Ansichten eines Informatikers

Denkfehler zu DNA und Geschlechtern

Hadmut
9.10.2022 13:02

Ich habe Mist geschrieben.

Das ist aber nicht so schlimm, es hat nämlich nur einer gemerkt.

Mir ist gestern im Artikel über die Geschlechter ein Fehler durchgerutscht, weil ich zu viele verschiedene Sachen gleichzeitig im Kopf hatte. Ich hatte geschrieben

Nebenbei bemerkt, ist die Zahl der Geschlechter schon deshalb auf genau zwei festgelegt, weil die DNA-Stränge aus genau zwei komplementären Hälften bestehen, und man eben entweder die eine oder die andere Hälfte gibt. Weitere Funktionen gibt es nicht.

Das ist natürlich Quatsch. Aber nur einer hat es gemerkt, viele haben es so übernommen.

Wenn die beiden Keimzellen, Eizelle und Spermium, zusammentreffen, fügen sie natürlich nicht die beiden DNA-Stränge, die aus den vier Nukleinbasen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin zusammen, und die sind nicht nur außer bei der Reduplikation immer doppelt miteinander verankert, sondern das Gegenstück als Negativabdruck trägt ja immer dieselbe Information, kann also gar nicht zur geschlechtlichen Fortpflanzung dienen.

Nicht die DNA-Stränge werden bei der Verschmelzung der Keimzellen zusammengefügt, sondern die Chromosomensätze, weil es ja von den Chromosomensätzen (im normalen, gesunden Fall) auch immer zwei als Paar gibt, die zwar funktional die gleiche, aber inhaltlich eben verschiedene Informationen tragen, weshalb wir biologisch von Vater und von Mutter erben können.

Der darauf beruhende Gedankengang, dass es eben zwei sind, und es deshalb zwei Geschlechter gibt, die die eine oder die andere Hälfte des Paares liefern, und es deshalb überhaupt keinen Sinn ergibt, ein drittes Geschlecht zu haben, bleibt gleich, weil wir eben – ob nun wie in meinem Denkfehler bei den Hälften des DNA-Strangs, oder nun bei den beiden Chromosomen der Chromosomenpaare – doch wieder an dem Punkt sind, dass die Gene, aus denen wir gebaut sind, aus zwei Gaben zusammengemischt werden. Deshalb war mir ja auch dieser Denkfehler unterlaufen, weil die zugrundeliegende Argumentation dieselbe bleibt.

Und damit gibt es nun einen kanonischen Geschlechterunterschied:

Die Gabe der beiden Bestandteile ist asymmetrisch. Denn zunächst geben zwei Individuen jeweils einen halben Chromosomensatz, aber das reicht ja nicht. Es muss ja auch noch eine Eizelle drumherum, damit daraus etwas wachsen kann. Und mir wäre jetzt keine tierische und eigentlich auch keine pflanzliche Spezies (Pilze wohl auch nicht) bekannt, bei der die Gaben zum Bau der vollständigen und wachstumsfähigen Eizelle symmetrisch, gleich, gleichberechtigt erfolgt. Einer gibt einen halben Chromosomensatz. Und einer gibt einen halben Chromosomensatz plus ein Ei drumherum. Und legt es vielleicht nicht nur irgendwo ab, sondern bebrütet es oder hält es im Uterus. Macht Asymmetrie mit zwei Teilnehmerrollen.

Freilich gibt es Fälle, in denen diese erste Zelle ohne fremdes Zutun erfolgt, die ungeschlechtliche Fortpflanzung.

Und es gibt Fälle, in denen die Fortpflanzung zwar asymmetrisch erfolgt, die Individuen aber beide Rollen ausüben können. Entweder gleichzeitig (waren es nicht die Schnecken, die das können?), oder altersabhängig (gab es nicht irgendeinen Fisch, der im Laufe des Lebens das Geschlecht wechselt?), oder auch umweltabhängig (es gibt Spezies, bei denen es von der Temperatur des Eis abhängt, was sie werden, oder das Muttertier in der Lage ist, das Geschlecht so zu steuern, dass ein Mangel ausgeglichen wird).

Aber grundsätzlich bleibt es dabei, dass es am Akt der Verschmelzung zweier Keimzellen, der sich evolutionär besser bewährt hat als nur Mutation, weil man auf diese Weise an bereits erprobte und lebensfähige, funktionstaugliche Gene kommt und diese vorher etwa über die Partnerwahl nach Schönheit und Stärke oder per Geruch und Zunge über genetische Vielfalt selektieren kann, und nicht selbst erst noch herumexperimentieren muss, wie es etwa Bakterien tun und mit ihrer enormen Individuenzahl auch können. Mit der steigenden Komplexität der Organismen war die Fortentwicklung nur über Mutation per trial-and-error nicht mehr tauglich.

