Der gewerbliche Zeitgeistopportunitätsschwätzer
Sascha Lobo und die Medien – die Medien und Sascha Lobo.[Nachtrag 2]
Wenn man wissen will, warum die Medien immer schlechter werden, dann muss man sich anschauen, von wem sie sich beraten lassen. Aus unerfindlichen Gründen haben Presse, Fernsehen, die SPD und die Grünen eine starke Affinität zu Sascha Lobo. Folgte man den Talkshows, müsste man glauben, dass es in Deutschland genau zwei Blogger gibt, Sascha Lobo und Katharina Nocun. Ich hatte ja schon in einem anderen Artikel erwähnt, dass Lobo auf den Münchner Medientagen aufgetanzt ist, und – ich hab’s geahnt, wirklich ich habe das erst gefunden, als ich zu Nocun nochmal nachgegoogelt habe, nachdem ich den letzten Satz geschrieben habe – zusammen mit Nocun in einer Talkshow saß. Dort wird dann da gleich ausgekungelt, wer in Talkshows sitzt. Kann man sich hier ansehen, ich habe es noch nicht gesehen. Falls ich darin noch etwas erwähnenswertes finde, schreibe ich nochmal darüber.
Jedenfalls haben sie – ein Leser wies mich nach dem letzten Artikel darauf hin – außerhalb der Veranstaltung noch ein Interview mit Lobo (laut Einblendung Blogger und „Strategieberater”, sie titulieren ihn auch als „Berater in allen möglichen Medienfragen”, er sagt dazu selbst, dass er alle seine Kunden auf seiner Webseite aufgeführt habe, danach ist der ziemlich dick im Geschäft und dürfte satt verdienen) geführt, kann man bei der ARD und bei Youtube anschauen. So ab 6:30 rügt er die Medien mit einem Argument, das einem als wahr erscheint, nämlich damit, dass sie sich einerseits „Wahrheit” auf die Brust schreiben, andererseits aber die Herkunft von Straftätern in Berichten nicht nennen, es also mit Wahrheiten nicht so eng sehen. Das sollte man sich gut merken, ich schreibe gleich noch etwas dazu. Er sagt, das würde häufig von rechten Diskutanten verwendet. Es sei aber nachvollziehbar, „wir” (die Medien, er sagt später „wir, die professionelle Medienlandschaft”, stellt sich in Tonfall über andere, die er als Stammtisch und Fußgängerzone geringschätzt) wichen dieser Diskussion viel zu stark aus, nähmen als selbstverständlich an, was nicht mehr selbstverständlich sei. Man müsse ein „Sensorium” entwickeln, mit dem man in die Köpfe der Menschen hineinschauen müsse, sich damit beschäftigen, um das mediale Wirken besser daran auszurichten, aus der Blase kommen. Das sei aber nur eine Vermutung, eine Patentlösung habe er auch nicht. Die Interviewerin fragt, was man denn tun könne. Er sagt, der Fehler sei, sich nicht zu verändern.
Lobo gibt auffällig viele Prognosen ab, die stimmen. Das liegt daran, dass er fast immer in die Vergangenheit prognostiziert, als Prognose verkauft, was eigentlich allen außer den Medienleuten längst klar und bekannt ist. Kaum geht’s um die Zukunft, wird es vage, kommt er ins Schwimmen, wird kurzsilbig. Er hat da einen Markt von Leuten gefunden, die ihm als Prognose abkaufen, was eigentlich schon bekannt ist.
Wenn man die satte Liste von Auftraggebern sieht, die ihn angeblich beauftragt haben, fragt man sich, warum die eigentlich so einen beauftragen. Ist der Schwätzer unter den Medienleuten König?
Und hat es vielleicht einen Grund, dass die Jahre 2016 und 2017 noch nicht gelistet sind (was er dort verspricht)? Ich habe seine Videoansprache bei den Grünen gesehen, und für Schulz/SPD hat er die „Internet-Charta” verbrochen, ein Rohrkrepierer, der nach der Wahl einfach fallen gelassen wurde (als ob die ach so wichtigen Internet-Menschenrechte dann nicht mehr wichtig seien, wenn jemand anders als Schulz Kanzler ist). Sollte da vielleicht einfach nicht stehen, dass er für SPD und Grüne tätig war? Ist es mit der Transparenz, die er jetzt predigt, vielleicht doch nicht so weit her? Sollte das vielleicht nicht so sichtbar sein, dass (oder ob) seine ach so edle Internet-Charta eine bezahlte Auftragsarbeit war?
