Hygiene-Zustände in der Bäckerei
Vorhin dachte ich, ich seh nicht recht.
Ich war beim üblichen samstäglichen Einkauf, der mich auch an einer Bäckerei vorbeiführt. Eine Filiale einer bekannten Bäckereikette aus dem Münchner Raum.
Nun bin ich ja generell nicht gut zu sprechen auf Münchner Bäckereien. Ich habe nämlich noch keine gute gefunden. Ich esse sehr gerne Laugenbrezeln. Gehe ich in Karlsruhe, Stuttgart, Frankfurt, Berlin in eine Bäckerei, bekomme ich ordentliche Laugenbrezeln. Sogar an den Tankstellen. Nur in München nicht. Schreckliche, bockelharte, zähe Dinger, wie ein Beißknochen für Hunde. Zu lange gebacken, furztrocken, dunkel. Und teuer. Die können hier einfach keine Laugenbrezeln backen. Deshalb heißen die Dinger hier wohl auch Brezen und nicht Brezeln. Irgendwer muß ihnen wohl verboten haben, sowas eine Brezel zu nennen. Unglaublich, wieviel die sich auf ihre Brezen einbilden, dabei sind die richtig schlecht. Die bislang noch beste und dem Begriff am nahe kommendste Brezel habe ich ausgerechnet in einer Tankstelle gekauft. Und die Brötchen schmecken oft, als hätte man den Teig mit eingeweichtem Recycling-Papier gestreckt. Manche sehen sogar so aus.
Naja, jedenfalls war ich vorhin wieder mal in der Bäckerei. Nicht weil sie gut ist, sondern weil sie auf dem Weg liegt und ich noch nicht viel besseres gefunden habe.
Manchmal fallen mir so Kleinigkeiten auf. Nichtigkeiten, über die andere drüber hinweggehen würden. Bei denen ich mir aber schon frühzeitig sicher bin, daß da irgendwie das Unheil seinen Lauf nehmen wird, wenn ich nur dabeistehen bleibe und ihm dabei zusehe. Als würde sich das Unheil extra für mich aufspielen.
Während mir die junge freundliche Verkäuferin hinter der Theke mein Zeugs rübergibt, steht so eine stämmige, grobe Verkäuferin von bayerischer Physiognomie und ebenso bayerischem Benehmen neben mir, also auf der Kundenseite der Theke, und bittet die jüngere, ihr mal den Besen rüberzugeben. Die Junge gibt ihr den Handbesen rüber, der, wie mir da so auffiel, eigentlich die ganze Zeit auf der Theke gleich hinter den offenen Backwaren lag, die da ausgestellt sind.
Den Besen kenne ich. (Also ich meine den Besen und nicht die Verkäuferin.) Den habe ich Samstags schon öfter gesehen. Ein langer schmaler Handbesen. Nicht wie ein Handfeger, sondern lang und schmal, statt mit Griff mit einer Griffleiste, oben der Länge nach. Fast wie ein sehr dünner Hausbesen, nur eben ohne Stiel. Ich hatte früher schon einige Male beobachtet, wie sie mit diesem Besen die Holzfächer ausfegen, in denen hinter ihnen an der Wand die verschiedenen Brote liegen.
Schon das war mir mehrfach aufgefallen, weil ich es etwas seltsam fand, die Brotkästen mit einem Handbesen auszufegen. Es sammeln sich dort eben Krümel und Mehl. Besen sind für mich per se etwas unhygienisches, weil zwischen den Borsten ein idealer Lebensraum für Bakterien, Pilze, Milben usw. ist, und weil man sie eigentlich nie wieder richtig sauber bekommt. Aber viel gedacht hatte ich mir dabei nicht, denn eine Trockenreinigung der Fächer hat eben auch den großen Vorteil, daß sie trocken bleiben. Feuchtigkeit wäre da ganz übel und würde den idealen Nährboden bereiten. Und bekanntlich schimmeln in der Küche ja auch nur ganze Brote, aber nicht einzelne Brotkrümel, weil die eben zu schnell austrocknen. Trocken ist an sich gut. Ich hatte mir daher nichts weiter bei gedacht, es würde schon seine Richtigkeit damit haben.
