Ansichten eines Informatikers

6 vor 12

Hadmut
8.3.2018 20:05

Ist die Story vom Wecker ein Märchen?

Es ging ja in den letzten Tagen durch die gesamte Presse: Viele Uhren gingen 5 Minuten nach. Und zwar solche, die nicht über eine eigene interne oder externe Zeitbasis (Quarz, DCF77,…) verfügen, sondern ihre Zeitbasis aus der Netzspannung beziehen, weil die in den letzten Tagen nicht stabil bei 50 Hertz gewesen ist. (Soweit ich weiß, ist das sowieso nicht ganz stabil, sondern es wird normalerweise darauf geachtet, dass das zeitnah nachgeholt wird. Es gab mal so ein Gerücht, wonach Geheimdienste Ton- und Videoaufnahmen darauf analysieren können, wo sie gemacht wurden, weil sich die Schwankungen in der Netzfrequenz auf Aufnahmen durchschlagen würden und die in allen Gegenden die Stromschwankungen aufzeichnen. Bei beidem bin ich aber nicht sicher, ob das auch stimmt.) Es dürfte wohl so sein, dass eine hohe Last die Generatoren usw. ausbremst, wie etwa auch ein Dynamo schwerer und langsamer geht, wenn man ihn belastet. Ähnlich bei elektronischer Erzeugung, weil eben jeder Richtungswechsel Energie kostet, und das dann eben nicht mehr ordentlich funktioniert, wenn die Last zu hoch ist. Überlastung zeigt sich da nicht nur im Einbrechen der Spannung (quasi erhöhter Innenwiderstand), sondern auch im Sinken der Netzfrequenz.

Und nun sei es passiert, dass wegen Probleme im Strom – erst hieß es Überlastung, dann war die Rede von einem Konflikt zwischen Kosovo und Serbien – zu wenige Schwingungen stattgefunden hätten und deshalb eben die Uhren nachgingen.

Ich selbst habe davon nichts gemerkt, ich habe nämlich keine solche Uhr mehr in Betrieb. Mein letzter Wecker hatte DCF77, mein jetziger macht NTP, mein Badradio holt die Uhrzeit aus DAB+, mein Receiver aus DVB-T2, meine Wohnzimmeruhr macht noch DCF77, einige Geräte holen die Zeit aus GPS. Und mein Herd hat einfach gar keine Uhr. Vermutlich sieht das bei anderen Leuten inzwischen auch so aus. (Um eine Frage eines Lesers zu beantworten, der sich wunderte, warum das niemand gemerkt hat. Solche Uhren werden halt kaum noch gebaut.)

Auch ansonsten habe ich außer Spülmaschine und Waschmaschine keine großen Verbraucher und keine Glühlampen mehr, alles hat moderne Schaltnetzteile, denen die Spannung und die Frequenz in gewissen Grenzen egal sind. Praktisch alles würde auch in den USA mit 120 Volt und 60 Hertz funktionieren. „Schlechten” Strom würde ich erst mal nicht bemerken, und die meisten Leute wohl genauso.

Nun, frage ich mich, was machen wir eigentlich, wenn wir mehr Elektroautos hätten?

Das ist doch gerade der große Hype. Was ist, wenn in einer so kalten Phase, wie wir sie gerade hatten, und die Akkus alle schlapp machen (aber die Autos wegen Schnee mehr Strom brauchen), und die Leute alle ihre Autos laden wollen? Europaweit?

Und reden sie nicht immer alle von Cyberwar, davon, dass wir uns gegen elektronische Kriegführung verteidigen können müssen? Wie kann das dann sein, dass schon eine Meinungsverschiedenheit zwischen Serbien und dem Kosovo dazu führt, dass bei uns der Strom nicht mehr richtig funktioniert?

