Von Folterärzten und dem Niedergang des deutschen Medizinwesens
Ein Arzt schreibt mir.
Hadmut,
es ist nicht nur Wissenschaft und Forschung- gerade geht es in der Medizin auch so richtig den Bach runter.
Nicht nur wegen der katastrophalen Situation im Pflegebereich: Der Medizinsektor wird geflutet mit Buntärzten aus aller Herren Länder, deren mangelhafte Ausbildung (i.d. Regel Bachelor-Niveau, knapp mehr als das Physikum) auf die Schnelle mit Praktika in Krankenhäusern etwas angehoben werden soll, um ihnen eine Approbation als Arzt nachwerfen zu können. Es fing schon zu meiner Zeit als Oberarzt der […] einer größeren Klinik an, als ich den Kollegen (damals noch überwiegend Aussiedler und Osteuropäer) beibringen mußte, was ein EKG ist, ganz zu schweigen von anspruchsvolleren Dingen wie Ultraschall und modernen bildgebenden Verfahren. Es wurde nicht besser: Zur Zeit läuft in Frankfurt ein Prozess gegen einen “Orthopäden” mit syrischem Hintergrund, der anscheinend als Facharztausbildung nach seinem Bachelor eine stattliche Karriere als Folterknecht in einem Militärkrankenhaus in Aleppo hinlegte und ob seiner Kenntnisse im Knochenbrechen hier nun gerne als “Facharzt für Orthopädie” geadelt werden möchte. Vorerst muß er sich aber noch mit seinen Opfern auseinandersetzen, die den “armen Flüchtling” hier erkannt haben- man vergißt eine Visage nicht, die einem alle Finger gebrochen hat.
Damit ist der Wahnsinn aber nicht zu Ende: Die Befundung bei bildgebenden Verfahren ist weitgehend standardisiert und besteht fast nur noch aus Textbausteinen. Die Kunst ist nun, diese in eine sinnvolle (und zutreffende!) Aneinanderreihung zu bringen. Daran scheitern nun unsere Hoffnungsträger meist mangels Sprach- und Fachkenntnissen (radebrechende, ahnungsfreie Krankenhausärzte sind inzwischen die Regel, ich habe es inzwischen aufgegeben, telefonisch die Klärung eines Sachverhaltes zu versuchen), die Auswahl der Bausteine ist oft grotesk widersprüchlich und führt zu fatalen Falschurteilen, zuhauf sind die zu meiner Zeit streng kontrollierten Arztbriefe schlicht unlesbar und sinnentstellt. Inzwischen ist die Welle dieser Experten buntester Couleur in den ambulanten Sektor übergeschwappt, bald heißt hier jede zweite Praxis Afzali, Mohammed, los Sowieso oder sonstwie. Die Kundschaft, die mir aus deren Fundus zur Begutachtung überstellt wird, weist mitunter so krasse Fehldiagnosen und Behandlungsdefizite auf, wie man sie hier seit Jahrzehnten nicht mehr kannte. “Krank Mensch verträgt viel dumm Arzt” ist die Devise.
Ja, so ein Erlebnis in der Art hatte ich neulich auch mal bei dem Versuch, mich behandeln zu lassen.
Was ja beachtlich dazu passt, dass mir schon viele Mediziner geschrieben haben, dass ein Grund für den Ärztemangel hier sei, dass die Mediziner, die wir bei uns ausbilden, entweder Gaststudenten sind, die dann gleich wieder in ihr Land zurück gehen, oder einheimische Studenten, die auch nicht so blöd wären, noch hier zu bleiben, wenn sie was können, und ebenfalls in irgendein anderes Land gehen, wo sie bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlungen und hygienischere Krankenhäuser haben.
Prinzip Fachkräftemangel. Und dann muss man eben nehmen, wen man kriegen kann.