Der evolutionäre Ursprung des Sexualverhaltens
Die ernsthafte Forschung zu geschlechtsspezifischem Verhalten kommt – wie immer – von den Naturwissenschaften und nicht von den Geistes- und Sozialwissenschaften.
Dass die Biologen und Mediziner reihenweise Untersuchungen anstellen und Belege bringen, wonach geschlechtsspezifisches Verhaltens – zumindest in sehr wesentlichen Teilen und den grundlegenden Strukturen – evolutionär erworben und genetisch übertragen wird, ist bekannt.
Dass die Geistes- und Sozialwissenschaften in weiten Teilen schlicht und einfach zu dämlich und zu politisiert sind, um das zu bemerken, ist ebenfalls bekannt. Der ganze poststrukturalistische Schwachsinn läuft darauf hinaus, dass der Mensch als neutrales weißes leeres Blatt geboren und dann erst zu Geschlechtern und Sexualverhalten erzogen, programmiert wird. Belege, Herleitungen, Untersuchungen dazu gibt’s nicht. Marx, Foucault, de Beauvoir und Butler haben es gesagt, und es wurde tausende Male im Kreis herum zitiert, das muss reichen. Man saugt sich das einfach aus den Fingern.
Warum das so sein soll, und wie der Mensch überhaupt so entstanden sein soll, wird nicht ge- oder erklärt. Ich habe schon oft erzählt, dass ich mich als Jugendlicher mal um die Aufzucht von Zwerglachshühnern als Bereicherung des heimischen Vogelzoos kümmern musste. Wir haben sie als Eier bekommen und in eine Brutmaschine gesteckt. Aus sechs der Eier sind Küken geschlüpft, die alle gleich aussahen, sich gleich benahmen und die wir nicht nach Geschlecht unterscheiden konnten (irgendwie geht es schon, aber wir wussten nicht, woran man das sieht). Sie hatten keinerlei Kontakt zu anderen Tieren, schon gar nicht Hühnern, und wir konnten sie nicht unterschiedlich behandeln, weil wir ja nicht wussten, wer ist männlich und wer weiblich. Als die Tiere in die Pubertät kamen (keine Ahnung, ob man das bei Vögeln auch so nennt) oder jedenfalls ein Erwachsenengefieder bildeten, entwickelten die sich innerhalb weniger Tage drastische Unterschiede. Sie bekamen unterschiedliches Gefieder (die Weibchen bleiben hell und werden zweifarbig, ungefähr elfenbein und beige, während die Männchen so ungefähr drei bis vierfarbig werden, mit braunchen und schwarzen Federn, die einen grünen Schimmer zeigen können), unterschiedliche Körperformen, und vor allem ein sehr unterschiedliches Verhalten. Das zeigt sehr klar, dass das Verhalten biologisch festgelegt war, denn wo hätte es erstens sonst herkommen sollen, und warum hätte es sich zweitens so völlig gleichzeitig mit anderen körperlichen Veränderungen zeigen können?
Die Weibchen waren friedlich und zurückhaltend, blieben immer beisammen, zogen sich gerne in den Stall zurück, und wenn eine ein Ei legte, gackerten sie alle zusammen, und wenn eine brüten wollte, gluckten sie zusammen. Niemand musste ihnen zeigen, wie man Eier legt oder brütet. Und als sie selbst Küken bekamen, wussten sie, wie sie damit umzugehen hatten, ohne es jemals gelernt zu haben.
Die Hähne waren angreiferisch, verteilten sich im Garten, verteidigten das Territorium, auch gegen Hunde und Katzen, bewachten die Hühner, und bestiegen sie auch. Niemand hatte ihnen erklärt oder vorgemacht, wie man ein Huhn besteigt, oder warum, das wussten sie und machten es. Und morgens wenn die Sonne aufging, krähten sie, wie Hähne das eben so tun.
Als ich mal in Australien in Monkey Mia war, habe ich miterlebt, wie man sich ins Knie-tiefe Wasser stellt und frühmorgens wilde Delfine an den Strand kommen, um mit Menschen zu spielen und sich streicheln zu lassen. Einfach nur aus Spaß. Die Wildhüterin erklärte, dass man nicht wisse, warum sie das tun. Man wisse aber, dass immer nur Weibchen und die Jungen kämen. Nie geschlechtsreife Männchen. Nicht ein einziges Mal. Die Männchen der Gruppe seien zwar auch da, patroullierten aber während des Besuches im tieferen Wasser hin und her und passten auf, dass den Weibchen und Jungen nichts passiert. Ab und zu sieht man sie beim Luftholen. Nähere sich ein Angreifer, etwa ein Hai, gäben die Männchen laute Warnpfiffe ab und die Weibchen mit ihren Jungen wären sofort weg um sich zwischen die Männchen zu bewegen, die auf sie aufpassen (und wissen, wie man sich gegen Haie wehrt, und die Haie wissen, dass sie das wissen). Woher haben die diese Arbeitsteilung?
