Mein GPS-Handy verursacht heimlich Kosten…
Der Fluch der Technik: Schleichende Kosten.
Nun hab ich doch kürzlich, wie mehrfach in diesem Blog berichtet, mein Sony Ericsson Handy durch ein Nokia 6110 Navigator ersetzt. Und bin damit zufrieden. Jetzt hat mich aber dann doch was dummes erwischt: Heimliche Hintergrund-Kosten.
Die Sache ist nämlich die. Das schöne, tolle, neue am Nokia ist nämlich, daß es einen GPS-Empfänger und – jedenfalls für die Größe – ganz brauchbare Navigationssoftware hat. Macht Spaß und ist gut.
Die schlechte Nachricht: Die Navigationssoftware, die mit dem Nokia 6110 Navigator mitgeliefert wird, hat nur eine Karte für das jeweilige Land, in dem es verkauft wird. Deshalb kennt meines nur die Karte von Deutschland. Karten kann man wohl für extra-teures Geld bei Route66 nachkaufen, ich aber aber noch nicht herausfinden können, wie das geht.
Die gute Nachricht: Das macht nichts. Weil sich Nokia nämlich nicht so ganz entscheiden kann, was sie eigentlich tun und wollen, und deshalb mal die eine, dann mal die andere Strategie verfolgen, und wohl auch gemerkt haben, daß sie mit der teuren und nicht ohne weiteres nachzuladenden Route66-Software nach dem Verkauf kein Geld mehr machen, gibt es eine zweite Navigationssoftware, die man unter maps.nokia.com kostenlos (d.h. nur die Download-Kosten des Providers) auf das Handy runterladen kann. Die ist ein bischen anders als die vorinstallierte, kann an manchen Stellen etwas weniger, dafür an anderen etwas mehr. Weniger Dynamik, dafür sehen nach meinem Geschmack die Karten besser aus. Also hab ich beide Programme auf meinem Handy.
Wie läuft das nun mit den Karten für diese zweite Software? Ganz anders.
Diese Karten sind nämlich kostenlos und für die meisten Länder der Welt runterzuladen. Nur werden sie nicht am Stück runtergeladen, sondern das Handy prüft per GPS, wo man sich gerade befindet, baut eine Online-Verbindung auf, fragt nach, was die neueste verfügbare Landkartenkachel für diesen Ort ist, und lädt sie herunter, wenn sie noch nicht im Cache liegt. Das heißt, man hat nicht etwa mal die Landkarte von England heruntergeladen und fertig, sondern es gibt einzelne Kartensegmente, die wild im Cache (d.h. auf der Micro-SD-Speicherkarte) gelagert und bei Bedarf nachgeladen werden.
Daß das erstens langsam ist und sehr teuer werden kann, hat Nokia schon selbst gemerkt. Deshalb gibt es zwei Hilfsmittel dazu:
- Es gibt ein Programm für den PC, mit dem man per Internet diese Kacheln für bestimmte Gegenden, Länder oder sogar gleich ganze Kontinente herunterladen und in den Cache pumpen kann. Damit wird der Cache für diese Länder auf den aktuellen Stand gebracht. Das Programm ist zwar ein bischen doof, weil es nicht merkt, was schon im Cache liegt, und stattdessen alles, was man anklickt, immer komplett neu lädt, was bei Kartengrößen im Gigabyte-Bereich durchaus dauern kann, aber ansonsten funktionierts. Also hab ich mir eine 6GB-Karte in das Handy gesteckt und Europa, USA, Australien runtergeladen. Man weiß ja morgens nie, was der Tag noch bringen wird.
- Das zweite Hilfsmittel ist, daß das Navi-Programm beim Starten eine Warnung zeigt, daß das Herunterladen von Daten in fremden Netzen richtig teuer werden kann. Man kann das automatische Nachladen von Kartenkacheln aber abschalten.
Eigentlich nicht schlecht. Woran verdienen die jetzt aber damit?
Mit zweierlei. Diese Software führt kein dynamisches Routing mit Stimmansage durch, wie man es für das Auto braucht. Das muß man nachlizenzieren und kostet ein paar Euro für ein Land und ein paar Tage. Prinzipiell gar nicht schlecht für kurze Auslandsreisen. Eine einfache Wegfindung (wie muß ich gehen, um von A nach B zu kommen?) ist aber drin, wenngleich die Bedienung grausig ist.
