Die seltsame politische Rolle der Fußballmillionäre
Zutiefst dubios.
Heute morgen hatte ich noch Zweifel daran angemeldet, dass der Inhalt des SPIEGELS den Kaufpreis rechtfertigt, und meinen Unwillen dargelegt, das finanziell zu unterstützten. Inzwischen habe ich den Artikel über das Fernsehen.
Schlecht ist der Artikel nicht, ein Brüller aber auch nicht, das meiste weiß man schon. Dass das Fernsehen schlecht ist, muss man nicht in der Zeitung lesen, davon kann man sich in der Glotze selbst überzeugen.
Ich hatte ja gerade beschrieben, dass der Chefredakteur des ZDF auf Konferenzen Vorträge hält (naja: zumindest einen gehalten hat, aber vermutlich macht er das öfter), in dem er den Leuten erzählt, wie toll sie das ZDF finden und wie sehr sie ihm vertrauen. Prompt schrieb mir ein Leser, dass er bei einer ganz anderen Veranstaltung war, und ihm da der Vizechefredakteur einen ziemlich ähnlichen Salat aufgetischt habe. Und nun steht im SPIEGEL (41/2017, Seite 13):
Tatsächlich herrscht eine enorme Lücke zwischen der staatstragenden Rhetorik der Intendanten und dem Empfinden der Zuschauer. Jahr für Jahr tragen die Anstalten die Ergebnisse irgendwelcher Meinungsforschungsinstitute zusammen, die belegen sollen, dass die Deutschen ARD und ZDF für wichtig, sehr wichtig, glaubwürdig, sehr glaubwürdig halten. Aber wie passt das mit den Symptomen großen Unmuts zusammen, die zu sehen sind?
Es besteht durchaus Anlass zu der Überlegung, ob die Eigendarstellung von ARD und ZDF, die großen glaubwürdigen Fake-News-Aufklärer zu sein, selbst Fake-News sind.
Die Realität sei, so beschreibt es der SPIEGEL, dass die öffentlich-rechtlichen Sender bei jungen Leuten nicht mehr viel gelten, nicht mehr glaubwürdig sind. SPIEGEL rügt den Käse, der da kommt, nämlich Quizshow-Heiterkeit, Klinikserien-Pseudodramatik, gebührenfinanziertes Trallala. Das sehe ich genauso, ich sehe da auch nur noch Serienschmalz, Standardkrimis mit der wöchentlichen Klamaukleiche und Shows mit überbezahlten Erwachsenen bei Kindergeburtstag-Spielen, habe ich ja auch schon öfters geschrieben.
Aber warum?
Der SPIEGEL kommt mit einer interessanten These. Man kann sich darüber streiten, ob man sie für richtig hält, aber sie ist interessant, weil sie auf groteske Geldverschwendung hinausläuft.
Der SPIEGEL meint nämlich, dass dieser ganze Serien- und Quizshow-Schrott nur dazu dient, hohe Einschaltquoten zu erzielen, mit denen die Leute dann in die politischen Sendungen (Talkshows, Nachrichten usw.) gelockt werden, die sie von alleine nicht einschalten würden. Dass das alles das Lockmittel für die politische Propaganda sei.
Dass es aber nicht reiche, um die von der Politik geforderte Medienpräsenz zu erreichen, und man sich deshalb hohe Einschaltquoten durch teures Fußball erkauft, weil das zwar viel kostet, aber eben funktioniert. Die höchsten Einschaltquoten hätten die Nachrichtensendungen, wenn sie in den Halbzeitpausen von Fußballspielen gesendet werden. Dazu gäben die ARD um die 366 Millionen und das viel kleinere ZDF 243 Millionen pro Jahr für Sport aus. 600 Millionen pro Jahr werden rausgeworfen, damit die Leute ARD und ZDF überhaupt noch einschalten.
Man redet sich dabei auf „Grundversorgung“ hinaus, aber SPIEGEL wirft zu Recht die Frage auf, warum eigentlich eine Grundversorgung in Fußball gegeben sein muss, bei Serien stört es ja auch niemanden ernstlich, wenn die im PayTV oder bei den Privaten kommen. Es gebe keinen triftigen Grund, warum Fußball nicht bei den PayTV-Anbietern gesendet werden könne, bei denen dann jeder zahlt, der es sehen will. Und die anderen eben nicht.
Das ist etwas, was mich schon lange wurmt, denn im Prinzip zahlen wir damit ja eine Fußballsteuer. Die Gebühren für das Fernsehen heißen zwar anders, sind faktisch und staatsrechtlich aber eine Steuer (formaler eine Abgabe, weil vorgeblich zweckgebunden, aber sie sind ja eben nicht zweckgebunden), was darauf hinausläuft, dass die Fußballvereine als private Vereine steuerfinanziert sind und diese Steuergelder in den Taschen der Fußballmillionäre landen, damit wir alle hübsch die Propagandasender einschalten.
Generell sind die öffentlich-rechtlichen Sender riesige Geldvernichtungsmaschinen, die enorme Geldsummen verbraten. (Und sicherlich auch Geldwaschanlagen, wie alles, was mit öffentlichen Geldern läuft.) Nur unter höchstem politischen Druck könnte man sie dazu bringen, kleine Einsparungen anzustreben, so der SPIEGEL.
Bisher ging ich davon aus, dass die beim Fernsehen einfach Spaß daran haben, unglaubliche Mengen Geld für den immer gleichen seichten Mist rauszuwerfen und sich die Taschen vollzustopfen. Der SPIEGEL sieht das zwar in der Sache ebenso, meint aber, dass das alles systematisch so aufgebaut sei, damit die Sender den politischen Zweck als Propagandamedium erfüllen können, dass man also für teueres Geld den Unterhaltungsmist produziert, damit die Leute die Glotze einschalten und sie auch laufen haben, wenn der Politmist gesendet wird.
Es würde einiges erklären.
Mir war nämlich nie so ganz klar, warum eigentlich den öffentlich-rechtlichen die Einschaltquote für irgendeinen Serienmist so wichtig ist. Gut, im Vorabendprogramm haben sie auch Werbeeinnahmen, da spielt das schon eine Rolle, aber nach 20.15 müsste denen das doch eigentlich völlig egal sein, wieviele Leute einschalten – wenn sie doch sowieso immer dieselben Gebühren bekommen, egal wie gut oder schlecht sie senden.
Interessant wird das natürlich, wenn die offiziell oder inoffiziell Zuschauerquoten für politische Indoktrination erreichen müssen, und dazu jährlich ein paar Milliarden bekommen, von denen sie dann all die Fußballspiele, Kindergeburtstagsshowteilnehmer und Claus Klebers bezahlen, und sich daraus eine feste, unauflösbare Geldverbrennungsanlage etabliert hat, die aber die Quoten und Wirkungen nicht mehr erreicht, für die man ihre das Geld gegeben hat.