Ansichten eines Informatikers

Die seltsamen Versuche untergründigen Handelns des Bundeskriminalamts

Hadmut
26.4.2024 17:13

Was ist das nur für ein Laden?

Ich hatte vom Bundeskriminalamt noch nie oder zumindest seit langem keine hohe Meinung. Persönlich hatte ich mit denen – wissentlich – noch nie zu tun, aber beruflich zweimal. Einmal, als ich für einige Zeit die Vorratsdatenspeicherung eines Unternehmens geleitet und die Eingangsprüfungen gemacht habe, wobei ich mich mit denen mehrmals in den Haaren hatten und schon gemerkt habe, dass sie jedenfalls nicht die ganz Feinen und auch nicht die ganz Seriösen sind. Und einmal in Sachen Kinderpornosperre von der Leyens, wo mir deren Herangehensweise und die zwischen den Abteilungen stark unterschiedliche und auch insgesamt nicht unbedingt betörende Kompetenzlage deutlich missfiel.

Was werfen mir da Leser gerade vor die Flinte?

Muss man als langen Tweet mal anklicken und bei denen komplett lesen.

Gab … was war das nochmal? Ach, ja, richtig, Microblogging-Dienst, Slogan:

The Free Speech Social Network and Pioneer of The Parallel Economy.

Und die sind mal wieder in Sachen § 188 StGB und Ricarda Lang unterwegs. Und wollen nun von einem amerikanischen Unternehmen Auskunft über Bestandsdaten nach § 100j Strafprozessordnung. Weil sie einfach mal vermuten, dass der Verfasser, weil er deutsch spricht und sich auf deutsche Umstände bezieht, auch in Deutschland sitze.

Um, und das Schema ist ja nun bekannt, auch gleich alles bezüglich der Daten abzugreifen.

Was mir daran auffällt:

Die Begründung des Bundeskriminalams stimmt hinten und vorne nicht.

Zum einen behaupten sie, man würde mit solchen Fotos das Gewicht Ricarda Langs „verunflimpfen“ („denigate her weight“). Wäre das dann aber nicht eine Beleidigung gegenüber der auf den Fotos abgebildeten Person? Also die Behauptung, dass die Grenze zwischen strahlender Schönheit und strafwürdiger Beleidigung genau zwischen Ricarda Lang und der abgebildeten Person hindurch verläuft?

Schlimmer aber finde ich, dass sie § 188 StGB – den ich ohnehin für blödsinnig und für ein Produkt gesetzgeberischer Inkompetenz und parlamentarischen Missbrauchs halte – falsch wiedergeben:

Through the sexualized and denigrated representation of “Ricarda Lang”, the user attacks the honour of the politician and shows his own disrespect (section 185 of the German criminal code). With this insult the user publicly insults a person in the political life on the grounds of the insulted person’s position in the public life.

§ 188 lautet aber:

§ 188 Strafgesetzbuch
Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung

(1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine Beleidigung (§ 185) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.

(2) Unter den gleichen Voraussetzungen wird eine üble Nachrede (§ 186) mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren und eine Verleumdung (§ 187) mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Der Teil, dass die Tat geeignet sein muss, das öffentliche Wirken erheblich zu erschweren, haben die einfach weggelassen.

Und das machen sie dann auch noch so tölpelhaft, indem sie gegenüber Amerikanern (die auf freedom of speech geeicht sind) damit auftrumpfen wollen, dass darauf sogar Gefängnis steht.

Dementsprechend lachen die sich darüber kaputt, dass man in Deutschland dafür ins Gefängnis kommen kann, dass man eine fette Politikerin fett nennt. Dem Bundeskriminalamt fehlt es nicht nur am juristischen Wissen, sondern auch am interkulturellen. Die machen uns damit auch als Land einfach lächerlich.

Man wird die Frage stellen müssen, wessen Scherge das Bundeskriminalamt geworden ist. Denn der außenpolitische und internationale Schaden, den die hier anrichten, ist weitaus größer, als alles, was die daraus an Nutzen ziehen könnten.

Und ganz nebenbei: Niemand hätte von diesem Posting noch Kenntnis genommen. Gab ist sowieso nur ein Randphänomen, ich kenne niemanden, der das benutzt, und kann mich auch nicht erinnern, irgendwo schon mal eine Adressangabe oder Quelle dazu gesehen zu haben. Und dann ist das Ding von 2022 und hat auch keinen Inhalt, der irgendwen interessieren oder über Suchmaschinen gefunden werden könnte.

Und die holen das wieder hoch und drücken es in die Öffentlichkeit mit der Begründung, dass man Politiker davor schützen müsste. Streisand-Effekt auf Steroiden.

Meine Meinung vom BKA ist kein Stück besser geworden.

Es wird höchste Zeit, dass wir mal aufklären, was da eigentlich gerade abläuft, und warum die Kriminalämter gerade so viel Arbeitszeit darauf verwenden, geheimdienstmäßig Daten über Oppositionelle zu sammeln.

Manchmal könnte man meinen, dass wer die deutsche Polizei hat, keine russischen oder chinesischen Spione mehr braucht.