Außerdem kann man sich Reiseführer runterladen. Kostet beispielsweise für London 8 Euro. Hab ich gemacht, den tieferen Sinn darin allerdings nicht so wirklich entdeckt. Das Handy kennt dann plötzlich jede Menge Hotels, Behörden, Einkaufszentren usw. Da ich mich aber selten mitten in London wiederfinde und mal schnell das nächstbeste Hotel brauche, hält sich der Nutzen in Grenzen. Gut war hingegen, daß das Handy U-Bahn-Stationen anzeigt (äußerst praktisch, allerdings weiß ich nicht, ob das durch den Reiseführer kam oder schon in der Karte selbst drin ist) und einem in seltenen Fällen auch zu einer Sehenswürdigkeit erklären kann, daß man jetzt genau davor steht und wie sie heißt.
Wie gesagt (und schon mehrfach beschrieben) war ich kürzlich in London und wollte das neue Handy dazu gleich mal ausgiebig testen. Ergebnis: Ich war sehr froh, daß ich es dabei hatte. Das GPS-Handy war nämlich eine prächtige Ergänzung zu einem Stadtplan. Allerdings kein voller Ersatz, dazu ist das Display viel zu klein.
In vielen Standardsituationen hat es mir aber sehr geholfen. Hauptproblem: Wo bin ich? Keineswegs trivial. Wenn man aus einer U-Bahn-Station kommt und im Gedränge nicht darauf achten konnte, aus welchem Ausgang man geht, weiß man mitunter nicht, wo man jetzt eigentlich ist und (nach Sonnenuntergang) in welche Richtung man gehen muß. Stadtplan hilft da nicht, weil in London die Straßenschilder oft fehlen oder schwer zu entdecken sind. Oder man latscht einfach mal irgendwelche Straßen ab, immer der Nase nach, oder an der Themse entlang. Bin ich jetzt schon am Ziel Z vorbei oder nicht? Oder wie komme ich am schnellsten von hier zum Punkt Y? Das Ding hat sich als wirklich nützlich und nicht nur als Spielerei erwiesen. Nur die Tasten waren zu klein und die Bedienung manchmal zu undurchsichtig. Ansonsten gut.
Die Sache hatte nun einen Haken. Das Handy hat heimlich Daten übertragen und damit Kosten verursacht.
Ich hatte mich vor dem Flug nach London versichert, daß ich sämtliche automatischen Downloads (Mail, RSS-Feeds,…) abgeschaltet hatte. Auch der Kartensoftware hatte ich alle Karten von England in den Cache geschoben und das automatische Nachladen abgeschaltet. Eigentlich dachte ich, das Handy damit hinreichend abgeschaltet zu haben. Pustekuchen. Zwei Tücken hatte das Objekt:
- Was ich übersehen hatte (obwohl es irgendwo in der Anleitung stand): Es reicht nicht, die Datenzugriffe in der Kartensoftware abzuschalten. Die Kartensoftware kennt nämlich den GPS-Empfänger nicht und weiß nicht, wo das Betriebssystem die Koordinaten herbekommt. Die Software bekommt vom Betriebssystem gesagt, daß wir gerade an dieser Position sind, und fertig. Der Umgang mit dem GPS-Empfänger ist von Gerät zu Gerät unterschiedlich und daher Sache des Betriebssystems. Ist ja auch in Ordnung so.
Das Betriebssystem macht nun folgenden Kniff: Ein GPS-Empfänger braucht immer etwas Zeit, um nach dem Einschalten seine Position zu finden, weshalb man da zwischen Kalt-, Warm- und Heißstart unterscheidet. Die “Temperaturen” unterscheiden sich danach, was man dem frisch initialisierten GPS-Empfänger schon an Informationen vorgeben kann. Weiß man ungefähr, in welchem Land man ist, muß der Empfänger nicht mehr alle Satelliten scannen, sondern nur die, die von hier sichtbar sind. Und weiß man schon die Position halbwegs, geht es noch schneller. Für Handys ohne GPS gibt es nun einen Dienst der Provider. Das Handy kann über eine Datenverbindung (Details sind mir nicht bekannt) abfragen, wo der Funkmast steht, über den man reinkommt, und vermutlich auch genauere Daten über die Triangularisierung abfragen. Obwohl das Nokia einen GPS-Empfänger hat, führt es diese Abfragen auch durch, damit es flotter geht und man nicht so lange warten muß, bis das Gerät weiß, wo man ist. Davon hatte ich zwar mal irgendwo gelesen, es war mir aber nie aufgefallen, weil ich die GPS-Funktion in Deutschland seltener nutze und hier eine Datenflatrate habe, es mich also nichts kostet.