Was wäre gewesen, wenn bei -15° Celsius, wie wir sie gerade hatten, in Deutschland der Strom ausfällt oder schlimmer noch, die Elektrogeräte und -infrastruktur beschädigt wird und ausfällt? Dann nämlich geht noch viel mehr nicht mehr, dann funktionieren auch Heizungen, die nicht auf Strom basieren, nicht mehr, weil alles außer dem einfachen Kohlen- oder Holzkamin Strom braucht. (Bei Gasthermen bin ich mir nicht sicher, die hatte ich noch nicht, aber auch das Gas muss ja irgendwie gepumpt werden.) Ich habe mal in Karlsruhe einen dreistündigen Stromausfall miterlebt. Danach ging die Fernwärme nicht mehr, weil durch Ausfall von Pumpen durch die Druckverhältnisse irgendwas geplatzt ist. Und da war nicht sehr kalt. Bei Frost würden innerhalb kurzer Zeit Leitungen einfrieren und platzen. Und wie sich elektrische Geräte verhalten, wenn Spannung und Frequenz unkontrolliert absinken, weiß ich nicht. Auch der Mobilfunk hat in Karlsruhe nur noch kurz funktioniert. Ich hatte insofern noch Glück, als ich gerade im Auto saß und somit ein autarkes System mit eigener Stromversorgung, Licht, Radio, Heizung und genug Benzin im Tank hatte. Schon der Straßenverkehr hat aber nicht mehr funktioniert, weil die Leute durchdrehten und damit überfordert waren, nach Verkehrsschildern und ohne Straßenbeleuchtung zu fahren. Telefon ging noch, weil ich noch ISDN mit Notspeisung hatte und die damals noch Not-Akkus in den Vermittlungsstellen hatten, die zumindest einige Zeit funktionieren. Wir sind ja jetzt modern und machen Voice-over-IP, da geht gar nichts mehr.

Neulich gab es in Berlin Stromausfall. Sogar einige Male. Die Feuerwehr konnte nicht mehr ausrücken, weil sie da erst gemerkt haben, dass man die Tore der Feuerwache ohne Strom nicht öffnen kann.

Nun schreibt mir der Leser, der noch über einen solchen Wecker verfügt, dass die Story mit Serbien und Kosovo nicht stimmen könne, denn dann hätte der Wecker ja während dieses Vorfalls schon falsch gehen müssen. Sein Wecker sei zwar um 6 Minuten nach gegangen, aber erst seit ein paar Tagen. Also vermutlich seit der unerwarteten Kältephase, so genau hat er es nicht gesagt. Aber das Verhalten seines Weckers passe zeitlich einfach nicht zu Serbien/Kossovo.

Und er weist darauf hin, dass es normalerweise die herkömmlichen Kraftwerke sind, die für den Frequenzausgleich sorgen (die legen dann halt ne Schippe drauf), und die das nun anscheinend nicht getan haben.

Die Frage ist also, ob uns da einer gerade einen vom Pferd erzählt.

  • Hat es was mit den „erneuerbaren Energien” zu tun?

    Es war nämlich nicht nur saukalt, sondern vor allem dunkel. Zwar schon sonnig, aber eben mit geringer Intensität und kurzer Tageshelligkeit. Und Wind war hier auch nur wenig.

    War das Stromnetz vor dem Zusammenbruch?

  • Ist irgendwo etwas ausgefallen?
  • Oder vielleicht ein Cyberangriff? Erpressung? Warnschuss?

Wie auch immer: Wenn wir unsere Netzfrequenz nicht halten können, heißt das, dass das Stromnetz, die zentrale Infrastruktur nicht mehr zuverlässig funktioniert. Und zwar sogar dann, wenn die Kosovo-Story stimmt.

Und die Umstellung von Verbrennungs- auf Elektrofahrzeuge ist hochkritisch, weil die Energieversorgung dann zentral funktioniert. Eine Tankstelle kann man mit einem Tanklaster befüllen und dann per Kurbel oder mit einem kleinen Generator betreiben. Elektroautos kann man aber nicht im großem Stil dezentral aufladen.

In Canada hat mal ein Eisregen die oberirdisch geführten Stromleitungen runtergerissen. Die sind fast verhungert, weil man in den Supermärkten nur mit Kreditkarte bezahlen konnte und die Kreditkartenterminals nicht mehr funktionierten. Es gibt ja aber auch bei uns Strategen, die das Bargeld abschaffen wollen. Was man ohne Strom macht, sagen sie nicht.

Tolle Sache, das.

Wie gut, dass wir jetzt die mit den Flugtaxis und den Visionen als „Digitalministerin” bekommen. Und fast hätt’ ich’s vergessen: Uschi mit ihrer Cyberkriegertruppe. Wollten die nicht 15.000 Krieger haben? Hat sich da eigentlich schon einer beworben?