Und nochmal zur Schweiz…
Im SPIEGEL ist ein nicht gerade guter, nichtsdestotrotz – oder gerade deswegen – lesenswerter Artikel über den Streit zwischen Deutschen und Schweizern erschienen.
So richtig arschkriecherisch ist die Art und Weise, in der der SPIEGEL da Verständnis für die arme schweizerische Seele heuchelt und den bösen Steinbrück da anprangert. Der SPIEGEL ist schon lange nicht mehr das, was er mal war. So nach dem Motto, weil die Schweizer immer so übertrieben freundlich sind (was stimmt, auf mich eher abstoßend und unehrlich wirkt, weil es keine ehrliche, sondern oft eine distanzierte, meist sogar zynisch aufgesetzte Schein-Freundlichkeit ist), müßte man mit ihnen genauso reden. Sehe ich nicht so. Ich schätze das klare, verständliche Wort. Diese lubrikante und gleichzeitig verlogene Gefälligkeitsformuliererei war es schließlich, weshalb ich mich mit der ETH Zürich so in die Wolle bekommen habe.
Einen interessanten Absatz habe ich in diesem Artikel des SPIEGEL gefunden:
Die Schweizer leiden darunter, von den Deutschen nicht ernst genommen zu werden, sie wissen, dass die Deutschen, mehr noch die Norddeutschen, sie als putziges Bergvolk mit einer lustigen Sprache sehen, als heiles Urlaubsland, nicht als die multikulturelle, globalisierte Ökonomie, die sie sind; und sie wissen eher selten, dass es in Deutschland neben diesem positiven, idyllisierten, falschen Bild ihres Landes noch ein zweites, negatives, ebenso falsches gibt, vor allem bei der Linken verbreitet: die Schweiz, ein spießiger Hort unrechtmäßig erworbenen Reichtums.
Wie man ein Land, das so überdreht und extrem auf ein paar Worte reagiert, noch ernst nehmen könnte, müßten sie dann halt mal erklären, wenn sie ernst genommen werden wollen.
Und was ich auch seltsam finde, daß die Schweizer hier gleich mit Vergleichen aus dem Dritten Reich hantieren und das Bild vom hässlichen Deutschen hinstellen. Eigentlich sollte man heutzutage wissen, daß sich jeder Vergleich mit dem Dritten Reich verbietet und in den meisten Fällen heftig nach hinten losgehen kann. Solche Schläge unter die Gürtellinie bringt man einfach nicht, das ist ganz miserabler, erbärmlicher Stil. Man könnte dabei nämlich auf folgenden Gedanken kommen: In Deutschland lebt kaum noch jemand, der für das Dritte Reich verantwortlich oder schuldig war. Dazu müßte man spätestens 1945 mindestens etwa 18 Jahre alt gewesen sein, somit heute mindestens 82 Jahre alt. Eher deutlich älter. Das sind nicht mehr so viele. Den erst später Geborenen wird man zumindest nicht ohne weiteres schwere Vorwürfe machen können, von den Spätprofiteuren mal abgesehen (vgl. z. B. “Schweigen der Quandts”). Die Schweizer sitzen aber immer noch auf Nazi-Gold und damals enteigneten Vermögen (siehe z. B. hier, hier und hier). Wer im Glashaus sitzt sollte sich das Steinewerfen überlegen.
Ich habe durchaus den Eindruck – und nicht erst seit dieser Angelegenheit – daß die Schweizer doch zu sehr Bergvolk sind und nicht so richtig mitbekommen (wollen), was in der Welt um sie herum passiert. Die sind sich selbst genug. Ist ja auch leicht, solange man kontinuierlich mit illegalem Geld versorgt wird und sich an diese Art der kriminellen Alimentierung gewöhnt hat. Kein Wunder, daß die so empfindlich reagieren, wenn der Geldstrom zu versiegen oder zumindest abzuebben droht.
Und richtig bezeichnend finde ich, daß der schweizerische Verteidigungsminister Ueli Maurer (auch, wenn es nur ein Namensvetter ist, bekomme ich schon eine Allergie, wenn ich den Namen nur höre) erklärt, seinen S-Klasse-Mercedes gegen einen Renault Espace eintauschen zu wollen. Das könnte mehr Symbolkraft haben, als er sich vorstellt und die künftige Entwicklung vielleicht vorauszeichnen. Vielleicht werden da bald noch mehr von S-Klasse auf Mittelklasse-Renault umsteigen müssen.