Ansichten eines Informatikers

Diversität statt Qualität

Hadmut
27.8.2017 16:20

Pressesausen.

Denen geht der SPIEGEL auf Grundeis.

Ich war diese Woche auf Dienstreise. Und bin dabei zum – vermutlich – letzten Mal mit Air Berlin geflogen. Und nein, ich habe die Schokoherzchen nicht für 500 Euro auf eBay angeboten, ich habe sie einfach ausgepackt und gefressen.

Es gab aber nicht nur Schokoherzchen. Es gab auch, wie bei Air Berlin üblich, am Eingang das Regal mit kostenlosen Presseerzeugnissen. Was eigentlich so wie ein netter luxuriöser Service der Fluglinie wirkt, ist, wie mich mal jemand erleuchtet hat, ist der faule Trick der Presse, höhere Auflagen vorzugaukeln, als sie tatsächlich haben, weil sie damit Werbegewinne erlösen. Manchen Verlagen ist es lieber, dass ihre Produkte geklaut werden als gar nicht gekauft, weil auch geklaute und eben kostenlos verteilte Exemplare für die Berechnung der Werbepreise als Auflage zählen.

Neben vielfältiger Tageszeitungen findet man da dann auch bunte Illustrierte und Wochenzeitschriften, auffällig oft das, was auf auflagenmäßig ohnehin schon auf dem letzten Loch pfeift. Manchmal gab es da den Playboy, in der Sonderausgabe mit züchtig-harmlosem Schutzumschlag, der etwa nur zwei Berge zeigte, die in brachialer Symbolik durch die Wolken ragten. Als der Playboy so abgedroschen war, dass ich ihn nicht mal mehr geschenkt lesen wollte, bin ich für einige Zeit auf die Cosmopolitan umgestiegen, die gab’s da auch kostenlos, und so rein qualitativ können die besser fotografieren als der Playboy. Deren Sextipps waren interessanter und schmutziger, aber irgendwann hat man sie durch, und dann bringt auch die Cosmo nichts neues mehr, und so ist das Zeitschriftenregal bei Air Berlin für Verlage das, was das Dschungelcamp für Ex-Prominente ist.

Stets gab es da die Produkte von FOCUS. Doch diesmal (keine Ahnung, seit wann, ich bin länger nicht mehr Air Berlin geflogen) lag da auch der SPIEGEL.

Eine jämmerliche Darbietung. Als ich noch Student war, war der SPIEGEL so eine fingerdicke Wochenlektüre. Jetzt ein dünnes Heftchen mit 144 Seiten, kostet aber 4,90. Titelbild: Donald Trump mit Ku-Klux-Klan-Haube. Habe ich eigentlich auch nur mitgenommen, weil’s kostenslos war und ich einen Blog-Artikel darüber schreiben wollte, dass unsere Presse gar nichts anderes mehr bringt, als gegen Trump zu wettern, und das so auffällig synchron und orchestriert.

Stringenz ist ihre Sache nicht. Den Ossis wirft man häufig vor, dass die sich nicht zur Migration äußern dürften, weil es bei denen ja kaum Migranten gäbe. So als wären Ossis nicht befugt, sich zu Themen außerhalb der Ex-DDR zu äußern, etwa zu Deutschland, zu Europa oder so überhaupt. Müsste man nach derselben Logik nicht den Medien verbieten, etwas zu Trump zu schreiben, weil die Trump-Dichte in Hamburg doch nachweislich bei Null liegt? Sowas ging mir durch den Kopf, und so habe ich mir mal ein Heft mitgenommen.

Öde.

Dröge.

Langweilig.

Eine Ökonomin meint, wir müssten aufhören, Frauen für die Männerwelt zurechtzutrimmen und sollten anfangen, die Welt den Frauen anzupassen. Ist ja ne journalistische Sensation, dass die für nicht den Pulitzer-Preise bekommen…

Einen interessanten Artikel haben sie, nämlich zu der Frage, warum der BER nicht fertig wird. Boah. Hochaktuell. Ganz heiß. Hat ja noch nie jemand drüber geschrieben.

Und die beschweren sich, dass ihre Auflagen runtergehen?

Wer kauft sowas noch?

