Die Heuchelei der ARD und des Ferdinand von Schirach
Vordergründig seriös und tiefgehend, hintergründig verlogen und schmierig.
Ich habe mir gerade mal – teils aktiv, teils so neben, weil es sich auch in die Länge zog – die beiden Versionen des groß angepriesenen Geisteswissenschaftlerdramas „Feinde” von Ferdinand von Schirach angesehen.
Es geht darin – vereinfach gesagt – um einen fiktiven, aber doch deutlich an den Fall des Jakob von Metzler angelehnten Fall, in dem ein 12-jähriges Mädchen entführt wird. Ein Polizist versucht – vergeblich – das Mädchen zu retten, indem er den Verdächtigen, gegen den er sonst keinen durchgreifenden Beweis hat, durch Waterboarding zu einem Geständnis bringt. Das Mädchen wird gefunden, ist aber schon tot.
Der Polizist (gespielt von Bjarne Mädel) trifft vor Gericht auf den Verteidiger (gespielt von Klaus Maria Brandauer) des Entführers, es geht vor allem um deren Dialog.
Letztlich läuft es darauf hinaus, dass der Polizist zugibt, ihn „gefoltert” zu haben, um das Mädchen zu retten, sonst aber keinen Beweis zu haben. Das Gericht spricht den Entführer frei, weil es bezüglich des rechtwidrig erpressten Geständnisses (immerhin wusste der Angeklagte, wo das Mädchen war, musste also involviert sein und kann kein reines ich-gebe-unter-der-Folter-alles-zu-Geständnis abgelegt haben) ein Beweisverwertungsverbot gebe und ansonsten keine Beweis für die Schuld vorlägen.
Das Positive
Bevor ich draufhaue, will ich zunächst das Positive herausstellen, damit es nicht untergeht.
Ich finde zwar den von Brandauer dargestellten Anwalt schmierig und unsympathisch, aber die schauspielerische Leistung Brandauers ist schon verdammt gut. Der hat halt schauspielerische Erfahrung, Können und eine markant-dominante Präsenz. Und der ganze Film ist auch auf ihn ausgelegt. Er spielt auch die Hauptrolle im Gerichtssaal, die Richterin und die Staatsanwältin sind kaum mehr als Statisten oder Kulisse. Brandauer zieht da seine Solo-Show ab, der Polizist ist sein weit unterlegener Sparringspartner und der Rest spielt eigentlich keine Rolle. Ich musste immer wieder an Mephisto denken.
Bjarne Mädel spielt das gut – ich hätte da deutliche Zweifel, bin mir aber nicht sicher, ob das am Schauspieler oder am Drehbuch liegt. Ich habe mich vor einigen Jahrzehnten mal mit einem Prozess wegen versuchten Mordes beschäftigt, weil mich damals aus meinem Bekanntenkreis jemand um Hilfe und Unterstützung geben hatte, habe den Prozess verfolgt, mit den Polizisten gesprochen, die Akten gelesen, sogar selbst etwas nach Art eines Privatdetektives etwas recherchiert, um etwas Licht in die Sache zu bringen und einige Ermittelungsfehler und -unlogiken zu klären. Im Ergebnis fand ich die beteiligten Juristen weit schlimmer als den versuchten Mörder, und obwohl ich ihnen diverse Rechtsbrüche und Ermittlungsfehler nachweisen konnte, kam ich zu dem Ergebnis, dass die beteiligten Kriminalpolizisten an der ganzen Sache (auch im Vergleich zum versuchten Opfer und dem beteiligten Umfeld) die wirklich einzigen Leute waren, die ich für seriös, ehrlich und befähigt hielt.
Ich hatte zudem 2009 im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung in vielen Fällen – schriftlich und telefonisch – mit Polizisten, auch Mordermittlern und anderen Bereichen der Schwerstkriminalität, einschließlich der Landeskriminalämter und des Bundeskriminalamtes zu tun, und erinner mich auch an einen Fall, in dem ein Kind ermordet worden war und es in höchster Dringlichkeit darum ging, den Mord an einem zweiten zu verhindern. Der andere Fall höchster Dringlichkeit war der der Verhinderung eines Bombenanschlages, bei dem ich sogar live am Telefon mit den Leuten im Fahrzeug mitbekommen habe, wie sie den Täter geschnappt und die Bombe (oder Attrappe, das habe ich nicht mehr mitbekommen) gefunden haben. Die Polizisten, die ich da erlebt habe, hätten sich nicht so vorführen lassen wie da in dieser Sendung und diesem Drehbuch.
