Es geht bergab…
Unausweichlich, es gibt kein Entrinnen mehr.
Schon seit einiger Zeit bin ich der Überzeugung, daß es mit der Menschheit gerade bergab geht wie mit den Börsenkursen. Demokratie, Frieden und Wohlstand waren vorrübergehende Episoden des späten 20. Jahrhunderts. Von vielen Personalabteilungen hört man, daß man trotz hoher Arbeitslosigkeit kein geeignetes Personal mehr findet, oft nicht mal Leute, die noch richtig rechnen, lesen und schreiben können. Ein Bekannter sagte mir neulich, daß sie keine ordentlichen BA-Studenten mehr finden. Früher haben sich die Studenten bei ihnen beworben und sie konnten aus dem Vollen schöpfen. Heute müssen sie selbst an die Akademien, nach den wenigen guten Leuten fahnden und diese mit guten Bedingungen und höherer Vergütung anlocken.
Wir haben Gesellschaftsformen entwickelt, in denen die “Softskills” inzwischen wichtiger als das Beherrschen des Faches ist. Mit Sachkunde bekommt man zwar seine Stelle, aber Karriere macht man damit nicht mehr. Da gilt Sachkunde immer mehr als Hindernis, weil bei der heutigen Komplexität der Technik die Aneignung von Sachkunde überwiegend nur die Verschwendung der Zeit ist, die man zum Knüpfen der Netzwerke und Beziehungen gebraucht hätte. An immer mehr Stellen liest man, wie wichtig das Networking inzwischen sei. Es hinterläßt einen faden Beigeschmack. Networking ist so ein Euphemismus, so wie man heute als Product Placement bezeichnet, was früher Schleichwerbung hieß.
Der Extremismus nimmt zu. Immer mehr religiöse Eiferer rennen herum und verbreiten Unheil. Immer mehr Leute fangen auch hier an, seltsame Ansichten durchzusetzen, etwa dazu, wie sich Frauen verhalten und kleiden müßten, oder was man sagen dürfe und was nicht.
Und dazu gehören dann auch noch diese Kreationisten. Das sind die Typen, die die Ablehnung von Wissenschaft schlechthin auch noch als mehr wissenschaftlich hinstellen wollen, als die nach wissenschaftlichen Methoden gewonnene (und mit offenen Augen zu erkennende) Evolutionstheorie. Es packt mich das Grausen, wenn ich überlege, was ich allein in den letzten Tagen dazu gelesen habe:
- Auch in Europa fangen Kreationisten und Intelligent-Design-Verfechter an, den Kreationismus in die Lehrpläne zu drücken. Wobei im Artikel durchaus zu Recht kritisiert wird, daß sich die Wissenschaft viel zu wenig gegen den Unfug wehrt. Was allerdings nicht allzusehr verwundert, denn schaut man mal in die Berufungsverfahren für Professuren in Deutschland, dann wird da auch nicht nach Sachkunde gefragt, sondern nach Verflechtung in das Gefälligkeitennetz. Gefälligkeiten sind wichtiger als Befähigung. Wie will man von solchen Leuten erwarten, daß sie den Mund aufmachen?
- 20% der Deutschen, 15% der zukünftigen Pädagogen und sogar noch 7% der angehenden Biologie-Lehrer bezweifeln die Evolutionstheorie. Was in gewisser Weise dazu paßt, daß ja vor allem die schlechten Schüler selbst vom Lehrerberuf angezogen werden. Was soll da schon noch bei rauskommen?
- Zwar denkt man bei Kreationisten vor allem an die Amerikaner, von denen ja weit mehr an den Teufel als an die Evolution glauben. Seltsam ist dabei, daß sie immer noch eher an die Evolution als an den Kreationismus glauben sollen. Wobei ich dann gerne mal die, die an den Teufel aber nicht an den Kreationismus glauben, fragen würde, wo der Teufel herkommt. Evolutionärer Seitenzweig?
Komischerweise scheinen auch Katholiken eher der Evolutionslehre zu vertrauen als Protestanten. Kapier ich nicht ganz. Überdrehen die Katholiken so weit, daß ihnen ihre eigenen Leute nicht mehr glauben?
