Lügenpresse bei der Arbeit zusehen
Mal zur Veranschaulichung.
Auf diesen Tweet war ich aufmerksam geworden:
Vier Tage nach einem Taser-Einsatz ist in #Frankfurt ein Mann gestorben. Die hessische Polizei ist gerade erst mit den umstrittenen Elektroschock-Geräten ausgerüstet worden. Mein Bericht mit @PvBebenburg. https://t.co/jr8BMV655Z
— Hanning Voigts (@hanvoi) 11. Mai 2019
Und hatte mir den darin verlinkten Artikel durchgelesen, einer der Autoren der Twitterer. Überschrift: Mann stirbt nach Taser-Einsatz der Polizei
Erst wenn man den Text liest, findet man, dass der Mann stark übergewichtig, diabeteskrank und psychisch auffällig war, obendrein noch eine Lungenentzündung hatte.
Und er weigerte sich, seine Diabetes-Medikamente zu nehmen, weshalb ein Arzt ihn in die Psychiatrie einweisen wollte. Der Arzt rief die Polizei, die Situation eskalierte. Man setzte den Taser ein, der Mann kolabierte, man brachte ihn ins Krankenhaus, vier Tage später war er tot.
Nun in zwei Sätzen steht:
Die Todesursache ist laut Staatsanwaltschaft noch nicht geklärt, in der Uniklinik soll der 49-Jährige allerdings zusätzlich an einer Lungenentzündung erkrankt sein.
Politisch brisant ist vor allem die Frage, ob der Tod der Mannes mit dem Einsatz des Tasers zusammenhängt.
Man weiß noch gar nicht, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Taser und dem Tod gegeben hat. Möglich, aber genauso gut auch möglich, dass es nicht so war. Dass ein Arzt einen Menschen in die Psychiatrie einweisen lässt, weil der Medikamente nicht nehmen will, kommt nicht bei Hustentabletten vor. Da muss schon gewaltig etwas vorgelegen haben. Es ist zumindest vorstellbar und im Bereich des Möglichen, dass es mit dem Taser nichts zu tun hat.
Das hatte ich gelesen und mich darüber geärgert, deshalb den Autor angetwittert, ob sie nicht erst mal klären können, ob es denn einen Zusammenhang gibt, bevor sie sowas rauskotzen.
Daraufhin:
Kritik von Leuten, die nur Teaser lesen, kann ich nicht ernstnehmen.
— Hanning Voigts (@hanvoi) 12. Mai 2019
Mal abgesehen davon, dass ich den Text sehr wohl gelesen hatte, sonst hätte ich ja gar nicht erst gefragt, warum sie das nicht erst geklärt haben, finde ich das ziemlich unverschämt, so nach dem Motto: Wenn der Teaser lügt, ist der Leser dran schuld, weil er nicht auch den Text gelesen hat. Nachdem ich das erwidert hatte, kam das:
Nein. Der Teaser fasst die zentrale Nachricht des Textes zusammen: Dass ein Mann nach dem Einsatz eines Tasers gestorben ist. Wenn die Ursache klar wäre, hätten wir geschrieben: „Mann stirbt durch Taser-Einsatz“.
— Hanning Voigts (@hanvoi) 12. Mai 2019
Aha. Man kann also einen Zusammenhang suggerieren und dann dem Leser die Last aufbürden, im Kleingedruckten nachzulesen, dass man es nicht weiß, und das „nach” rein temporal und nicht kausal gemeint war.
Ja, dann könnte man auch schreiben: „4 Millionen Tote in Deutschland nach Migrationswelle.”
Das eine hat mit dem anderen zwar nichts zu tun, in Deutschland sterben einfach etwas über 900.000 Menschen pro Jahr, das ist normal. Die wären mit oder ohne Migration gestorben. Aber weil die Migrationswelle 2015 war, könnte man jetzt also schreiben, dass es danach in Deutschland 4 Millionen Tote gegeben habe, weil man ja nicht geschrieben habe, dass es durch die Migrationswelle war. Selbstverständlich würde man als Fake-Newser und Rassist gekreuzigt.
So funktioniert Presse.