Da muss man sich dann schon die Frage stellen, ob das Fernsehen nicht schon dann lügt, wenn sie ihn in den Talkshows wieder mal als „Blogger” vorstellen. Denn faktisch ist er PR-Agent für unzählige Unternehmen und wird fraglos dick dafür bezahlt, er ist also kein Journalist (auch wenn er immer so tut), und gehört auch nicht nur „professionellen Medienlandschaft”, sondern er ist damit ein gewerblicher Lobbyist. Mir etwa spricht man die Eigenschaft als Journalist ab und verwehrt mir den Presseausweis, weil ich mehr als die Hälfte meines Einkommens mit einer anderen Tätigkeit erarbeite. Warum aber wird dann ein Sascha Lobo als „Journalist” und „Blogger” geführt, obwohl er doch PR-Dienstleister für Industrie und Politik ist, also ganz sicher deren und nicht die Interessen der Leser vertritt?
Und warum fahren die Medien auf so einen ab, fallen auf so einen herein?
Warum behaupten ARD und ZDF so krampfhaft, sie würden politisch nicht gesteuert, lassen sich aber ständig von Sascha Lobo beraten, setzen ihn in Talkshows, und stellen ihn dann als „Blogger” vor, sagen aber nicht, dass er (vermutlich hoch bezahlter) PR-Dienstleister von Politik und Industrie ist? Lobo selbst rügt hier in diesem Interview, dass Medien oft nicht dazu sagen, von wem jemand bezahlt wird, in wessen Auftrag er arbeitet. Bei ihm selbst sagt man es aber nicht. Wer käme schon auf diese Webseite, wenn man ihn in einer Talkshow sitzen sieht, und was nützt das, wenn sie 2 Jahre hinterherhinkt?
Seltsam, dass er eine Kolumne und Artikel bei Spiegel (Online) schreibt, die aber in der Liste seiner Auftraggeber nicht aufzählt, sondern nur unten im Text von einem „freundschaftlichen (teilweise auch geschäftlichem)” Verhältnis und Engagement als freier Autor die Rede ist. Man könnte auf die Idee kommen, dass dieses Engagement nur pro Forma und nur, damit es nach Journalismus aussieht, als Strohmanngeschäft vorgetäuscht ist, und er in Wirklichkeit dort im Auftrag, im Interesse und auf Rechnung anderer schreibt. Denn auffällig ist, dass er schreibt, dort seit 2011 tätig zu sein, gleichzeitig aber seine Tätigkeit als PR-Berater steil ansteigt. Ein Schelm, wer sich was dabei denkt und Medien nicht mehr vertraut..
Besagter Leser fügte mir noch einen Link auf einen Spiegel-Artikel von Sascha Lobo vom November 2015 bei, fast auf den Tag genau 2 Jahre alt. Und ziemlich genau zu dem Zeitpunkt erstellt, an dem seine „Transparenzliste” der Auftraggeber endet. In diesem Artikel schreibt er:
Immer her mit der Nazikeule
Ein aktueller Trend im Netz sieht so aus: Man möchte rechtsradikale Positionen vertreten, aber dafür bitteschön nicht als rechtsradikal bezeichnet werden. Das geht so nicht.
“Man muss mit diesen Leuten reden”, sagen die Besonnenen, und meinen, dass man sich menschenverachtenden, rechtsradikal gefärbten Kommentaren im Netz und auf der Straße diskursiv entgegenstellen soll.
Wahrscheinlich haben die Besonnenen recht, wie so oft – aber ebenso wahrscheinlich haben sie noch nie versucht zu tun, was sie predigen. Wer tatsächlich anfängt, mit “diesen Leuten” zu reden, stellt drei häufig wiederkehrende Phänomene fest:
- Es geht meist gar nicht um Gespräche, sondern um Signale der Zusammengehörigkeit an Gleichgesinnte. Diskussion als Austausch von Positionen ist selten erwünscht, die eigene, absurde Definition von Diskussion ist “von der Gegenseite recht bekommen”.
- Selbst sanfte Entgegnungen und zaghafte Zweifel werden oft brachial gekontert, es geht dabei offensichtlich um Selbstvergewisserung vor der Gruppe.
- Die rhetorische Figur der “Nazikeule” taucht verlässlich auf.
