„Deutschland ruiniert seine Wirtschaft”
Über Werteverschiebungen.
Ein beachtlicher Richtungswechsel.
Ich hatte ja neulich geschrieben, wie ich mir die Sterbemetrik vorstelle, und das ich es für eigentlich falsch halte, die Folgen etwa einer Corona-Epidemie in Toten zu zählen, und sich dann zu streiten, ob die nun 8, 30 oder doch schon 90 waren. Eigentlich müsste man es in verlorenen Lebensjahren rechnen, und die noch danach werten, ob der volkswirtschaftliche Beitrag positiv oder negativ ist. Es ist natürlich dann „ethisch” und „moralisch” schwierig, weil der Verlust eines Ingenieurs anders zu werten ist als eines notorisch arbeitsunwilligen oder -fähigen Sozialhilfeempfängers. Ethik hin oder her, man wird nicht darum herumkommen, wenn man Risk Management, ökonomische Entscheidungstheorie betreiben will und sich fragen muss, ob man die Läden aufmacht oder nicht.
Nun geht gerade ein Gezeter los, weil Wolfgang Schäuble gesagt hatte, dass der einzige unantastbare Wert des Grundgesetzes die Menschenwürde, aber nicht das Menschenleben sei. Es gäbe keine absolute Verpflichtung des Staates, jedes Menschenleben mit unbegrenzten Mittel zu erhalten.
Ich glaube allerdings nicht, dass der das wirklich selbst so aus eigener Überlegung gesagt hat, mindestens ja mit dem Hintergrund des ehemaligen Finanzministers, nehme aber an, dass sie ihn einfach vorgeschickt haben, um die Lage auszuloten und die Diskussion anzuwerfen, weil der sich in seiner Stellung und in seinem Alter und mit Rollibonus damit die politische Karriere nicht mehr versauen kann, und man damit das Thema „Tote in Kauf nehmen” in den Ring wirft.
Dasselbe Ding, nur aus dem anderen politischen Lager, hat Boris Palmer losgetreten:
Palmer hatte seine eigene Partei, die SPD und Patientenschützer gegen sich aufgebracht, indem er am Dienstag im Sat.1-Frühstücksfernsehen sagte: „Ich sage es Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einen halben Jahr sowieso tot wären – aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen.“
Ich halte es nicht für eine Entgleisung, sondern für einen Testballon.
Verschiebung der Debatte
Ich glaube, eine Verschiebung der Debatte beobachten zu können. Hieß es neulich noch gern „Die Mediziner spinnen” oder „Finstere Mächte haben sich das ausgedacht”, Covid-19 sei nur eine Grippe (keine Ahnung, wieso manche Leute unterstellen, dass alle Viren, die rund sind, nur eine Grippe verursachen können) geht es jetzt eher in „Tödlich – Na, und!?”
Ich will das nicht unbedingt verurteilen, denn es ist ja richtig, bei der Bedrohung erst mal von den Reserven zu zehren, die natürlich begrenzt sind (die Volksweisheit „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not” sagt ja schon, dass die Not eher kurz sein muss), es aber eine Neuabwägung geben muss, wenn es an die Substanz geht.
Ob diese Einschätzung nun richtig ist oder nicht, sie ist zumindest nüchterner. Sie ist zumindest ein valider Punkt, der in die Betrachtung und Erwägung einzubeziehen ist.
Ich habe mal irgendwo gelesen, dass in der Luftfahrt Menschenleben mit einem festen Wert bemessen werden um abzuschätzen, ob man Schutzmaßnahmen gegen irgendeine Todesursache unternimmt. Stirbt nur mal irgendwo irgendeiner, weil er sich den kleinen Zeh in der Klobrille eingeklemmt hat, zahlt man da einfach die Entschädigung an die Hinterbliebenen, das ist billiger. Erst wenn der Wert der Toten in einem gewissen Wertverhältnis zur Maßnahme steht, werde da tatsächlich etwas unternommen. Könnte man sich mal überlegen, ob das beim Grounding der 737 MAX erfüllt ist.
Insofern dürfte es zweifelsohne Überlegungen geben, was uns nun – nicht wenige sind ja wirtschaftlich auf dem Zahnfleisch angekommen – jede weitere Woche Lock Down kostet, und was uns im Gegenzug kostet, Corona in der ein oder anderen Weise hinzunehmen. Eigentlich klassische ökonomische Entscheidungstheorie: Wir machen gar nichts mehr, leben ganz normal, und haben eben x1 Tote. Wirtschaftlicher Schaden s1. Wir machen Corona-light, leben weitgehend normal, tragen aber Masken, geben uns nicht mehr die Hand, und haben dann x2 Tote und einen Schaden von s2. Und wir bleiben weiter zuhause, haben x3 Tote und Schaden s3.
