Intrafeministische Kriege
Ich habe mich ja schon lange gewundert, warum all die Minderheiten es sich so widerstandslos gefallen lassen, dass ein Haufen peinlich-durchgeknallter Kampflesben sich als deren Vertreter und Anwalt aufspielt.
Nun scheint sich doch Widerstand zu regen.
Eigentlich hätte ich ja immer erwartet, dass die Schwulen sich mal wehren. Gar zu oft haben mir hinter den Kulissen schon welche gesagt, wie sehr sie das stört, dass sie von Feministen vereinnahmt werden. Nur laut sagen tun sie das nie. Lassen sich lieber feindlich übernehmen. Sind halt doch Weicheier.
Widerstand kommt jetzt von denen, denen man es doch etwas weniger zugetraut hätte: Muslimas. (Wie lautet eigentlich der korrekte Plural von Muslima? Muslimas? Musliminnen? Dekliniert man das arabisch? Keine Ahnung…ist mir jetzt egal.)
Anscheinend nämlich sind die in Österreich jetzt ziemlich sauer über die feministische Zwangsvormundschaft, und bringen das auch zum Ausdruck, und zwar in pikanter Weise:
Eine anti-intersektionelle, ‚feministische‘ Praxis, in der wir als „Nebendiskurs“ bezeichnet werden, ist vieles, aber nicht feministisch. Mit wenig Überraschung und dennoch Abscheu, haben wir in den vergangenen Tagen verfolgt, wie wir und unsere alltäglichen Erfahrungen von weißen Feministinnen als „Eigenbrötlerdebatten“, „Nebendiskurs“ und „Partikularinteresse“ bezeichnet wurden. Da unseren Stimmen, aber auch den Stimmen anderer marginalisierten Gruppen, im Gegensatz zu den in Amerika stattgefundenen Protesten kein Gehör geschenkt wurde, werden wir hiermit als Kollektiv selbst Stellung beziehen.
So gehört sich das ja auch. Selbst reden.
Am Samstag hat in Wien, wie auch in anderen Städten und Ländern, der Women’s March stattgefunden. Dieser setzte es sich zum Ziel, eine klare Botschaft an Trumps Regierung an ihrem ersten Amtstag zu senden. Millionen Menschen weltweit, Frauen*, Schwarze, MuslimInnen, geflüchtete Frauen*, People of Color, LGBTQIA+ Personen, MigrantInnen, ArbeiterInnen haben am Samstag ihre Stimmen gegen das Patriarchat erhoben.
In Wien wurde der Women’s March von einer amerikanischen und einer österreichischen Aktivistin als Hauptorganisatorinnen veranstaltet, wobei im Zuge der Vorbereitungen die Grünen Frauen, der Österreichische Frauenring, die Plattform 20000 Frauen, One Billion Rising Austria, WAVE, die Neuen Linkswende und Democrats Abroad an der Organisation beteiligt waren.
Da hätte ich jetzt was zu mecken: Wieso kommen Amerikanerinnen nach Europa um hier gegen Trump zu demonstrieren? Und warum steht ausgerechnet Trump für ein Patriarchat?
Müsste man da nicht viel eher gegen Erdogan, Taliban, Pakistan oder sonst irgendein *an als gegen den Amerikan demonstrieren? Gut, lassen wir das mal. Frauen lassen sich halt grundsätzlich gerne instrumentialisieren (und schimpfen dann auf das Patriarchat).
Es wurden dabei weder migrantische Organisationen, Vertreter*innen der PoC LGBTQIA+ Community, der Schwarzen Community, Transgender-Personen, geflüchtete Frauen*, Behindertenaktivist*Innen oder Kollektive von Women of Color in die Organisation involviert, noch waren WoC/Schwarze als SprecherInnen vorgesehen. Der einzige Versuch, eine quotenmäßige „Diversität“ innerhalb der Rednerinnen herzustellen, bildete eine muslimische Rednerin, die zuerst eingeladen und dann aus den Reihen der Grünen Frauen, die ebenfalls Teil der Organisationsvorbereitung waren, ausgeladen wurde.
Mmmh, zweierlei. Einerseits kann ich die Kritik auf emotionaler Ebene verstehen und nachvollziehen.
Andererseits aber frage ich mich gerade, was die das eigentlich angeht, was in Amerika passiert? Amerika ist ein souveränes Land.
Es gab mal Zeiten, als jede Menge kreischender muslimischer Weiber im Fernsehen auf den Westen geschimpft haben, weil die Dänen sich Mohammed-Karrikaturen erlaubt hatten, da hieß es, der Westen habe sich nicht in deren Angelegenheiten einzumischen. Warum glauben die dann jetzt, dass sie sich in amerikanische Angelegenheiten einmischen könnten?
Es ist nicht das erste Mal, dass Schwarze Frauen*/WoC* als aggressiv oder emotional dargestellt werden, weil sie Praktiken des Ausschlusses ihrer Lebensrealitäten durch weiße Feministinnen verurteilen. Auch durch das Abweisen einer Ersatzsprecherin zeigt sich für uns einmal mehr, wie ernst gemeint eine im Statement der Organisatorinnen beschriebene „Solidarität“ in der politischen Praxis tatsächlich ist.
Es ist nicht das erste Mal, dass Schwarze Frauen als aggressiv oder emotional dargestellt werden. (Stimmt, vor allem auf Youtube..) Woran das nur liegen mag?
Eine weiße, feministische Praxis, die Ausschlüsse (re)produziert und Interessen weißer, heterosexueller, cis-gender, able bodied Frauen* in den Mittelpunkt stellt, produziert Ausschlüsse und vertritt die Partikularinteressen der privilegiertesten Frauen* unter uns. Eine feministisch politische Praxis, in der rassistische, islamophobe, sexistische Gewalt gegen Frauen* als ‚Nebendiskurs‘ bezeichnet wird und in der schwarze Frauen*, geflüchtete Frauen*, PoC*, LGBTQIA+ Personen* und Trans-Personen* nicht eingebunden werden, ist für uns keine feministische Praxis.
Nicht nur die letzten Tage, sondern die allgegenwärtigen, historischen, wiederkehrenden Erfahrungen von schwarzen Frauen*, Women* of Color sind Beweis für die fehlende intersektionelle Praxis in Österreich. […]
Wir brauchen keine Stellvertreterdebatten, Diversitäts-Quoten, keine weißen Fürsprecherinnen oder Retterinnen, keine Tränen und vor allem keine sich selbst als antirassistisch deklarierenden Stellungnahmen. Wir haben keine Bitten oder Fragen und lassen uns nicht irreführen.
Eigentlich ist das ganze Ding ja Quatsch, und sie schwätzen denselben Mist daher, wie alle anderen Feministinnen auch.
Würzig daran finde ich aber, dass die sich jetzt innerhalb der Frauen in die Wolle kriegen und der „weiße Mann” (von Trump mal abgesehen) da nicht mehr im Schussfeld steht, sondern die sich gegenseitig an den Hals gehen. Und dass sie eben mit genau den üblichen feministischen Kampfmethoden aufeinander schießen.
Find ich jetzt gut. Weiter so.