Damit lief die Fortpflanzung zwangsläufig auf ein asymmetrisches einer gibt einen Chromosomensatz, der andere gibt Chromosomensatz und das Ei drumherum, kümmert sich vielleicht dann auch drum, hinaus. Und daraus ergaben sich zwangsläufig unterschiedliche Verhaltensstrategien als jeweils optimal.

Woher sollte da ein drittes Geschlecht gekommen sein?

Wozu sollte das gut sein?

Natürlich kann das sein, dass diese Strategien von den Umweltbedingungen abhängen, und sich Männchen in A deshalb anders verhalten als in B, weil da das eine und dort das andere Verhalten besser ist. Das ändert aber nichts daran, dass sie entweder nur Chromosomen, oder Chromosomen plus Ei liefern, und sich daraus unterschiedliche Strategien entwickeln müssen, schon quantitativ bezüglich der Zahl der abgegebenen Keimzellen, weil die Produktion des Eies (und vielleicht noch seiner Umgebung im Uterus oder irgendwelcher Schleime, mit denen die Eier irgendwo befestigt werden) natürlich sehr viel aufwendiger ist als die der Spermien. Die einen spezialisieren sich darauf, wenige Eier zu produzieren, und die mit möglichst hoher Wahrscheinlichkeit durchzubringen, die anderen auf das Schema „Die Menge macht’s, es kostet ja nichts“.

Und dazu kommt dann, dass der Verlust von Männchen und Weibchen evolutionär gesehen ganz unterschiedliche Auswirkungen auf die Überlebens- und Fortpflanzungsfähigkeit hat. Hälfte der Männchen tot: Egal. Oder sogar Vorteil der Bestenauslese. Hälfte der Weibchen tot: Katastrophe.

Schon oft erzählt: Wir hatten mal Hühner im Garten, die garantiert ohne soziale Konstrukte aufgewachsen sind, weil als Eier in der Kunstglucke bebrütet, die haben nie andere Hühner gesehen, und sich doch exakt so verhalten. Kam eine Gefahr in den Garten, Hund, Katze, was auch immer, haben sich die tarngefleckten Weibchen sofort im Gebüsch oder hohen Gras versteckt und sind völlig regungslos geblieben, damit man sie in der Tarnung nicht sieht. Die Männchen dagegen, auffällig mit Prachtfedern, haben wie die drei Musketiere todesmutig alles direkt angegriffen, abgelenkt, von den Weibchen weg geführt. Sogar Menschen. Weil ein einziger Hahn genügt, um alle Hennen zu besteigen, die hätten ohne weiteres auch auf einen oder zwei verzichten können. Jedes tote Huhn dagegen reduziert die Fortpflanzungsfähigkeit des ganzen Haufens.

Dazu kommt, dass Hähne viel robuster als Weibchen sind, nicht nur wegen ihres stärkeren Gefieders, größeren und muskulöseren Körpers, sondern einfach deshalb, weil ein Huhn es nicht überlebt, wenn durch einen Schlag oder ähnliches ein Ei in ihrem Inneren bricht.

Sie haben sich spieltheoretisch optimal verhalten, obwohl sie es nie ge- oder erlernt hatten.

Und bereits daraus ergibt sich, dass es zwei und nicht mehr Geschlechter gibt.

Es kommt noch ein logisches Argument dazu. Stabil sind immer zwei Zustände, weil sie jeweils durch selbstverstärkung in die Sättigung fahren. Deshalb haben Computer 0 und 1 und nicht etwa mehr Werte. Könnte man machen, aber das wird sehr komplex und schwierig. Sowas gibt es zwar sogar bei Flash-Speicherzellen, wo man nicht nur zwei Werte, sondern auch Zwischenwerte verwendet, um mehr als ein Bit pro Zelle zu speichern. Aber das ist dann schon nicht mehr so robust.

Ein Leser schrieb dazu noch Folgendes:

Hallo Hadmut,

in deinem Artikel Warum sich Frauen anders verhalten als Männer nennst du die zwei Hälften der DNA als den Grund für die zwei Geschlechter. Das ergibt nicht nur Sinn, das ganze lässt sich auch mathematisch beweisen. Es hat nämlich einen mathematischen Grund, warum es nur zwei Geschlechter mit XX und XY Chromosomen gibt. Dafür muss man sich die Kombinationsmöglichkeiten der Geschlechter bezüglich der Geschlechtschromosome anschauen.

