Ansichten eines Informatikers

Die Nachrichtenkontrolle der Militärregierung

Hadmut
18.6.2024 15:14

Spuren der Zensur.

Ich gehe ja gerade einige meiner Bücher durch. Gestern Kochbücher. Heute Musik.

Ich habe eine uralte Klarinettenschule, die „Neue theoretisch leichtfaßliche Klarinettenschule (auch zum Selbstunterricht geeignet) von Hermann Hofmann, Klarinettist am Opernhaus Leipzig“, von der ich nicht mal mehr weiß, woher eigentlich. Ich glaube, die hat mir mal jemand geschenkt. Leider kein Jahr angegeben, und leider nicht mehr im Originalumschlag, denn laut Stempel gehörte das Heft mal der Stadtbücherei Mannheim und wurde dann dort wieder gelöscht und wohl gebraucht verkauft. Deshalb hat das Heft nicht mehr den Originalumschlag, sondern, wie das früher so üblich war, eine feste, aber eben nicht beschriftete Bibliotheksbindung mit harten Buchdeckeln erhalten. Wenn ich mir aber genau anschaue, fehlt da gar nichts, sondern das Heft hatte nie einen Umschlag, war schon immer nur aus Papier – und musste deshalb auf Bibliothekstauglichkeit aufgedeckelt werden. Es steht nämlich mit Kugelschreiber drauf, dass das Werk einst „2.-“ gekostet habe – in welcher Währung auch immer. Vermutlich D-Mark, im Juni 1948 eingeführt.

Ein Veröffentlichungsdatum ist nicht zu finden, und dem Stil, der Schrift, der Druckart nach hätte ich es irgendwo zwischen den 1930er und 1950er Jahren eingeordnet. Dafür spricht auch das Papier, das zwar an sich gut ist, aber umso dunkler braun wird, je weiter am Rand es ist, offenbar wo Sauerstoff hinkommt. Auch hier die Effekte des säurehaltigen Papiers zu bemerken, aber nicht so stark wie beim Kochbuch. Musikverlag Wilhelm Halter, Karlsruhe. Den gibt es noch immer. Früher gab man zu Verlagen und Zeitungsartikeln ja immer und ausnahmslos den Ort an. Wohl, um in der vordigitalen Zeit den Verlag überhaupt finden zu können.

Kurioserweise hilft ausgerechnet die Bibliotheksvergangenheit des zum Buch gemachten Heftes, das Alter einzugrenzen, denn vorne drin ist der früher übliche Zettel der Bibliotheken eingeklebt, auf das man damals mit einem Tagesstempel das Rückgabedatum einstempelte. Das Buch wurde demnach 31 Mal ausgeliehen (vielleicht auch öfter und dann nicht mehr gestempelt), nämlich vom 23.10.1952 bis 10.10.1989. Es kann also spätestens 1952 erschienen sein. Vielleicht auch einfach nur das Jahr, in dem man die Stadtbücherei Mannheim wieder aufgebaut hat?

Darin

Veröffentlicht unter der Zulassung Nr. US-W-1139 der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung

und

Copyright by Wilh. Halter, Karlsruhe in Baden

Zeigt, wie stark damals die Zensur war. „Copyright“ gab es in Deutschland auch nie. Anscheinend ein Werk, das vor dem Krieg erstellt wurde, denn es stammt von Hermann Hofmann, Klarinettist am Opernhaus Leipzig. Unwahrscheinlich, dass die in Leipzig nach dem Krieg noch Karinettenschulen herausgegeben haben, die dann in Karlsruhe publiziert wurden.

Kurioserweise gibt es den Verlag und das Werk noch immer. Aber mit neuem Umschlag.