Neulich war ich mal in Südafrika in einem Raubkatzen-Zoo. Meistens war ein Paar in einem Gehege. Und an mehreren Gehegen haben wir bei unterschiedlichen Raubkatzenpaaren dasselbe Verhalten beobachtet: Die Weibchen lagen irgendwo im Schatten und pennten, warfen uns nur mal einen gelangweilten Blick zu. Die Männchen dagegen wurden aggressiv, rannten aufgeregt-wütend dicht am Zaun entlang, folgten uns dabei immer, fauchten und zähnefletschten, dass einem das Blut gerinnen konnte, und führten Schein-Angriffe durch. Warum machen die das, obwohl ihnen das niemand beigebracht hatte?
Wie sollte also der Mensch entstanden sein und sich dabei so völlig von den Tieren unterscheiden? Wie sollte das biologisch zu erklären sein, dass der Mensch zwar biologisch ein Säugetier ist und sich von Primaten und Schweinen nur geringfügig unterscheidet – wird ja oft betont, wieviel unserer DNA mit Menschenaffen übereinstimmt – aber völlig anders funktionieren soll?
Wie könnte sich überhaupt eine Spezies entwickelt haben, die ohne Sexualprogramm und ohne Geschlechter auf die Welt kommt und sich dann erst selbst programmieren muss?
In verschiedenen Medien (beispielsweise der FAZ) wurde gerade über eine Studie von Biologen an Pavianen (Male Violence and Sexual Intimidation in a Wild Primate Society von Alice Baniel, Guy Cowlishaw, Elise Huchard) geschrieben. Die Zusammenfassung des Papers:
Highlights
- Male aggression preferentially targets fertile females in chacma baboons
- Male aggression represents a major source of injuries for fertile females
- Male aggressors have higher mating success in the long term, but not immediately
- These results provide evidence for sexual intimidation in a wild non-human primate
Summary
Sexual violence occurring in the context of long-term heterosexual relationships, such as sexual intimidation, is widespread across human populations [ 1–3 ]. However, its evolutionary origins remain speculative because few studies have investigated the existence of comparable forms of sexual coercion in animals [ 4, 5 ], in which repeated male aggression toward a female provides the aggressor with delayed mating benefits [ 6 ]. Here, we test whether male aggression toward females functions as sexual coercion in wild chacma baboons (Papio ursinus). We found support for all three main predictions of the sexual coercion hypothesis [ 7 ]: male aggression (1) is greatest against cycling females, (2) is costly and represents the main source of injuries for cycling females, and (3) increases male mating success with their victims in the future. Detailed analysis of chronological sequences between aggression and matings ruled out other coercive mechanisms, such as short-term harassment and punishment, by showing that aggression and matings are temporally decoupled. This decoupling may explain why some forms of sexual violence have been largely overlooked in well-studied animal populations despite their likely impact on the fitness of both sexes. Finally, we found no support for alternative hypotheses such as a female preference for aggressive males [ 8, 9 ]. This new, detailed study of the forms and intensity of sexual intimidation in a wild primate suggests that it may be widespread across mammalian societies, with important implications for understanding the evolution of mate choice and sexual conflict in mammals, as well as the origins of human sexual violence.
Man hat es also bisher nicht betrachtet, weil es keinen erkennbaren kurzfristigen, sofortigen Zusammenhang zwischen sexueller Gewalt und Fortpflanzungserfolg gibt, langfristig aber schon.
Weil ich das Paper nicht habe (wer nicht an der Uni ist, hockt immer hinter teueren Paywalls), zitiere ich mal aus der FAZ weiter:
Sexuelle Gewalt ist unter sozial lebenden Säugetieren weit verbreitet, vor allem wenn die Männchen größer und stärker sind als die Weibchen. Diese Gewalt zeigt sich in der Regel bei der Paarung. Männchen bedrängen Weibchen, zwingen sie zur Kopulation oder bestrafen sie, wenn sie sich mit anderen Männchen einlassen. Männliche Bärenpaviane gehen allerdings anders vor. Sie schüchtern die Weibchen schon vor der eigentlichen Paarung durch aggressives Verhalten ein und kontrollieren die Weibchen damit nicht erst bei der Kopulation, sondern lange im Voraus. [..]
