Der Wahlkampf, die Wähler und die Verfassung
Und wieder einer, der die Verfassung über den Haufen werfen will – und damit vielleicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Nämlich Wahlkampf machen und die Verfassung loswerden.
Diesmal ist es Müntefering (siehe SPIEGEL oder Handelsblatt) der eine komplett neue Verfassung fordert.
Der erste Witz daran: Er sagt mit keinem Wort, was er an der alten Verfassung ändern will oder worin sich die neue unterscheiden soll. Es geht ums Ersetzen an sich, egal was. Einfach irgendwas ändern.
Der zweite Witz daran: Die Begründung. Nun fällt denen nach 20 Jahren ein, daß die DDR auch fleißig arbeitende Leute gehabt hat, denen man damals eine gemeinsame Verfassung versprochen hatte. Nun wird behauptet, daß der Hauptschmerz der Ossis darin läge, daß wir ihnen damals unsere Verfassung übergestülpt haben. Also müßte eine neue Verfassung her. Und daß die ehemaligen DDR-Bürger das Recht hätten, stolz zu sein.
So ein Schwachsinn.
Es ist Wahlkampfzeit, und die versuchen offenbar, sich die Wähler mit noch so dämlichen Sprüchen zu holen. Nun versuchen sie also, den Ossis den Bauch zu pinseln. Nach der Wahl ist das Thema ohnehin vergessen. Bemerkenswert immerhin, wie leichtfertig die wieder einmal für ihre Zwecke die Verfassung über den Haufen werfen.
Es geht aber noch schräger, für die Wessis haben sie auch was im Angebot: Künftig soll jeder, der auf die Abgabe einer Steuererklärung verzichtet, eine Prämie von 300 Euro bekommen. Da ist die Steuererklärung nur das Vehikel für die Wählerzielgruppe. Sowas betrifft nämlich alle die, die generell keine Steuerklärung abgeben oder weniger als 300 Euro Steuererstattung erwarten. Und das sind die Geringverdiener, Hartz IV-Empfänger, Rentner. Eine ziemliche Menge Leute. Und all denen wird nun versprochen, daß sie künftig 300 Euro im Jahr geschenkt bekommen. Denn man verspricht ihnen das Geld dafür, daß sie etwas unterlassen, was sie sowieso nicht tun. Einfach so.
Man könnte auch versprechen, daß man bei einem Wahlsieg der SPD jedem Geld jährlich Geld schenkt, wenn er darauf verzichtet, zum Mond zu fliegen. Nur daß das über die Zielgruppe hinausginge. Also nimmt man die Steuererklärung als Vehikel zur Zielgruppenwahl. Hört zu, wenn Ihr uns wählt bekommt Ihr jährlich 300 Euro cash auf die Kralle.
Früher nannte man sowas Wählerbestechung:
§ 108b StGB: Wählerbestechung
Wer einem anderen dafür, daß er nicht oder in einem bestimmten Sinne wähle, Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. […]
4 Kommentare (RSS-Feed)
Au weia, da hat er Recht…
Bei einer Wahlbestechung erwarte ich aber, daß ich die Prämie bekomme, egal ob es am Ende langt. So wird das nix mit 108b.
Da steht “verspricht…”
Nene, Wählerbestechung ist das, was man Bingo-Voting verhindern können will. *eg*