Ansichten eines Informatikers

Hafen-Vernichtungs-Verschwörungstheorien

Hadmut
7.8.2020 1:16

Komische Dinge schreiben mir die Leute.

Hafen 1

Einer schreibt, die WELT käme mit so einer Verschwörungstherie um die Ecke: USA drohe deutschem Nord-Stream-2-Hafen mit wirtschaftlicher Vernichtung

Während die Regierung im Streit über die Ostseepipeline ihre Optionen prüft, schaffen die USA Tatsachen. US-Senatoren bedrohen jetzt alle Mitarbeiter und Anteilseigner des Hafens Sassnitz mit Sanktionen. Besonders pikant: Der Hafen liegt im Wahlkreis der Bundeskanzlerin.
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Nach den jüngsten Sanktionsdrohungen der USA gegen deutsche Projektpartner der Ostseepipeline Nord Stream 2 hatten sich deutsche Regierungsvertreter empört gezeigt – mehr auch nicht. Zu möglichen Reaktionen auf die US-amerikanische Einmischung äußerte man sich nicht.

Doch dabei kann es jetzt wohl nicht mehr bleiben: In einem Schreiben vom Mittwoch drohen US-Senatoren dem deutschen Fährhafen Sassnitz auf Rügen „rechtlich verbindliche“ und „vernichtende“ Sanktionen an. Der Hafen liegt im Wahlkreis von Angela Merkel (CDU).

Die Bundeskanzlerin hatte das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 bislang immer unterstützt, war dabei aber stets um diplomatische Zurückhaltung und auf Ausgleich von russischen und amerikanischen Interessen bedacht. Jetzt könnte das scharf formulierte Drohschreiben aus den USA die Kanzlerin veranlassen, sich entschiedener hinter die Firmen und betroffenen Mitarbeiter in ihrem Wahlkreis zu stellen. Zu dem Brief heißt es von der Bundesregierung: „Wir sind mit amerikanischen Partnern im Austausch. Und wir haben immer wieder deutlich gemacht, dass wir unilaterale Sanktionen gegen deutsche und europäische Unternehmen ablehnen.“ […]

Der Brief an die Hafenleitung unter Harm Sievers und dem „Legal Director“ Fridjof Ostenberg ist kompromisslos formuliert: Es diene als „formeller rechtlicher Hinweis“ darauf, dass die Versorgung der russischen Verlegeschiffe und jede weitere Beteiligung am Pipelinebau „das Risiko bergen, die Fährhafen Sassnitz GmbH und den Hafen Mukran sowie Ihre Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Aktionäre und Mitarbeiter rechtlichen und wirtschaftlichen Sanktionen auszusetzen“.

Diese Sanktionen beinhalten wörtlich „potenziell fatale Maßnahmen, die die Fährhafen Sassnitz GmbH wirtschaftlich und finanziell von den Vereinigten Staaten abschneiden werden“.

Ooooohhh. Üble Verschwörungstheorie.

Also ob die USA aus politischen Gründen einen Hafen zerstören würden, um Handel zu unterbinden, der ihnen nicht in den Kram passt.

Und dann Leuten noch Beruf und Karriere ruinieren, aus wirtschafts- und außenpolitischen Gründen und um unerwünschten Handel zu unterbinden?

Das könnte ich mir doch nieeeemals vorstellen. Sowas würden die nieeee tun.

Kann gar nicht sein. Einen Hafen zerstören, weil darüber Waren gehandelt werden sollen. Und dann noch in Merkels Wahlkreis?

Wörtlich heißt es im Schreiben an die Sassnitzer Hafenmanager: „Ihre Versorgung der ,Fortuna‘ oder der ,Akademik Cherskiy‘ wird definitiv in dem Moment sanktionsfähig, wenn eines der beiden Schiffe ein Rohr für den Bau der Nord-Stream-2-Pipeline ins Wasser taucht oder eine für das Projekt relevante Rohrverlegungsaktivität ausübt.“ Zudem erstrecke sich „Ihr Risiko auf alle Aktivitäten im Zusammenhang mit Waren, Dienstleistungen oder Unterstützung der Pipeline“.

Die Drohungen wirken so massiv, dass sie ohne starke politische Unterstützung aus Berlin und Brüssel für die Hafenbetreiber kaum tragbar erscheinen. „Den Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern und Aktionären der Fährhafen Sassnitz GmbH wird die Einreise in die Vereinigten Staaten untersagt, und jegliches Eigentum oder Anteile an Eigentum, das sich in unserem Zuständigkeitsbereich befindet, wird eingefroren“, heißt es in dem US-Schreiben.

„Jegliches Eigentum oder Anteile an Eigentum, das die Fährhafen Sassnitz GmbH innerhalb der Gerichtsbarkeit der Vereinigten Staaten hat, wird ebenfalls eingefroren, ebenso wie jedes zukünftige Eigentum, das in unsere Gerichtsbarkeit kommt, einschließlich aller Transaktionen, die durch unser Finanzsystem laufen.“

Uuuuh…Hört sich so ungefähr an wie damals die Uni, als ich die Finger nicht von Kryptographie lassen wollte, die den Amis auch nicht passt. Bisschen moderner.

Hafen 2

Völlig ohne jeglichen Zusammenhang, rein zufällig und genauso verschwörungstheoretisch schreibt mir ein anderer zum Bumms von Beirut. Wegen „zerstörtem Hafen”. Zufälle gibts…

Libanon habe vor lauter Pleiteverzweiflung nämlich erhofft und versucht, Teil der Seidenstraße zu werden. Das hat jetzt mit dem Fall von oben aber gar nichts zu tun, weil das oben war Handel Europas mit Russen. Hier geht’s um Handel Europas mit Chinesen. Das ist was völlig anderes. Kann man gar nicht vergleichen.

