Ansichten eines Informatikers

Schnauze voll

Hadmut
9.4.2019 22:39

Dann muss New York halt ohne mich auskommen.

Der ein oder andere wird vielleicht am Rande mitbekommen haben, dass ich im November in Neuseeland war. War schön. War gut. Hat (außer meinen noch etwas unbeholfenen Drohnenflügen) alles von vorne bis hinten durchfunktioniert, überhaupt nichts schief gegangen oder so.

Nur: War halt nicht ganz billig.

Deshalb mache ich größere, weitere Reisen eigentlich auch nur ungefähr alle vier Jahre und wenn’s die Spardose hergibt. Denn wenn ich schon losfahre, dann will ich auch unterwegs nicht so geizen. Ich kenne Leute, die zwar weit reisen, dann aber unterwegs unheimlich geizig sind, dann versuchen, sich im Hotelzimmer mit dem Wasserkocher ein paar Nudel aus dem Supermarkt zu garen, weil sie sich nicht mal was zu essen kaufen wollen. Oder wirklich an jeder Gelegenheit immer nur das allerbilligste zusammentricksen.

Also dachte ich mir, machste dieses Jahr nur mal eine Woche Städtetour irgendwohin.

Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, nicht mehr in die USA zu reisen. Ich hatte 1999 eine große Urlaubsreise quer durch die USA von New York nach Los Angeles, außerdem diverse Konferenzbesuche in Washington, Boston, San Francisco, San Diego, Santa Barbara, San Jose, und zwar 2007 das letzte Mal in den USA, aber irgendwie hatte ich dann auch keine Lust mehr. Ich finde die Grenzkontrollen zwar aus deren Sicht für erforderlich, aber aus meinen persönlichen Maßstäben eben absurd. Nirgends wurden mir die Koffer bisher so auseinandergenommen und durchwühlt. Einem früheren Kollegen, den ich zufällig dort mal auf einer Konferenz traf, haben sie einen Wecker demoliert. Der hatte krankheitsbedingt irgendwelche spezifischen Schlafprobleme und reiste deshalb stets mit seinem Spezialwecker, was sie wohl verdächtig fanden, und haben ihm den Wecker, den er im Koffer hatte, aufgebrochen, die Einzelteile reingelegt und den Koffer wieder verschlossen. Mir haben sie mal in einem Hotelzimmer den Reisekoffer durchsucht, ich habe es gemerkt, weil er anders dastand und drinnen einiges nicht stimmte, aber nichts fehlte, nicht mal die 200 Dollar in bar, die ich unübersehbar im Krawattennetz hatte. Wer durchsucht Koffer und klaut das Bargeld nicht? Ich habe nirgends so gammelige und dreckige Hotels wie in den USA erlebt. Ich habe es nirgends sonst erlebt, dass man so herablassend behandelt wird. Nirgendwo sonst habe ich Leute erlebt, die so willkürlich-dominant und aus Prinzip inkonziliant auftreten. Wir machen das hier so und basta. Wenn Dir das nicht gefällt, kannst Du gehen.

Nirgends sonst gibt es die Marotte, dass man immer viel mehr zahlt, als draufsteht, weil Steuern und Trinkgelder noch dazukommen, und nirgends habe ich mich als Kunde so verarscht gefühlt wie an manchen Stellen in den USA.

Was mir vor allem auf den Wecker geht, ist diese systematische Ignoranz vieler Leute. Wenn da eine in einem Laden steht, deren Aufgabe es ist, einem ein Sandwich zu verkaufen, dann macht die genau das und sonst gar nichts anderes, ignoriert jede Frage. Und wenn denen per Micromanagent die Firma vorschreibt, welchen Arbeitsprozess sie dabei durchzugehen hat, macht sie sie stur und blind genau das. Natürlich in irgendeiner bekloppten Firmenuniform.

Dazu die oft uralte Infrastruktur, die an vielen Stellen noch nach 19. Jahrhundert aussieht. Ich hab’s ja gerne auch mal alt, aber alt und marode sind zweierlei.