- Nett zu lesen ist auch der Artikel über Die kruden Thesen deutscher Anti-Darwinisten.
- Und das kann dabei herauskommen: Viel Streit und die Schöpfungstheorie vom großen Nudelmonster.
Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, daß wir uns in 15-20 Jahren nicht mehr wiedererkennen werden.
Nachtrag:Dieses Interview habe ich noch vergessen. Da werden nämlich noch weitere Schwächen der Ausbildung aufgedeckt. Unter anderem daß es nicht nur an der Religion liegt, sondern am Versagen der Wissenschaft. Die Wissenschaft erscheint nur als ein weiterer Dogmatismus, weil es versäumt wird, wissenschaftliches Vorgehen zu lehren. Zitat Dittmar Graf:
Wenn jemand nach 13 Schuljahren noch nicht einmal ahnt, wie Wissenschaft funktioniert, dann läuft dort etwas schief. Vielfach thematisiert die Schule Wissenschaftstheorie überhaupt nicht.
Das kann ich insoweit auch bestätigen, mir ist sogar an einer Informatik-Fakultät viel mehr Dogmatismus als Wissenschaft begegnet. Wissenschaft ist an unseren Universitäten häufig nicht mehr als daß man sich irgendeine mehr oder weniger originelle Meinung heraussucht, diese vertritt und aufgrund gegenseitiger Rücksichtnahme darin auch nicht angegriffen wird. Viel zu viel, was an unseren Unis läuft ist tatsächlich nur dogmatisch.
5 Kommentare (RSS-Feed)
Vielleicht liegt die stärkere Anfälligkeit der Protestanten daran, daß die Katholiken ihre Religion nur selektiv ernst nehmen, gerade weil sie die gröberen Zumutungen bereit hält (Unfehlbarkeit d. Papstes, Weiheunwürdigkeit der Frauen, Zölibat, …).
Oder es liegt an der zentralistischen, hierarchischen Struktur der kath. Kirche. Wenn da mal was nach oben durchgedrungen ist, dann ist es – zumindest für die offiziellen Organe, also Bischöfe, Priester, verbindlich.
Ich kenne mich mit der verfaßtheit der protestantischen/evangelischen Kirche nicht aus, aber ein zentrales Wahrheitsorgan haben die nicht, d.h. man müßte jeden Dorfpfarrer separat überzeugen. So kann es dann viel progressivere als auch reaktionärere Haltungen geben, aber keine gemeinsame, verbindliche.
Vielleicht interessiert Dich auch dieser Blog: http://scienceblogs.com/goodmath/2009/02/it_never_stops_another_silly_c.php oder habe ich den Dir schon genannt, oder hab ich den überhaupt von Dir? 🙂
@Battleaxe
Also ich finde, weder Darwin noch ID haben Probleme oben erwähnte Entwicklungen zu erklären:
Fleischfressende Pflanzen:
ID: Da per definitionem Gott einfach das so fügt wie er will, braucht man keine weiteren Erklärungen (so habe ich wenigstens ID verstanden). Das ist das schöne bei dem Glauben an einen allmächtigen Gott, man braucht keine logischen Erklärungen.
Darwin:
Fangen und Verdauen müssen nicht unbedingt gleichzeitig entwickelt worden sein. Es reicht, zuerst das Fangen zu entwickeln.
Da bleiben die Tiere hängen, sterben, wenden zersetzt und geben Dünger für die Pflanzen. Dabei kann Fangen erstmal einfach z.B. durch irgendwelche Widerhaken oder klebrige Flüssigkeit erfolgen. Der Vorteil vom Fangen ist, daß man nicht erst warten muß, bis sich ein Tier bequemt in unmittelbarer Nähe der Pflanze zu sterben udn so Nährstoffe zu liefern.
Danach entwickelt sich das “verdauen”. Weil diejenigen Pflanzen, die selbst “verdauen” mehr von dem “Dünger” anbekommen, als diejenigen, die nur fangen us sich darauf verlassen, daß sie schon das meiste von den Dünger bekommen, haben die einen evolutionären Vorteil.