Vorhin jedoch ging da bei mir irgendwie die Aufmerksamkeitsdrüse an. Als die junge der älteren den Besen so unbekümmert über die gesamten Backwaren drüberreichte, ging bei mir irgendwie der Hygiene-Reflex an. Aus Besen rieselt immer Dreck raus, sowas hält man nicht über offene Lebensmittel. Und überhaupt, was will die denn außerhalb der Theke mit dem Brote-Besen? Sie fing an, die Vorderseite der Theke damit abzukehren. So richtig schwungvoll. Da hatten sich nämlich auch auf der Kundenseite, so an der Kante zwischen Tischplatte und Glasscheiben, jede Menge Krümel und Kleinzeugs gesammelt. (Ich bin mir jetzt nicht mehr ganz sicher, ich glaube sogar, daß die Scheiben nicht ganz runtergingen und zwischen Platte und Scheibe etwas Platz war.) Jedenfalls kam es mir seltsam vor, daß die da so von außen (wo es ja eigentlich unsauber ist) drüberkehrte und das Zeug mit Schwung auf den Boden kehrte, daß es fast einen Meter weit flog. Und zwar genau über meine Schuhe und Socken (hatte kurze Hosen an). Und ich mags gar nicht, wenn mir die Brotkrümel oben in die Socken fliegen und zwischen den Schnürsenkeln oder im Stoff meiner Schuhzunge hängen. Und deren Kehrricht in meiner Beinbehaarung hängen zu haben findet auch nicht meine Begeisterung. Also ging ich einen Schritt zurück. “Es geht schon, Sie können ruhig stehen bleiben” meinte die Stemmige. “Ich gehe nicht zurück, um Sie durchzulassen, sondern weil ich den Dreck nicht auf meinen Schuhen haben will!”, entgegnete ich ihr mit betont verärgertem Unterton. “Das stört doch nicht, Sie haben doch geschlossene Schuhe an!” Wenn ich so einen Quatsch an den Kopf geworfen bekomme, bekomme ich schlechte Laune.
Also bleibe ich statt zu gehen einfach stehen und beobachte sie, was sie da jetzt mit dem Besen treibt. Kehrt fleißig alles ab, auch das Standregal bis runter zum Boden, auch kurz auf dem Boden. Der Besen kommt mehrfach mit dem Boden in Kontakt, wo die Leute mit dreckigen Schuhen rumlaufen, Hunde sitzen usw. Und macht dann mit der Vorderfront der Theke weiter. Wieder fast bis runter auf den Boden. So über die Reliefstruktur in der Höhe, wo kleine Hunde ihren Kopf so haben. Mit dem Besen, mit dem sie auch die Brotfächer auskehren. Ihr fällt inzwischen auf, daß ich da wortlos stehe und ihr grimmig zuschaue, obwohl ich längst hätte weg sein müssen. Andere Kunden kommen gerade herein. Sie ist irritiert und fragt, ob es noch was gibt. “Och,” sage ich, “ich schaue Ihnen gerade zu und mache mir so meine Gedanken über die Hygiene.” Ja, grinst sie mich etwas unsicher rechtfertigend an, warum sollte sie das denn mit einem Lappen machen, wenn es mit dem Besen doch viel einfacher und schneller geht. Da würden mir schon ein paar Gründe einfallen. Oder vielleicht auch Gründe, sich einen zweiten Besen zu beschaffen. Bei den Preisen, die die nehmen, müßte ein Nußhörnchen schon für einen neuen Handbesen reichen. Für das, was ich für die Erdbeerschnitte angelegt hatte, bekäme man schon den Besen für Fortgeschrittene. Ich sage aber nur kurz, daß ich das Thema Hygiene mal mit ihrer Geschäftsleitung besprechen würde. Das Web-und-Email-Zeitalter hat ja auch seine Vorteile.
Sie guckt konsterniert, sagt noch, daß der Besen ja zwischendurch wieder gewaschen würde. Ich gehe. Sie hat mir den Appetit verdorben, ich ihr den Samstag. Mal sehen, was die Geschäftsleitung dazu sagen wird. Bei solchen Hygiene-Fragen bin ich nur bedingt tolerant. Mein Humor setzt andere Schwerpunkte. Die hohen Preise tun ein übriges.
3 Kommentare (RSS-Feed)
Die Bäckerei ist vornehin offen. Du glaubst doch nicht im Ernst, daß der Bayer seinen Dackel weggibt oder die da was sagen.
Hallo,
auch ich bin eine Bäckerei-Fachverkäuferin und möchte mich zu der Hygiene in unserer Bäckerei aüssern:
Auch wir finden es ekelhaft, wenn sich der Kunde in die Hand niest, um uns dann das Geld, womöglich noch direkt in die Hand, zu geben. Oder Kunden, die grad noch auf dem Parkplatz am Baum gepuscht haben, zu uns reinkommen und was kaufen möchten, Ekelhaft!
Und bitte, bitte liebe Kunden. Legt das Geld bitte auf den Zahlteller und drückt es uns nicht in die Hand, das mag fast keine Verkäuferin/Kassiererin!
Wir haben alle einen Gesundheitspass, heisst: wir haben alle eine Kurz-Belehrung in sachen Lebensmittelhygiene mitgemachtund wir waschen uns ständig die Hände. Bitte liebe Kunden: Benehm Euch auch mal etwas hygienischer! Dankeschön
Im Prinzip Verständnis, aber was hat ein Hund in der Bäckerei verloren? Das ist doch wohl ohnehin verboten.
Oder ist das eine Bäckerei, bei der die Kunden draußen stehen, wenn sie bedient werden?
Achja, und Brezeln kenne ich in Bayern in der knusprigen Form, nicht aus dem meist weichen Laugenteig, und mag beide Sorten. Und zu teuer sind auch beide Sorten. 🙂