Liebesbrief eines Lesers
Fast hätte ich „Liebesgrüße aus Moskau” geschrieben. Aber die Russen haben wohl nichts damit zu tun. Kommt ja nur selten vor, dass ich Hate-Mails bekomme, aber manchmal schon.
Heute in der Mailbox:
Wer hat Ihnen eigentlich ins Gehirn geschissen, dass Sie täglich so einen reaktionären rechten Rotz ins Netz scheissen?
Begeistern Sie sich vielleicht an ihrer eigenen Dummheit?
Ein ständiger Leser kann’s wohl nicht sein. Denn wer mir auf meine Hirnarbeit geschissen hat, oder allgemeiner gesagt, wer generell auf Hirn scheißt, das habe ich ja ausführlich, detailliert und konkret beschrieben. Die Frage nach dem Wer wäre für Leser, die mein Blog wenigstens halbwegs kennen, also gegenstandslos, weil längst beantwortet.
Ob ich dumm bin, müssen andere beurteilen, aber von mir selbst begeistert zu sein, gehört sicherlich nicht zu meinen Wesenszügen. Ich bin schwer zu begeistern.
Nein, ich will auf etwas anderes hinaus.
Was ist das zentrale, weil einzig informationstragende Wort in diesem Anwurf?
Das ganze Ding ist inhaltsloser Müll, nur Geblubber, bis auf ein einziges Wort:
Reaktionär.
Das sagt alles.
Es sagt ganz klar, dass da irgendwer eine Aktion betreibt, und mir vorgeworfen wird, sie mir nicht widerstandslos gefallen zu lassen. Als ob man zwar nicht wissen darf, was da vor sich geht, aber dafür sein muss, weil man sonst „dumm” ist. Und es bestätigt wieder meine Ansicht, dass „rechts” einfach alles ist, was bei der großen Kommunismustransformation nicht mitmacht. Einfach nur selbst denken und wissen zu wollen und sich nicht damit abzufinden, Proletarier zu sein, der vom „Großen Bruder”, der Partei, vertreten wird, auch wenn er es nicht versteht. Es gab in der DDR so einen Spruch, „Die Genossen werden sich schon was dabei gedacht haben”, der das auf den Punkt bringt: Man hat die Klappe zu halten, es hinzunehmen und keine Fragen zu stellen.
Ja. Ich bin in diesem Sinne „reaktionär”. Ich reagiere darauf, dass man mir die Karriere vernichtet hat. Ich will wissen, wer und warum. Schon das ist verboten, man hat sich wortlos in das zugewiesene Schicksal zu fügen, während die Karrieren nach rein politischen Zielen vergeben werden.
Das nennen sie „Gerechtigkeit”.
Denkt mal drüber nach.
Orwell geht gerade den Weg aller Satire: Er wird von der Realität überboten.