Die Wissenschaftler vermuten, dass sexuelle Einschüchterung zum Verhaltensrepertoire der Primaten gehört, da Schimpansen ein ähnliches Verhalten an den Tag legen. Es sollte dann auch einen evolutionären Ursprung dafür geben.
Und so läuft’s dann ab:
aniel und ihre Kollegen haben vier Jahre lang zwei große Populationen in Namibia beobachtet und Daten zum aggressiven Verhalten der Männchen und zur Paarung gesammelt und ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass die Männchen nur paarungsbereite Weibchen einschüchtern, keine schwangeren oder stillenden Weibchen, und dass sie keinen unmittelbaren Vorteil aus der Einschüchterung ziehen, indem sie direkt mit den Weibchen kopulieren. Allerdings war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie sich mit den Weibchen, die sie besonders oft und stark attackiert hatten, in der Zeit des Eisprungs paarten.
Eigentlich muss man nicht nach Namibia, das kann man auch in Berlin beobachten.
Baniel und ihre Kollegen konnten bei alledem ausschließen, dass paarungsbereite Weibchen eine generelle Vorliebe für aggressive Männchen haben. Die Weibchen bezahlten die sexuellen Einschüchterungen mit einem hohen Preis, denn 78 Prozent ihrer Verletzungen wurden durch das aggressive Verhalten der Männchen verursacht. Baniel und ihre Kollegen vermuten auch, dass die paarungsbereiten Weibchen durch diese Einschüchterungen weniger Kopulationspartner haben, als dies in einer promiskuitiven Lebensgemeinschaft möglich wäre.
Was ich jetzt daran noch nicht verstanden habe: Einerseits sagen sie, Weibchen hätten keine Präferenzen zu gewalttätigen Männchen (beim Menschen scheint das manchmal etwas anders zu sein). Dann aber heißt es:
Als Nächstes wollen die Forscher untersuchen, ob alle Männchen in den entscheidenden Phasen der Paarung gleichermaßen aggressiv sind oder ob es Unterschiede gibt. Erste Beobachtungen legen nahe, dass einige Weibchen sogar zufriedener mit den Männchen sind, die sie einschüchtern.
Das nun wieder wirkt sehr menschlich. Die harten Typen bekommen die Weibchen und besteigen sie, die netten Typen zahlen die Steuern und den Unterhalt.
Was aber im Ergebnis darauf hinausläuft, dass die sexuelle Einschüchterung der Weibchen durch Männchen evolutionär erworben ist und sich bewährt hat, weil sie zu höherem Fortpflanzungserfolg führt. (Hat da jemand Islam gesagt? Könnte es sein, dass eine Religion, die Frauen unterdrückt, sich schon deshalb ausbreitet, weil sie damit indirekt zu einem höheren Fortpflanzungserfolg führt? Sind die Evolutionsbiologen mal wieder schlauer als die Theologen? Warum haben die Theologen eigentlich Religion noch nicht unter dem Gesichtspunkt des optimierten Fortpflanzungserfolgs betrachtet?)
Mir drängt sich noch eine andere Frage auf: Ist Feminismus vielleicht so etwas wie Nachwuchsneid oder die Zielsetzung, anderen Frauen den Fortpflanzungserfolg nicht zu gönnen?
Wie auch immer. Ich wollte ja eigentlich über Geistes- und Sozialwissenschaftler schreiben.
