Dumme Geisteswissenschaftler
Ich halte das für eine Unverschämtheit.
Eigentlich bekomme ich ja von Geisteswissenschaftlern zu meinem Geisteswissenschafter-Bashing insgesamt weit mehr Zustimmung als Kritik.
Würziger ist aber, wenn sie mich dafür angehen und gerade bestätigen.
Einer schrieb mir gerade:
Hallo Herr Danisch,
Da Sie mir als jemand erscheinen, dem Rationalität und Wahrheit wichtig sind, und der sich deswegen Fehler eingestehen können sollte:
Haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht, wie das Erkenntnissystem der Wissenschaften entstanden ist? Damit meine ich die von zB den Naturwissenschaften angewandten Regeln, Hypothesen aufzustellen, Variablen zu isolieren, vom Allgemeinen auf das Konkrete zu schließen, widerlegen statt zu beweisen,…
Beste Grüße
Was für eine Frechheit.
Da wird von vornherein festgenagelt, dass ich damit fehlerhaft sei, und es nur noch darum ginge, dass ich den Fehler eingestehen müsste, damit mir Rationalität und Wahrheit wichtig wären, Solche rabulistischen Erpressungen kann ich gar nicht leiden. So dieses Schema „Sie sind doch vernünftig, also geben Sie doch zu, dass…”
So als grundsätzlichen Wesenszug kenne ich das nur von Geisteswissenschaftlern. MINTlern ist sowas prinzipiell fremd, weil die in der Sache argumentieren und nicht über die Wesenszüge und -kategorisierung des Autors. Vor allem in Gender-Studies machen die ja solche Rhetorik-Übungen, um sich solchen Mist anzutrainieren (der einzige Lehrinhalt, den ich je in Gender Studies finden konnte). Diese strunzdumme und extrem unwissenschaftliche Art der Auseinandersetzung, in der man von vornherein unterstellt, dass nur man selbst Recht haben kann und es nur noch darum geht, den Gegner durch rhetorisch-moralischen Druck zur Anerkenntnis zu bewegen, habe ich so oft beobachtet und sie ist ein Hauptgrund dafür, warum ich diese Leute so abgrundtief verachte. Es ist so dumm, sie merken es nicht mal, und kommen sich darin und dadurch dann noch überlegen vor.
Und dann kommt wieder die Argumentation, die ich bestimmt schon tausendmal in die Mailbox bekommen habe: Die Philosophie habe ja die Logik und die Wissenschaft erfunden und so weiter.
So ein Schwachsinn.
Es gab bis vor etwa 200 oder 300 Jahren nur ganz wenige Fakultäten wie Theologie, Medizin, ich glaube, Recht, und als Sammelfach für alles sonstige die Philosophie als Sammelbecken hergenommen, weil Fächer wie Mathematik, Physik, Technik einfach noch nicht ausgeprägt genug waren, um ein eigenes Fach zu bilden. Damals gab es noch die Universalgelehrten, weil das Wissen noch so wenig und übersichtlich war, dass man alles studiert haben konnte. Faust:
Habe nun, ach! Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor;
Heiße Magister, heiße Doktor gar
Und ziehe schon an die zehen Jahr
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum –
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Das ist schon das erste Problem. Die Philosophie war stark, als es noch nicht viel zu wissen gab. Solange es nichts zu wissen gab, waren Philosophen noch vorn mit dabei, da kam man mit etwas Geschwätz noch durch.
Bemerkenswerterweise hat aber alles, was irgendwas wurde, die Philosophie bei erster Gelegenheit verlassen und eigene Fakultäten gebildet. Meines Wissens zuerst die Alchemie, die ursprünglich bis etwa 18. Jahrhundert noch als Naturphilosophie galt, aber sich selbständig gemacht hat, als sie etwas wurde. So, wie sich alles selbständig gemacht hat, als es etwas wurde.
Oder anders gesagt: Philosophie ist, was übrig blieb, nachdem jeder, der was konnte, gegangen ist und eigene Fakultäten aufgemacht hat. Philosophen sind die, die geblieben sind, weil sie nichts können.
Nochmal diesen Satz:
Damit meine ich die von zB den Naturwissenschaften angewandten Regeln, Hypothesen aufzustellen, Variablen zu isolieren, vom Allgemeinen auf das Konkrete zu schließen, widerlegen statt zu beweisen,…
Also erstens sind die Naturwissenschaften durchaus in der Lage, das selbst zu machen und zu können, sie brauchen dazu die Philosophen nicht. Keiner braucht mehr Philosophen, wozu auch?