In einem biologischen System, das auf Geschlechtern beruht, ist es wichtig, dass dieses stabil ist. Das heißt, bei einer Fortpflanzung sollte die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines Geschlechts dem Anteil entsprechen, den es im Gesamtsystem hat. 50/50 Prozent Wahrscheinlichkeit auf Junge oder Mädchen, da 50/50 Prozent Anteil Mann/Frau in der Bevölkerung. Wenn dies voneinander abweicht stirbt die Population automatisch aus.

Schaut man sich die Kombinationsmöglichkeiten in einer Tabelle an, trifft dies natürlich auf den Menschen zu (sonst könnte ich diesen Satz gar nicht erst schreiben).

Input 50/50 -> Output 50/50

Nehmen wir nun an, es gäbe ein drittes Geschlecht YY und alle Geschlechter wären wieder in gleichen Teilen vertreten, also jeweils 33,3%.
Schaut man sich nun aber die Kombinationsmöglichkeiten an, stellt man fest, dass dieses System nicht stabil ist, da der Output ungleich verteilt ist.

XX = 16,6%
XY = 66,6%
YY = 16,6%

Wie du siehst, ist es mathematisch ausgeschlossen, in einem System mehr als zwei Geschlechter zu haben. Aber versuch das mal Soziologen zu erklären.

P.S.: Das einzige andere System, was stabil ist, ist eines mit überhaupt keiner geschlechtlichen Fortpflanzung, also einer asexuellen Fortpflanzung. Die ersten entstandenen Lebewesen pflanzten sich auch so fort.

Wenn man unerstellt, dass das dritte Geschlecht YY und nicht etwa XZ ist, und dass die Geschlechter – was die Genders ja bestreiten – überhaupt durch die Chromosomen gesteuert wird.

Die Genders haben ja gar keine vernünftige Erklärung dafür, wie sie überhaupt zu dieser Multi-Geschlechter-Vorstellung kommen, sondern postulieren sie einfach, weil sie sich dann besser fühlen, und behaupten, das wäre einfach sozialisiert oder selbstgewählt. Bei uns kommt das Geschlecht aus der Steckdose.

Deshalb ist es auch unsinnig, das widerlegen zu wollen, weil sie sich ja gar nicht auf eine greifbare Behauptung festlegen wollen, sondern nur nebulös phantasieren. So ähnlich wie das Unterfangen, Gott widerlegen zu wollen. Man müsste erst einmal den Begriff klären, was schon scheitert, um zu wissen, was man überhaupt widerlegen will oder soll. Der Punkt ist ja, dass man einfach in sozialistischer Manier alle Begriffe umdefiniert und in ihrer Bedeutung verschiebt, aber keine erkennbare Definition liefert. Gender ist eigentlich nur bedeutungsloses Geschwätz, und wo es keine Bedeutung gibt, wo nichts gesagt wird, gibt es auch nichts zu widerlegen. Gender existiert wegen seiner Substanzlosigkeit schlicht nicht. Es ist völlig leeres Geschwätz. Nur geisteswissenschaftliche Worthülsenwerferei ohne empirische Entsprechung.

Eine Leserin kreidet allerdings an:

Hallo Herr Danisch,

ein weites Feld …
Nach einer biochemisch-immunologischen Diplomarbeit ging ich zwecks Promotion über ein soziobiologisches Thema nach […]. Doch mein Doktorvater starb, und die übrigen Umstände verkomplizierten sich – ich hab’s gehakt und […] seither.

Beste Grüße
[…]

Wenn eine Spezies oder ein Gruppe davon die Hälfte der Männchen verliert, weil sie als Einzelgänger drauf gehen, ist das zunächst mal kein Problem, weil auch wenige Männchen für den vollen Fortpflanzungserfolg sorgen können, sondern hat sogar Vorteile, weil es eine Auslese der Fittesten gibt[1], während der Verlust von Weibchen ein massives Fortpflanzungsproblem mit sich bringt. Es gibt ja auch in der menschlichen Geschichte den ein oder anderen Frauenraub (z. B. Raub der Sabinerinnen). Deshalb dürfte es durchaus auch evolutionär zum Vorteil der Spezies[2], der Genweitergabe gewesen sein, wenn die Männchen risikoreich agieren, weil es von Vorteil ist, wenn die Hälfte dabei draufgeht und ein Viertel Erfolg hat, während das bei Weibchen sehr gefährlich wäre, und Weibchen deshalb besser vorsichtig sind und in der Gruppe bleiben.[3] Womöglich war diese Strategieaufteilung sogar ein Grund für die Entstehung von Geschlechtern[4]. Womöglich war das nicht die Folge, sondern die Ursache der Geschlechter, dass es einfach optimal ist, sich auf zwei Strategien aufzuteilen.[5]

