Ansichten eines Informatikers

Das Kryptologenteam des Schweizer Nachrichtendienstes

Hadmut
14.2.2020 19:27

Noch ein Informationsschnipsel: [Nachtrag]

Die schweizerische Aargauer Zeitung schreibt über die Cryptoaffäre, dass sich da doch schon die eine oder andere schweizerische Behörde seltsam verhalten habe.

Jürg Bühler, Vizedirektor des Nachrichtendienstes, wird in der Affäre um die Zuger Firma Crypto AG von der Vergangenheit eingeholt.

Jürg Siegfried Bühler ist Anfang 30, als er die Gelegenheit erhält, die mutmasslich grösste Spionageoperation des 20. Jahrhunderts zu stoppen. Der damalige Chef der Bundespolizei, Urs von Daeniken, hat den jungen Juristen wenige Monate davor, im Dezember 1993, zu seinem Stellvertreter ernannt. Der Fall Crypto ist eine von Bühlers ersten Untersuchungen. Er soll dem ungeheuren Verdacht nachgehen, dass die Zuger Firma Crypto AG in Kooperation mit amerikanischen und deutschen Geheimdiensten «gezinkte» Chiffriergeräte an Staaten in aller Welt verkauft. Aber die von ihm geleitete Voruntersuchung endet ergebnislos. Was übrig bleibt, ist eine Kartonschachtel mit Akten. […]

Jürg Bühler ist in dem Fall Crypto in doppelter Hinsicht eine Schlüsselfigur: Er hat als junger Mann die aus heutiger Perspektive gescheiterte Voruntersuchung in den 90er-Jahren verantwortet. Und er steht als jahrzehntelanger Kadermitarbeiter der Schweizer Geheimdienste mit im Verdacht, von den neutralitätspolitisch heiklen Aktivitäten der Crypto AG gewusst zu haben. 2001 ist er von der Bundespolizei zu dem Dienst für Analyse und Prävention gewechselt, 2010 dann als Vizedirektor zum neu geschaffenen Nachrichtendienst des Bundes.

Es spricht manches dafür, dass die Schweiz auf Bundesebene in der Suppe mit drin steckt.

In dem am Mittwochabend ausgestrahlten Enthüllungsfilm der «Rundschau» kommt Bühler nicht gut weg. Der frühere Crypto-Entwicklungsingenieur Bruno von Ah erzählt darin, er habe die Bundespolizei in den 90er-Jahren über eine «mögliche Hintertür» in den Chiffriergeräten informiert, doch diese habe die Information nicht weiterverfolgen wollen. Weitere ehemalige, nicht namentlich genannte Mitarbeiter geben zu Protokoll, sie hätten bei der von Bühler geleiteten Untersuchung den Eindruck erhalten, die Bundespolizisten seien nicht wirklich an der Wahrheit interessiert.

Die gemachten Schilderungen decken sich mit einem «Facts»-Artikel aus dem Jahr 1995, in dem es heisst, die Ermittler hätten einzelne Angestellte der Firma bei den Befragungen «ausdrücklich auf die Wahrung des Geschäftsgeheimnisses hingewiesen». Laut der «Rundschau» ist auch im CIA-Dokument die Rede davon, dass die Bundespolizei einen Vor-Ort-Besuch bei der Crypto AG in Zug nur «pro forma» durchgeführt habe.

Und das betrifft nicht nur die Politik:

Aber auch Bühler hält es für möglich, dass das Kryptologenteam des Schweizer Nachrichtendienstes die damalige Voruntersuchung möglicherweise gezielt sabotiert hat. Beim Interview hat er den Karton mit den Untersuchungsakten demonstrativ vor sich auf den Tisch gelegt. Der Inhalt müsse jedoch unter Verschluss bleiben, so Bühler, weil sich darin zahlreiche Meldungen von Partnerdiensten sowie «viele schützenswerte Personendaten» befänden.

Das Kryptologenteam des Schweizer Nachrichtendienstes.

Irgendwo in den diversen Meldungen und Videos, ich weiß nicht mehr, wo, hieß es, ein Untersuchungsausschuss müsse nun herausfinden, welche „Angestellte des Bundes” davon wussten und involviert waren.

Es läuft also auf die Bundesebene der Schweiz hinaus, von irgendwelchen Kantonen oder Regionalmachenschaften ist bisher keine Rede. Passt auch nicht, das dürfte alles Bundessache sein.

Und was ist die Forschungseinrichtung des Schweizer Bundes?

Die ETH Zürich. Aus deren Beschreibung:

Die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich) wurde 1854 von der Schweizerischen Eidgenossenschaft als Polytechnikum gegründet und 1855 in Zürich eröffnet. Sie war bis 1969 die einzige Bundeshochschule der Schweiz. Heute ist sie eingebunden in den ETH-Bereich, der die Technischen Hochschulen in Zürich und Lausanne und vier Forschungsanstalten umfasst.

Wenn man also die Schnittmenge aus Schweizer Bundesebene und Kryptologen bildet, dann findet man darin den Schweizer Nachrichtendienst und die Kryptoforschung an der ETH Zürich – und damit Ueli Maurer. Die Achse über die Uni Karlsruhe zum BND-Direktor Otto Leiberich habe ich schon beschrieben.

Aufpassen: Die Schweizer haben zwei Ueli Maurer. Der ist Krypto-Professor an der ETH Zürich, der andere ist Schweizer Politiker. Es ist nicht in jedem Text immer auf den ersten Blick klar ersichtlich, welcher gemeint ist. Man sollte sie nicht verwechseln.

Nachtrag: Ein Leser aus der Schweiz weist noch darauf hin, dass Ueli Maurer seit 1992 als Professor an der ETH Zürich ist. Wenn die Bundespolizei die Cryptogeräte 1995 untersucht habe, sei der Gedanke nicht fernliegend, dass sie dabei die ETH Zürich, und damit Ueli Maurer konsultiert haben könnten. Wen auch sonst? Die Leute der Crypto AG selbst können sie ja nicht heranziehen und die des Geheimdienstes dürften sie nicht kennen. Bleibt als Behörde auf Bundesebene, die man dazu fragen kann, eigentlich nur die ETH Zürich übrig.

Das ist eine interessante Frage, ob die ETH da involviert war und die Geräte als sicher ausgegeben hat.