Da weist mich ein Leser auf einen aktuellen Jammer-Artikel bei SPIEGEL Online hin: Vertrauen in Journalismus – Warum Redaktionen mehr Vielfalt brauchen

Die Chefredakteurin Barbara Hans bejammert, dass der „Der Journalismus droht, seine Glaubwürdigkeit zu verspielen.“

Die haben den Schuss nicht gehört. Die Glaubwürdigkeit haben sie längst verspielt. Sie halten sich für Top-Journalisten, merken aber nicht mal, wenn die eigene Hütte brennt. Neulich war ich doch bei der Konferenz von Netzwerk-Recherche. Da fragte mich ein leitender Redakteur einer großen Tageszeitung, der auch Verbindungen zum SPIEGEL hat, wer ich sei und warum ich so hart frage (das haben mich mehrere gefragt). Ich habe es ihm erklärt und im weiteren Gespräch auch, wie meine Einschätzung der Presse ist. Oh, unterbrach er mich, als ich meine Einschätzung des SPIEGEL abgab, der SPIEGEL ein Schundblatt? Da würden wir uns nicht einig, der SPIEGEL sei doch bekanntlich das beste Magazin am Markt. Ich erwiderte, dass ich erstens nicht da sei, um mich mit ihm einig zu werden, das sei nicht Teil meines Strebens. Zweitens hätten sie ja ein Problem und nicht ich, deshalb wäre es vielleicht gescheiter, sich mal meine Kritik anzuhören und darüber nachzudenken, als mir aufdrängen zu wollen, dass ich den SPIEGEL zwangsweise hochzuschätzen habe. Letztere Taktik sei meines Erachtens nämlich völlig ungeeignet, Leute wie mich zum Kauf zu motivieren. Wollte er nicht einsehen. Der SPIEGEL sei gut, basta, und wer das nicht einsieht, sei der Beachtung nicht wert. Nun, fügte ich hinzu, darin sähe ich keinen Verlust, denn auch in den letzten 20 Jahren hätte ich trotz großer Mühe die Beachtung des SPIEGELS nie gefunden, da könnten sie sich jetzt an den Hut stecken. Ich legte keinen Wert mehr auf ihre Aufmerksamkeit, im übrigen habe er ja mich und nicht ich ihn angesprochen. Ich wünschte ihnen ansonsten die Umsätze, die sie verdienten. Nachdem ich den SPIEGEL nun im Air Berlin-Regal wiederfand, scheint mein Wunsch in Erfüllung gegangen zu sein.

Es ist generell ein Problem unserer Zeit, dass Hersteller oft nicht mehr auf Kunden hören, und fragen, was der Kunde so haben möchte, sondern meint, der Kunde habe zu lernen, sein Produkt zu mögen. Und vielleicht ist es genau das Problem der Presse, dass sie ihre Sonderstellung verloren haben und jetzt auch nichts anderes als irgendein Hersteller irgendeines Produktes ist, das sich nicht mehr verkauft, wenn der Kunde es nicht mag.

“Der Chef der Zeitschrift ‘Unser Tier’ ist auch kein Dackel”, hat Hans Huffzky gesagt. Huffzky war Chefredakteur der Frauenzeitschrift Constanze, später Chefredakteur von Brigitte – und schon damals, in den Sechzigerjahren, stellte man ihm die Frage, wie es eigentlich sein könne, dass er als Mann eine Zeitschrift für Frauen verantworte.

Was wollen uns diese Worte sagen?

Im wesentlichen, dass eine Chefredakeurin einen Artikel schreiben will, aber ihr nichts dazu einfällt.

Sie wollen Diversität, beklagten aber, dass ein Mann Chefredakteur einer Frauenzeitschrift ist. Ist Diversität nun einfach, dass mehr Frauen da sind, oder heißt Diversität, dass auch ein Mann eine Frauenzeitschrift machen kann?

Vielleicht wäre es hilfreich, erst mal zu definieren, wovon man da eigentlich redet. Aber vielleicht käme dann ja heraus, dass „Diversität“ ganz undivers meint, „mehr Frauen“. Bemerkenswerterweise hört man nämlich von dem Journalistinnenkrampf „Pro Quote“ nichts mehr. Alter Wein in neuen Schläuchen?

Und schon damals gab es die Vermutung, dass Vielfalt den Journalismus verändert, ja nicht nur das, sondern auch, dass Vielfalt den Journalismus besser macht.

So. Die „Vermutung“. Schon mal bemerkt, dass die steigende Diversität mit fallenden Auflagen korreliert?

Wann ist eigentlich ein Journalismus „besser“? Vielleicht wäre es hilfreich, erst mal zu definieren, wovon man da eigentlich redet. Wonach bemisst sich die Güte von Journalismus?