Das Kulturradio will uns die Geschlechterhierarchie erklären. Es geht um die Vorstellung des Buches von Helke Sander: “Die Entstehung der Geschlechterhierarchie. Als unbeabsichtigte Nebenwirkung sozialer Folgen der Gebärfähigkeit und des Fellverlusts”
Sie meint, Geschlechter seien als Folge des Fellverlustes entstanden. Professorin für bildende Künste an der Kunsthochschule. Hintergrund: Theater. Wer wäre besser geeignet, der Welt die Herkunft der Geschlechter zu erklären, als eine Nudel von der Kunsthochschule mit Fachgebiet bildende Künste und Theater. Manchmal frage ich mich, ob die Leute an Realitätsverlust und Größenwahn leiden. Ich habe mir mal ein kostenloses Probekapitel auf meine Kindle schicken lassen:
Dabei gleicht die Entwicklung zu einer funktionierenden Zusammenarbeit der Geschlechter, die unter dem Begriff »Arbeitsteilung« gefasst werden kann, einem Wunder, das einige Jahrhunderttausende, wenn nicht Millionen Jahre für sein Entstehen brauchte. Das heißt umgekehrt, von einer natürlichen Arbeitsteilung vom Beginn der Menschwerdung an kann keine Rede sein. Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern ist das Ergebnis einer äußerst langen und vor allem langsamen Entwicklungsgeschichte, dan deren Anfang Lösungen standen, die hauptsächlich Frauen für neu entstandene und nur sie betreffende Probleme gefunden hatten. Probleme, die ausgelöst wurden durch länger dauernde Schwangerschaften und schwerere Kinder bei der Geburt, die dennoch längere Zeit als im Tierreich unselbständig und von den Müttern abhängig blieben. Weibliche Primaten entwickelten ihren Verstand, um zu überleben, und nicht wie andere Tiere beispielsweise einen längeren Hals oder Tod bringende Zähne. Der Verstand entfernte sie in langen Zeiträumen geradezu zwangsläufig von ihrer tierischen Herkunft und führte zu den ersten sozial und nicht mehr durch den Instinkt geprägten Lebensformen. Das machte uns zu Menschen. Aber dieser Fortschritt hatte von Anfang an eine Kehrseite: Wie in einer Kettenreaktion brachte er zwar ungeheure, sich immer weiter beschleunigende Entwicklungsschübe hervor, gleichzeitig aber immer auch damit einhergehende Autonomieverluste, was wiederum neue Probleme entstehen ließ, die bis heute fortwirken und sich fortlaufend ptenzieren. Darum steht am Ende dieses Essays die Hypothese, dass der Verstand, der uns zu Menschen machte und mit immer neuen Erfindungen auf immmer neue Herausforderungen reagierte, uns eines Tages umbringen wird, weil er vor seinen eigenen Errungenschaften und deren Folgen kollabieren muss. […] Die Behauptung eines Anfangs nach einigen Millionen Jahren Menschwerdung ist vollkommen willkürlich und unsinnig. Sie erkennt nicht, dass die geschichtliche Entwicklung als Folge zäsurloser, immer weiter zunehmender Verstrickungen beschrieben werden kann. […]
Frauen haben, ausgehend von ihren biologischen Veränderungen (die ebenfalls schon eine lange Vorgeschichte habe, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll), prägend an der Umwandlung vom Tier zum Menschen teilgenommen und die Grundlagen für die ersten sozialen Beziehungen gelegt. Nach Jahrhunderttausenden als Auslöser der Entwicklung geraten sie mit zunehmendem Fortschritt seit den ZEiten des Neolithikums allmählich nicht nur ins Hintertreffen, sondern eher absichtslos überhaupt raus aus der Geschichte. Wann, wie und wodurch das passieren konnte und welche Konsequenzen dies bis heute hat und zum fortwirkenden Gau der Menschheitsgeschichte werden konnte, wird mich in diesem Text beschäftigen.
Nun beruhen alle Theorien über die Entwicklung und das Zusammenleben unserer Vorfahren von Affenzeiten bis in die jüngere Steinzeit, das heißt bis ins Neolothikum, mehr oder wneiger auf Spekulationen, die mit Glück abgesichert werden durch die Ergebnisse verschiedener Wissenschaften. Ich spekuliere ebenfalls, füge allerdings die Indizien neu zusammen.
Da kann man sich jetzt überlegen, was man davon halten will.
Die Unterdrückung der Frau sei neu entstanden, und könne deshalb nicht biologisch-evolutionären Ursprungs sein, weil es den Mensch ja schon so lange gäbe.
Irgendwann hätten die Frauen unter den Menschen als die großen Problemlöser beschlossen, dass das mit dem Instinkt nichts mehr sei, und hätten den Verstand und das Soziale erfunden, was die Erfindung des Menschen überhaupt erst möglich gemacht habe. Dabei sei dann erst kürzlich irgendwas schief gelaufen. Rein spekulativ.
Wie kann man sich so lächerlich so einen Käse einreden?
Man kann sich jetzt überlegen, ob man sich das Buch kauft. Eine Kunstprofessorin, die uns erklären will, warum sich Menschen so enorm von Tieren unterscheiden, obwohl sie ihnen genetisch sehr ähnlich, weit überwiegend gleich sind.
Immer dran denken: Solche Leute müssen wir mit unseren Steuergeldern auf Lebenszeit finanzieren, die sind unkündbar und bekommen dicke Pension, ohne jemals eingezahlt zu haben.