Ansichten eines Informatikers

Maßstäbe

Hadmut
9.1.2019 0:43

Vergleicht mal Chemnitz mit Bremen.

Heute ging das ja rum, in Bremen ist der AfD-Abgeordnete Frank Magnitz mit einem Kantholz von drei Leuten niedergeschlagen und am Boden noch bis zur Bewusstlosigkeit gegen den Kopf getreten worden. In verschiedenen Quellen heißt es, dass Bauarbeiter, die gerade zufällig in der Nähe ein Fahrzeug eingeräumt haben, dazwischen gegangen sind und vermutlich schlimmeres verhindert haben. Derartige Tritte gegen den Kopf eines am Boden liegenden sind in anderen Fällen schon tödlich verlaufen.

Ja, natürlich drängt sich der Gedanke auf, dass das ein Angriff von radikal Linken gegen die AfD war. Aber auch hier gilt wieder, eine Koinzidenz ist eine Korrelation, und eine solche keine Kausalität. Ebenso wie beim Datenhack sollte man sich die Selbstdisziplin auferlegen und das Hirn offenhalten. Kann ja auch ganz andere, etwa persönliche oder ganz absurde Gründe haben. Zu Silvester hat einer eine Frau erschossen und sagt, er wollte einfach mal ausprobieren, wie das so ist.

Was mir aber so auffällt:

Vergleicht mal die Pressereaktion auf das Chemnitz-Video von letztem Jahr und jetzt auf diesen Angriff.

In Chemnitz sah man auf einen Video, wie einer einem Migranten, der noch provokativ erschien, 10 Meter hinterherrennt und ihn nicht mal berührt. Es hat gereicht um wochen- und monatelang und über viele Titelseiten die Wiederauferstehung der Nazis in Sachsen zu sehen, den Untergang der Demokratie und sie alle in einen Sack zu stecken.

Nun ist aber einer von drei Leuten fast totgeschlagen worden – und fast nichts passiert. Die Presse berichtet nur so am Rande und kommentarlos, mit ein paar Zitaten, mittags war es schon wieder von den Webportalen weg. Der war bewusstlos und liegt im Krankenhaus. Aber es heißt, man sei bestürzt, das sei zu verurteilen, sowas dürfe man nicht erlauben, aber alles sehr distanziert und in keinem Fall über die drei Täter hinaus verallgemeinert. Eigentlich nicht mehr als die Pflichterklärung.

Vergleicht das mal.

Gestern, vorgestern noch hieß es zum großen „Datenhack”, das sein der Angriff auf Abgeordnete und die Demokratie schlechthin, weil – Schockschwerenot! – Telefonnummern und Urlaubsbilder bekannt wurden. Da dachte man noch, es sei ein Angriff von rechts nach links. Es stellte sich als dummer Schülerstreich heraus. Wird aber ein Abgeordneter – anscheinend aus politischen Gründen von links nach rechts – fast erschlagen, dann sagt komischerweise niemand etwas davon, dass es ein Angriff auf die Demokratie wäre.

Man kann da schon unterschiedlicher Meinung sein, und die Bandbreite ist weit.

Aber diese Willkürlichkeit und der ständige Wechsel der Maßstäbe, die immer gerade so gelegt werden, dass es der eigenen Rhetorik dient, das geht mir so gewaltig auf den Wecker, deshalb verachte ich dieses politische und journalistische System so sehr. Deshalb wirkt auf mich alles so verlogen.