Nachdem sich Fangen und Verdauen als evolutionärer Vorteil erweisen haben diversifizieren sich die verschiedenen Pflanzen und setzen auf verschiedenen Strategien beim Fangen z.B. Honigtopf (womit wir wieder bei der Informatik wären) oder *schnapp*.
Staatenbildende Insekten:
ID: s.o.
Darwin: Auch hier denke ich, daß es über verschiedene Stadien ging.
1. Gemeinsamer Familienverband. Vorteil Arbeitsteilung udn Versorgugn der nachkommen, wenn einer der Familienmitglieder ausfällt. Das hat auch bei Menschen sehr lange funktioniert und funktioniert noch bei bestimmten sizilianischen oder kalabrischen Familien.
2. Verzicht auf Fortpflanzung einzelner Familienmitglieder zum Wohle der Verwandten. Daß dabei einige sich nicht vermehren ist nicht weiter schlimm, weil die “Nichten und Neffen” ja das Erbgut weitertragen.
3. Spezialisierung der “Familienmitglieder, bis schließlich nur noch “Königin” (+ einige wenige Männchen) sich fortpflanzt. Evolutionärer Vorteil. Die Spezialisten (Nahrungsbeschaffung, Verteidigung, etc.) können einzelne Aufgaben besser erledigen als Generalisten und haben dadurch bessere Überlebenschancen. Eine Gruppe Informatiker, die für ein Projekt für jeden Teilbereich den passenden Spezialisten verwendet, anstatt für alle Bereiche Leute zu nehmen, die zwar alles ein bischen, aber nichts richtig beherrschen, dürfte ein Projekt besser und schneller verwirklichen. Auch in der Entwicklungsgeschichte der menschheit haben sich die Frotschritte gesteigert, als die Menschen immer mehr anfingen sich zu spezialisieren.
Parasiten:
ID: s.o.
Darwin:
Auch hier sehe ich keine grundlegenden Probleme.
Die Parasiten könnten sich aus einer Symbiose heraus oder aus einem versehentlichen “Eindringen” von Kleinstlebewesen in größere entstanden sein. Ob ein Bakterium sich an einem abgefallenen Blatt in der freien Natur oder im Magen eines Pflanzenfressers gütlich tut, sollte diesem Bakterium egal sein.
Und irgendwann werden diejenigen, die den Ritt durch die Verdauungsorgane eines anderen Tieres überstehen im evolutionären Vorteil sein. Wenn die dann noch auf den Trichter kommen, daß man das “Wirtstier” auch zur Energiegewinnung benutzen kann, ist der Weg zum Parasiten nicht mehr weit.
Auch bei den Menschen ergeben sich solche Situationen. Arbeitsteilung (=Symbiose ) verhilft einer Gruppe von Menschen zum Vroteil gegeüber anderen, bei denen jeder alles selbst macht. Wenn allerdings dann bei dieser Arbeitsteilung einige anfangen gleicher als andere zu werden, hat man den Fall von Parasiten. Warum der Wirt den Parasiten duldet? Vielleicht weil er den Parasiten benötigt um bessere Überlebenschancen zu haben, und ihm dafür eine größeren Teil vom Kuchen abgibt? z.B. Mehrkößpfige Band, die nur gemeinsam Erfolg haben kann, aber einer davon ein größeres Stück vom Kuchen haben will als andere, weil er der Meinung ist er braucht das.
Zusammenfassung:
Ich finde die Evolutionstheorie gar nicht mal so daneben, auch wenn sie sicher in einigen Punkten noch verfeinert werden könnte. Sie kann sehr vieles Erklären und man findet kaum etwas was man damit nicht erklären könnte., zumindest wenn man mal ein wenig darüber nachdenkt.
Was allerdings nicht heißen soll, daß das fliegende Spaghettimonster damit vom Tisch wäre. 😉
Battleaxe: “Nach Darwin muss jeder Zwischenschritt einen Selektionsvorteil bieten.”
Ist das so? Sagt Darwin das? Genügt es nicht, wenn ein Merkmal keinen Nachteil bietet?
Das kommt noch dazu.