Und keiner der beteiligten Anwälte wäre dazu auch nur annähernd in der Lage gewesen, das so aufzuführen, wie Brandauer.
Auch waren Teile des Dialogs schon sehr, sehr gut. Aber nur Teile. Das wäre in der Realität nie so gelaufen, und die Richter sitzen auch nicht da und halten die Klappe.
Und genau darin sehe ich das Problem mit Brandauer. Der ist sowohl schauspielerisch, als auch mit seiner Rolle zu gut, als dass der Film noch realitätsnah sein könnte.
Der Zuschauer wird mit der Präsenz Brandauers geplättet, auch mit der guten Kameraführung, und damit darüber hinweggetäuscht, dass es inhaltlich an einigen Stellen schon ziemlicher Bullshit und ziemlich verlogen war. Aber das Drehbuch kann man den Schauspielern nicht anlasten.
Brandauer erdrückt den Film mit seiner Präsenz schier, spielt alle an die Wand. Er ist zu gut, zu groß für den Film. Ein kleinerer, schlechterer Schauspieler wäre glaubwürdiger und sachdienlicher gewesen. Und ich habe den Verdacht, dass das nicht etwa ein Fehler ist, der ihnen unterlaufen ist, sondern Absicht, um von den Schwächen der Geschichte abzulenken.
Der verlogene Geisteswissenschaftlerporno
Die aufgeworfene Frage ist interessant. Aber die Antwort war viel zu verlogen und schmierig. Und auch alles sonst, was nach der Frage kam.
Ich will mal an diese – von mir schon oft gerügte – Talkshowdauerfrage erinnern, ob ein autonom fahrendes Auto im Falle eines Kontrollverlusts lieber die Oma oder die Kinder totfährt. Es gibt auch die Version, in der gefragt wird, ob das Auto bei der Auswahl, wen es totfährt, den rechtsradikalen Populisten als geringwertiger einstufen darf, als ob das Auto während des Kontrollverlusts, der zum Unfall führt, noch schnell die Dossiers aller anwesenden Personen abrufen, prüfen und präzise entscheiden könnte, wen es jetzt totfährt, weil die Situation jetzt erlaube, einen totzufahren, die Frage sei nur, wen. Als hätte das Auto einen Freigutschein gewonne und müsste sich jetzt für den politisch wertvollsten Tod entscheiden.
Ich halte Geisteswissenschaftler in den allermeisten Fällen für unfassbar dumm und das öffentlich-rechtliche Fernsehen für ihren Dummheitsverstärker.
Denn hier wollte man mit einem zurechtgebügelten Drehbuch darauf hinaus, dass die ehernen Prinzipien des verfassungsmäßigen Rechtsstaat gewinnen.
Nicht mal die Juristen sehen das so. Es gab vor einiger Zeit mal eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Frage, ob man ein von Terroristen entführtes und zum Mord im 9/11-Stil bestimmtes Flugzeug abschießen darf oder nicht. Das – in dieser Situation mal bei Verstand befindliche – Bundesverfassungsgericht hatte meiner Erinnerung nach geurteilt, dass man das nicht im Voraus juristisch feststellen kann, weil man weder die einen noch die anderen per Gesetz opfern kann. Heißt im Klartext: Man kann nicht alles im Voraus bestimmen, und von zwei Lösungen eines Problems kategorisch vorab bestimmen, welche richtig und welche falsch ist. Weder ist das Recht so, dass es von zwei Lösungswegen immer einen als falsch und einen als richtig ansieht, es können auch beide mit der Rechtsordnung zu vereinbaren sein, und hängt das von so vielen Einzelheiten, Details und Situationsbedingungen ab, dass man das nicht im Sinne einer Bedienungsanleitung vorher bestimmen kann.