[…]
Wichtig ist dabei, dass “Nazi” im öffentlichen Diskurs nicht mehr in wikipediahafter Definition als “Kurzwort für Nationalsozialist” verstanden wird. Der Begriff Nazi hat sich zum Sammelbegriff entwickelt, er bezeichnet eine Personengruppe, die zu rechtsorientierter Menschenfeindlichkeit neigt. Das steht im Gegensatz zu der rechten Nachkriegstradition, “Nazi” so eng zu definieren, dass eigentlich nur Hitler übrig bleibt.
Man darf ja wohl noch Rechtsradikales sagen, ohne rechts zu sein!
Der Begriff Nazikeule ist das Arschgeweih der Rechtspopulisten. Wer Nazikeule sagt, der glaubt, für seine geäußerte Meinung zu Unrecht als Nazi bezeichnet zu werden. […]
Das kleine Geschwisterkind der Nazikeule ist die Wendung “in die rechte Ecke stellen”, und die Analyse dieser Formulierung hilft zu verstehen, wie die Nazikeule genau funktioniert. Kritik an rechten Positionen wird häufig gekontert mit der Aufforderung, die Person “nicht in die rechte Ecke zu stellen”. Das bedeutet, dass man seine eigene Meinung nicht für rechts hält, wobei interessanterweise hier “rechts” von tendenziell Rechten als Synonym für “rechtsradikal” benutzt wird.
Hier ist die Essenz dieser merkwürdigen, rechten Selbstdistanzierungen: Man möchte rechte oder rechtsradikale Positionen vertreten, ohne als rechts oder rechtsradikal bezeichnet zu werden, man möchte sich waschen, ohne nass zu werden. Und das Wort Nazikeule soll dagegen imprägnieren. Man wird doch wohl noch Rechtsradikales sagen dürfen, ohne gleich rechtsradikal genannt zu werden! […]
Nutzt die Nazikeule!
Deshalb plädiere ich hiermit für die gezielte Verwendung der Nazikeule (und damit implizit für eine Umdeutung des Begriffs). Wann immer rechtsradikale Thesen geäußert werden, sollen sie rechtsradikal genannt werden. […]
Denn die Wahrheit ist, dass “diese Leute”, mit denen man doch reden muss, sich grob in zwei Gruppen einteilen. Die einen sind Vollnazis, mit denen schlicht kein Dialog möglich ist. Solche die sagen: “Ich bin doch kein Antisemit, nur weil ich Juden hasse”. Die anderen aber, die Mitläufer, die Frustrierten, die Ängstlichen, die Aufgehetzten, die vielleicht noch erreichbaren Latenz-Nazis – die muss man dort packen, wo es schmerzt, also bei ihrem Wunsch, kein Nazi zu sein. Zugleich könnte das die große Menge an rechtsradikaler Hetze durch Mitläufer eindämmen. Denn wenn jemand weiß, dass er für eine Äußerung verlässlich als Nazi bezeichnet wird, könnte das seine Motivation dämpfen, tatsächlich zu hetzen.
Meine These ist, dass die zugegeben auch vorhandene Gefahr der Abnutzung oder vorschnellen Verwendung geringer ist als der Nutzen der Nazikeule. So lange Leute Nazikeule sagen, wollen sie keine Nazis sein. Der erste und wichtigste Schritt in das Gespräch, das die Besonnenen zu Recht fordern – ist also, deutlich zu machen, wo die Grenze verläuft zwischen legitimer Meinung und Nazi. Und zum Ziehen dieser Linie eignet sich die Nazikeule vortrefflich.
Das muss man sich klarmachen, was der da vor zwei Jahren schrieb. Die Brisanz war damals sicherlich kaum jemandem klar, weil die Verstrickung in politische Interessen nicht so klar war, man tat ja immer so, als sei er nur Blogger und Kolumnist.
- Er verlangt einen regelrechten Krieg gegen jeden, der anderer als der political-correctness-mainstream-Meinung ist.
- Er verlangt explizit, dazu den Begriff „Nazi” falsch zu verwenden, weit über seine Bedeutung hinaus, weil er so schön beißt und wehtut.
- Wenn sich jemand dagegen verwahrt, dann beweist das in seiner Logik nur, dass der Nazi kein Nazi sein will, und gerade deshalb noch intensiver so genannt werden muss.
- Es gibt für ihn nur zwei Bereiche, nämlich die heilige „legitime Meinung” und „Nazi”.
Nochmal: „legitime Meinung”. Der Gesetzgeber, also im wesentlichen die Regierung, gibt vor, welche Meinung man haben darf. Alles andere muss als „Nazi” niedergeknüppelt werden, auch dann, wenn der Begriff von seiner Bedeutung her nicht stimmt.
