Ansichten eines Informatikers

Die Hamburger Fake-Fake-Plakate

Hadmut
17.6.2020 21:29

Ich habe es mir anders überlegt.

Ich hatte doch den Artikel über diese Plakate, die da an der Alster hingen, wonach Männer auf ihr “Oberkörperfrei-Privileg” verzichten sollten.

Obwohl ich eigentlich im Artikel schon geschrieben habe, dass ich die Plakate nicht für echt halte, weil formal einiges fehlt, die Angabe der verantwortlichen Stelle, Rechtsgrundlage und so weiter, das nur so auf amtliches Erscheinungsbild gemacht ist, und der Tonfall auch bekloppt ist – zumal, wie viele schrieben, „Liebe Hamburger*innen” ja nicht mal für Auswärtige gelten würde – haben mir ganz viele Leute geschrieben, dass die Plakate Fake seien.

Es gab nämlich ganz viele Pressereaktionen und Gedöns, alle haben sich aufgeregt, manche fanden es gut, alles schrieben, es seien Fälschungen, Hamburg erklärte, das sei nicht hinnehmbar, weil es so aussieht als ob, das Landeskriminalamt ist eingeschaltet. Weil es offiziell aussehe, was es nicht dürfe.

Große Nummer, alle berichten, alle sind sich einig, dass die Plakate nicht echt sind, dass die eben irgendwer aufgehängt hat.

Ich hab’s mir inzwischen anders überlegt.

Ich glaube inzwischen nicht mehr, dass die sooo gefälscht sind.

Ich hatte das doch schon so oft mit „Satire”: Man lanciert irgendetwas, treibt irgendeine Sau durchs Dorf und schaut, wie die Leute reagieren. Nehmen die Leute es an, oder kritisieren es zumindest nicht, dann lässt man es einfach so stehen oder nennt es Erfolg.

Regen sich die Leute aber auf und lehnen es ab, dann nennt man es nachträglich schnell „Satire”, Satire darf alles, und nimmt das Rabulistik-Schema „Bist Du doof, dass Du nicht gemerkt hast, dass es Satire ist”.

Ziel: Wenn wieder sowas kommt, dann halt das Maul, damit Du Dich nicht schon wieder blamierst und als Idiot outest, Du willst doch nicht der Dorfdepp sein, oder?

Beim nächsten Mal halten die Leute dann die Klappe.

Ein Ähnliches Prinzip hatte ich auch schon bei lancierten Fake-News beobachtet. Es gab ja mal dieses schöne Beispiel der Meldung, wonach die SPD die Antifa finanziert. Sah auf den ersten Blick echt aus, es waren aber untrügliche unauffällige Fake-Zeichen untergebracht, irgendwas mit der Seitennummer und irgendwas rechtliches.

Warum? Damit das erst alle zitieren und man dann sagen kann „Du Depp, das ist Satire, hast Du nicht gemerkt, dass hier X und Y drin steht?”. Das ist immer das Grundprinzip, dass man versteckte, aber zuverlässige Fake-Merkmale drin unterbringt, damit man bei Bedarf die Reißleine ziehen und alle Kritiker desavouieren kann. Und wenn dann eine echte Meldung kommt, dann glaubt es keiner mehr oder keiner macht das Maul noch auf, weil man nicht schon wieder der Klassenkasper sein will, der es schon wieder nicht gemerkt hat.

Prinzip: Immer erst mal einen zuverlässig als Fake detektierbaren Fake vorausschicken. Damit die Leute verunsichert sind, einer echten Meldung nicht mehr so glauben, die Klappe halten, es zum Blamagerisiko wird, etwas dagegen zu sagen.

So richtig Stasi-mäßige Zersetzung. Oder wie man sagt: FUD. Fear, Uncertainty, Doubt. Es ist – gerade im Kommunismus – ganz wichtig, dass die Leute nicht mehr wissen, was sie für wahr halten sollen und was nicht.

Ich halte die Plakate deshalb nicht mehr für einen völligen Fake.

Ich glaube, dass das Testballons sind, die genau zu diesem beschriebenen Zweck so gemacht sind, dass man leicht sagen kann „Ist doch nur Fake, hast Du das nicht gemerkt?”

Trotzdem kann man die Reaktionen schon mal sondieren und schon mal vorfühlen, wie die Leute damit umgehen würden.

Und wenn sich das anlässt, kommt irgendeine linke Partei mit „Ach, eigentlich ist die Idee doch gar nicht so blöd, und die Leute haben das ja gern gemacht” um die Ecke.

Deshalb halte ich das nicht mehr für einen reinen Fake.

Ich würde inzwischen wetten, dass das durchaus Verbindungen zu Offiziellen hat, die da offiziell eine Fälschung in Auftrag gegeben haben.