Zweitens waren das, wenn überhaupt, die Philosophen der Vergangenheit. Die von heute damit damit nichts mehr zu tun und sie können das auch nicht, weil sie sich „Philosophen” nennen. Spätestens mit Gender haben sie bewiesen, dass von den wissenschaftlichen Fähigkeiten nichts mehr übrig ist, nur noch Geschwätz herrscht.
Nur weil sie sich „Philosophie” nennen, heißt das noch lange nicht, dass es mit der Vergangenheit noch etwas zu tun hat.
Und man erbt auch nicht die Leistungen der Philosophen von vor 2000 Jahren, indem man sich in den Studiengang „Philosphie” immatrikuliert und „Philosoph” nennt. Der Ansatz, sich für gut und wichtig zu halten, weil man sich „Philosoph” nennt, ist dumm am untersten Ende der Skala. Man wird auch nicht Physiker, indem man sich immatrikuliert, sondern indem man klare, darlegbare, nachvollziehbare Fähigkeiten erlernt und nachweist. Und das fehlt bei den heutigen Philosophen völlig. Reine Schwätzerkompanien, die nicht mehr sagen können, wozu sie noch gut oder fähig sein sollen, sondern sich – wie dieses Exemplar hier – für wichtig halten, weil sie „Philosophen” heißen. Neulich gab es ja mal einen Artikel in der Zeit, in der ein Philosoph jammerte, dass ihn keiner mehr braucht, und alles, was er als Fähigkeiten benennen konnte, so ein paar dünne Softskills waren, die ich damit kommentierte, dass die MINT-Leute sich an sowas die Schuhe abputzen, bevor sie die Wissenschaft betreten, um keinen Dreck einzuschleppen.
Ich habe ihm geantwortet. „Ja.” Nicht mehr. Die Antwort auf die Frage.
Jetzt kommt er damit:
Wunderbar! Dann möchte ich gerne zwei Thesen vorstellen:
1. Erkenntnistheorie als ein überzeitliches und ihrem eigenen Anspruch nach niemals abgeschlossenes, geisteswissenschaftliches Feld bildet das Fundament jeglichen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnes
2. Geisteswissenschaften sind korrupt, ein Luxusphänomen und ihr Nutzen wird schon durch eine fehlende Marktnachfrage für die Absolventen widerlegt
Ich bin gespannt.
Ja, und? Jemand wirft zwei unmotivierte Sätze in die Luft (der zweite ist von mir, aber ich hatte das vorher erläutert und hergeleitet und nicht einfach als These in die Luft geworfen), und ich soll da jetzt irgendwie was draus machen, weil der Leser selbst nicht mehr hinbekommt, als einzelne Sätze hinzuwerfen und zu erwarten, dass der Empfänger selbst sich was daraus bastelt? Das ist doch schon dargelegte Blödheit. Wer soll so jemanden brauchen können, der zwei Sätze hinwirft und dann mit „Ich bin gespannt” daherkommt.
Die einzig richtige Antwort wäre, „Ja, dann wirst Du wohl gespannt bleiben, bis es ausleiert…”
Wer braucht solche Leute, die einem mit dummen Frageandeutungen die Zeit rauben und dann noch erwarten, dass man sich selbst daraus Frage und Antwort baut?
Gut, machen wir’s kurz: 1. ist falsch. 2. ist richtig. (Denn 2. ist von mir.)
Warum ist erstens falsch?
Weil es schon als Aussage dumm und vor allem zirkulär ist. Erkenntnistheorie bildet das Fundament jeglichen Erkenntnisgewinnes. Was soll das für eine Aussage sein?
Und warum soll es überhaupt die einzige Methode sein? Wenn „jeglichen”, könnte es ja keine andere mehr geben. Das ist dann natürlich die Hintertür des „niemals abgeschlossenen”, weil man damit sagt, man weiß es eigentlich nicht, aber falls irgendjemand etwas findet, dann gehört es einfach dazu, somit also selbstreferentiell, weil man sagt, der Topf, in den einfach alles gehört, bilde das Fundament jeglichen …
Das ist völlig nutzloses Blabla.
Leeres Gewäsch.
Substanzloses Geschwätz.
Würde man das richtig herum formulieren wollen, würde man gerade umgekehrt sagen, dass Erkenntnisthoerie die Gesamtheit der bekannten und bewiesenen Methoden des Erkenntnisgewinns wäre. Dass also erst der Erkenntnisgewinn da ist und die Erkenntnistheorie die Methodik untersucht. Dann ergäbe es einen Sinn, eine Reihenfolge, einen sinnvollen Ablauf. Aber zu sagen, dass etwas nie abgeschlossenes Fundament jeglichen Dingens wäre, heißt, dass man seinen eigenen Satz nicht verstanden hat. Man definiert B mit A, obwohl A von B abhängt.
