Ansichten eines Informatikers

„Populisten“ und „Lügenpresse“

Hadmut
10.6.2017 19:34

Galt bei NR als die heißeste und umstrittenste Veranstaltung, ich fand sie eher mäßig langweilig. [Nachtrag: Ich hatte eine Seite Notizen überblättert]

Boah, was ein Bohai die darum gemacht haben. Wenn man keine Höhepunkte hat, redet man sich welche herbei.

Es ging thematisch um die AfD und deren Umgang mit den Medien, dazu hatte man Alexander Gauland von der AfD eingeladen, der war auch gekommen, und es gab eben eine Riesen-Diskussion darüber, ob man dem eine Bühne bereiten darf (die Frage habe ich dann später in einer anderen Veranstaltung aufgegriffen), wer überhaupt bereit wäre, sich mit dem auf ein Podium zu setzen, und wie man damit umgehe. Manche sagten, man dürfe das nicht, andere meinten, man müsse sogar, und letztlich ging’s dabei eigentlich auch gar nicht mehr um die AfD, sondern der Pressemeute, wenn man genau hinsah, eigentlich nur wieder mal um sich selbst. Der Saal war voll, die Leute standen Schlange, auf Twitter hieß es, die Luft vibriere. Ich saß ziemlich weit vorne und habe davon nichts gemerkt. Es hatte etwas gemieft, deshalb hatte man eine Außentür geöffnet um zu lüften. Mehr ist mir zur Luft nicht aufgefallen, weder im tatsächlichen noch im übertragenen Sinne.

Immerhin gab es dann doch einige wenige, die der Ansicht waren, dass wenn man über jemanden schreibt und jemanden angreift, man ihm dann doch auch mal zuhören sollte, und dass jeder zu Wort kommen sollte.

Wenn ich aus der Sache aber die Quintessenz ziehen sollte, dann passierte da nicht viel. Eine Meute selbstgerechter Leute, die sich nur bedingt benehmen konnten und als Publikum mehrmals in kindische polemische Laute verfiel, standen einem alten Mann gegenüber. Und das war ihr Highlight. Pffff.

Gaulands Aussagen zu bewerten vermag ich an dieser Stelle nicht. Ich bräuchte dazu Zeit, Internet und eine Videoaufzeichnung. Manche Vergleiche, die er zog, erschienen grotesk, aber ich bin mir wirklich nicht sicher, ob sie wirklich grotesk waren, oder nur durch die albernen Geräusche des Saalpublikums grotesk wirkten. Das Problem ist nämlich, dass er sich auf irgendwelche Vorwürfe bezog und Parallelen zog, welcher linke Journalist die gleiche Wortwahl (irgendwas mit „Mahnmal der Schande“) getroffen habe, Ich aber beides nicht kenne. Wie soll man das ohne Kenntnis der Quellen und der angeblichen Aussagen bewerten?

Festhalten möchte ich an der Stelle aber, dass mir Gaulands Aussagen in ihrer Seriosität und Substanzhaltigkeit unterschiedlich vorkamen, der hatte keinen konstanten Auftritt, das wechselte.

Ich vermag auch die internen Strukturen der AfD nicht zu interpretieren. Sie haben ihm vorgeworfen, dass man auf irgendeiner Veranstaltung irgendeiner Landes-AfD Journalisten selektiv oder komplett ausgesperrt habe. Er sagte, dass er das kritisiere und damit nicht einverstanden sei, aber dort aus seiner Position heraus keinen Einfluss habe. Mal wollte ihm das nicht glauben, aber belegen konnte man es auch nicht. Wie soll ich das bewerten? Interpretieren? Verstehen?

Zumindest an einige Stellen schien mir Gauland durchaus Recht zu haben und das auch logisch (aber nicht gerade rhetorisch glücklich) zu begründen, aber ich kann es jetzt nicht mehr im Detail wiedergeben. Würde man das auf Video haben, würde man, denke ich, einige Stellen finden, bei deren Analyse man zu dem Ergebnis käme, dass er den Punkt gemacht hat und nicht sie, sie es aber nicht wahrnehmen oder -haben wollten. Ich weiß nicht, was man ihm anlasten kann, aber den Journalisten auf dem Podium und im Publikum würde ich anlasten, dass deren Auftreten auch nicht fair und seriös war. Da sind schon viele, die eigentlich nur Schlagfutter für die Nazikeule suchen.