[1] Bei aller Sympathie für diese optimistische Grundhaltung, die vom siegreichen Überleben ausgeht, handelt es sich realistischerweise doch eher um Ausmerzung: Zuerst „gezogen“ werden die gesündesten und körperlich leistungsfähigsten Männer, die damit am längsten dem Risiko des vorzeitigen Versterbens ausgesetzt sind. Es gibt Untersuchungen, denen zufolge der Beginn des 20. Jahrhunderts bei den Männern in Europa eine Selektion auf Kurzsichtigkeit und weitere körperliche Schwächen darstellte.

[2] Biologisch gesehen gibt es keine Arten, sondern nur Individuen. Zwar werden Gruppen von Individuen, die miteinander fortpflanzungsfähige Nachkommen zeugen können, als Arten bezeichnet, das ist aber nur ein von außen übergestülptes Raster.

[3] Noch einmal: Es gibt keine Arten, keine prästabilisierte Harmonie, die uns aus unseren Genen zuraunt, was dem Kaiser, pardon, der Art frommt. Konrad Lorenz irrte. https://de.wikipedia.org/wiki/Arterhaltung

[4] Auch die Bienchen haben Geschlechter. Drohnen entstehen aus unbefruchteten Eizellen … Bei Krokodilen entscheidet die Bruttemperatur über das Geschlecht …

[5] Hmm, eher geschlechtstypischer Verhaltensweisen als Geschlechter. Und mehr à la: Wenn es denn 2 Strategien sein sollen, wie verhalten sich diese dann zueinander? Die Antwort kennt man in der Biologie als ESS, evolutionär stabile Strategie: https://de.wikipedia.org/wiki/Evolution%C3%A4r_stabile_Strategie#Beispiele(„Habicht“ ist ein Übersetzungsfehler, „Falke“ ist gemeint.)

Zu [1]: Ich hatte es eigentlich auf Tiere und Natur und nicht den Weltkrieg bezogen. Der Gedanke ist aber trotzdem famos. Man hätte durchaus Hitler und seine Nazi-Truppe mal fragen sollen, wie sie sich das eigentlich so vorstellen, von einer blondblauen arischen Herrenrasse zu fabulieren, die sie züchten wollen, und gerade die dann zuerst im Krieg zu verheizen. Es gab zwar bekanntlich das nicht so laut erwähnte Projekt, Helden von der Front auf Heimaturlaub oder in Sanatorien zu schicken, und ihnen dort zwecks Belohnung und Befruchtung männerlose junge Frauen zuzuführen, aber die Zuchterfolge blieben wohl sehr überschaubar.

Zu [2]: Das Argument verstehe ich nicht. Ich verstehe die Aussage, aber nicht den Zusammenhang mit meiner Rede. Und halte sie so auch algorithmisch-spieltheoretisch nicht für richtig und durchgreifend.

Zu [3]: dito. Wir müssen nicht wissen, was dem Kaiser frommt. Es reicht, wenn es funktioniert, auch ohne Einsicht. Ich habe auch persönlich nichts davon, wenn bei einem Auto in Köln die Bremsen funktionieren. Trotzdem gereicht es mir zum Vorteil, dass Autobremsen im großen Maßstab entwickelt und in großen Stückzahlen praktisch verwendet und erprobt werden, weil damit auch die Bremsen an meinem Auto besser sind. Selbst ein Virus wie COVID-19 kann sich evolutionär und über Mutationen anpassen, ohne zu begreifen, was es da tut und was gut für es ist. Es hat kein Gehirn, keine Einsichtsfähigkeit, kann nicht entscheiden. Trotzdem optimiert es sich, weil es dann eben besser funktioniert und sich vermehrt. Es ist nicht leicht einzusehen, aber Evolution ist der spieltheoretische Erfolg durch Fortpflanzung.

Zu [4]: Ja. Und?

zu [5]: Wie sie sich zueinander verhalten? So, dass es zum höchsten Überlebens- und Fortfplanzungserfolg kommt. Weil die, die sich besser fortpflanzen, einfach mehr werden und die anderen verdrängen. So, wie Muslime Feministinnen einfach per Reproduktion verdrängen, ohne mit ihnen irgendwie streiten, diskutieren oder recht haben zu müssen. Feministinnen sterben als unterlegen einfach aus, und fertig. Es bedarf überhaupt keines Diskurses im geisteswissenschaftlichen oder sprechakttheoretischen Sinne.