Über Molotow-Cocktails und ihre Idioten
Neues von der HU
Ein Leser schrieb mir, das mit den Molotow-Cocktails bei den Hausbesetzern der Humboldt-Universität hätte ich ganz falsch verstanden, das sei Satire. Wenn man irgendwelchen ominösen Facebook-Links folge (kann ich nicht, bin nicht bei Facebook), käme man zu einer weiteren Seite, auf der sie in der Fortsetzung des Videos die Flaschen austrinken.
Mal abgesehen davon, dass es mir auf den Wecker geht, Unwahrheiten als „Satire” zu verkaufen (komisch: bei Linken heißt es da „Satire”, die müsse man erkennen und respektieren und wer sie nicht erkennt ist doof, bei Rechten nennt man es „Fake News” und muss sie sofort sperren), es ist Quatsch. Bei Drohungen mit Gewalt gibt es keine Satire. Satire ist nicht grenzenlos.
Man kann nicht mit einer Pistolenattrappe in die Bank gehen, „Geld her” brüllen und wenn dann die Polizei kommt sagen „April, April, es war nur Satire”. Bei der Androhung von Gewalt ist auch die Androhung durch Täuschung eben eine Androhung von Gewalt. Man kann nicht satirisch drohen, wenn es nicht offen als Satire erkennbar ist, weil es dann, wenn es nicht als Satire erkannt wird, eben genau das ist: Eine Drohung. Auch wenn in den Flaschen nur Holunderbrause war. Eine vorgetäuschte Drohung mit Gewalt ist eben auch eine Drohung mit Gewalt.
Dazu verweise ich auf jenen Artikel, von dem mir noch nicht klar ist, ob sie zu diesem Zeitpunkt wussten, dass sie ihren Holm wiederkriegen. Sie beschweren sich über den Druck, den die Uni angeblich aufbaue.
Die Besetzer*innen des Instituts für Sozialwissenschaften bedauern außerordentlich die Entscheidung der Universitätsleitung, ihr Angebot auszuschlagen; bereits seit der Vollversammlung am 6.2. sollte ein Großteil der Seminarräume im besetzten Gebäude zur Verfügung gestellt werden, damit Lehrveranstaltungen wieder stattfinden können. Zunächst erfolgte trotz der angeblichen „Unzumutbarkeit der aktuellen Situation“ keine Reaktion von Seiten des Dekanats oder der Institutsleitung.
Eine Besetzerin erklärt dazu: „Unser Angebot an die Institutsleitung war ein Akt der Solidarität mit unseren Kommiliton*innen. Viele studieren unter prekarisierten Bedingungen und können Prüfungen, zum Beispiel aufgrund von BAfÖG-Rahmenbedingungen, nicht einfach aufschieben. Mit der gestrigen Ablehnung unseres Angebots und seiner Verhandlungsunwilligkeit nimmt das Institut nun den Ausfall von Kursen in Kauf. Diese Entscheidung geht zu Lasten der Studierenden und wird von uns aufs Schärfste missbilligt.“
Sie studieren unter prekarisierten Bedingungen und können Prüfungen aufgrund von BAfÖG nicht einfach aufschieben?
Ach Du liebe Güte.
Was sind denn das für Heulsusen?
Sie studieren unter prekarisierten Bedinungen. Hab ich mein ganzes Studium lang gemacht. Fand ich damals normal und keinen Grund zur Beschwerde. Ich dachte, das gehört so, weil ich zum Studieren da war und nicht als Vollversorgungsfall.
Sie können Prüfungen nicht einfach aufschieben. Ja, und? Konnte ich auch nicht. Ich war froh, wenn ich endlich mal einen Prüfungstermin bekommen habe.
Aufgrund von BAfÖG-Rahmenbedingungen. Ach Du Scheiße. Gibt nicht genug Geld dazu oder nicht lang genug? Ich habe damals gar kein BAfÖG bekommen. Nicht weil ich Geld gehabt hätte, sondern weil das Finanzamt für die Eltern seit Jahren keinen rechtskräftigen Steuerbescheid erlassen hatte und ich deshalb den Anspruch nicht nachweisen konnte. Ich habe mir das Studium durch Arbeiten verdient. (Zwar als Informatiker an der Uni, aber trotzdem erarbeitet.)
Irgendwie fehlt mir für dieses Extrem-Vollversorgungsanspruch-Gejammer jedes Verständnis. Gerade, weil ich auch mal studiert habe.
Warum ziehen die nicht direkt ins Altersheim ein und lassen sich Inkontinenz-Windeln anlegen, damit sie nicht mal dafür noch verantwortlich sind?
In einem Gespräch zwischen den Besetzer*innen und der Präsidentin der HU sowie weiteren Beteiligten wurde die Position der Präsidentin deutlich.
Dazu eine Sprecherin: „Eine Politisierung und Öffnung des universitären Raums ist nicht erwünscht und soll verhindert werden. So wurden Plakate an den Wänden der besetzten Räume als „unzumutbares Hindernis für Lehrveranstaltungen“ dargestellt. Das ist natürlich Quatsch. Die Präsidentin baut nun Druck auf, indem sie unverhohlen von der „Aufhebung der Duldung“ spricht und mit Konsequenzen droht. Aber: Wir lassen uns nicht einschüchtern!“
Man kündigt ihnen an, dass sie rausfliegen, und sie lassen sich „nicht einschüchtern”.
Die Besetzer*innen stehen mit ihrem Protest nicht allein. […]
Abschließend erklärt eine Sprecherin: „Die Situation ist zugespitzt, trotzdem laden wir alle Lehrenden dazu ein, in unseren Räumen ihre Veranstaltungen ohne inhaltliche Beeinflussung abzuhalten. Auch alle Studis, die nicht direkt am Protest teilnehmen sind weiterhin eingeladen, an das Institut zu kommen. Auch wenn Präsidium und Institut in einer Trotzhaltung verharren, stellen wir allen Studierenden die Räume im Zeitraum von 8-14 Uhr zum Lernen zur Verfügung. Zusätzlich unterstützen wir sie bei ihren Klausurvorbereitungen durch Lernveranstaltungen, die von anderen Studierenden ausgerichtet und organisiert werden.“
Mal abgesehen davon, dass der Schwachsinn mit einer verblüffend hohen Dicht von „Sprecherinnen” korreliert (wie herum mag da wohl die Kausalität liegen?): Na, was für eine Gnade, dass sie die Räume zwischen 8 und 14 Uhr allen Studierenden zur Verfügung stellen.
Wem soll das eigentlich zumutbar sein, zwischen (echten oder satirischen) Molotow-Cocktails zu lehren oder zu lernen?