Die Ansicht, dass man jeden Fall von vornherein im Sinne einer Rechtsableitung klar als richtig oder falsch einstufen kann, ist nicht nur naiv. Sie ist strunzdumm und verlogen, dient nur der geisteswissenschaftlichen Wichserei. Nicht nur findet man in der weit überwiegenden Mehrzahl der Rechtsfälle, dass widersprechende Rechte gegeneinander abgewogen werden müssen. Ich war mal auf einer Medien- und Journalistenkonferenz beim Essen zufällig am Stehtisch an einen pensionierten Verwaltungsrichter geraten, mit dem ich mich über vorher in der Veranstaltung diskutierte Rechtsfragen unterhielt, und der mir sagte, dass es in seiner gesamten Laufbahn nur selten vorgekommen wäre, dass das Gesetz klar und eindeutig sagt, was falsch und was richtig ist (was allerdings auch daran liege, dass solche Fälle nur selten überhaupt vor Gericht landen), sondern es fast immer darum ging, irgendwas gegen was anderes abzuwägen.
Deshalb geht auch die Überlegung, ob man ein Flugzeug abschießt oder nicht, darauf hinaus, dass man es eben nicht vorher, nicht durch Rechtssatz bestimmen kann. Man kann es erst dann beurteilen, wenn es passiert ist. Und das heißt eben auch, dass man es dann, wenn es passiert ist, nicht nach den Rechtsregeln abschließend beurteilen kann, mit denen man es schon vorher hätte beurteilen können, denn sonst müsste man ja nicht warten, bis es passiert ist. Eine Abwägung, der Aspekt der Nothilfe und des rechtfertigenden Notstandes, kommen – erschwerend zur bestehenden Unlogik – darin nicht vor. Weil das nun wieder aufgezeigt hätte, dass die da die Nothilfe für das Mädchen und das Geständnis vermischen. Sie heben zwar auf den „finalen Rettungsschuss” ab, und bauen daraus die „Rettungsfolter” – beides sind aber Nothilfeaspekte. Und machen daraus ansatzlos, ob ein Geständnis zur Verurteilung erpresst werden darf, obwohl das was anderes ist. Beides müsste man getrennt beurteilen.
Völlig unklar blieb auch, welche Position der Verteidigerund der Beschuldigte denn nun einnahm: Er hat ja nicht einfach nur gestanden, sondern Täterwissen offenbart. Behaupteten sie trotzdem, er sei unschuldig? Oder nur am Rande involviert? Als Richter hätte ich die nicht vom Haken gelassen, ohne eine Aussage dazu zu machen. Denn auch wenn das Geständnis nicht verwertbar ist, bleibt immer noch der verwertbare Beweis, dass das Mädchen tatsächlich am angegebenen Ort war. Und das wäre meines Erachtens verwertbar.
Darin liegt auch eine gewisse Unlogik der Sendungen, wobei ich zugeben muss, den Anfang mit der Vorgeschichte nicht mit lückenloser und völliger Aufmerksamkeit verfolgt zu haben. Aber die Situation wie im Film, in der der Polizist zugab, dass er nicht nur keinen Beweis hatte, dass der Gefolterte und Angeklagte der Täter ist, sondern auch keinen greifbaren Hinweis, und er einfach mal so einen Unschuldigen gefoltert habe, erscheint mir arg konstruiert und realitätsfern. Denn in der Realität ergeben sich immer Hinweise und Indizien, mit denen man sich iterativ an den Täter heranpirscht. Nicht nur würde ein Polizist selbst in dieser Situation keinen foltern, wenn er nicht irgendwelche Anhaltspunkte hätte, dass der das überhaupt war, sondern der war ja im Film schon in Untersuchungshaft, und dafür muss es ja auch irgendwelche Veranlassungen geben. Ich muss mir den Anfang nochmal anschauen, aber das ist mir schon allein nach dem Verlauf der Verhandlung aufgefallen, dass das Käse ist. Man kann nicht einerseits sagen, dass der Polizist ohne jeden Beweis und rein auf willkürlichen Verdacht einen gefoltert und dann eben einen Treffer gelandet, weil sich dann erst herausstellte, dass der wusste, wo das Mädchen ist.
