Mehr zu “Still got the Blues”
Hui, da hab ich gleich ein paar Zuschriften zu der Sache mit Nordrach und Still got the Blues bekommen.
- Unter http://www.juds-gallery.com/ unter Aktuelles gibt es ein MP3 mit beiden Songs übereinander gelegt.
- Unter http://www.youtube.com/watch?v=Xe-uwEqTjd0 gibt es eine Orginalaufnahme von Nordrach, die fragliche Passage geht ca. von 5:20 bis 7:00 min. Am besten vorspulen, bis 5:20, dann anhören und dann gleich auf den ersten Link unter “Related Videos” auf Gary Moore, Still Got The Blues (Live) klicken. Frappierend. Einen anderen Ausschnitt gibt es unter http://de.youtube.com/watch?v=Uk0VEp03fzU
- Etwas Hintergrundinformationen gibt es unter http://www.zeit.de/online/2008/50/gary-moore-volkmar-kramarz
Weil’s mir hier aber eigentlich gar nicht um Musik sondern um Sachverständigengutachten ging, noch der Kommentar eines alten Kumpels, der mir dazu was geschrieben hat:
Hallo Hadmut,
Nordrach kannst du auf YouTube anhören. Der erste Treffer der Suche nach “Nordrach” ist: http://www.youtube.com/watch?v=Xe-uwEqTjd0 Die fragliche Passage geht ca. von 5:20 bis 7:00 min.
Das Gutachten ist sicherlich besser als viele andere, was schon vor Gericht an Gutachten eingereicht wurde. Allerdings bleibt es an entscheidenden Stellen recht vage und meiner Meinung nach auch einseitig.
Erstens bei der Frage F. Hier schließt der Gutachter aus der Einfachheit und dem hohen Wiedererkennungswert, dass Gary Moore sich die Melodie (unterbewusst oder nicht) beim Hören (wann und wo auch immer) eingeprägt hat und wiedergegeben hat. Dieser Gang der Ereignisse erscheint dem Gutachter so offensichtlich möglich, dass er andere Varianten dadurch stillschweigend ausschließt.
Zweitens bei der Frage B nach der Schöpfungshöhe. Hier wird ignoriert, dass sich das eigentlich charakteristische an der Passage auf lediglich 7 Töne beschränkt und der Rest sich aus der Anwendung der Tonleiter und gängiger Stilmittel des Blues ergibt. Und dabei gibt es, vor allem im vierten Takt, durchaus Unterschiede zwischen Jud’s Gallery und Gary Moore. Allerdings unterscheiden sich hier auch verschiedene Versionen von Gary Moore voneinander.
Drittens wird die Frage, ob es möglicherweise eine weitere, noch ältere Vorlage gab, sehr pauschal abgehandelt. Der Gutachter hat offenbar kein Interesse an der Klärung dieser Frage.
Viertens stimme ich dem Schluß…
“Diese vier takte werden in der Komposition “Still got the Blues” und in der Komposition “Nordrach” mehrmals wiederholt. Daraus geht hervor, dass es sich bei diesen Takten um den eigentlichen “Ohrwurm” dieser Komposition handelt, d.h. das Element das der Komposition Wiedererkennbarkeit und Popularität verleiht.”
…überhaupt nicht zu. Zumindest bei Gary Moore gibt es weitere Elemente, die den Charakter des Stückes ausmachen, vor allem der Refrain “Now the days… but I still got the blues for you”.
Allerdings weiss ich nicht, ob diese Frage überhaupt für die juristische Bewertung relevant ist. Die entsprechende Frage C des Gerichtes ist ja auch sehr allgemein formuliert. Aber zumindest für die Frage nach der Höhe des Schadenersatzes dürfte das schon eine Rolle spielen.
Ob das Urteil richtig gefällt wurde, wird die Urteilsbegründung zeigen. Meines Erachtens kann es nur dann haltbar, wenn Anklage zweifelsfrei nachgewiesen hat, dass Gary Moore auf einem Konzert von Jud’s Gallery war oder das Lied sonst irgendwie gehört hat. Dies allein aus der Ähnlichkeit zu schließen, halte ich für unzulässig.
Abgesehen davon frage ich mich auch, warum der Gutachter Rhode behauptet, Still Got The Blues sei für Gary Moore der Durchbruch als Solomusiker gewesen. Auch diese Aussage scheint mir in erster Linie dazu zu dienen, den Schadenersatz in die Höhe zu treiben. Fakt ist, dass Gary Moore vorher bereits etliche Solo-Alben veröffentlicht hat, darunter so bekannte und oft gecoverte Titel wie Wild Frontier oder Over The Hills And Far Away. Mit den Blues-Alben hat er im Gegenteil zahlreiche seiner Fans verärgert und vergrault.
Naja, er wird es überleben…
Dazu wäre allerdings dann zu sagen, daß das Gericht anscheinend die Frage, woher er das Stück gekannt haben könnte, anderweitig untersucht hat, siehe den oben zitierten Artikel in der ZEIT. Immerhin wurde da jemand als Zeuge vernommen, der wohl – so verstehe ich den Artikel – ausgesagt hat, daß Gary Moore damals in Deutschland war und sehr wahrscheinlich das Stück gehört hat, und vor Gericht aber dann gleich leugnete, in Deutschland gewesen zu sein. Mmmmh.