Telefonierer der Woche
Leute gibt’s, das glaubt man nicht. Heute auf der Autobahn:
Vor mir fährt einer auf der mittleren Spur, bekommt offenbar nicht allzuviel vom Verkehr mit, fährt auch nicht so wirklich gerade, aber telefoniert die ganze Zeit mit dem Handy am Ohr. (Kleinwagen, deutsches Kennzeichen)
Auf der linken Spur kommt von hinten ein Polizei-Auto. Kein getarntes, sondern grün-weiß. Die fahren eine Weile einen Meter links neben dem her und gucken dem beim Telefonieren zu. Stört den nicht, der telefoniert weiter. Bestärkt den Eindruck, daß der nicht so wirklich mitbekommt, was um ihn herum passiert.
Sie setzen sich vor ihn und schalten ihre Lichtorgel (“Bitte Folgen”) ein. Stört den nicht, der telefoniert weiter.
Sie bremsen etwas herunter, immerhin, darauf reagiert er – das Handy weiter am Ohr. Spätestens mit einem Polizeiauto vor der Nase, das einem mit Folgesignal herunterbremst, könnte man ja mal das Telefonat beenden. Nicht der.
Die Polizei fährt auf die Abbiegespur raus, der Typ fährt brav hinterher – und telefoniert unbekümmert weiter.
War der jetzt besonders dumm oder einfach nur besonders cool? Nach dem Motto Wenn sie mich sowieso schon erwischt haben und ich zahlen muß, dann kann ich auch zu Ende telefonieren. So wie die Schwarzfahrer bei der Bahn, die gemerkt haben, daß das Erwischtwerden unabhängig von der Klasse das Gleiche kostet und deshalb nur noch erster Klasse fahren, während der brave Bürger nur zweiter Klasse fährt.
Nur daß das Telefonieren auf der Autobahn (jedenfalls ohne Freisprecheinrichtung) eine ziemlich gefährliche Angelegenheit ist, auch für andere. In letzter Zeit sehe ich auch immer öfter Leute in der Stadt herumfahren, die diagonal über die Spuren fahren oder in der Kreuzung die Richtung nicht treffen, weil sie in der einen das Handy und in der anderen die Zigarette haben. Fehlen dann eben zwei Hände fürs Schalten und Lenken und die Aufmerksamkeit sowieso.
Schade daß ich nicht gehört habe, was die Polizei heute dem Typ auf der Autobahn erzählt hat. Und wie er das erzählt hat.
Schöne Ausreden wären vielleicht:
- Das war kein Handy, das war ein Rasierapparat. (Hat tatsächlich mal einer versucht und ist damit an den falschen Richter gekommen. Der hat nämlich Gesetz gelesen und festgestellt, daß Rasieren am Steuer doppelt so viel wie Telefonieren kostet…)
- Ich habe nicht telefoniert, jemand hat mir Sekundenkleber aufs Handy geschmiert und damit Hand, Ohr und Handy zusammengeklebt. Ich war auf dem Weg in die Klinik.
- Böse Erpresser haben eine Schulklasse Kinder entführt und wollen sie töten. Ich bin der Lösegeldkurier und muß den telefonischen Anweisungen der Entführer folgen. Verschwinden Sie schnell, weil den Kindern die Ohren abgeschnitten werden wenn ich die Polizei einschalte.
Nur daß das Telefonieren auf der Autobahn (jedenfalls ohne Freisprecheinrichtung) eine ziemlich gefährliche Angelegenheit ist, auch für andere.
Auch das telefonieren mit Freisprecheinrichtung ist erwiesenermaßen ein gefährlicher Vorgang, auch wenn dieser nicht so gefährlich ist die Variante ohne Freisprecheinrichtung, weil man wenigstens die Hände freihat.
Im Gegensatz zum Rauchen (auch so eine Unsitte) oder Essen/Trinken (das auch) am Steuer benötigt Sprechen, insbesondere mit einem nicht visuell sichbaren Gesprächspartner und einer eventuell schlechten Verbindung benötigt ein gespräch viel mehr Aufmerksamkeit, so daß die normalen Reaktionszeiten im Straßenverkehr deutlich verlängert werden. Genauso ist es, wenn man eine angeregte Diskussion mit einem Beifrahrer/einer Beifahrerin hat. Nicht umsonst hängen in manchen Bussen schilder, daß man während der Fahrt nicht mit dem Busfahrer sprechen darf.
Von daher wäre die beste Lösung, das Telefonieren im Auto ganz zu verbieten, um die Straßensicherheit zu erhöhen, aber das läßt sich leider politisch wohl nicht mehr durchsetzen.