Aber das würde wenig bringen; und es würde auch wenig aussagen: Zahlen alleine geben keine Auskunft über Meinungsmacht, über Deutungshoheit. […] Also: Zahlen sind keine gute Antwort, wenn nach einem Kulturwandel gefragt wird.

Ach.

Bisher hat man immer und ständig auf Zahlen herumgeprügelt. Soundsoviel Frauen und Männer, soundsoviel Prozent (mit einer Stelle hinter dem Komma), soundsoviel Euro und Cent Einkommensunterschied. Und jetzt plötzlich werden sie zahlenscheu? Hat man jetzt alles auf weiblich gezogen und es hat nichts gebracht außer schlechteren Umsätzen? Will man das lieber nicht zugeben, dass die Zahlen das feministische Gejammer nicht mehr hergeben? War das ganze Gegendere und Frauengequote ein Schuss in den Ofen?

Ich bin aber noch aus einem anderen Grund möglicherweise nicht die beste Wahl: Ich bin sehr nah dran am journalistischen Mainstream. Ich habe einen sehr deutschen Namen, ich bin ziemlich weiß, habe studiert, bin heterosexuell. Ich bin Durchschnitt.

Du bist nicht Durchschnitt, Du bist doof!

Die erste Hälfte ist ja noch gut, nämlich die Erkenntnis, dass Mainstream das Problem ist. Nur hat das nichts mit Namen, Hautfarbe und so weiter zu tun. Es hat was damit zu tun, dass man dummes Zeug schreibt. Und das hat was mit dem Inhalt des Schädels zu tun, und nicht mit seine Farbe oder seinem Namen.

Es gibt Tage, an denen wünschte ich, ich sei ein Anfang 50-jähriger Mann. Vielleicht 54, leicht schütteres, leicht angegrautes Haar, 1,87 groß, 85 Kilo schwer.

Lässt sich doch heute alles machen, Transsexualität ist in.

Oder reicht das Äußere etwa nicht? Gibt’s da doch echte Unterschiede?

Und, wenn ich ehrlich bin, gibt es Runden, in denen versuche ich, einfach so zu tun, als sei ich ein Anfang 50-jähriger Mann. Chamäleontaktik. Es funktioniert kläglich. Denn egal, wie sehr ich mich auch anstrenge: Ein 50-jähriger Mann werde ich in diesem Leben nicht mehr werden.

Sollte man nicht eher fragen, ob der SPIEGEL heute besser dastünde, wenn man die 50-jährigen, heterosexuellen Männer nicht rausgedrängt hätte? Ob es nicht besser gewesen wäre, die zu bezahlten, anstatt junge Frauen reinzusetzen, die sich jetzt wünschen, 50-jährige Männer zu sein, und versuchen, so zu tun als ob?

Das zeigt aber auch: Wenn wir einen Kulturwandel wirklich wollen und anstreben, müssen wir das mit großer Konsequenz tun, denn vom Mainstream geht immer ein Sog aus. Je näher am Durchschnitt man ist, desto weniger Mühe macht die Adaption.

Die sollten sich lieber mal fragen, was ihr Ziel ist: Den Lesern einen Kulturwandel aufzudrängen, den sie nicht wollen, oder ein Produkt anzubieten, das die Leser kaufen wollen?

Es gab auch in den Sechzigerjahren zu wenig Repräsentanz in der Berichterstattung. Und seit Jahrzehnten wird das von Minderheiten beklagt. Von Lesben und Schwulen, von Migranten, von Menschen mit Behinderung. Gruppen und Vereine, die versuchen, das zu verändern, gibt es schon lange.

Das ist eine zentrale Frage, die auch im Wissenschaftsbereich auftaucht: Berichtet man über etwas, und blendet die eigene Lage aus, macht als das Objekt der Betrachtung zum Gegenstand des Berichtes? Oder betreibt man Perspektivenfunk, bei dem es wichtiger ist, wer etwas berichtet und wer bei den Berichterstattern repräsentiert ist, und macht das zum Gegenstand?

Ich lasse das jetzt mal offen und wünsche dem SPIEGEL Erfolg beim Erschließen von Käuferschichten unter Lesben, Schwulen, Migranten und Behinderten. Ich sag’s mal ganz hart und unfair: Lesben und Schwule sind nicht, wie die Propaganda uns glauben machen will, die Mehrheit der Bevölkerung. Sie sind nicht mal eine große Minderheit. Sie sind eine ganz kleine Minderheit, die schreien nur so laut. Und selbst wenn man die noch so sehr begeistern könnte, reichen die einfach zahlenmäßig nicht, um den SPIEGEL zu halten.