Momentan vervielfachtensich in dem Genpool der Menschen auch Gene, die in der “freien Natur” dazu führen würden, daß diese Genlinien sehr schnell rausselektiert werden. Beispiel: Kaiserschnitte nehmen imme rmehr zu. Das hängt nicht nur damit Zusammen, daß die Frauen es “bequemer” haben wollen und die Ärzte dafür auch mehr Geld sehen,. insbesodnere wenn es Privatpatienten sind, sondern daß auch die babies mit den “Komplikationen” gerettet werden, die früher einfach zum Tod des Kindes und ggf. der Mutter geführ und damit die Genlinie gestoppt hätten
Genauso mit Erbkrankheiten, die mit der modernen Medizin behandelbar sind und damit kein “Nachteil” im Sinne der Evolution sind. Diese verbreiten sich dadurch mehr im Genpool..
Das muß alles allerdings nicht nachteilig für die “Menschheit” insgesamt sein, aber für den einzelnen kann das doch zu schweren Belastungen führen.
Ich denke, die Evolution funktioniert udn erklärt vieles nachvollziehbarer als ID und ähnliche Theorien, die nur darauf basieren, daß man glaubt.. z.B. das die Gittheit einfach nur geniest hat und damit das Universum entstanden ist. 🙂
BTW: Der FF-Cache-Fehler ist wieder da.
Zum einen glaube ich dass Du langsam alt wirst. 🙂
Deine Klagen über das Versagen der zukünftigen Erwachsenen reihen sich nahtlos in ein Wehklagen über die Jugend seit den Babyloniern über die Griechen und Römer bis zu Dir.
Trotzdem pflanze ich mein Apfelbäumchen und erziehe Kinder. Sie werden ihren Weg finden.
Zur Evolutionstheorie: Ich bin GWuP Mitglied und ständig am Kämpfen für das Einschalten des Gehirns bei “Funkantennenbelastung” (wobei ich durchaus dafür bin Elektrosmok so weit es geht zu vermeiden) bis “Nahrungsergänzung” (gerade die, die sich wirklich gut ernähren denken dass sie zu wenig machen 🙁 ).
Man hat wirklich das Gefühl, dass die RTL-isierung funktioniert und Denken nicht mehr gefragt bzw gewünscht ist.
So, nun zur Sache.
Ich habe bisher nichts gefunden wie komplexe Fortschritte, die nur im Zusammenhang Sinn machen erklärt werden können.
Beispiele:
– Fleischfressende Pflanzen. Diese brauchen GLEICHZEITIG zwei Fortschritte. Zum einen die “Fangfähigkeit” (Klappblätter bei Venus oder Kleber bei Sonnentau bzw. Kanne) und gleichzeitig “Verdauungssäfte” um die Insekten aufschliessen zu können. Nur mit dem !Fertig!-entwickelten Fangapparat und dem !Fertig!-entwickelten Verdauungsapparat hat die Pflanze einen Entwicklungsvorsprung in ihrer Nische. Ich kann leider keinen Weg finden bei dem die Vorstufen (Verdauung oder Fangen) einzeln Vorteile hätten die Wahrscheinlichkeit spricht auch dagegen.
– Staatenbildenden Insekten. Sie brauchen Pheromone Spezialisierungen und vieles anderes mehr. Darwin hatte hier auch schon Probleme Sie mit seiner Theorie d’Accor zu bekommen. Er löste das in dem er nur die Konkurrenz der ‘fertigen’ Staaten untereinander betrachtete. Für mich ist jedoch mit seiner Theorie nicht im geringsten erklärbar wie alle für das komplexe Staatengebilde unabdingbaren Voraussetzungen (Sexunterdrückung, Spezialisierung, Sozialverhalten und die steuernden Pheromone) sich unabhängig voneinander gleichzeitig entwickelt haben können (und nicht Vergessen: Nach Darwin muss jeder Zwischenschritt einen Selektionsvorteil bieten).
-Alle Parasiten
Ich kann nicht erkennen, dass Darwin das erklärt.
ID auch nicht, da hakt es ebenso wie bei den Büchern Mose.
Irgend etwas fehlt noch. IMHO hat Darwin nur bei der Microevolution Recht. Leider kleistern die Kreationisten mit Gott auch den Verstand zu.
Da fehlt noch was. Wir brauchen einen DarwinII.