Und heute, genau zwei Jahre später, behauptet er genau das Gegenteil. Jetzt, meint er, müssten die Medien aus ihrer Blase heraus, und auf die Leute in den Fußgängerzonen, Treppenhäusern, an den Stammtischen hören, ein Sensorium entwickeln, die einbeziehen. Genau das Gegenteil.
Blubbert er einfach nachlaufend immer die Entwicklung der letzten 3 Monate als Prognose raus? Oder hängt das immer davon ab, wer ihn gerade bezahlt? Oder ist das völlig egal und er erzählt – Echokammer und Filterblase – immer das, was das Publikum gerade hören will?
Medien, Presse, Fernsehen, Politik lassen sich von dem beraten und am Nasenring herumziehen. Aber wessen Brot er isst und wessen Lied er singt, sieht man nicht. Auffällig aber ist, dass er in dem Zeitraum, in dem er auch in ARD und ZDF häufig in Talkshows zu sehen war, für SPD (Internet-Charta) und Grüne tätig war. Man erfährt das aber als Zuschauer nicht nur nicht, Leute wie Claus Kleber oder Anja Reschke tun dann auch noch so, als wäre es völlig verfehlt, ihnen politische Steuerung zu unterstellen.
Und wir werden von solchen Leuten wie Lobo nicht nur belogen, verhetzt, hinters Licht geführt und getäuscht, wir müssen sie auch noch doppelt bezahlen, nämlich einmal über die Fernsehzwangsgebühren, aus denen dann Talkshow- und Beraterhonorare gezahlt werden, und dann über die Steuern, aus denen die Parteien und Ministerien finanziert werden. Eigentlich noch ein drittes Mal, jedes Mal, wenn wir ein Produkt der Firmen kaufen, die solche Leute beauftragen, finanzieren wir damit die Leute, die es organisieren, jede andere Meinung wider besseres Wissen und in Umdefinition des Begriffes als „Nazi” zu beschimpfen. Aber das muss man ja dann nicht, das kann man dann ja auch bleiben lassen.
Immerhin ist damit klar, wie die Medien dazu kamen. Und man kann sich die Frage stellen, von wem er für diesen Artikel und derartige Beratungen bezahlt wurde.
Kleiner Denkanstoß: Schon ich als Blogger bekomme seit Jahren unzählige Angebote und Anfragen, ob ich nicht gegen Geld Texte von Firmen und Agenturen hier im Blog als redaktionell ausgeben könnte. Mal will man mir freie Hand lassen, was ich über dieses oder jenes Produkt schreiben würde, mal heißt es, ich hätte keine Mühe damit, man würde mir fertige Texte, die auf den Stil meines Blogs voll abgestimmt wären, anliefern, die müsste ich nur copy-paste reinpappen. Und: Die meisten Zeitungen nagen am Hungertuch. Denkt Euch was dabei.
Man sollte nicht mehr davon ablassen, den Medien vorzuhalten, von was für Leuten sie sich wie beraten lassen, und als was und wie sie diese Leute in der Öffentlichkeit darstellen – und gleichzeitig behaupten, sie seien unabhängig und würden von niemandem gesteuert.
Wer glaubt den Medien noch etwas?
Nachtrag: Ein Leser meint, er sieht im Gebaren von Lobo keinen Widerspruch zwischen heute und vor 2 Jahren, er mache heute das gleiche, wie damals: Er berät die Medien in dreckigen Tricks, wie sie die Meinungshoheit über ihre Leser unter Kontrolle halten. Möglich. Mit seriösen Medien hätte das gar nichts zu tun. Funktionieren tun die Ratschläge offenbar nicht. Guter Rat ist teuer. Schlechter auch.
Nachtrag 2: Ein anderer Leser schreibt, das wäre alles eine Verwechslung. Lobo sage doch:
Es geht meist gar nicht um Gespräche, sondern um Signale der Zusammengehörigkeit an Gleichgesinnte. Diskussion als Austausch von Positionen ist selten erwünscht, die eigene, absurde Definition von Diskussion ist “von der Gegenseite recht bekommen”. […]Selbst sanfte Entgegnungen und zaghafte Zweifel werden oft brachial gekontert, es geht dabei offensichtlich um Selbstvergewisserung vor der Gruppe.
Damit rede er doch gar nicht von Nazis. Das beschreibe eindeutig Feministinnen. Meint der Leser.
Wo ist der Unterschied? Ich habe doch schon so oft beschrieben, dass Feministinnen genau wie Nazis funktionieren und auf denselben Hirnmechanismen beruhen.