Normalerweise hätte ich erwartet, dass der Polizist auf die Frage, wie er darauf kam, dass der Anklagte der Täter sei, ob nun richtig oder nicht, das sagt, womit man auch den Haftbefehl beantragt hat. Allerdings – ich habe nochmal schnell durchgezappt – schien es so, als sei es so weit noch gar nicht gekommen, einen Haftbefehl auszustellen, als wäre das in der ersten Nacht passiert, die noch ohne Haftbefehl geht.
Nur: Wenn ich das richtig mitbekommen habe, schauen die einfach mal, wer mit dem Haus was zu tun hat, schließen alle anderen aus, nur er hat neu angefangen, und kommen dann direkt mit dem Hausdurchsuchungsbefehl und nehmen ihn auch gleich fest. Man kann aber mal so zum Ausschlussverfahren ins Blaue bei ohne jeglichen Anfangsverdacht Hausdurchsuchungen machen und Leute festnehmen. Eine „Umschau” ist unzulässig. Irgendetwas, was auf ihn hindeutet, müssten sie da schon gehabt haben. Und das hatten sie (so um 0:26:00 ff.) nicht. Der Typ ist im Schwimmbad, und der Polizist meint aus heiterem Himmel, das könnte er sein, die Kollegin fragt noch „Warum?” und als nächstes die Hausdurchsuchung. Und Hausdurchsuchungsbefehle (sie haben einen) schreiben sich Richter auch nicht selbst. Zumal es nicht sein kann, dass die Lage nur für eine Hausdurchsuchung, aber nicht für einen Haftbefehl reicht, und dann trotzden eine Festnahme draus wird, obwohl sie gar nichts bei ihm finden.
Selbst wenn man unterstellt, dass die so rechtswidrig und unlogisch vorgehen, hätte der Anwalt im Gericht nicht einfach nur fragen dürfen, warum man seinen Mandanten gefoltert hat, wenn man doch nicht wisse, ob er schuldig ist oder nicht, sondern wie es dann überhaupt zur Hausdurchsuchung und Festnahme kam.
Denn das ist der zentrale Logikfehler.
Und die Staatsanwaltschaft hätte wohl auch kaum Anklage erhoben, wenn man nicht mehr als das Geständnis gehabt hätte, sondern weiter ermittelt, weil ein Geständnis eben zurückgenommen werden kann.
Ich komme allerdings auch nicht umhin, den Geisteswissenschaftlern, die sich sowas ausdenken, meine Verachtung als Informatiker auszudrücken und sie derselben zu versichern, denn der Glaube, dass man mit ein paar einfachen Rechtsgrundsätzen alles regeln könne, ist nicht nur naiv, er ist dumm. Insider möchte ich an das Halteproblem aus der Informatik erinnern, oder generell an Automatentheorie und Mächtigkeitsklassen, und die Beweistechniken, welche Maschine welche andere simulieren kann. Es ist naiv zu glauben, dass einfache Rechtssätze die ungleich komplexere Realität abschließend simulieren könnten.
Insofern ist die Situation als solche und der anschließende Freispruch unlogisch, weil sie nicht erklären, wie es überhaupt zu der Situation kommen konnte, wenn sie außer dem durch Folter erpressten Geständnis keine Beweise und keine Hinweise auf seine Täterschaft hatten.
Im realen Fall von Metzler wurde der Täter ja auch nicht freigesprochen, sondern verurteilt.
Wäre ich an der Stelle der Staatsanwältin oder des Polizisten gewesen – was nicht möglich wäre, weil die Situation meines Erachtens so nicht möglich ist – hätte ich diesem Anwalt durchaus einiges entgegengehalten.
So schwer wäre der nicht zu knacken gewesen, er wurde nur deshalb nicht geknackt, weil das so im Drehbuch steht. Denn letztlich – und einmal wirft es die Staatsanwältin sogar ein, lässt sich aber plattmachen – betreibt der da die Anklage gegen den Polizisten und nicht die Verteidigung des Mandanten.
Und selbst wenn, hätte sowas dann auch nicht zum Verfahrensabbruch geführt, sondern immerhin noch zu Plädoyers, Beweisaufnahmen und so weiter.