Man kann dies auch abschalten. Und ich dachte, ich hätte es abgeschaltet, weil ich in der Kartensoftware ja die Onlineverbindungen abgeschaltet hatte. Es gibt aber tief drinnen in den unendlichen Wirren irgendwo ganz versteckt noch ein Menü des Betriebssystems, in dem man diese Art der GPS-Initialisierung abschalten kann. Ich würde das Menü wohl nicht einmal wiederfinden, so versteckt ist es in diesem Labyrinth aus Konfigurationsseiten. Also lief das die ganze Zeit durch.
- Der zweite Haken liegt in der Kartensoftware selbst. Denn auch wenn der Online-Zugriff explizit abgeschaltet ist, bezieht sich das nur auf das Nachladen von Kartenkacheln in den Cache. Nicht auf die anderen Funktionen. Kommt man nämlich an eine Taste, die eine lizenzpflichte Funktion aufruft, oder ruft man selbst ungewollt so eine Funktion auf (es ist nämlich nicht so ganz offensichtlich, was jetzt kostenlos und was kostenpflichtig ist), schmeißt das Handy sofort den License-Manager an, der sofort eine Online-Verbindung aufbaut. Zwar kommt dann ein Menü in dem man abbrechen kann. Aber erstens wird das Programm dann sofort ganz terminiert, zweitens steht die Datenverbindung schon, es wurde also das nächste Datenkontingent beim Provider ausgelöst.
Daß da wohl was anders läuft als ich es gerne hätte, schwante mir schon am Ende der Reise. Als ich das Handy nämlich mal abschaltete, kam da eine Warnung, daß damit auch die Datenverbindung unterbrochen würde. Welche Datenverbindung??? Da fand ich dann auch das Menü zum Abschalten der GPS-Initialisierung durch Datenabfrage beim Provider.
Heute bekam ich die Rechnung.
21,24 Euro hat der Spaß gekostet (bzw. es wird noch etwas mehr, weil die letzten 3 Tage auf der Rechnung nicht mit drauf sind).
Gut, das ist jetzt nicht unbedingt ein Betrag, der es lohnt, sich in den Streit zwischen meinem Provider, dem englischen Provider und Nokia zu begeben, denn jeder kann – nicht unberechtigt – auf den jeweils anderen verweisen. Und alle drei auf mich. Würde sich wohl so anhören: “Ja, hätten Sie halt die Anleitung besser gelesen. Sie sind doch Informatiker. Was wollen Sie denn, Sie haben doch Leistung dafür bekommen.”
Also verbuchen wir es unter Lehrgeld und schreiben dafür was ins Blog.
Wie setzt sich der Betrag aus 21,24 Euro nun zusammen?
- Viele kleine Datenverbindungen, es sind Datengrößen zwischen 4 und 9 kByte angegeben. Das passierte zwischen zwei- und zehnmal am Tag und kostete jedesmal 0,59 Euro. Ganz schön teuer für ein paar kByte. Obwohl, verglichen mit SMS… Heißt aber, daß – wenn man wie ich vergißt, diese Superfunktion abzuschalten – jedes Herauskommen aus einer U-Bahn-Station oder einem Kaufhaus oder Museum, 59 Cent kostet, wenn man die Kartensoftware noch auf dem Handy laufen hat oder sie neu startet.
- Und dann ist da noch ein Brocken von 308 kByte drin, der mich 4,13 Euro gekostet hat. Keine Ahnung, was da passiert sein soll. Vielleicht hat das Handy beschlossen, man könnte mal in der Mailbox nach Neuigkeiten schauen. Oder doch mal ne Landkartenkachel nachladen. Oder vielleicht mit irgendeinem License-Manager flirten.
Weiß der Kuckuck. 21,24 Euro lohnen nicht, da jetzt größer nachzuforschen. Die Tendenz, daß man dem Handy nicht mehr ohne weiteres den Datenzugriff abdrehen kann, gefällt mir aber nicht. Vielleicht hätte ich den Internetzugang schlechthin kaputtkonfigurieren müssen, aber solche krummen Workarounds gefallen mir gar nicht.
Daß man das nur in einem völlig versteckten und schwer zu findenden Konfigurationsmenü abschalten kann, zeigt, daß da noch enormer Verbesserungsbedarf bei der Bedienbarkeit und er Ergnomie herrscht.
Was hätte das wohl gekostet, wenn ich nicht einen Kurztrip in der EU, sondern einen längeren Aufenthalt außerhalb Europas gehabt hätte?
Immerhin will die EU ja auch die Preise für Datenroaming in der EU deutlich drücken. Wenn das dann insgesamt deutlich billiger wird, ist das ja vielleicht gar nicht mehr so schlimm. Dann könnte man seine Mail auch in London auf dem Handy lesen…