzhalter aus einer Zeit war, als man noch nicht wusste, wo es hingeht.
Artikel 9
Transparenz
(1) Die Informationen staatlicher Stellen müssen öffentlich zugänglich sein.
(2) Das Transparenzgebot gilt auch gegenüber Privaten, sofern diese über Informationen verfügen, die für die Freiheitsverwirklichung Betroffener von entscheidender Bedeutung sind.
So, so.
Oben steht, dass Staatliche Stellen unter gewissen Bedingungen privat erhobene Daten einsammeln dürfen. Wenn sie sie aber haben müssen sie öffentlich zugänglich sein.
Das heißt, dass jegliche private Daten im Prinzip veröffentlicht werden. Und meine Finanzdaten beim Finanzamt und meine Krankenakte im städtischen Krankenhaus und meine Akten zum Schwerbehindertenausweis und so weiter alles auch. Und die reden von einer Rechte-Charta für die digitale Welt?
Und ich muss dann auch jedem mein Passworte und als Firma alle Firmengeheimnisse herausgeben, wenn das für dessen „Freiheitsverwirklichung” „von Bedeutung” sein soll?
Was ist denn „Freiheitsverwirklichung”?
Artikel 11
Datenschutz und Datensouveränität
(1) Jeder hat das Recht auf den Schutz seiner Daten und die Achtung seiner Privatsphäre.
Das widerspricht den oben betrachteten Normen.
(2) Jeder hat das Recht, über seine Daten selbst zu bestimmen. […]
Auch das widerspricht der oben genannten Öffentlichkeit von Informationen staatlicher Stellen.
Und es verletzt die Pressefreiheit. (Hab ich gerade vor dem Verwaltungsgericht, wo nämlich der Auskunftsanspruch stärker als das Persönlichkeitsrecht über seine Daten sein kann. So hat auch der RBB gerade die Auskunt zur Bachelor-Arbeit von Evrim Sommer durchgesetzt.)
Artikel 12
Informationelle Selbstbestimmung
(1) Die Unversehrtheit, Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme ist sicherzustellen.
Es ist „sicherzustellen”, dass Computer nicht kaputtgehen oder abbrennen? Und nicht von Hackern attackiert werden?
Na, dann viel Spaß. Das will ich sehen, wie sie das machen wollen.
(2) Jeder hat ein Recht auf Verschlüsselung seiner Daten.
Ah, ja. Man darf seine Daten verschlüsseln, hat sie aber jedem herauszugeben, der sie für seine „Freiheitsverwirklichung” braucht.
Und wo gilt das? Auch bei Behörden? Dann ist es nutzlos, solange nicht klar ist, wo der Schlüssel liegt. Auch wieder so substanzloses Geschwafel.
Artikel 13
Datensicherheit
(1) Jeder hat ein Recht auf Sicherheit von informationstechnischen Systemen und der durch sie verarbeiteten Daten. Dabei ist höchstmöglicher Schutz zu gewährleisten.
Jeder hat ein Recht? Auch wenn er mit dem System nichts zu tun hat?
Ich habe also einen Anspruch gegen jeden Deutschen, dass der seine Systeme „sicher” macht?
Und das gleich „höchstmöglich”? Nicht irgendwie angemessen, oder verhältnismäßig, jedes System muss höchstmöglich geschützt sein?
Ich darf also nicht mal mehr eine Armbanduhr oder Fotokamera herumtragen, weil jeder einen Anspruch gegen mich hat, dass ich das Zeug mindestens im Tresor oder verbunkerten Rechenzentrum lagere?
Zu „gewährleisten”?
Das habe ich schon 1998 zur Uni Karlsruhe beschrieben, dass die Leute so gerne von „gewährleisten” schwafeln, ohne zu wissen, was es ist (oben „sicherstellen”, hier „gewährleisten”, halt so der Versuch, seriös zu klingen, ohne die Sprache verstanden zu haben).
Man kann Gewährleistung auf eine Waschmaschine geben.
Man kann aber nicht Sicherheit gewährleisten, weil’s ja dann keine ist.
(2) Identitätsdiebstahl und Identitätsfälschung sind zu bekämpfen.
Ja… pfff … müsst Ihr dann alle. So als „Private”. Macht halt mal was.
Das Recht, an Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen, darf nicht an den Zugang zu digitalen Medien gebunden werden.
Heißt: Keine Telefonabstimmungen im Radio mehr. Telefone sind heute digital.