Positiv ausnehmen würde ich dabei einige Aussagen von Kai Gniffke (ARD aktuell), der dann doch mal in Selbstkritik einräumte, dass man es sich da zu leicht gemacht und zu oft die Nazi-Keule geschwungen hatte, und dass man den Umgang überprüfen wolle.

Negativ aufgefallen ist mir da Melanie Amann vom SPIEGEL, die auf mich da einen sturen Eindruck machte und nicht zuhören, sondern ihre Vorwürfe einfach wiederholen zu wollen. Wie gesagt, ich kann es jetzt nicht im Einzelnen reproduzieren, hoffe aber auf eine Video-Aufnahme. Deren Auftritt wirkt auf mich abstoßend. Zumal sie zwischendrin mal sowas behauptete, dass es nie Anweisungen oder ähnliches gegeben habe, da jemanden selektiv schlecht darzustellen oder nach Extremen zu suchen, dass es halt immer mal passieren könnte, dass man zufällig ein besonders schlechtes Exemplar erwischt. Daran habe ich massive Zweifel. Mir sagte neulich mal so in der Fotografenszene ein Fotojournalist, dass es bei Pegida-Berichten durchaus üblich gewesen sei, selektiv darzustellen und man bei einem Bericht über einen Muslim, der sich vor Pegida fürchte und deshalb Dresden verlassen wolle, sehr, sehr lange gesucht habe (und nach Auftrag suchen musste), bis man endlich mal einen fand, der sich mit Zureden bereit erklärte, Angst zu haben. Ich kann das nicht nachprüfen und auch nicht beweisen (war ja nur mündlich), aber ich habe da schon meine Zweifel.

Langer Rede kurzer Sinn ist, dass ich an dieser ganzen Veranstaltung gar nichts glauben und ungeprüft akzeptieren, aber eben auch nichts prüfen kann. Mir wurde da eine Show vorgeführt, die für mich und mit meinem Kontextwissen nicht einzuordnen und nicht zu bewerten ist. So rein nach den Äußerlichkeiten und dem Auftreten neige ich zu einem leichten Punktsieg für Gauland, aber eigentlich ist mir das wurschtegal, denn der Krach zwischen Medien und AfD interessiert mich eigentlich überhaupt nicht.

[Nachtrag: (Ich hatte versehentlich beim Schreiben eine Seite meiner Notizen überblättert)]Gauland hatte in seiner Pressekritik lobend erwähnt, dass der Tagesspiegel immerhin eine ganze Seite 3 selbstkritisch dem Thema gewidmet habe.

Man hatte Gauland auf dem Podium Religionsfeindlichkeit und Rassismus vorgeworfen und dass seine Reden als antisemtisch gälten, wenn man darin Islam durch Judentum ersetze. Er hielt dem aber entgegen, dass der Islam keine Rasse sei und man auch nicht die Religion angreife, sondern deren politische Regeln, die mit dem Grundgesetz unvereinbar seien. Das kann man drehen und wenden, wie man will, da hat er recht. (Ich habe das ja auch schon ausgeführt, dass der Islam grundsätzlich nicht im Ganzen Religionsfreiheit genießen kann, weil er in vielen Hinsichten eben außerhalb dessen liegt, was Religion ist, und ein zur Demokratie gegensätzliches und damit unvereinbares Politiksystem ist. Marxismus und Aristokratie unterliegen ja auch nicht der Religionsfreiheit, und da dagegen zu sein ist ja auch kein Rassismus. Zudem verletzt der Islam sogar das, was wir unter Religionsfreiheit verstehen. Denn Religionsfreiheit schützt nur den eigenen, individuellen Glauben. Der Islam ist dagegen der Konformitätsdruck zum Glauben anderer.)

Gniffke warf der AfD vor, dass sie ja an der ganzen Verfolgung selbst schuld sei, weil sie sich ihre Opferrolle selbst baut.