Und selbst, wenn man die Aussage mal gutmütig einfach als richtig unterstellt:
Sie schaffen es ja nicht mal mehr, irgendeinen Erkenntnisprozess oder eine Erkenntnistheorie hinzubekommen. Was nützt ihnen die Aussage über die Erkenntnistheorie, wenn sie selbst mit Erkenntnis schon lange nichts mehr zu tun haben?
Selbst wenn man den Satz als wahr unterstellt, müsste man erst nach der passenden Fakultät suchen, weil die Geisteswissenschaftler da schon lange nichts mehr zustandebringen. Ich habe doch immer wieder bei Gender-Studies und angrenzenden Fächern nachgefragt: Was sind Eure Methoden? Was ist Eure Methodik?
Antwort immer (wenn überhaupt): Machen wir nicht mehr. Wir machen nicht mehr in Methoden, wir lehren „Kompetenzen”. Kompetenz heißt, nichts mehr zu können, aber zu allem einen flotten Spruch parat zu haben, warum man ablehnt, es zu können. Das ist der Punkt, an dem die Geisteswissenschaften heute angekommen sind. Intellektueller Ground Zero.
Schaut man sich das an, dann sind die Fächer wie Physik, Chemie, Mathematik, Medizin, Informatik, Biologie längst dahingehend abgeschlossen, dass sie ihre Methodik und „Erkenntnistheorie” selbst verwalten, und das haltlose Geschwätz heutiger Philosophen nicht mehr brauchen. Fragt man diese Fächer nach ihrer Methodik, bekommt man reichtlich vertiefte Antwort. Das kann man sich anschauen und sich seine Meinung drüber bilden, es experimentell verifizieren, es falsifizieren oder sonst wie dran rummeckern, aber man sieht, was die tun.
Schaut man in die Geisteswissenschaften, die sich für das Fundament allen Wissens halten, dann ist da heute einfach gar nichts mehr. Brachiale Dummheit wie bei Gender Studies.
Da ist nichts mehr außer Gejammer, Quotenförderbedarf und Hartz-IV-Anträgen.
Beachtlicherweise schrieb mich ein paar Tage vorher ein Physiker an, der meinte, die Spitzenphysik sei mittlerweile auch eher esoterisch-spekulativ.
Njain.
Zum ersten hat die Physik verdammt viel geleistet und einen riesigen Fundus an jederzeit nachprüfbaren Erkenntnissen. Ich hatte in der Schule von der 7. bis zur 13. Klasse (Leistungskurs) Physik und die gesamte Zeit damit verbracht, alles und jedes durch Experimente herzuleiten und zu prüfen. Da war überhaupt nichts als Doktrin, als Lehrdiktat, sondern ausnahmslos alles durch empirischen Versuch, Beobachtung, Experiment geprüft, hergeleitet. Ähnlich in Chemie. Bisschen weniger in Biologie. Auch da haben wir Pflanzen aufgeschnitten, Rinderaugen seziert und dergleichen mehr.
Die Physik muss sich da überhaupt nicht verstecken, sondern hat eine riesige Leistung, die längst auch in unzähligen Fällen vom Haus- und Brückenbau über Flugzeuge, GPS, Raumfahrt immer wieder bestätigt ist. Man muss nur nach oben schauen. Warum bleibt die Zimmerdecke oben? Mathematik, Physik, Chemie.
Warum ist es im Zimmer auch bei Nacht hell? Mathematik, Physik, Chemie.
Warum fliegt das Flugzeug? Mathematik, Physik, Chemie.
Warum konnten wir zum Mond und zurück und haben Sonden auf dem Mars? Mathematik, Physik, Chemie.
Nachdem die Physiker alle ihre Hausaufgaben aufs Trefflichste erfüllt haben, haben die jedes Recht, auch mal spekulativ die Sau rauszulassen. Aber das tun sie ja nicht mal, die führen ja irrsinnig aufwändige Lebensexperimente durch, um auch das zu überprüfen. Die kommen ja nicht einfach mit irgendeinem Geschwafel daher.
Und nun kommt da so ein Schwätzer und meint, er könne mich irgendwie beeindrucken, indem er hohles, dummes, leeres Geschwätz in Form einer zirkulären Blabla-Behauptung hinwirft und meint „Jetzt mach mal…”
Diese Leute sind unter Null. Nutzlos, aber nehmen einem die Zeit weg.