Suggestiv-Meinungsumfrage zur Karlsruhe-Untertunnelung
Und auch das noch, als ob mir heut nicht schon genug auf die Nerven gegangen wäre:
Eben klingelt das Telefon. Schon wieder eine Meinungsumfrage. Man will meine Meinung zur Karlsruher Untertunnelung der Kaiser- und Kriegsstraße für die Straßenbahn wissen. Als ob man nicht schon seit Jahren drum streiten würde.
Nach ein paar Aufwärmfragen dreh ich den Spieß um und frage mal, wer da eigentlich dran ist. Siehe da: Sie fragen einen zwar aus bis auf die Unterhose, aber selbst Fragen zu beantworten ist ihre Sache nicht. (Deshalb fragt man sowas auch erst in der Mitte der Befragung, weil sie dann schon zuviel Zeit investiert haben um abzubrechen, aber auch noch nicht fertig sind. Hehe. ) Sie druckst herum. Vom “Marktforschungsinstitut”. Wie ein Supermarkt, der “Supermarkt” heißt. Nein, also vom “Marktforschungsinstitut Karlsruhe”, sagt sie. Ach, das gibt’s wirklich in Karlsruhe? Nee, aber das sollen sie sagen. Das heißt, Sie heißen “Marktforschungsinstitut Karlsruhe”, obwohl Sie gar nicht in Karlsruhe sitzen? Nein, also sie heißen auch nicht so. Nun, fordere ich, dann sollen sie mir endlich mal verraten, mit wem ich eigentlich spreche und wie sie heißen, und nicht, wie sie nicht heißen. Schließlich gibt man sich als “Explora Bielefeld” zu erkennen.
Die Fragen find ich dann derb-suggestiv.
Die Karlsruher Fußgängerzone soll untertunnelt werden. Dazu kommen Fragen in der Art wie (konnte die mir leider nicht alle so genau merken):
“Wie wichtig ist, daß das Straßenbahnfahren dann angenehmer wird?”
“Wie wichtig ist, daß in Karlsruhe dann eine Flaniermeile entsteht?”
“Wie wichtig ist, daß in Karlsruhe mehr Straßencafes entstehen?”
Weil sie schlecht zu verstehen war, frage ich vorsichtshalber nach: “Wichtig mit w oder Richtig mit r?”
Sie meint Wichtig mit w.
Ich meine bei manchen Fragen, daß es nicht Richtig ist. Mit r. Das ist aber nicht vorgesehen. Man kann nicht am Fragenkatalog zweifeln. Und nicht sagen, daß man etwas für eine nicht zutreffende Annahme hält.
Durch Untertunnelung entsteht in Karlsruhe angenehmes, schnelles Straßenbahnfahren unten und eine Flaniermeile oben. Punkt. Man darf nur noch sagen, wie wichtig einem das ist. Darüber gibt’s dann die übliche Gauß-Glockenkurve bei Umfragen, weil Oma und Opa aus Höflichkeit immer irgendetwas sagen werden, was sich irgendwo um die 50%-Antwort dreht. Und schon kommt heraus, daß der Tunnel gebaut werden muß, weil für soundsoviel Prozent der Karlsruher eine Flaniermeile, mehr Straßencafes und schöneres Straßenbahnfahren wichtig ist. Man muß nur richtig fragen, dann bekommt man auch die Antwort, die man haben will.