Fotorecht: Google Street View?
Gerade kam im Ersten ein reißerischer Bericht über Google Street View.
Die große Datenkrake, die fiesen Datenschlepper. Fotographieren alles, und die Bilder wurden nach Kalifornien gebracht, bevor wir hier irgendwas dagegen unternehmen konnten (oder aufgewacht sind). Ach wie schlimm das alles. Es könnten ja Leute auf Bildern erkannt werden.
Sicher, das kann man nachvollziehen.
Man kann aber auch etwas anderer Meinung sein.
Ich war gerade auf Reisen und fand es überaus angenehm, die Reise in Neuseeland mit den Straßenkarten, Satellitenaufnahmen und den StreetView-Aufnahmen von Google zu planen. Allein schon das macht es schwer, sich der Kritik uneingeschränkt anzuschließen. Ich kann nicht einerseits Google Street View selbst benutzen um in anderen Ländern zu gucken, dann aber dagegen sein, daß die bei uns gucken.
Generell kann ich auch die Behauptung (noch) nicht nachvollziehen, daß das gegen deutsches Recht verstößt. Zwar hat Report München das Gutachten eines Juraprofessors erwähnt, aber etwas konkretes haben sie nicht gesagt, und das Manuskript ist noch nicht draußen.
Wenn ich fotographiere, nehme ich die Panoramafreiheit für mich in Anspruch. Und viele andere tun das auch. Man denke nur an die Aufregung um das Fotoverbot für das Schloß in Potsdam, weil man es nur von Privatgrund aus sehen kann.
Generell gilt hier eben § 59 UrhG:
§ 59 Werke an öffentlichen Plätzen
(1) Zulässig ist, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.
(2) Die Vervielfältigungen dürfen nicht an einem Bauwerk vorgenommen werden.
Google Maps darf zumindest also Häuser von der Straße aus fotographieren und öffentlich wiedergeben. Und die Personen? Siehe § 23 KunstUrhG:
(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
Ich denke, die Sache mit dem Beiwerk aus Abs. 1 Nr. 2 dürfte hier in den meisten Fällen zutreffen. Da sehe ich eigentlich nur, daß ein berechtigtes Interesse gegenstehen muß. Und das ist eben nicht so, daß von vornherein und per se jeder ein berechtigtes Interesse hat, nicht fotographiert zu werden. Das muß schon im Einzelfall dargetan sein.
Zugegeben, dann, wenn ein solches Interesse besteht, darf Google die Bilder gar nicht erst veröffentlichen. Und wie man das klärt, ist durchaus problematisch. Einfach ist die Sache nicht. Aber eben auch nicht pauschal verboten.
Ein anderer kritischer Punkt könnte der Kamerastandpunkt sein. Da Google in der Regel (ich habe von seltenen Streitfällen beim Befahren von Privatstraßen gelesen) auf normalen Straßen fährt, machen sie die Aufnahmen von öffentlichen Plätzen. Fraglich wäre allerdings die Höhe, denn die Kameras sind in der Höhe von 2,90 Meter angebracht. Die Panoramafreiheit gilt nur für normale Sicht, ich darf dazu beispielsweise nicht auf einem Baum oder eine Mauer klettern.
Aber 2,90 Meter? Jemand, der 2,20 bis 2,30 Meter groß ist, und solche Leute gibt es, schafft das freihändig. Warum aber sollten es manche dürfen und andere nicht?
Auch aus dem Fahrerhaus eines LKW oder aus einem Omnibus wird man ohne weiteres in dieser Höhe legale Bilder machen dürfen. Oder hätte jemand schon mal davon gehört, daß Touristen bei Stadtrundfahrten in Bussen gegen Recht verstoßen, wenn sie aus dem Fenster knipsen?
Mir ist bei dieser schreierischen Meinungsmache nicht wohl. Natürlich kann man das anzweifeln, was Google macht. Und ich habe ja selbst schon lange den Verdacht, daß hinter Google eigentlich der amerikanische Geheimdienst steckt, und die Suchmaschine nur eine grandiose Legende für das offene und unversteckte Absuchen von Webseiten, Überwachen von E-Mail, Aufdecken von Personenbeziehungen, Überwachung des Aufenthaltsortes, Fotographieren der ganzen Welt ist. Quasi eine Symbiose aus ständiger Überwachung von Menschen bei gleichzeitiger Dienstleistung, damit die Leute sich bewußt und wissentlich überwachen lassen. Die beste Tarnung ist, etwas offensichtlich zu machen. Kann man als perfide ansehen. Das, was Google über die ganze Welt sammelt, paßt einfach zu gut auf das, was ein amerikanischer Geheimdienst über die Welt wissen will. Und woher die sich in den ersten Jahren finanziert haben, ist mir auch nie klar geworden.
Bevor man aber zu laut schreit, sollte man sich überlegen, was man tut. Google nimmt hier mehr oder weniger die Rechte in Anspruch, die ich mir selbst nur ungern nehmen lassen würde. Wenn Google nicht einfach auf die Straße gehen und auf den Auslöser drücken darf – warum sollte ich, warum sollte die Presse es dann dürfen? Warum sollten ein Reporter oder eben ich bessere Rechte als Google haben? Es Google zu verbieten heißt damit in der Konsequenz auch, das Fotographieren und die Berichterstattung generell einzuschränken.