Zudem habe ich zwar sehr viele, sehr nette und auch sehr intelligente Amerikaner kennengelernt, viele liebenswürdige Leute. Aber mir ist auch klar geworden, dass das oft nur sehr oberflächlich und aufgesetzt ist. In Deutschland ist es schwer, Freunde zu finden. In den USA ist es schwer, sich seiner Freunde sicher zu sein. Und da sind eben auch unheimlich bekloppte Leute unterwegs.

Ein ganz anderer Punkt, der mir dort nicht gefällt, ist: Hat man 3 Städte gesehen, hat man eigentlich alles gesehen. Ich war in insgesamt 27 Bundesstaaten, und wirklich charakteristisch war da fast gar nichts. San Francisco mit den Cable Cars. Boston mit seiner Geschichte. Washington mit der Museumsmeile. Annapolis runter. Straßenmusik in New Orleans. Musik und Graceland in Memphis. Las Vegas. Das sind alles so Sehenswürdigkeiten, die einem als besonders und charakteristisch erscheinen, und auch mal schön zu sehen sind, aber das sind dann immer nur so ein paar besonders rausgeputzte Stellen, die aber auch schnell aufgesetzt wirken und Massengeschäft sind. Oft nicht mehr viel echter als Disney-Land. Schaut man nur mal hinter die Kulissen, dann findet man dröge Uniformität quer durch das ganze Land. Ich habe so viele vergammelte Straße mit frei hängendem Kabelsalat, so viele Shopping Malls und Einkaufszentren gesehen, die alle so exakt gleich aussehen, so viele Motels, alle gleich, da ist vieles echte Ödnis.

Und irgendwie bleibt das Risiko auch immer an einem selbst hängen. Erst wenn man dann irgendein Versäumnis findet, kann man vielleicht mal 300 Millionen Schmerzensgeld einklagen, aber in der Regel ist man der Dumme am Ende der Fresskette.

Deshalb hatte ich die USA für mich eigentlich als erledigt angesehen. Auch aus politischen Gründen. Die nördlichen Staaten habe ich – außer Pennsylvania/Pittsburgh, NYC, Boston – nicht gesehen, aber mir wurde glaubhaft versichert, da gäb’s auch nichts anders, nur kälter. Auf irgendeinem Inlandsflug hatte ich mal eine Zwischenlandung zwischendrin, ich weiß nicht mal mehr wo, ich glaube es war Ohio, und hatte mich geärgert, dass ich nicht mal aus dem Flieger konnte. Mein amerikanischer Sitznachbar meinte nur, das wäre nur Zeitverschwendung gewesen, denn da gäbe es nur wirklich absolut einfach gar nichts, da wolle man gar nicht aussteigen. Und in der Mitte der USA sei es dann noch schlimmer. Da wäre noch weniger als gar nichts. Ich hätte da wirklich gar nichts verpasst.

Jetzt kam mir aber doch der Gedanke, vielleicht doch noch mal ein paar Tage nach New York zu reisen. Ich wollte mir mal anschauen, was die da jetzt eigentlich aus Ground Zero gemacht haben, weil ich ja 1999 noch oben auf dem World Trade Center gewesen war. Und in die Museen, etwa das Naturkundemuseum aus Nachts im Museum. Straßenleben. Vielleicht mal auf dieses jüdische Straßenfest, Klezmer hören. Oder Broadway Musicals.

Jo, dachte ich, das wäre mal was für so eine Woche.

Nun habe ich also in den einschlägigen Reisewebseiten gesucht und bin am Samstag bei Opodo relativ schnell auf ein Angebot gekommen mit 10 Tagen (Donnerstag bis Sonntag der nächsten Woche) mit Flug und Hotel für etwa 900 Euro. Och, dachte ich, das ist günstig, das kann man mal machen.

Nochmal geguckt, scheint alles zu stimmen, wollte schon buchen, da merke ich, dass ein paar Webseiten weiter im Kleingedruckten steht bunk bed, shared bathroom.

Eieieiei.

Vorne wird einem Hotelzimmer angezeigt, aber im Kleingedruckten landet man dann in so einem Sammelzimmer mit 4 bis 6 Betten mit lauter Fremden, es gibt reine Frauenzimmer, aber keine reinen Männerzimmer, ein Sammelbadezimmer pro Flur.

