Ansichten eines Informatikers

Die bayerisch-digitale Bundesfehlbesetzung: „Das Internet als magischer Schlüssel”

Hadmut
19.9.2020 20:23

Lebendes Beispiel für tiefeninkompetent.

Oder: Zur Abwechslung mal was zur Lächerlichkeit der CSU.

Ich hatte vor einigen Wochen mal eine Anfrage Pressestelle der Bundesregierung geschickt.

Ob sie mir aus journalistischen Nöten helfen und einen kurzen Überblick darüber geben könnten, was unsere Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, Dorothee Bär, bisher so in Sachen Digitalisierung getan habe. Ich vermöge es nicht zu erkennen.

Außer der Eingangsbestätigung und einer nicht für mich gedachten, aber versehentlich an mich adressierten Mail habe ich bisher nichts in meiner Mailbox gefunden, was nach Antwort aussieht, muss aber einräumen, dass meine Mailbox inzwischen recht unübersichtlich ist und sie manchmal andere Absenderdomains verwenden, die Suchfunktion nicht allzu zuverlässig deren Antworten findet.

Es scheint aber generell nicht so einfach zu sein, verständlich darzulegen, was die eigentlich macht.

Ich könnte mich bisher nur erinnern, dass die mal in einem Latex-Kleid bei irgendeinem Computerspiele-Event war, also nicht mal die Bayerische Weltsicht von Laptop und Lederhosen befolgt. Ein Laptop hatte sie auch nicht dabei.

Nun ward mir doch noch späte Erleuchtung zuteil.

Der Deutschlandfunk weiß zu berichten, dass die Bär Dorothee schlussendlich doch noch ihre Berufung digitaler Natur gefunden habe: Kampf gegen „Fake News“ – Staatsministerin Bär (CSU) plant Bundeszentrale für digitale Aufklärung

Dann wissen wir nun endlich, wozu Merkel und die Bundesregierung eine Beauftragte für Digitalisierung braucht und was die CSU unter Digitalisierung versteht: Frau reicht, mach halt irgendwas mit Computern.

Ist aber nur ein Verweis auf den von Bär selbst verfassten Ur-Artikel in der Wirtschaftswoche.

Was ist Wahrheit, was ist Lüge? Was sind belastbare Fakten – und was tatsächlich Fake News? Nie war digitale Aufklärung so wichtig wie heute. Wir brauchen deshalb eine zentrale Informationsplattform: transparent, offen, bürgernah, schreibt Digitalstaatsministerin Dorothee Bär in ihrem Gastkommentar.

Das also sind die Prioritäten der Bundesregierung in Sachen Digitalisierung: Fake News Bekämpfen.

Was schreibt sie nun?

Die Zahl klingt unglaublich: 30 Prozent. So viele Menschen in Deutschland halten Verschwörungstheorien für „wahrscheinlich richtig“ oder „sicher richtig“, wie eine aktuelle Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zeigt. Dabei war das Zeitalter des Internets doch mit dem Versprechen gestartet, Wissen zu demokratisieren. Das Internet als magischer Schlüssel zu einer Welt, in der jegliche Informationen in Sekundenschnelle verfügbar sind. Ein Versprechen, das eingelöst wurde – allerdings anders als gedacht.

Das Internet als magischer Schlüssel… Bundesbeauftragte für Digitalisierung.

Fake News sind inzwischen zu einer massiven Bedrohung unserer Demokratie geworden. Darauf war und ist der demokratische Diskurs nur ungenügend vorbereitet. Was wir deshalb brauchen, ist eine Bundeszentrale für digitale Aufklärung. Sie kann helfen, eine gemeinsame Tatsachenbasis zu schaffen – so unterschiedlich die Ansichten und Interpretationen der Fakten dann auch sein mögen.

Was ist WLAN? Wie erkenne ich Fake News? Was ist ein Algorithmus? Überträgt 5G das Coronavirus? Der Teenager wie die Seniorin müssen auf einer solchen Plattform gleichermaßen fündig werden. Denn gerade in einer Zeit der großen digitalen Umbrüche ist es wichtiger denn je, dass Menschen gut informiert sind.

Eine Plattform will sie bauen, auf der der Teenager die Antwort findet, was WLAN wohl sein könnte, oder was ein Algorithmus wohl wäre. Weil Menschen „gut informiert” sein müssten.

Heute findet sich im Netz für jede noch so abstruse Theorie die passende Echokammer. Die elementare Fähigkeit, Wahrheit von Unwahrheit unterscheiden zu können, ist in der schier unerschöpflichen Datenflut vielen Menschen abhandengekommen. Bei vielen weckt die Digitalisierung noch in erster Linie Ängste. Angst aus Ohnmacht, Angst aus Unwissenheit heraus. Wir müssen aber zu einer digitalen Mündigkeit aller Bürgerinnen und Bürger kommen. Damit sie an dem Wandel teilnehmen und ihn gestalten können, statt von ihm überrollt zu werden, sich womöglich gänzlich zu verschließen und damit die enormen Chancen ungenutzt zu lassen. Wir als Bundesregierung haben die Pflicht, alles in unserer Macht Stehende dazu beizutragen. Gesetzesentwürfe sind das eine. Wir brauchen aber Schritte, die rascher Erfolge bringen. Die sich schnell realisieren lassen. Quick wins. Da sind die Möglichkeiten bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Wir könnten viel besser sein, als wir es momentan sind.

Wir als Bundesregierung glauben, dass Digitalisierung heißt, den Leuten beizubringen, Fake News zu erkennen und verstanden zu haben, was ein WLAN ist.

Es ist schon fast tragisch, dass die guten Angebote zur digitalen Aufklärung von Bundesministerien, Ländern und Kommunen derart fragmentiert sind, dass es ihnen an Sichtbarkeit mangelt. Wir machen so viel, die Informationen kommen aber nicht an.

Ja. Das ist tragisch.

Wie gesagt: Ich hatte angefragt, was sie denn eigentlich machen, die Information aber kam (bei mir) auch nicht an.

Macht sie denn auch was mit Technik und Computern? Aber ja:

Wir brauchen aber nicht nur inhaltlich, sondern auch technisch Transparenz. Wir brauchen offene, partizipatorische Systeme. Ähnlich wie bei der Corona-Warn-App muss die Techcommunity Teil des Prozesses sein.

Ah. Partizipatorische Systeme, bei denen die Techcommunity Teil des Prozesses sind.

Jetzt verstehe ich den Gedanken hinter den Netzwerken der Bundesverwaltung, in denen sich auch Hacker aus aller Welt herumtreiben. Das sind offene, partizipatorische Systeme, in denen die Techcommunity mitwirkt.

Die Bundeszentrale ist aber alles andere als eine Propaganda-maschine der öffentlichen Hand. Sie will den Menschen auch nicht sagen, was sie zu einem bestimmen Thema zu denken haben. Sie will den eigenverantwortlichen Umgang der Bürgerinnen und Bürger mit Informationen. Die Bundeszentrale liefert den Menschen die Fakten, auf deren Grundlage sie ihre mündige Entscheidung treffen können.

Genau dasselbe behaupten auch ARD und ZDF von sich. Und da klappt’s auch nicht.

Das bekommt man, wenn man eine Diplom-Politologin zur Digitalisierungsbeauftragten macht.

Ich komm’ mir vor wie in der Muppets-Show.

Die Muppets-Show hatte aber wenigstens eine gute Titelmusik.