Es leuchtet mir auch nicht ein, warum man sonst überhaupt keine Beweise, einfach nichts gefunden hat. Welcher Täter arbeitet so fehlerfrei? Und läuft dann selbst der Polizei hinterher? Fragt ja sogar der Anwalt im zweiten Film, aber eine vernünftige Antwort darauf gibt es nicht.
Sorry, wenn ich das mal so sage, aber: Die Story ist ein ziemlicher Scheiß. Zwar nur geringfügig vom Fall Jakob von Metzler verschieden, aber genau das macht die Unlogik aus. Denn dort hatte man den Täter bei der Lösegeldübergabe identifiziert und beschattet, also nicht grundlos gegriffen. Da wusste man bereits, dass er der Täter ist und es ging nicht darum, das Geständnis zu erpressen, sondern das Kind zu retten.
Die Masturbation der Geisteswissenschaftler
Das Ding hat nur den einen Zweck: Geisteswissenschaftliche Masturbation vor dem Spiegel aus blankem Narzissmus. Hach, was sind wir so toll mit unseren ehernen Rechtsgrundsätzen. Wir erhalten den Rechtsstaat.
Ein Gedanke, der mir da kam, war, ob man damit vielleicht auch die Bevölkerung auf irgendwas vorbereiten will, was da komme.
Wird man Leute gegen den Zorn der Öffentlichkeit von irgendwas freisprechen, weil man es nicht prozessrechtlich korrekt verweisen kann? Was kommt da auf uns zu?
Wie gesagt, es erinnert mich an das dumme Talkshowgeschwätz vom autonomen Killerfahrzeig, an dem sich die nutzlosen Philosophen einen runterholen, weil sie sich einbilden, sie seien für irgendwas im Allgemeinen und für Technik im Besonderen wichtig, während sie nur ihre Inkompetenz und Überflüssigkeit darlegen, sich aber gut vorkommen.
Die Verlogenheit der ARD und des von Schirach
Ich habe einige Gerichtserfahrung, im Verwaltungs-, Zivil-, Verfassungs- und (siehe oben) sogar in einem Fall des Strafrechts. Und ein paar Jahre in einer Rechtsabteilung eines Konzerns gearbeitet.
Ich habe nicht einen einzigen Fall erlebt, in dem sich Juristen völlig an Recht hielten. Aber viele Fälle, in denen sie sich überhaupt nicht an Recht hielten. Im besagten Versuchter-Mordfall saß der Angeklagte volle eineinhalb Jahre in Untersuchungshaft, obwohl das verfassungswidrig ist und ermittlungsmäßig schon lange nichts mehr passiert, weil man auf die Urlaubspläne der Richter und Staatsanwälte Rücksicht nahm. Währenddessen lässt man hier Clan-Kriminelle frei, weil man sie höchstes ein Jahr in Untersuchungshaft halten dürfe. Man hatte damals die Wohnung des Täters durchsucht, und das ohne Durchsuchungsbefehl, weil „Gefahr im Verzuge” herrschte, obwohl man den Täter bei der Tat an Ort und Stelle festgenommen hatte, und der längst im Knast saß. Auf die Frage, was man denn gesucht habe (man darf eine Wohnung nicht einfach mal so angucken, man muss immer etwas konkretes suchen) hieß es „Die Tatwaffe”. Wie die Tatwaffe in seine Wohnung gelangt sein solle, wenn der Einzeltäter doch bei der Tat am mehrere zig Kilometer entfernten Tatort und Stelle überwältigt und festgenommen und die Tatwaffe dort schon sichergestellt worden war und längst bei der Polizei lag, konnte man nicht erklären. Die Unlogik fiel erst auf, als ich als Laie, der sich auf Bitte Beteiligter schnell Literatur beschafft und gelesen hatte, gefragt hatte. Weder Staatsanwaltschaft noch Gericht störten sich daran. Es geht wohl öfters recht hemdsärmelig zu.
