Wie Du mir, so ich Dir…
ist eine Maxime, die es in verschiedenen Varianten gibt. Die biblisch-archaische Variante ist “Auge um Auge, Zahn um Zahn”, die eher aufgeklärte Version könnte auf den kategorischen Imperativ nach Kant hinauslaufen. Zeit, daß sie sich auch im zwischenstaatlichen Sicherheitsbereich durchsetzt.
Daß es in der US-amerikanischen Kultur tief verwurzelt ist, sich selbst und den Rest der Welt grundsätzlich mit zweierlei Maß zu messen, ist bekannt und mir immer wieder begegnet. Man merkt es gelegentlich im persönlichen Gespräch mit Amerikanern, oder auch an deren Rechtsprechung. Weil die amerikanische Verfassung mit “We, the People” anfängt, folgern sogar die amerikanischen Gerichte, daß nur der Amerikaner ein Mensch mit Grundrechten sein kann. Nicht-Amerikaner genießen beispielsweise nicht den Schutz der Wohnung, weshalb keine richterliche Anordnung für eine Durchsuchung notwendig ist – nach amerikanischer Auffassung.
Als die USA vor einigen Jahren die Abnahme der Fingerabdrücke an der Grenze für allen Einreisenden einführte, zunächst nur für einige Länder, darunter südamerikanische Länder, störte sich in den USA niemand daran. Ein Aufschrei ging herum, als ein Richter in einem der betroffenen südamerikanischen Länder entschied, daß aus Gründen der Symmetrie nunmehr auch US-Amerikanern die Fingerabdrücke gescannt werden, wenn sie dieses Land betreten. Das fanden die US-Amerikaner gar nicht lustig.
Nunmehr hat eine australische Zeitung etwas ähnliches probiert. Weil Google auch in Australien durch die Straßen fährt und Google Maps ungefragt mit Panorama-Bildern von Häusern und Menschen zupflastert, drehte die Zeitung The Australian den Spieß um und fragte bei Google nach den Adressen der Manager an, damit man deren Häuser mal fotographieren und die Bilder in die Zeitung setzen kann. Hihi. Fand Google aber auch nicht lustig.
Nun ist es bekanntlich seit einiger Zeit so, da einem bei der Einreise in die USA der Notebook untersucht werden kann, und zwar nicht nur äußerlich. Auch der Inhalt der Festplatte, Adressen, E-Mails, Dateien usw. wird untersucht, und wehe dem, der verschlüsselte Daten drauf hat. Angeblich geht es um Terrorismus und Kinderpornographie. Naheliegender ist ordinäre Wirschaftsspionage und Datensammelwut. Manche Firmen schreiben ihren Mitarbeitern schon vor, nur mit “leeren” Notebooks ohne jegliche Firmendaten in die USA zu reisen und alle Arbeiten dann über Remote-Sitzungen zu erledigen. Man kann reichlich Sicherheitsforschung über diesen Problembereich treiben.
Mich bewegt aber die Frage, ob man als EU-Bürger nicht von der EU erwarten kann, daß sie einen genauso schützt wie der wackere Richter aus Südamerika:
Man wird schwerlich den USA Vorschriften darüber machen können, wie sie ihre Einreise-Bedingungen gestalten. Noch sind die USA ein souveräner Staat (obwohl böse Zungen ja schon unken, daß das nicht mehr lange stimmt, weil aufgrund deren Außenhandelsdefizits und Fremdfinanzierung größere Teile der Infrastruktur der USA längst den Chinesen und Arabern gehören und die drauf und dran sind, die Aktienmehrheit an den USA auszuüben…). Man kann aber die Einreise-Bedingungen der EU gestalten. Und dazu könnte man, schon aus Gründen der Symmetrie, vorschreiben, daß jede einreisende Festplatte für unsere Nachrichtendienste kopiert wird. Einfach so. Und wer mit verschlüsselten Daten daherkommt, wird interniert.
Ich bin überzeugt, die Amerikaner würden sofort auf die Barrikaden gehen um sich über die Europäer zu beschweren, die es wagten, sich an amerikanischen Geschäftsreisenden zu vergreifen. Das wäre ein interessanter Ansatzpunkt für Diskussionen. Mut genug hätten die Europäer eigentlich schon, siehe den Umgang der EU mit Microsoft.
Ich wüßte es jedenfalls zu schätzen, wenn ich als Europäer bei der Einreise in die USA genauso behandelt würde, wie US-Amerikaner bei der Einreise nach Europa behandelt werden wollen.