Die Resignation der Lehrer
Zuschrift eines Englisch-Lehrers.
Als ich im Gymnasium (13-Jahre-Abi) in der Oberstufe war, hatte ich 3 Leistungskurse. Mathematik, Physik, Englisch.
Ich kann mich auch noch sehr gut daran erinnern.
Ich hatte zwar schön öfters beschrieben, dass der Englisch-Leistungskurs bei mir eine Katastrophe war, aber das würde hier jetzt zu weit führen, das nochmal zu wiederholen. Fassen wir es damit zusammen, dass er mir gut in Erinnerung geblieben ist. Standard an der Schule (und wie ich hörte, auch an anderen Schulen) war, dass wir entweder Times Magazine oder die Newsweek (wir hatten uns als Klasse für Newsweek entschieden) als verbilligtes Schüler-Abo zu abonnieren hatten, und es fester Teil des Unterrichts war, die Hefte zu lesen, zu verstehen und dann auf englisch irgendwas dazu zu sagen. Immer wenn das Ding mit der Post kam, musste man sich ranhalten, weil man ja am nächsten Montag irgendwas dazu faseln musste, was da drin steht.
Immerhin: Auch ohne Zutun der Lehrerin hatten wir so einen gewissen Einblick, was in Amerika los ist, was zur damaligen Zeit schon sehr ungewöhnlich war. Weil es Internet und sowas noch gar nicht, und Berichterstattung aus den USA kaum gab. Über die Mondlandung war berichtet worden, und Ronald Reagan war ab und zu mal im Fernsehen zu sehen. Ansonsten bezogen wir unsere Kenntnisse über die USA aus Filmen wie Ghostbusters und Zurück in die Zukunft, Krimiserien wie Die Straßen von San Francisco oder Einsatz in Manhattan, natürlich Dallas und die Waltons (Gute Nacht, John-Boy), oder den Erzählungen, wenn doch mal einer drüben war, was zur damaligen Zeit sehr selten war. Flüge waren sehr teuer, und sowas wie Austauschschüler oder Auslandssemester war damals auch nicht üblich. Telefonate musste man damals so in der Zeit noch einen Tag vorher anmelden und handvermitteln lassen. Insofern hatten wir damals allein schon über das wöchentliche Lesen der Newsweek einen für damalige Verhältnisse sehr guten Einblick in die USA.
Nun sollte man meinen, dass das doch alles heute viel besser geworden sei. Wir importieren nahezu unsere gesamte Kultur aus den USA, haben über Social Media, Youtube und so weiter eine ständige Hotline, jede Menge Filme, Fernsehen, Internet, und Billig-Flüge obendrein, außerdem Dauerfernsehen und Non-Stop-Berichterstattung über Trump.
Nun klagt mir ein Englisch-Lehrer sein Leid.
Zwar mit Details, die ich aber aus Quellenschutz nicht mitteilen kann.
Er hatte mit seinen Schülern irgendwann mal im Englischunterricht versucht, über die aktuelle Lage in den USA, darunter eben auch Trump, zu diskutieren.
Dazu sei es um irgendeinen der Fernsehauftritte Trumps gegangen, der diskutiert werden sollte. Was ist richtig, was ist falsch und sowas. So, wie wir damals mit der Newsweek, nur eben mit gesprochener statt geschriebender Sprache.
Aussichtslos.
Nicht mehr in der Lage, eine Situation, eine Fernsehsendung zu erfassen, sondern eine von vornherein festzementierte, betonierte Meinung über Trump. Selbst wenn man überhaupt nicht verstanden hat, was der da sagt, völlig egal, an Trump ist kategorisch alles negativ und abzulehnen. Es geht nicht mehr darum, ob etwas stimmt oder nicht. Etwas ist schon deshalb falsch, weil Trump es sagt. Man muss es nicht mehr prüfen, nicht mehr überlegen. Der schiere Umstand, dass Trump es ausspricht, genügt. Dazu Falschinformationen von Schülern, und zwar historisch gröblichst falsch, was die Bundespolitik der USA betrifft. Einfach nur Sacheverhalte geradezurücken geht schon nicht mehr.
Aber dieser Generation reicht eine Behauptung, die nur oft genug wiederholt werden muss; da wird nichts mehr hinterfragt. In mir sehen sie einen alten weißen Mann, meine Kompetenz steht außer Frage. Sie fragen sich kopfschüttelnd, wie ein halbwegs kluger Mensch so rechte, ja naziartige Gedanken formulieren kann.
Manchmal lasse ich alle Hoffnung fahren.
Man hat sich vom Kindergarten an die Sorte Mensch gezüchtet, die man für den Kommunismus braucht und die sich widerstandslos ideologisieren und überrollen lässt.