Ansichten eines Informatikers

Der Krampf um Aufmerksamkeit: Keiner braucht uns, keiner hat uns lieb…

Hadmut
9.6.2017 15:03

Zweite Veranstaltung, an der ich teilnahm.

Direkt im Anschluss an die Begrüßungsveranstaltung bin ich im großen Saal sitzen geblieben und habe mir „Der Kampf um Aufmerksamkeit“ angehört.

Podiumsdiskussion Klaus Brinkbäumer vom Spiegel, Armin Wolf vom ORF, Anja Reschke vom NDR, Stephan Lamby (der, der neulich den Film „Nervöse Republik“ gemacht hat, ich habe von der Vorstellung im Kino berichtet) Julia Stein, Netzwerk Recherche, Moderation Petra Sorge.

Ich fand’s langweilig. Solche Veranstaltungen gehen mir so auf den Wecker. Journalistischer Krampf: Bei denen geht’s nicht um Inhalt, sondern das Sendeschema mit Sendezeit zu füllen. Und das geht am einfachsten mit einer Podiumdiskussion (oder „Talk Show“), da muss man wenig oder nichts vorbereiten und kann auch nicht stecken bleiben, weil die Uhr ja nicht stehen bleibt. Nach einer Stunde ist es rum, egal was man macht.

Bla … Blabla … Blablabla.

Ein interessanter Punkt war, dass Magazine wie DER SPIEGEL gar nicht mal so ein Problem mit der sinkenden Leserzahl habe, sondern damit, dass ihnen die Werbekunden zu Facebook und Google davonliefen. Denkt mal drüber nach, was das darüber sagt, für wen sie schreiben und für wen nicht.

Zwei Grundthemen meinte ich da herausschälen zu können:

  • Sie beklagen, dass sie an Wichtigkeit und Aufmerksamkeit verlieren, weil immer mehr Leute in den Social Media und im Internet selbst schreiben (Ach…echt jetzt?) und auch Politiker an ihnen vorbei twittern. Hörte sich für mich nach Sinnkrise an, „keiner braucht uns“.
  • Sie beklagen den Ton, in dem sie angepöbelt werden. Hörte sich für mich nach Existenzkrise an, „keiner hat uns lieb“.

Äh… ja. Suppe aus Selbstmitleid, schmoren im eigenen Saft, unter Sauerstoffabschluss. Gegenseitiges Bejammern, gegenseitiges auf die Schulter klopfen.

Zwar habe sie die ganze Zeit geredet, aber auf mich wirkte das eher so, wie Leute in einer Sauna herumsitzen und in der Hitze schwitzen. Oh, ist das heiß. Ja, es ist heiß. Und so.

Als die Publikumsfragen eröffnet wurden, habe ich eine – naja, wohl zu komplexe, ich weiß nicht, irgendwie haben nicht alle verstanden oder wollten nicht verstehen, was ich von ihnen wollte – Frage gestellt: Eine Frage auf beide Jammeraspekte. Mir sei als Blogger in den letzten 20 Jahren aufgefallen, dass es eigentlich nur noch zwei Wege gibt, zu Aufmerksamkeit zu gelangen:

  • Wenn man es normal, in ordentlicher Sprache, mit Belegen, vielleicht sogar wissenschaftlich machen will, muss man es an den Medien vorbei selbst machen, weil es ein aussichtsloses Unterfangen sei, damit noch Medienaufmerksamkeit zu bekommen. (Alte Regel: Wenn Du willst, dass etwas ordentlich gemacht wird, mach es selbst.)
  • Es hat sich in Bezug auf Aufmerksamkeit als strategisch sinnvoll und als sehr wirksam erwiesen, Journalisten mit Beleidigungen und Pöbeleien anzusprechen, denn darauf reagieren sie noch, schreiben jede Menge Artikel, drehen Filme.

Beides aber würden sie hier nun bejammern. Meine Frage wäre, ob sie denn hier noch einen dritten Weg vorgesehen hätten oder was denn nun der Weg zu Aufmerksamkeit wäre, mit dem sie einverstanden wären.

Eine inhaltliche Antwort habe ich nicht bekommen.

Einer meinte, er sähe das ganz anders. Es sei noch nie so einfach gewesen, mit Journalisten in Kontakt zu treten, die seien doch heute alle direkt elektronisch erreichbar. (Was erstens nachweislich falsch ist, siehe MDR-Beispiel, und zweitens völlig nutzlos, denn man erreicht die Leute ja inhaltlich nicht. Die sperren und blocken heute ja alles, was ihnen nicht in den Kram passt.) Viele Medien würden ja geradezu darauf lauern, dass ihnen Themen über die Social Media gebracht würden. (Natürlich tun sie das, aber nur im Rahmen des Bestätigungsjournalismus, die nehmen nur wahr, was ihnen passt, alles andere ist Fake News und Hate Speech und kommt in die Tonne.)

Ein anderer erzählte mir was zur Radiotheorie von Bert Brecht, wonach das Radio vom Distributions- zum Kommunikationsmedium werden müsse.

Es hieß, das sei doch alles gar nicht schlimm, man fände das doch super, wenn jetzt Millionen von Leuten schreiben und publizieren könnten (worüber jammern sie denn dann?).

Heißt im Klartext: Sie jammern über alles und können selbst nicht sagen, wie eine Kommunikation mit Medien aussehen könnte, über die sie nicht jammern. Jammern als Selbstzweck.

Und besonders auf den Wecker gegangen ist mir dabei Anja Reschke.

Die hat auf Frage eines Lesers so einen Spruch abgelassen (ich hab’s jetzt nicht wörtlich notieren können, sinngemäß und meiner Erinnerung entsprechend), dass sie keine Lust habe, sich mit Hass und Häme der Leute auseinanderzusetzen.

So isoliert wäre das schon arrogant, überheblich, herablassend. Für wen oder was hält die sich? (Das ist ja so mein Stein des Daueranstoßes, dass Journalisten eigentlich auf jeder Konferenz, die ich da besuche, immer heraushängen lassen, dass sie sich für schlauer und überlegener halten, obwohl sie als typische Geisteswissenschaftsabsolventen intellektuell schon lange nicht mehr durch TÜV und ASU kommen – deren Überlegenheitsgefühl beruht alleine auf dieser kompletten Abschottung und dem permanenten Eigenlob.)

Bedenkt man aber, dass sie die Leute zwar verachtet und sich mit ihnen nicht auseinandersetzen will, sehr wohl aber von deren Zwangsgebühren bezahlen lässt, und nach dem, was man allgemein so über die Gehälter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk hört, könnte man spekulieren, dass sie fett verdient, dann emfinde ich das Auftreten dieser Frau schlicht als widerlich.