Zitierkartelle und Zitiererpressung
Die wissenschaftliche Praxis unserer Professoren.
Ein Leser wies mich auf einen Artikel bei Telepolis von Stephan Schleim hin.
In den Niederlanden sei eine Professorin aufgeflogen:
Die Forscherin, deren Identität nicht verraten wird, flog jetzt wohl deshalb auf, weil sie es mit der Optimierungsstrategie übertrieben hat: Sie habe schlicht bei jeder Arbeit, die ihr zur Begutachtung angeboten worden sei, das Zitieren einer bestimmten Forscherin gefordert oder zumindest empfohlen – nämlich von sich selbst.
Das sei jetzt ein Forschungsskandal.
Wie, das soll jetzt ein Skandal sein? Dass man da eine Professorin ertappt hat?
Ich kenne das aus meiner Zeit an der Uni kaum anders. Ziemliche viele Professoren, mit denen ich zu tun hatte, am schlimmsten mein „Doktorvater”, aber eben auch viele andere habe das immer so gemacht. Das war bekannt, dass viele Professoren Arbeiten die Dissertation allein anhand des Quellenverzeichnisses beurteilten. Da wird reingeguckt und unter dem eigenen Namen nachgesehen, wie oft man da zitiert wird, und danach wird die Arbeit bewertet. Die eigentliche Arbeit wird meist gar nicht erst gelesen. Stand ja auch im „Gutachten”: Hat mich nicht genug zitiert. Beth, bei dem ich war, hatte da nicht nur keine Hemmungen, sondern regelrecht damit kokettiert.
Das ist eine an deutschen Universitäten völlig übliche, gängige, verbreitete Erpressungstechnik. Genauso wie das Ghostwriting, bei dem man eigene Ergebnisse beim Doktorvater abzugeben hat, damit der die dann als seine ausgibt.
Was glaubt Ihr eigentlich, woher die ihre Zitierungen bekommen? Ihr glaubt doch wohl nicht im Ernst, dass irgendwer das ganze zitierte Geblubber tatsächlich liest.
Und wer nicht mitspielt, kriegt keine Drittmittel mehr, keine Konferenzvorträge, keine Journalveröffentlichungen. Nicht mal die Promotion.
Mich wundert da nur die Naivität der Öffentlichkeit, die bei einem Einzelfall schon vom Skandal spricht.