Wegfahrsperren von ARD und ZDF
Das finde ich juristisch kritisch.
MMNews berichtet/behauptet, ARD und ZDF würden säumigen Zahlern Wegfahrsperren ans Auto nageln.
Wobei es, genauer gesagt, laut den Bildern die Stadt Köln und damit die Staatsgewalt ist. Was in groteskem Widerspruch dazu steht, dass ARD und ZDF ja gerade behaupten (ich bloggte gerade) kein Staatsfunk zu sein. Aber Staat kommt mit Staatsgewalt, wenn man die Gebühren nicht zahlt.
Das passt ja so jetzt auch nicht zusammen.
Denn zwar kann natürlich auch ein privater Gläubiger eine Pfändung erwirken, aber dazu muss er vor Gericht einen vollstreckbaren Titel erwirken, und dazu gibt es dann eben auch Beweispflichten und so weiter. Dass aber schon allein aufgrund einer unbewiesenen Behauptung – das Gericht will daran einen Beweis des ersten Anscheins gesehen haben, was aber rechtsfehlerhaft ist, denn einen Anschein gab es nicht und der wäre auch widerleglich, was sie hier nicht berücksichtigt haben – ein Fahrzeug pfänden und stilllegen, steht – wenn überhaupt – nur dem Staat selbst zu.
Man könnte ja noch Verständnis haben, wenn sie einem eine Gucksperre am Fernseher anbrächten. Aber am Fahrzeug ist das sachfremd und stinkt nach Erpressung und Steuereintreibung.
Dabei ist sowas rechtlich höchst problematisch, woran sicherlich weder ARD, noch ZDF oder die Stadt Köln gedacht haben.
Ich hatte ja schon mal erwähnt, dass mir ein Fall bekannt ist, in dem ein Finanzamt einen Rentner zur Zahlung weit überhöhter und unberechtigter Steuern erpressen wollte und ihm das Fahrzeug, auf das er gesundheitlich angewiesen war, pfänden ließen. Das stand dann da jahrelang gepfändet herum. Und sowas ist rechtlich äußerst heikel.
Erstens nämlich darf man ein Fahrzeug nicht pfänden, um den Besitzer zu erpressen. Man darf es nicht herumstehen lassen. Man darf es – wenn überhaupt, es gibt ja Dinge, die darf man nicht pfänden, etwa wenn sie zum Beruf oder aus persönlichen Gründen erforderlich sind, etwa ein Sauerstoffgerät bei Lungenkranken – nur pfänden, um es auch zeitnah zu verwerten. Wenn man es pfändet, dann muss man es auch zeitnah nehmen und verwerten (=versteigern). Pfänden und rumstehen lassen, geht nicht.
Zweitens ist man dann als öffentlich-rechtliche Einrichtung, die eben nicht den normalen Gerichtsweg geht, an die Verhältnismäßigkeit gebunden, und nicht etwa wie ein privatrechtlicher Gläubiger nur an die Erforderlichkeit. Und der Wert eines Fahrzeuges oder dessen Nutzungsausfall sind unverhältnismäßig gegenüber dem typischen Wert ausstehender Gebührenschulden. Da müsste man sich also erst mal nach geringerwertigen Pfändungsobjekten umsehen. Und wenn’s nicht geht, geht’s halt nicht. Man kann nicht immer, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen pfänden. Offenbar geht es hier aber gar nicht um die Verwertung, sondern um die Erpressung zur Zahlung. Und dazu ist eine Pfändung einfach nicht zulässig.
Ein ganz kritischer Punkt ist aber ein anderer: Eine Pfändung ist eine Inbesitznahme. Die Verfügungsgewalt wird dem bisherigen Besitzer entzogen und an den Pfändungsgläubiger übertragen. Der Besitzer darf das Fahrzeug nicht mehr öffnen (manchmal schon noch), aber nicht mehr bewegen, nicht mehr fahren, nicht mehr veräußern und so weiter. Sowas ist unkritisch, wenn eine Blumenvase oder ein Fernseher gepfändet wird, weil man die dann gewöhnlich noch weiter benutzen kann oder sie eben unbenutzt herumstehen, aber bei einem Auto führt das zu richtig schweren Rechtsfolgen. Der Besitzer – und das sind dann ARD und ZDF bzw. deren GEZ sind nämlich dann Besitzer und damit für das Fahrzeug verantwortlich. Und damit müssen sie
- KFZ-Steuer bezahlen.
- Für Haftpflichtversicherung sorgen.
- Allgemeine Verkehrssicherungspflichten erfüllen (beispielsweise das Fahrzeug reparieren, wenn es gefährdend defekt ist, beispielsweise Scheiben eingeschlagen werden und scharfkantig sind, oder jemand das Auto anzündet).
- Für TÜV und ASU sorgen.
- Wichtige Reparaturen vornehmen (z. B. wenn Öl heraustropft).
- Das Fahrzeug umparken, weil man ja ein Fahrzeug nicht einfach irgendwo stehen lassen kann, sondern auf neue Parkverbote, Baustellen usw. reagieren muss oder eine Höchstparkdauer erreicht ist.
- Parkgebühren zahlen.
- Rundfunkgebühren für das Autoradio zahlen, falls welche anfallen. 😀
- Für Winterbereifung sorgen.
- Den Wert erhalten, weil der Pfändungsgläubiger ab Inbesitznahme für Wertverluste haftet, also das Fahrzeug waschen, lüften, Flüssigkeiten und Dichtungen wechseln, Batterie laden und solche Dinge. Aber auch Schäden aus Unfall, Vandalismus, Naturereignis (wenn im Sturm ein Baum drauffällt und so weiter) zahlen. Oder einfach altersbedingten Wertverlust ersetzen.
Und das sind alles Kosten, für die der Pfändungsgläubiger meines Wissens selbst aufkommen muss, wenn er bei der Verwertung zögert. Das ist nicht nur teuer und strohdumm, es kann auch selbst schon die Pfändung unzulässig machen, wenn nämlich die Kosten dafür in die Nähe der einzutreibenden Gebühren kommen oder diese sogar übersteigen, der Zweck also vereitelt wird und der Pfändungsgläubiger kein rechtlich geschütztes Interesse mehr hat.
Noch böser wird es, wenn das Fahrzeug im Eigentum eines anderen steht. Das sieht man dem Fahrzeug nämlich auch nicht an.
Wenn dann noch dazukommt, dass der Schuldner so auf das Fahrzeug angewiesen ist – beruflich, gesundheitlich und so weiter – dass es nicht einfach so gepfändet werden kann, kann sogar eine Austauschpfändung erforderlich sein, man also ein anderes Fahrzeug stellen müssen. Kennt man beispielsweise, wenn man einem reichen Pinkel die Rolex pfändet, dann haben gewiefte Anwälte eine 5-Euro-Plastikuhr dabei, weil man jemandem die Armbanduhr nicht weg-, aber austauschpfänden darf. Der Gepfändete bekommt dann die Plastikuhr.
Allerdings bin ich kein Jurist, und da auch kein Fachmann, fragt nochmal jemanden, der sich damit auskennt.
Aber nach meiner laienhaften spontanen Einschätzung begeben sich ARD und ZDF da auf verdammt dünnes Eis. Finanzämter genauso.