In meinem eigenen Fall habe ich längst ausführlich beschrieben, dass Grundrechte und Verfahrensrecht wertlos sind, weil selbst das Bundesverfassungsgericht darauf pfeift – nein, das reicht begrifflich nicht, das ist nicht schwer genug – geradezu darauf scheißt, wenn es denen politisch nicht in den Kram passt, hatte ich beschrieben. Und mir ist ein Fall bekannt, in dem jemand ein Haus verloren hat, weil der BGH zu dämlich war, den Stand des BGB zu einem bestimmten Zeitpunkt zu klären und nicht kapiert hat, dass man zwischen dem Reichsgericht und dem Streitfall das BGB mal geändert hatte.
Dazu kommt, dass sich viele Juristen für was Erhabenes halte und glauben, nur sie, nur mit Staatsexamen könne man Recht überhaupt erkennen und beurteilen (gleichwohl jeden verurteilen, der sich nicht daran hält), dann aber schon an einfachsten Grundlagen scheitern und in vielen Fällen zur Rechtsermittlung schlichtweg zu doof sind.
Dazu kommen massive Korruption und Willkür. Ich habe schon so oft gesagt und festgestellt, dass Juristen keine Rechtsfindung betreiben, sondern willkürlich und nach persönlicher Lust und Laune entscheiden, und dann lediglich Begründungsfindung betreiben. Die Juristerei ist schon lange nicht mehr mehr (falls sie es überhaupt je war), als reine Rhetorik und Rabulistik – und das oft auch nur sehr schlecht.
Wenn die uns jetzt hier also auftischen, dass es vor Gericht so um Grundrechte und Rechtsstaat und Gerechtigkeit und eherne Rechtsgrundsätze geht, ist das nicht nur bis zum Anschlag verlogen, es ist übelste Propaganda. Besonders übel vor dem Hintergrund, dass wir längst irgendwo zwischen Idiotentum, Tyrannei und Sozialismus angekommen sind, und sie jeden Demokratiebruch und selbst Kriminelles mit „Gerechtigkeit” und „Rechtsstaat” dekorieren. Mir fällt da immer der ZDF-Depp Böhermann mit seinem tanzenden Grundgesetz an, während die beim Rundfunk alle miteinander nicht mal den verfassungsrechtlichen Unterschied zwischen Presse und Rundfunk kapiert haben.
Und solange das auch die ARD nicht kapiert hat, ihre eigenen Pflichten nicht einhält und solche Dinger abzieht, wie neulich bei den Rundfunkbeiträgen, sind die auch nicht in der Position, irgendwen über Grundrechte und Rechtsstaat belehren zu können. Erst mal vor der eigenen Haustür kehren.
Ich lege das unter Heuchelei, Propaganda, politischer Verlogenheit ab und kategorisiere es als erneute narzisstische Wichsflecken der Geisteswissenschaftler, deren Selbstverliebtheit und Selbsterhöhung auf dem Relationsverlust einschließlich ihres Spiegelbildes beruht.
Auf die von Lesern aufgeworfene Frage, ob das nicht unter Sparmaßnahme fällt, wen das Erste den Film mehrfach sendet und die Dritten noch in anderer Reihenfolge, kann ich hier nicht antworten, weil ich nicht weiß, wieviel das gekostet hat. Brandauer ist sicher nicht billig. Es wäre aber dämlich, sich auf solche Nebensächlichkeiten zu verlagern. Zu oft stürzen sich die Leute auf irgendwelche Kleinigkeiten, und zerbröseln damit jeden Disput.
Der eigentlich Knackpunkt ist, dass uns von Schirach und die ARD hier eine absurde (nur in Details, aber eben absurdmachenden Details von der Realität abweichenden) Schwachsinnsstory von der perfekten Rechtsstaatlichkeit und überlegenen Logik des Juristen als Sieger über die wankende Exekutive aufgetischt wird.
Und das ist eben verlogen.
Denn die Gerichte sind längst korrupt, willkürlich, rechtsfern, verlogen. Mir sagte mal ein Politiker in Berlin mit Kontakt zum Ausschuss, der die Richter besetzt, dass die schon lange nicht mehr nach Befähigung, sondern nach political correctness besetzt werden. Und tiefenunfähige bis betrügerische und rechtsbrechende Juristen – Richter, Anwälte, Staatsanwälte, Dozenten – habe ich unzählig viele erlebt. Ich halte die ganze Juristenkaste inzwischen für ein korruptes Konstrukt.