Aber probiert’s mal auf arabisch. Sicherlich erschließen sich unter den Migranten Käuferschichten. Am besten beides. Schwule Perspektiven für Behinderte auf arabisch. Das wird der Brüller, das läuft garantiert. Das wäre dann auch mal ein Kulturwandel, der den Namen verdient. Hübsche Inschrift für einen Grabstein: „Sie haben einen Kulturwandel versucht.“

Journalisten müssen das Weltgeschehen nicht wie in einer Glaskugel vorhersehen. Dann sollten sie auf der Kirmes sitzen, aber nicht in einer Redaktion.

Stimmt. Müssen tun sie nicht. Aber es wär’ halt ne Methode, Geld zu verdienen. War das nicht Euer Problem, das mit dem Geld?

Wenn beinahe die Hälfte der US-Wähler für Trump stimmen und wir sie zuvor kaum abgebildet haben, dann muss uns das nachdenklich machen. Wenn wir den Brexit für komplett unmöglich gehalten haben, dann zeigt das doch bloß unsere eigene Arroganz, unsere Blase.

Joh.

Und als Zeichen Eures Nachdenkens bringt Ihr Trump in Ku-Klux-Klan-Uniform als Titelbild.

Die vergangenen Monate haben uns gezeigt, dass wir uns entfernt haben von unseren Lesern. Dass unsere Wahrnehmung eingeschränkt ist. Unsere blinden Flecken sind zu groß geworden. Wir haben uns geirrt, und alle haben es mitbekommen.

Monate?

Sie irren sich seit Jahren, und alle haben es mitbekommen, nur sie selbst merken es erst seit Monaten.

Und sie haben sich auch nicht einfach nur geirrt. Sie sind auf doof konstruiert.

So entsteht der Eindruck: Meine Meinung ist mehrheitsfähig. Alle denken wie ich. Ich hülle mich in den Konsens wie in eine warme, kuschelige Decke.

Das ist ziemlich komfortabel. Und es macht auf Dauer ziemlich dumm.

Denn wer sich nur mit dem umgibt, was er ohnehin schon kennt, der lernt nicht. Der verändert sich nicht. Der bestätigt sich immer nur selbst.

Was sagt das über Journalisten, die immer nur unter sich bleiben und sich immer nur gegenseitig bestätigen?

Mittelalte weiße Männer, gutverdienende Akademiker definieren und prägen die journalistische Realität und damit unsere Weltsicht. Was sie am besten kennen, das sind andere mittelalte weiße Männer, mit Abitur und schicker Altbauwohnung. Was sie weniger gut kennen, das ist das Leben als Arbeiter in Herne-Crange. Oder das Leben als lesbische junge Frau. Oder, oder. Wenn Journalismus eine Profession ist, die Realitäten abbilden will und daran glaubt, dass es eben nicht nur die eine Realität gibt, dann müssen wir raus aus unserer Blase.

Wir brauchen Vielfalt, damit wir in den Redaktionen, bei unserer Arbeit, bei der Recherche auch künftig die richtigen Fragen stellen. Damit sich nicht nur eine Lebensrealität wiederfindet am Konferenztisch morgens um 9.15 Uhr, sondern zig verschiedene. Damit wir lernen können von verschiedenen Lebensrealitäten.

Na, wenn die das meinen … viel Erfolg. Das Problem daran ist: Mittelalte, weiße, gutverdienende Akademiker sind – oder waren – die Käuferschicht des SPIEGEL. Ob man das nun gut oder schlecht findet, journalistisch wertvoll oder nicht, man braucht halt in der Wirtschaft so einen schnöden business case, so eine Grundidee, was man machen will und wer’s kaufen soll.

Ich hatte oben geschrieben, dass es im vergangenen Exemplar des SPIEGEL einen interessanten Artikel gab, über das Scheitern der BER-Bauarbeiten. Was bitteschön, wäre daran anders, wenn man den Artikel für lesbische junge Frauen oder für Arbeiter in Herne-Crange schreiben würde? Sicherlich interessieren sich junge Lesben nicht für Kabeltrassen und Entrauchungstechnik, aber wofür dann? Was könnte man denen verkaufen? Auswirkungen von Fluglärm auf den Menstruationszyklus vielleicht?

Das war in den Achtzigerjahren richtig, und es ist immer noch richtig. Mit einem Unterschied: Wir können uns unsere biografische und ökonomische Homogenität heute nicht mehr leisten. Wir müssen verstehen, dass sie mit dazu beigetragen hat zu einer Entfremdung von den Lesern. Dass sie Ausdruck ist unserer eigenen Arroganz.