Das chinesische Megaprojekt einer neuen Seidenstraße (Belt and Road Initiative) gibt den dringend benötigten Infrastrukturinvestitionen im Libanon Auftrieb. Das war auf der Konferenz “Lebanon Investment in Infrastructure,” Anfang März 2018 in Beirut, deutlich zu spüren. Das kleine Land in strategischer Lage im östlichen Mittelmeer wird wieder stärker als gleichberechtigter Partner wahrgenommen und kann die Rolle des Bittstellers der vergangenen Jahrzehnte stückweise abstreifen.

Voraussetzung für Investitionen und insbesondere solche in die Infrastruktur ist Stabilität. Das weiß keiner besser als der Libanon, wo im Straßenbild Beiruts an manchen Gebäuden immer noch Einschusslöcher des bis 1990 andauernden Bürgerkriegs zu sehen sind. Daher ist die Aussage des chinesischen Botschafters zum Schluss der Konferenz bemerkenswert, der ein Bekenntnis der VR China zu Frieden und Stabilität Libanons abgab. Die VR China wolle mit weichen Krediten Infrastrukturinvestitionen im Lande zum beiderseitigen Nutzen unterstützen. Ein entsprechendes Memorandum wurde bereits 2017 unterzeichnet.

Nun ist der Artikel schon etwas älter, ganz frisch ist jedoch der vom 2. August (so’n Zufall aber auch, 2 Tage vor der Explosion…) in den Arab News: Chinese and Iranian vultures circling over Beirut. Echt jetzt? China und Iran geben sich ein Stelldichein in Beirut? Pssch, kann mir gar nicht vorstellen, dass die USA da was dagegen haben könnten, sind doch alles beste Freunde.

For two millennia the Silk Road was a 6,500km caravan route connecting China to the West, for the export of spices, fabrics and tea. Beijing today is investing hundreds of billions of dollars reopening these routes as an immense arena of Chinese commercial hegemony, with massive investments straddling Central Asia and Pakistan, and a $400 billion deal with Iran. Chinese hawks view Lebanon’s crushing financial crisis as a bargain opportunity to consolidate its presence in the eastern Mediterranean.

China und Iran würden die Pleite des Libanon ausznutzen, um sich Beirut unter den Nagel zu reißen und den Hafen zum Stützpunkt für die neue Seidenstraße zu machen?

Und die Hisbollah unterstützt das auch noch?

The biggest cheerleader for salvation from the East is Hezbollah’s Hassan Nasrallah, who proclaimed: “Chinese companies are ready to bring in money, and without any of the complications that we talk about in Lebanon. We don’t have to give them money, they will bring money into the country.” Hezbollah-friendly media outlets have been evangelizing Chinese proposals for $12 billion investments in ports, railways, electricity and waste management.

Beijing’s interest in Lebanon did not come from nowhere; Chinese companies have long sought to get their foot in the door for Lebanese infrastructure projects. During a 2019 business delegation, Ambassador Wang touted the expansion of Tripoli port and Qalayat airport; revamping the Beirut-Damascus highway; and a parallel railway eventually connecting to China’s $1 trillion Silk Road. For certain projects, negotiations are already at an advanced stage, even haggling over the percentage of Chinese workers to be recruited.

China has been on a charm offensive; it already has a 410-strong unit serving with UNIFIL, and conspicuously distributed coronavirus medical supplies. “After all the difficulties and obstacles have been cleared, new roads and horizons will open up,” Ambassador Wang panglossianly declared at the time. After decades when Middle Eastern states scarcely heard a whimper from their Chinese embassies, suddenly Beijing’s regional diplomacy is rocket fueled.

Boah, offenbar haben die Chinesen großes Interesse. Und ich habe ja schon öfters darüber geschrieben, dass die da gerade große Machtspiele treiben, sich mit Indien und Australien streiten und den Neuseeländern das Wasser wegsaufen.

New roads and ports are all very nice, but Beijing is effectively goading bankrupt Lebanon into bankrolling China’s own trans-continental transport corridor.

„trans-continental transport corridor” – Sowas wie Nord-Stream 2?

Ach, das stört die Amerikaner doch ganz sicher nicht. Oder?

The American Enterprise Institute warns: “While the Islamic Republic of Iran is still calling the political shots, vultures from Beijing are circling, eyeing tasty infrastructure assets like ports and airports as well as soft power influence through Lebanon’s universities. Meanwhile, Lebanon as a sovereign nation collapses.”

Der Libanon würde als Staat kollabieren, die Universitäten würden unterwandert? Wie bei uns? Und die Chinesen wären dabei, sich den Libanon unter den Nagel zu reißen und die Häfen und Flughafen für ihre Transportinfrastruktur zu nutzen?

Ein schwerer Schlag gegen Chinas Seidenstraße?

Und dann kommen auch noch die Deutschen Wirtschafts-Nachrichten mit Explosion im Hafen von Beirut ist ein Schlag gegen Chinas Seidenstraße.

Der Hafen von Beirut sollte aus chinesischer Sicht eine wichtige Rolle beim Aufbau der Neuen Seidenstraße und beim Handel mit Europa spielen. Doch die Zerstörung des Hafens hat alle Träume zunichte gemacht. Ein schwerer Schlag gegen China und Europa.

Wieso denn das?

Die Chinesen bauen sowas schneller wieder auf als wir ein Schulklo rennovieren.

Verschwörungstheorien

Leute, das sind doch alles ganz wüste Verschwörungstheorien.

Sowas würde doch niemand machen.