Ansichten eines Informatikers

Merkels Geheimgespräche mit der Presse

Hadmut
24.2.2017 23:30

Mehr zur heimlichen Steuerung der Medien.

Oh. Ein bemerkenswerter (aber wohl noch nicht rechtskräftiger) Schlag des Berliner Tagesspiegel gegen Angela Merkel, über den die hier und hier schreiben und den Gerichtsbeschluss hier öffentlich anbieten.

Es geht dabei um die sogenannten „Hintergrundgespräche“ der Kanzlerin mit manchen Journalisten, was man da wohl ziemlich geheim hält. Man will da wohl nicht sagen, mit wem sie da worüber redet. Die Einladungen erfolgen wohl telefonisch, man darf nicht darüber berichten, es gibt keine Zeugen. Dazu der Tagesspiegel:

Das Zusammenspiel von Medien und Regierung ist vielfach in die Kritik geraten, dabei geht es um die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung, sichtbar jetzt auch an den Konflikten in den USA. Dem Kanzleramt wurde frühzeitig erklärt, dass die Informationen zu einer Recherche über Verbindungen von Presse und Politik benötigt würden und die Ansichten der Kanzlerin zu den genannten Themen zudem von großem öffentlichen Interesse seien. Staatliche Stellen seien bei der Auskunftserteilung strikt zur Gleichbehandlung verpflichtet. Dem widerspreche es, bestimmte Informationen nur einem exklusiven Kreis von Medien zukommen zu lassen.

Das ist vor allem vor dem Hintergrund von solchen Damenkränzchen wie das Trio Angela Merkel, Friede Springer und Liz Mohn, überaus kritisch.

Den Beschluss sollte man sich durchlesen. Auch die Begründung, warum die Bundeskanzlerin (bzw. das Kanzleramt) angeben muss, wann mit wem und zu welchem Thema, aber nicht die genauen Inhalte.

Ein seltsamer Zufall ist, dass ich ausgerechnet heute ein Buch bekommen und darin gleich beim Lesen der ersten Seiten eine kuriose Textstelle gefunden habe. Nach der MDR-Abmahnaffäre und den Leser-Hinweisen auf die SED- und Stasi-Verstrickungen und die Leser-Hinweise auf das „rote Kloster“, in dem die meisten der DDR-Journalisten ausgebildet wurden, und viele von diesen heute in unseren großen Print- und öffentlich-rechtlichen Medien aktiv sind, wollte ich doch mal näher wissen, was es mit dieser sozialistischen Kader-Schmiede auf sich hatte und wie sich diese auf unsere heutigen Medien auswirkt. Deshalb habe ich mir das Buch „Das rote Kloster“ von Brigitte Klump gekauft. Da ich erst ein paar Seiten gelesen habe, kann ich noch nicht wirklich sagen, was drin steht, aber es geht um ihre Erfahrungen in der Journalisten-Ausbildung der DDR und wie sie überhaupt dazu kam, wollte sie doch eigentlich Theaterkritikerin werden. Sie schafft es zwar, einen Studienplatz zu ergattern, aber erst für das nächste Jahr, und will die Wartezeit mit einem Volontariat bei einer Landwirtschaftszeitung überbrücken, gerät versehentlich in einen Zweijahresvertrag, aus dem man sie nicht herauslassen will (womit sie ihren Studienplatz verlieren würde), mit der einzigen Ausnahme, dass sie vorzeitig aus dem Volontariat wieder herauskommt, wenn sie an eine Journalistenschule geht und deshalb ohne es zu wollen dorthin geht, um so ihren Studienplatz für Theaterkritiker zu retten. Wie es dann weiterging, weiß ich noch nicht, weiter bin ich noch nicht gekommen. Das spielte Mitte der 50er Jahre, die Mauer stand noch nicht, sie fuhr mit der S-Bahn noch durch West-Gebiet zur Redaktion (durfte sich aber nicht erwischen lassen).