Nun, sowas kenne ich, genau sowas ist mir nämlich bei meinem ersten New York-Besuch schon passiert, da hatte ich über ein normales Reisebüro ein Hotelzimmer gebucht und dann dort an der Rezeption erst erfahren, dass ich nur ein halbes Zimmer ohne Bad gebucht hätte und es mir mit einem Fremden teilen müsste. Das war aber nicht so schlimm, weil das das Starthotel der Busrundreise war und man nur solche Leute derselben Busreise zusammensteckte, man also ohnehin noch 3 Wochen mit dem Zimmergenossen unterwegs war und die ganze Busreise im 2er-Doppelzimmer stattfand (ich habe mir dann die ganze Reise über das Zimmer mit einem australischen Polizisten geteilt, war schwer OK). Zumal ich damals außer meiner ersten Digitalkamera (eine damals noch als Wunder angesehene Kodak DC240 mit einem Megapixel, von dem ich mir mangels Speicherplatz meist nur ein viertel Megapixel leisten konnte, und deren Objektivgetriebe mitten auf der Reise den Geist aufgab) keinerlei klauwürdige Wertgegenstände dabei hatte.

Aber das hatte ich mir damals schon gemerkt, dass Hotels in New York oft nicht das sind, was wir darunter verstehen (und auch in anderen US-Städten hatte ich da Örtlichkeiten erlebt, die mit meinen Vorstellungen nicht deckungsgleich waren). Hitchcock wusste genau, warum Psycho in einem amerikanischen Motel handelt.

Fand ich eine Sauerei, dass man vorne auf der Webseite ein Hotelzimmer bucht, und dann nach der Festlegung hinten im Kleingedruckten nur erfährt, dass da was nicht stimmt, und auf der Hotelwebseite fand ich dann, dass die damit 4 oder 6-Bett-Zimmer meinen. Dorms.

Nicht mein Ding, schon gar nicht in diesen politischen Zeiten. Schon gar nicht für eine Woche, in der man seine Sachen tagsüber dort lassen muss.

Also wollte ich da anrufen, um zu fragen, warum man das nicht vorher erkennt oder woran man es erkennt. Die deutsche Hotline war nicht besetzt, ich wurde zu einer englischsprachigen durchgestellt, die sich sehr amerikanisch anhörte. Ich versuchte da, die Frage zu stellen, warum man hinterher etwas anderes bekommt als man vorne buchen wollte. Um auf die typisch amerikanische Ignoranz zu treffen. Sie macht nur Buchungen und ihr Computer macht nur Buchungen. Ich könnte bei ihr nur Buchen. Also habe ich das versucht, und irgendwann waren wir am gleichen Punkt, Mehrbettzimmer. Als ich dann aber sagte, dass ich kein Mehrbettzimmer will sondern ein eigenes, und fragte, warum das nicht zu kriegen war, einfach Schweigen. War bei ihr nicht vorgesehen. Sir, Sie können hier jetzt buchen, mehr kann ich nicht sagen. Nee, dann buche ich eben nicht.

Nochmal ein bisschen gesucht, gemacht, getan, bei einigen Hotels sicherheitshalber per E-Mail nachgefragt.

Ein YMCA am Central Park hat sehr einfache, primitive Zimmer, halt so im Jugendherbergsstil, sieht aber nicht schlecht aus, obwohl die Rezensionen unter Null sind. Mal per Mail nachgefragt, Antwort: Ja, wir haben auch Einzelzimmer mit eigenem Bad. Wie man die aber über die Bestellwebseite erkennt, ist unklar.

Andere einschlägige Reisewebseiten haben da auch nichts Ordentliches, meist das gleiche, nur teurer.

Ich finde schließlich ein Hotel, das mir ordentlich erscheint, sauber, preislich noch akzeptabel, zumindest auf den Fotos schöne Zimmer. Die auch sofort antworten, dass es sowas wie shared rooms oder shared bathrooms bei ihnen erst gar nicht gäbe, ein richtiges Hotel mit richtigen Hotelzimmern. Aber eben nicht in Manhattan, sondern in Queens. Macht aber nichts, weil zwei U-Bahn-Stationen in direkter Nähe und damit so rein U-Bahn-technisch kein Nachteil gegenüber Manhatten.

