Ansichten eines Informatikers

Kein Mitleid mit Journalisten

Hadmut
8.4.2017 13:33

Wer lange auf anderen herumgetrampelt hat…

Der ein oder andere Leser wird gemerkt haben, dass sich mein Mitleid mit Journalisten und deren Medienkrise in geringem Rahmen hält. Ich habe jahrelang versucht, die Medien darauf aufmerkam zu machen, was an den Universitäten läuft und wie es mir ergangen ist, und keiner war bereit, das überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. (Und heute tun sie so, als wären sie die Quelle der Erkenntnis schlechthin.)

Scheint, als stünde ich mit dieser Sicht nicht alleine.

Jahrelang haben sie jeden verspottet und verächtlich gemacht, den sie für einen „Globalisierungsabgehängten“ hielten, nach dem Motto „Guckt mal, diese Versager“ (Tonfall: Guck mal, ein Krüppel), gerne auch, um Leute mit anderer Meinung als welche hinzustellen, die sich mit ihrem Verlierer-Status und ihrer Ent-Privilegisierung nicht abfinden wollten. Schau mal, Leute, die es nicht geschafft haben, sich zu globalisieren.

Dabei sind die, die gerade am lautesten über Globalisierung und ihr Abgehängtentum jammern und staatliche Beihilfen fordern, die Journalisten selbst.

Mir schrieb nun ein Leser aus der Musikindustrie, der offenbar auch nicht gut auf Journalisten zu sprechen ist (und wer wäre das heute noch…), als Antwort auf meinen Blog-Artikel über die Angst der Journalisten um Einkommen und Arbeitsplatz:

Mich freut das. Aus Gründen:

Vor etwa 10 Jahren, als sich deutlich abzeichnete, dass die Musikindustrie, dass Komponisten und ihre Verleger, dass Plattenfirmen, dass Interpreten, …wegen der vielen kostenlosen und meist illegalen Musik- (und Film-) Angebote im Internet ziemliche Einnahme-Einbußen hatten…

… da juchzten diese Journalisten und schrieben hämische Artikel über die blöde Musikindustrie, die die Zeichen der Zeit verpasst hat oder so ähnlich, jedenfalls immer in diesem Tenor & von oben herab: diese Musikleute sind doch sowieso alles Millionäre und Abzocker; geschieht ihnen Recht.

Regelmäßig zeigten allerdings die Irrtümer in den Zeitungs-Texten, dass die Schreiber von “der Musikindustrie” wenig bis keine Ahnung hatten (aber mit vermeintlicher Kennermiene drüber herzogen).

Bestes Beispiel: die permanente Verwechslung von Plattenfirma und Musikverlag; das sind nämlich zwei paar verschiedene Schuhe (anschauliches Beispiel: Beatles. Plattenfirma: EMI. Verlag: Northern Songs). Muss man als Hörer nicht wissen. Wenn ich aber über diese Branche berichte, sie gar lächerlich machen möchte, und der Kenner dann jedesmal (!) merkt, die haben ja überhaupt keine Ahnung …

…nun ja, dann freut man sich als Betroffener eben, wenn diese Schreiber nun aus sehr ähnlichen Gründen (Internet/kostenlos) Angst um Job & Zukunft haben. (Zumals ich als alter Karl Kraus-Kenner sowieso diese Branche mehr als kritisch betrachte)

Kurz: Geschieht ihnen Recht.

(Was mich daran erinnert, dass irgendwer im Fernsehen – ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, es war Dieter Bohlen – mal erklärt hat, dass sich das Musik-Geschäft drastisch verändert hat. Früher hat man mit Platten verdient, heute verdient man mit Live-Konzerten, und deshalb sind Aussehen, Live-Singen und Show-Fähigkeit viel wichtiger als früher. Die Branche wäre am Medien-Umbruch fast kaputt gegangen, hat sich aber gefangen, verändert, angepasst und überlebt. Viele konnten das nicht und sind rausgefallen, andere haben dafür Karriere gemacht. Mir würde dazu Helene Fischer einfallen, deren Gesangsfähigkeiten ich auch nur als mittelmäßig einschätze, die aber präsentieren kann, während andere Leute exzellent singen können, aber mit dem Show-Gedöns überfordert sind.)

Es zeichnet sich zunehmend das Bild einer Journallie (um bei Karl Kraus zu bleiben), die sich über Jahre hinweg bei wirklich jedem unbeliebt gemacht und jeden verärgert und vergrätzt hat, als sie sich noch stark und unantastbar fühlte, und die jetzt darüber jammert, dass sie keiner mehr lieb hat, und versorgt werden will. So ähnlich wie Feministinnen.

Wenn ich mal so drüber nachdenke, ob ich in den letzten Jahren ein gutes Wort über die Presse gehört habe:

Oh, ja.

Ich habe in den letzten Jahren unglaublich viel Gutes über die Presse gehört, enorme Lobreden, wie gut und wichtig sie wäre. Aber fast nur von Journalisten selbst, der Rest von Politikern. Außer der Presse und deren Profiteuren lobt niemand mehr die Presse.

Sie haben Mitleid mit niemandem außer sich selbst. Und niemand außer ihnen selbst hat mit ihnen noch Mitleid.

Ein Berufsstand, der sein Ansehen völlig ruiniert hat und – wie immer – Schuld und Verantwortung dafür bei anderen sucht.