Und da heißt es zum Bewerbungsgespräch in der Journalistenschule (Karl-Marx-Universität Leipzig)

Ich ließ mich an die Fak. Jour. delegieren und wurde in den Presseverband zitiert zu einem Aufnahmegespräch vor der Prüfungskommission. Dort sah ich zum erstenmal Prof. Dr. Hermann Budzislawski, den Dekan der Fak. Jour. Ein Mann mit einem Gesicht aus Steien. Einen Querbinder um den Hals. Er fragte mich »Worin sehen Sie die Aufgabe der Zeitung?« und erwartete, das hat er mir später erzählt, ich würde mit den Leninschen Begriffen operieren, die Zeitung habe kollektiver Agitator, Propagandist und Organisator zu sein, Sprachrohr der Partei.

Mal gegoogelt. Wladimir Iljitsch Lenin hat laut dieser Quelle geschrieben:

Durch Vermittlung des Proletariats aber wird die Zeitung in die Reihen des städtischen Kleinbürgertums, der ländlichen Hausindustriellen und der Bauern dringen und zu einer wirklichen politischen Volkszeitung werden.

Die Rolle der Zeitung beschränkt sich jedoch nicht allein auf die Verbreitung von Ideen, nicht allein auf die politische Erziehung und die Gewinnung politischer Bundesgenossen. Die Zeitung ist nicht nur ein kollektiver Propagandist und kollektiver Agitator, sondern auch ein kollektiver Organisator. Was das letztere betrifft, kann sie mit einem Gerüst verglichen werden, das um ein im Bau befindliches Gebäude errichtet wird; es zeigt die Umrisse des Gebäudes an, erleichtert den Verkehr zwischen Drehern einzelnen Bauarbeitern, hilft ihnen, die Arbeit zu verteilen und die durch die organisierte Arbeit erzielten gemeinsamen Resultate zu überblicken. Mit Hilfe der Zeitung und in Verbindung mit ihr wird sich ganz von selbst eine beständige Organisation herausbilden, die sich nicht nur mit örtlicher, sondern auch mit regelmäßiger allgemeiner Arbeit befaßt, die ihre Mitglieder daran gewöhnt, die politischen Ereignisse aufmerksam zu verfolgen, deren Bedeutung und Einfluß auf die verschiedenen Bevölkerungsschichten richtig zu bewerten und zweckmäßige Methoden herauszuarbeiten, durch die die revolutionäre Partei auf diese Ereignisse einwirken kann. Schon allein die technische Aufgabe – die regelmäßige Versorgung der Zeitung mit Material und ihre regelmäßige Verbreitung – zwingt dazu, ein Netz von örtlichen Vertrauensleuten der einheitlichen Partei zu schaffen, von Vertrauensleuten, die lebhafte Beziehungen zueinander unterhalten, die mit der allgemeinen Lage der Dinge vertraut sind, die sich daran gewöhnen, die Teilfunktionen der gesamtrussischen Arbeit regelmäßig auszuführen, die ihre Kräfte an der Organisierung dieser oder jener revolutionären Aktion erproben. Dieses Netz von Vertrauensleuten [1*] wird das Gerippe einer solchen Organisation bilden, wie wir sie brauchen: genügend groß, um das ganze Land zu erfassen; genügend breit und vielseitig, um meine strenge und detaillierte Arbeitsteilung durchzuführen; genügend standhaft, um unter allen Umständen, bei allen „Wendungen“ und Überraschungen ihre eigene Arbeit unbeirrt zu leisten; genügend elastisch, um zu verstehen, einerseits einer offenen Feldschlacht gegen einen an Kraft überlegenen Feind auszuweichen, wenn er alle seine Kräfte an einem Punkt gesammelt hat, und anderseits die Schwerfälligkeit dieses Feindes auszunutzen und ihn dann und dort anzugreifen, wo der Angriff am wenigsten erwartet wird.

…ein Netz von örtlichen Vertrauensleuten der einheitlichen Partei zu schaffen, von Vertrauensleuten, die lebhafte Beziehungen zueinander unterhalten…

Zwar hatte Angela Merkel im Fach Marxismus-Leninismus in ihrer Promotion nur ein „ausreichend“, aber es würde mich schon interessieren, inwieweit ihre Auffassung von Presse und Medien leninistisch geprägt ist.

Ich bin sehr gespannt, was bei diesem Rechtsstreit zwischen dem Tagesspiegel(-Journalist) und Angela Merkel noch alles herauskommt und wer da so wie und wo.