Das Wegbrechen der vierten Gewalt
Schon seit Jahren beobachte ich das Phänomen, daß der investigative Journalismus als Gegenpol zu den drei Staatsgewalten immer mehr wegbricht.
Einige Journalisten und Redaktionen haben mir das schon erklärt, daß man Korruption und Skandale immer weniger aufklären kann, weil so etwas normalerweise nur über freie Journalisten möglich ist, die darauf setzen können, daß sie das dann hinterher auch ordentlich verkaufen können um ihr Einkommen zu sichern.
Im Rahmen der Entwicklung von der Papier- zur Internet-Information sind schon Umsätze eingebrochen, und immer mehr Redaktionen schrumpfen auf die Kerntruppe, die das Tagesgeschäft macht, aber keine Nachforschungen mehr betreibt. Skandale werden nur noch fertig von Agenturen eingekauft, aber nicht mehr selbst ans Licht gebracht. Das heißt, es wird nur noch dann darüber berichtet, wenn sie sowieso schon bekannt sind, und erst dann werden sie untersucht und beleuchtet. Und in allen Zeitungen das gleiche geschrieben.
Ein zweites Problem ist, wie mir einige Redaktionen erzählten, daß sich die Finanzierung dramatisch verändert hat, man ist immer stärker von den Anzeigenkunden abhängig. Seit es sich kaum noch eine Illustrierte mehr leisten kann, auf die Pharma-Anzeigen zu verzichten, kann sich auch kaum ein Verlag mehr leisten, über Korruption und Schwindel im Pharma-Bereich zu berichten. Die Industrie und deren zunehmend professionalisierter Lobbyismus üben da nämlich inzwischen ziemlichen Druck aus, und sie wissen auch, daß die Verlage von der Werbung abhängig sind. Wer nicht spurt, wird finanziell abgestraft. Wer artig gut schreibt, bekommt Geld über die Werbung. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.
Ein ganzer Haufen an Korruption ist nur deshalb möglich, weil man keinen mehr findet, der sich daran stört oder stören darf.
Und nun lest mal das da: Die Süddeutsche Zeitung empfiehlt Redakteuren neuen Lebensplanung (Schreibt die WELT…).