Gauland erläuterte, dass der Vorwurf, dass die AfD der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ablehnend gegenüberstehe, unsinnig sei, denn sie seien ja sehr für diese freiheitlich-demokratische Grundordnungj, weil sie das einzige sei, was sie als Partei noch – auch gegen die Presse – schützt, sie sie also für sehr wertvoll und wichtig halten.]

Und man hat mir ja neulich nachdrücklich dargelegt, dass man aus der ARD heraus plattgemacht wird, wenn man da die falsche Frage stellt.

Ich will’s mal so sagen: Wer als öffentlich-rechtlicher Rundfunk mit dieser Aggressivität und mit diesen Methoden – Dauerleser wissen, wovon ich rede, ich habe es ja ausführlichst beschrieben – jeden plattmacht, der auch nur Fragen zum Verhältnis Medien-AfD stellt, der hat sich einfach seiner Position begeben, überhaupt noch so eine Veranstaltung abzuhalten. Das hat für mich so ein Diktaturaroma eines Schauprozesses, seht her und schreibt, was alle schreiben, oder Ihr werdet hingerichtet.

Und gleichzeitig predigen – oder besser gesagt heucheln – die da Pressefreiheit.

Deshalb halte ich mich da – wohlgemerkt unter dem Gefühl des Verlustes von Pressefreiheit – nun auch weitestgehend aus dem Verhältnis ARD und AfD raus. Ich will da ja gesund und unbeschadet aus der Veranstaltung wieder herauskommen. Gebranntes Kind scheut das Feuer.

Trotzdem habe ich eine Frage gestellt und dabei das Thema AfD umgangen. Sie haben ja mehrfach in die Richtung getrommelt, dass es überhaupt nicht geht, wenn Journalisten aus solchen politischen Veranstaltungen ausgeschlossen werden (was ich an sich nicht kritisieren will, das ist ein völlig seriöser und vertretbarer Standpunkt). Ich habe darauf hingewiesen, dass ich vor einiger Zeit mal in Berlin als Journalist aus einer Veranstaltung der Grünen rausgeworfen wurde. Und habe gefragt, warum man dann nicht auch einen der Grünen da auf den Podiumspranger stellt.

(Denn mich persönlich stört gar nicht mal so der Umgang der Presse mit der AfD, sondern diese double standards, dass sie mit den Parteien völlig unterschiedlich umgehen.)

Böse Blicke.

Man merkte, wie die Raumtemperatur sank.

Gniffke anwortete etwas, was ich jetzt auch nicht mehr konkret wiedergeben kann (ich hoffe auf ein Video), was aber darauf hinauslief, dass er davon keine Kenntnis habe. (Was für mich die Frage stellt, ob man nicht recherchiert, weil man davon nicht weiß, oder ob man nicht weiß, weil man nicht recherchiert.) Ich habe nochmal nachgefragt, weil das nicht so wirklich meine Frage beantwortete, er sagte aber nochmal, dass er den Vorgang nicht kenne, ergänzte aber, dass er das bei Grünen genauso verwerflich fände.

Ich fand seine Antwort unüberlegt.

Denn wenn er das unterschiedlich verwerflich fände, dann wäre das schräg, aber immerhin seine Meinung im Rahmen einer Meinungsfreiheit (die er vielleicht ja auch näher begründen könnte), und daraus folgte dann stringent eine Ungleichbehandlung. Es wäre geistig etwas anspruchsvoll (und für manche vielleicht zu anspruchsvoll), und vielleicht auch nur bedingt sympathisch, aber logisch. Und dann wär das eben so (und separat zu hinterfragen). Das grundsätzliche Recht, es ungleich verwerflich zu finden, hätte er meines Erachtens. (Allerdings das Publikum dann auch das Recht, sich dazu dann ein Urteil über seine journalistische Qualität zu bilden.)

Wenn er aber sagt, dass er es gleich verwerflich findet, dann stellt sich nämlich die Frage, warum man dann AfD und Grüne ungleich behandelt, also gleich verwerfliches unterschiedlich behandelt.