Also von mir haben sie sich entfremdet, weil sie inzwischen strunzdumm schreiben. Arrogant stimmt, aber eben strunzdumm. Und da würde es sicher nichts helfen, wenn da jetzt junge Lesben schreiben würden.

Und dass diese Entfremdung dazu führt, dass die Menschen das Vertrauen in uns verlieren. Weil Leser jemandem, der sie nicht versteht, schwerlich vertrauen können. Weil wir Expertisen brauchen, die weiter gefächert sind. Und weil Journalismus immer etwas mit Repräsentation zu tun hat.

So’n Quatsch. Niemand hat das Vertrauen verloren, weil sie zuwenig junge Lesben in der Redaktion haben. Sondern weil sie fast nur noch Schrott produzieren.

Und so weiter und so weiter.

Was man hier sieht, ist eine völlig orientierungslose Chefredakteurin. Sie merkt, dass ihr die Leser weglaufen, aber sie kann sich nicht vorstellen, warum. Man hat ihr eingetrichtert, dass Diversität das unfehlbar Gute sei, und deshalb müsse man ein Problem nicht weiter analysieren, denn die Problemlösung steht ja sowieso fest: Mehr Diversität. Hilft gegen alles.

Mich erinnert das an einen Todesserie in einem Krankenhaus bei Dresden: Mehrere Menschen haben die Narkose nicht überlebt, weil bei der Wartung im Narkosegerät die Schläuche für Sauerstoff und das Narkosegas vertauscht worden waren. Ich habe mich mal mit einer Anästhesistin in meinem Bekanntenkreis dazu unterhalten. Das würde zunächst nicht auffallen, weil man während der Narkose halb-halb gäbe. Das sind so typisch selbstverstärkende Fehler, denn was macht ein Anästhesist, wenn der Patient aufwachen soll und nicht aufwacht? Er dreht das Narkosegas ab und gibt mehr Sauerstoff. Macht es also immer schlimmer, wenn die Schläuche vertauscht sind. Vermutlich bekäme der Anästhesist ziemlichen Stress oder gar Panik, wenn der Patient nicht mehr kommt, und würde versuchen, noch mehr Sauerstoff zu geben. Auf die Idee, das Narkosegerät auseinanderzunehmen und die Schläuche innen zu prüfen, käme der eigentlich nicht, weil so eine Situation im Anästhesistenleben nicht vorkommt.

Ich habe mal bei einer Sicherheitsuntersuchung in einem Krankenhaus einen ähnlichen selbstverstärkenden – hypothetischen – Fehler gefunden. Sie bestrahlten da Patienten mit Hirntumoren in einem Gerät, auf dem man exakt festgeschnallt wird, damit der Strahl auch genau trifft. Dazu wird eine Kopfform gebaut, damit der Kopf exakt liegt, und noch eine Maske gefräst, die die Strahlen durchlässt. Ich fragte, was passiert, wenn man den Computer, der die Fräse steuert, hackt und das Loch falsch fräst. Die Ärzte überlegten und sagten, dass man dann gesundes Hirnmaterial treffen und beeinträchtigen oder zerstören würde. Ich fragte, wie man darauf reagieren würde. Sie überlegten und sagten, dass das zu Hirnausfallsymptomen führen würde, die man für Wirkungen des Tumors halten würde, und die Konsequenz daraus wäre, dass man die Bestrahlung intensiviere. Seitdem ist das so ein Steckenpferd von mir geworden, nach einer Fehlerklasse zu suchen, die zu einer Selbstverschlimmerung führt, weil sie Reaktionen auslöst, die das alles nur noch schlimmer machen.

Und genau so ein Fehler scheint mir hier vorzuliegen: Sie haben mit diesem Gender-Quatsch, Pro Quote und dem ganzen oberflächlichen Mainstream-Gequatsche ihre Leser vergrault und die Redaktion ruiniert. Und alles, was ihnen dazu einfällt, ist: Mehr davon.

Auf die Idee, dass es in einer Zeitschrift ziemlich schnurzpiepegal ist, wer etwas schreibt, es aber darauf ankommt, was man schreibt und wer das kaufen will, kommen sie nicht.

Und nachdem wir ja schon wissen, dass kaum jemand sowas noch kaufen will, bleibt als Frage: Was macht der SPIEGEL eigentlich, wenn Air Berlin seine Regale zusammenklappt?