Artikel 15
Freier Zugang
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf freien, gleichen und anonymen Zugang zu Kommunikationsdiensten, ohne dafür auf grundlegende Rechte verzichten zu müssen. Das Internet ist Bestandteil der Grundversorgung.
(2) Jeder hat das Recht auf eine nicht-personalisierte Nutzung digitaler Angebote.
Das heißt, dass ich auch zum kleinsten Tarif oder ohne zu zahlen den gleichen Zugang bekomme wie bespielsweise die BASF oder Google?
Was genau ist eigentlich das „Internet”? So im Rechts-Sinne?
Und was sind „digitale Angebote”?
Wenn ich eine Musik-CD kaufe oder mir im Kino einen Film ansehe, sind das auch „digitale Angebote” haben mit Internet aber gar nichts zu tun.
Artikel 16
Netzneutralität
Netzneutralität ist zu gewährleisten. Dies gilt auch für Dienste, die den Zugang zur digitalen Sphäre vermitteln.
Was genau ist „Netzneutralität”?
Und warum nur zu gewährleisten und nicht sicherzustellen?
Artikel 17
Pluralität und Wettbewerb
In der digitalen Welt sind Pluralität und kulturelle Vielfalt zu gewährleisten. Offene Standards sind zu fördern. Marktmissbräuchliches Verhalten ist wirksam zu verhindern.
In der „digitalen Welt”?
Also bei mir zuhause?
Das verbitt’ ich mir.
Soll der Staat dann ansonsten das Internet überwachen und durchzählen, ob alle Kulturen und Meinungen vertreten waren und die gegebenenfalls ergänzen? Wäre das nicht Massenüberwachung?
Artikel 18
Recht auf Vergessenwerden
Jeder Mensch hat das Recht auf digitalen Neuanfang. Dieses Recht findet seine Grenzen in den berechtigten Informationsinteressen der Öffentlichkeit.
Was heißt das? Löschanspruch gegen jeden?
Hieß es nicht oben, es gibt ein unbegrenztes Informationsrecht? Und jetzt doch wieder nicht?
Hat man nicht eben noch Jagd auf „Rechte” gemacht? Und die können jetzt einfach „Neuanfang” rufen und dann ist alles wieder lieb?
Artikel 23
Schlussbestimmungen
(1) Die Auslegung der in dieser Charta enthaltenen Rechte obliegt in letzter Instanz dem Europäischen Gerichtshof.
Quatsch. Eine Obliegenheit ist etwas, was man nur im eigenen Interesse wahrnimmt (oder bleiben lässt).
Fazit
Meine Güte, wer schreibt denn so eine gequirlte Scheiße einen hirnlosen Schrott?
Da stimmt doch gar nichts, das ist inhaltlich nur Blödsinn, das passt nichts, da ergibt nichts Sinn, das ist extrem laienhaft, und zu allem Überfluss auch noch sprachlich völliger Murks. Wohlgemerkt: Dahinter stehen Journalisten, Autoren, Professoren.
Und keiner hat gemerkt, was für ein Sprachschrott das ist?
Inhaltlich das letzte Gefasel, inkompetent, nichts verstanden, aber maßen sich an, die „digitale Welt” oder Zeitalter oder was auch immer gestalten zu wollen?
Da hat einfach irgendwer ad hoc und ohne Einsatz von Hirn das übliche political correctness- und Gutmenschengeschwafel rausgerotzt, nicht für 20 Pfennig Hirn drin, und keiner merkt’s.
Guckt Euch mal an, wer den Blödsinn alles „unterzeichnet” hat. Lehrer, Pädagogen, Journalisten und so weiter. Keiner merkt, was für ein hirnloser Mist ihnen da vorgelegt wird.
Unser Problem sind nicht Hacker und nicht Algorithmen, nicht Big Data und nicht finstere Überwachungstaaten.
Unser Problem ist die Massenverblödung derer, die sich für die Intellektuellen halten und dafür gehalten werden.
Nachtrag: Ich habe gerade mal zum Hashtag #digitalcharta nachgelesen. Es gibt eine ganze Reihe von Autoren, Bloggern usw. die diese „Charta” allesamt zerreisen und das für grotesk schlecht halten. Irgendwo stand, dass sie damit sogar 14 Monate damit schwanger gegangen sein.
Macht Euch das klar, dass der Mist von Journalisten geschrieben wurde.
Wer noch Geld für die ZEIT ausgibt, ist selbst schuld.