Kostenpunkt nun schon so um die 1400 Euro für ca. 10 Tage.

Oder dann praktisch zwischen 1500 und 1600, denn was sie einem vorne an Preis versprechen, ist dann nach der Auswahl in der Liste der freien Räume nicht mehr zu haben. Die tatsächlich anzuklickenden Preise kosten dann mehr als vorne als Preis angegeben.

Ich wollt’s schon buchen, da finde ich den nächsten kleingedruckten Scheiß. Flüge mit Eurowings, nur Handgepäck. Jedes Gepäckstück muss ich dann zum unklaren Extrapreis bei der Fluglinie dazukaufen. Die können mich mal kreuzweise.

Gibt noch mehr solcher Schwindelpreis-Airlines. Eine andere Buchungswebseite ist immerhin so ehrlich, dass man einen Haken setzen kann, der automatisch die Preise mit einem Gepäckstück anzeigen lässt, ob nun im Preis schon inbegriffen oder extra zu zahlen. Eine Webseite zu den Einreisemodalitäten rät übrigens dringend davon ab, ohne Koffer oder ohne Handy einreisen, damit mache man sich verdächtigt und werde mit Sicherheit festgehalten und befragt.

Zwei Airlines fallen mir positiv auf: Die Isländische und die KLM. Ein Koffer mit drin, trotzdem günstige Preise.

Heute also neuer Versuch, leicht veränderter Termin, um den Pfingstmontag zum Urlaubstagesparen und das jüdische Straßenfest dort noch abzudecken, Flug mit KLM, besagtes Hotel, und schon sind wir bei etwa 1600 Euro. Mehr, als ich eigentlich zahlen wollte, denn dort wird’s ja auch noch mal teuer, aber was soll’s. Am Wochenende hatten sie mir noch einen 80-Euro-Rabattcode angeboten, jetzt nicht mehr.

Sitzplatzreservierung? Nicht für die innereuropäischen Kurzstrecken, aber für 9 Stunden über den Teich will ich schon am Gang sitzen. Kostet extra. Wir sind bei 1704,74. Einschließlich je ein Gepäckstück, zwei Sitzplatzreservierungen, günstigstes Zimmer in diesem Hotel (Queen Size Bett, Fernseher, WLAN und ein Bad, mehr passt nicht rein.)

*Seufz*, ja 1704,74. Für etwa 10 Tage. Schon zuviel, aber was soll’s. Sorgfältig darauf geachtet, alles wegzuklicken, was zusätzlich Geld kostet. Keine Versicherung, keinen Premium-Reiseplan per SMS auf’s Handy und so’n Scheiß.

Nächste Webseite, Adresse und den ganzen Kram eingegeben, wieder 1704,74. Und: „Steuern und Zahlungsentgelt inbegriffen”.

Ich klicke Paypal-Zahlung an und plötzlich, so ganz leise im Kleingedruckten am Rand, wo es nicht auffällt: 1.816.00 Euro.

Ich denke mir noch so, das wird wohl Paypal bei den Gebühren absurd zuschlagen.

Also nochmal zurück, nochmal sorgfältig geprüft, dass ich alles weggeklickt habe, was Geld kostet, diesmal Kreditkarte angegeben und wieder: Durchgehend 1704,74.

Erst dann, wenn man verbindlich buchen will, dann steht da ganz klein und unauffällig 1816,00 am Rand ohne auch nur irgendeine Erklärung für die Differenz.

Und das war dann der Punkt, an dem ich die Schnauze voll hatte.

Macht’s ohne mich.

Warum funktioniert das bei meinen sonstigen Reisebuchungen in andere Länder, dass ich eingebe, dass ich eine Person bin, von dann bis dann da und dorthin will und ein Hotelzimmer suche, die Preise, Fotos, Lagepläne sehe, das anklicken kann und dann ein normales Hotelzimmer zu eben diesem Preis bekomme und einfach fertig und in drei Minuten erledigt, und hier tagelang mit einem Hindernislauf um alle Tricks und Fallen beschäftigt bin und erst mal bei den Hotels nachfragen muss, ob das auch wirklich ein Hotelzimmer ist?