Die banale Auswahl wäre, den Weg mit dem geringsten Schaden zu wählen, wenn man die Toten da mit einrechnet.
Und die Rechnung könnte danach aussehen, so eine mittlere Variante zu wählen. Macht halt ein paar Tote, aber wir haben ja auch Zigaretten, Schnaps und Autobahnen ohne Tempolimit. Sterbt halt schön.
Das Schweigen der Philosophen und Soziologen
Wisst Ihr, was mir so auffällt? Man hört so wenig von den Großmäulern.
Kürzlich noch haben uns die Philosophen und die Soziologen, also diese völlig überflüssigen Bevölkerungsgruppen, deren hoher Akademikeranteil bei notorischer Nutzlosigkeit den wirtschaftlichen Wert eines Menschenlebens massiv nach unten drückt und die Entscheidungsschwelle drastisch verschiebt – keiner würde sie vermissen, nirgends würden sie fehlen, aber wir würden eine Menge Geld und Ärger sparen – mit allerlei Ethikgeschwafel genervt. Wie oft wurde in Talkshows die abseitig und technisch absurde Frage gestellt, ob ein vom Computer gesteuertes Auto im Falle eines Unfalls lieber die Oma und Witwe, die Mutter mit drei Kindern und einer Nachbarin, die Hartz IV bekommt, oder den Sexisten über den Haufen fährt. Weil die Klappe groß ist, wenn man sich sicher sein kann, dass der Fall nicht konkret eintritt und das eigene Geschwätz nie überprüft werden wir, man also risikolos in die Kamera schwätzen kann.
Nun aber haben wir ganz real und konkret ethische Fragen der Abwägung, ob wir einen Tod in Kauf nehmen oder nicht, und zumindest ich höre vom Pilosophen- und Soziologenpack dazu gerade gar nichts. (Oder habe ich was verpasst?) Und bin froh darüber, dass das Dummvolk endlich mal die Klappe hält. Wie gesagt, ich halte echte Probleme ja für mit gesunden Effekten behaftet.
Von einem hört man allerdings was. Es gibt da einen, arbeitsscheuer ewiger Immatrikulierender (Studierender verbietet sich da), tief Nutzlosender, der damit in Erscheinung tritt, Leute zu beschimpfen, die sich dem Genderschwachsinn nicht unterwerfen, während eine greifbare auf Erwerb des Lebensunterhaltes ausgerichtete Tätigkeit jedenfalls bei Wikipedia nicht ersichtlich wäre, dessen Corona-Drama darin besteht, sich eine Web-Cam kaufen zu müssen:
Aufgrund von #Corona bin ich auf eine Webcam angewiesen, die sich nur online beschaffen lässt, da in NRW die Läden noch geschlossen sind.
Ich wollte eine Logitech bestellen, die 109 Euro kostet, aber bei Saturn, Media-Markt usw. waren wochenlange Wartenzeiten angegeben. 1/3— AndreasKemper (@AndreasKemper) April 25, 2020
Also biss ich in den sauren Apfel und bestellte die Kamera für 147,- Euro bei real.
38 Euro mehr, aber dafür innerhalb einer Woche da (zwischen dem 7. und 9. April).
Vorgestern war die Kamera immer noch nicht da, also schrieb ich folgenden Text und erhielt folgende Antwort: (2/3) pic.twitter.com/9wCAJskzbF— AndreasKemper (@AndreasKemper) April 25, 2020
Corona-Krise. Aber die hätten dann so ehrlich sein können wie andere Anbieter und eine realistische Lieferungszeit angeben können (2 Monate oder so). Ich suche noch immer nach der Kamera. Auslieferungstermine ab Juli.
Außer bei real, die liefern in einer Woche für nun 151,70. 3/3 pic.twitter.com/GO3qytUbMb— AndreasKemper (@AndreasKemper) April 25, 2020
Die Welt geht unter, die Regierung wägt den Wirtschaftstod gegen Einzeltote ab, und das zentrale Problem dieses „Soziologen” ist, dass er keine Webcam hat und es auch in einem Monat nicht schafft, eine aufzutreiben. Gibt es noch irgendwo Notebooks zu kaufen, die keine haben?
Das ist eine zentrale Frage zum wirtschaftlichen Wert eines Menschen.
Welchen volkswirtschaftlichen Wert hat ein Mensch, der studiert, bis er Mitte 40 ist, danach auch keine erkennbare berufliche Tätigkeit betreibt, vor allem durch Beschimpfen von Andersdenkenden auffällt und dann schon daran scheitert, sich eine Webcam zu besorgen?
Welchen wirtschaftlichen Schaden nimmt das Land, wenn ein gewisser Bevölkerungsprozentsatz einfach mal tot umfällt?