Werbung am Auto
Normalerweise hasse ich es, wenn mir jemand Werbung ans Auto steckt.
Heute war das etwas anders. Ich komme aus dem Büro und finde einen Zettel unter dem Scheibenwischer. Ein professionell gedrucktes Angebot einer Vertragswerkstatt meiner Automarke, die sich extra nur auf den Fahrzeugtyp meines Autos bezieht. Die müssen mit einer ganzen Sammlung von Angeboten herumgegangen sein, um an die verschiedenen Modell jeweils genau das Angebot zu hängen, das für dieses Modell gilt.
Dreimal hab ich mich gewundert:
- Auch wenn das Ding edel gedruckt ist, erstaunt es mich, daß die auf Parkplätzen in Industriegebieten Zettel unter die Scheibenwischer hängen. Die Marke macht doch sonst immer so auf seriös. Naja, die Zeiten und die Wirtschaftslage ändern sich.
- Im doppelten Sinne nicht uninteressant ist die Tatsache, daß sich das Angebot auf zwei Inspektionsdienstleistungen bezieht. Mein Bordcomputer schreit seit genau gestern nach einer dieser beiden Inspektionen. Zufall?
Immerhin freut es mich, ein preisgünstiges Angebot für die Inspektion zu haben, die ich gerade brauche.
- Und dann weckt da doch noch etwas die Berufsneurose in mir:
Alle Angebote inklusive kostenlosem Hol- und Bringservice.
Heißt das, daß die mich zur Arbeit bringen und wieder abholen, oder heißt das, daß die mein Auto abholen und wiederbringen? Verstehe ich das so richtig? Da kommt einer an, sagt er kommt vom Auto Service XYZ, läßt sich mein Auto geben, natürlich mit KFZ-Schein, damit er damit fahren kann, und verschwindet damit. Und ich stehe abends bei der Polizei und muß mich fragen lassen, wie dämlich man eigentlich sein muß, um einfach irgendeinem Fremden das Auto auszuhändigen, weil das doch die älteste aller Maschen sei? Und was mir meine Versicherung dann schreibt, kann ich mir auch vorstellen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich über solchen Service freuen oder doch lieber die Gummihandschuhe herausholen soll. Immerhin, die besagte Firma scheint es zu geben, ist auch beim Autohersteller auf der Webseite umfangreich gelistet. Riesen-Laden, sieht alles seriös und extravagant aus. Die Google-Authentifizierung kommt auch auf ca. 70%. (Das heißt, daß ich unter der Adresse per Google Maps mit Blick von oben etwas sehe, was ich mit einer Wahrscheinlichkeit von 70% für ein größeres Autohaus halte. Es könnte auch eine Fabrik für Kaffeemaschinen sein…).
Aber, so meldet sich meine Neurosedrüse wieder, daß es die Firma wirklich gibt, bedeutet ja noch lange nicht, daß der Zettel auch von ihnen stammt. Ich muß dringend mal die Telefonnummer auf Echtheit überprüfen. Das wär doch ne geile Masche: Man hängt an viele, etwas teurere Autos solche Sonderangebote mit seriösem Service, am besten noch mit der Adresse eines nachprüfbar seriösen Autohändlers und Serviceleisters, und tauscht nur die Telefonnummer aus. Irgendwo wird jemand in Urlaub sein und sich eine verlassene Wohnung mit einem Telefonanschluß finden. Da macht man dann Termine aus und schickt einen vorbei, der das Auto abholt und damit schnurstracks über die Grenze gen Osten abhaupt. Die ist nämlich hier gar nicht weit weg, ruckzuck ist das Auto verschwunden.
Im Prinzip die alte Nummer von Authentizität, Integrität, mit etwas Phantasie auch man-in-the-middle.
Selbst wenn der Zettel echt ist, die Masche hätte was. Insbesondere weil man ja öfters mal liest, daß inzwischen bevorzugt ältere Autos geklaut werden, weil inzwischen die besseren Hersteller ihre Wegfahrsperrtechnik so weit aufgerüstet haben, daß das doch alles nicht mehr so einfach ist mit dem einfach wegfahren. Um wieviel einfacher ist es da, wenn einem der Besitzer gleich die Schlüssel und den KFZ-Schein mitgibt und einige Stunden Vorsprung läßt, bevor er die Polizei ruft?
3 Kommentare (RSS-Feed)
Ach ja: Noch etwas zum Thema Auto abstauben:
Als “Firma” bekommt man immer wieder Faxe von Autoaufkäufern, die Firmenfahrzeuge kaufen und nach den baltischen Staaten, oder dem nahen Osten überführen wollen. Sie bieten dann meist Barzahlung und wollen auch keine Garantiezusagen.
Man soll nur das empfangene Fax mit den Fahrzeugdetails ausfüllen und an eine (deutsche) Faxnummer faxen. Als Berufsparanoiker denke ich da natürlich gleich an pasende Anwendungen: Aufbau einer Datenbank (so ähnlich wie eine vulnerability database wie sie russiche (und andere) blackhats mit Hilfe von bots gerüchteweise schon aufgebaut haben). Wenn dann ein bestimmtes Modell mit bestimmter Ausstattung vom “Kunden” gewünscht wird, kann man in der Datenbank nachschauen, ob das Modell “verfügbar” ist und was es ungefähr wert wäre. Der “Händler” kann dann im Einigungsfaller vermutlich sehr schnell liefern, ob mit oder ohne Einverständnis des Vorbesitzers überlasse ich der Phantasie des Lesers.
“Wie früher an der Uni: Viele gehen davon aus, das Alice und Bob ehrlich sind und nur der böse Cecil die Kommunikation kompromittiert. Daß aber auch Alice oder Bob unehrlich sein könnten, ist für viele nicht vorstellbar.”
Ja! Das Autohaus könnte zum Beispiel den Mittelmann nur vorschieben … Man macht einen Termin für die Abholung aus, morgens. Jemand holt das Auto ab. Dann schickt man dem Kunden eine Postkarte, daß der Mitarbeiter (der dann halt etwas verspätet ist …) den Kunden leider nicht antreffen konnte. Ein Tag Vorsprung …
Ob es MITM ist oder nicht, läßt sich noch relativ einfach aufklären, indem man einn Verzeichnisdienst benutzt, genannt Telefonbuch und/oder gelbe Seiten. Bei einem Angebot des Autohauses sollte sich die Nummmer einfach verifizieren lassen. Das schützt einen natürlich nicht davor, das das Autohaus selbst der böse Bube ist.
Wie früher an der Uni: Viele gehen davon aus, das Alice und Bob ehrlich sind und nur der böse Cecil die Kommunikation kompromittiert. Daß aber auch Alice oder Bob unehrlich sein könnten, ist für viele nicht vorstellbar.
Aber einfach ein Besuch bei dem Autohaus, sollte Dir einen Eindruck vermitteln können, wie seriös das Angebot sein könnte.