Will man das? Ich jedenfalls will das nicht.
Ich mag zwar den Chaos Computer Club und dessen einseitiges und teils doch ideologisches Geschrei nicht, aber die hatten da einen interessanten Vortrag des Berliner Fotographen Axel Schmidt (den kannte ich zwar vorher nicht, haben dessen Namen aber schon mehrfach in hochaktuellen und exzellenten Pressefotos auch von Demonstrationen, Polizeiaktionen usw. in den Bilddaten gefunden, schon deshalb interessant). Es geht auch um die Frage, ob das Urheber- und Fotorecht nicht auch die Berichterstattung erschwert.
Und da sehe ich die Gefahr.
Wer jetzt gegen Google Street View wettert und rechtliche Maßnahmen fordert, der muß dann schon mal erklären, warum das nur für Google, aber nicht auch für Privat-, Amateur-, Profifotographen und Bildjournalisten gelten sollte.
Ich habe so den Verdacht, daß wir uns da gerade ohne es zu merken selbst eine Kunst- und Pressezensur bauen. Und wer weiß, vielleicht hat das Aufwiegeln gegen Google Street View ja diesen Zweck. Schließlich werden eine unabhängige Berichterstattung und private Meinungen in Blogs hier schon sehr stark zurückgedrängt. Nirgendwo sonst auf der Welt fühlen sich die Menschen so in ihrer Meinungsfreiheit im Internet bedroht. Da finde ich es erstaunlich, daß es die Aufregung um Google Street View so bisher nur in Deutschland gibt, als ob die jemand als Vehikel hernimmt, um das Fotorecht massiv einzuschränken. Selbst nicht mehr fotographieren zu können und auch keine Bilder in der Zeitung mehr zu finden halte ich für viel bedrohlicher als Google Street View.
Ein Schelm, wer sich beim Fernsehen noch selbst was denkt.
Nachtrag 1: Ein Zitat von dieser Seite des Bayerischen Rundfunks:
Widersprüche sollen Gehör finden
Laut Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte das Unternehmen zu, Widersprüche von Hausbesitzern und Bewohnern zu beachten. Wenn Bürger Einwände dagegen hätten, dass sie oder ihr Haus bei “Street View” zu sehen seien, werde Google das berücksichtigen. Außerdem könne man sich bei Google darüber informieren, wo die auffälligen Kamerawagen mit den Panoramakameras auf dem Dach gerade unterwegs sind.
Von vornherein unkenntlich gemacht werden von Google laut Herrmann Aufnahmen von Gesichtern, Autokennzeichen und Hausnummern. Zu bestimmten Zeiten an einzelnen Orten anwesende Personen dürften nicht erkennbar sein, so Herrmann.
Darf ich jetzt auch keine Häuser mehr fotographieren, wenn irgendwer was dagegen hat?
Wird hier nicht ganz bewußt die Falschinformation gestreut, daß ein Hausbesitzer das Fotographieren seines Hauses untersagen könnte?
19 Kommentare (RSS-Feed)
@VODAN:
OK, dir kommt es also auf die Höhe der Kamera ohne Leitern usw. an.
Das ist gefährlich, denn dann müßte man auf die Körpergröße des Fotographen abstellen. Und das wäre verfassungswidrig (Gleichheit vor dem Gesetz, keine Benachteiligung wegen Rasse, Geschlecht usw.)
Außerdem gibt das BGH-Urteil gerade nicht her, daß Google Street View zu verbieten wäre, denn der BGH sagt ausdrücklich, daß man von öffentlich zugänglichen Wegen, Straßen und Plätzen aus fotographieren und veröffentlichen darf, und das macht Google Street View ja.
Im Hundertwasserfall ging es darum, daß jemand aus einem anderen Haus heraus fotographiert hat, also von einem Ort, wo die Öffentlichkeit nicht hinkommt. Dahin, wo Google seine Kamera hinhält, kommt aber jeder ohne weiteres hin. Also sagt gerade dieses Hundertwasser-Urteil nach meinem Verständnis, daß Google das eben tun darf.
Nach dem BGH-Urteil dürfte Google allerdings keine Satelliten- und Luftaufnahmen veröffentlichen, weil man in Grundstücksbereiche sehen kann, die nicht von der Straße aus einsehbar sind. Ich wüßte jetzt aber nicht, daß sich da jemand groß aufgeregt hat.
@VODAN
LOL, wer ist denn Eike Nielsen? Weißt Du, wer Inge Schmitt-Wäschke ist? Wenn man wegen einem halben Meter solche juristischen Verrenkungen macht ist man krank. Darf ich aus einem Bus oder LKW nicht photographieren? Luftbilder sind aber frei?!
Es gibt schon eine Liste der geschwärzten Gebiete:
> http://en.wikipedia.org/wiki/Satellite_images_censored_by_Google_Maps#Spain
Es wird nicht mehr lange dauern, dann kann man sich ein freies Land nacht der Liste der Googleschwärzungen aussuchen. Dann kann ich mir Arbeit sparen.
armes Deutschland
100%ige Zustimmung, Hadmut!
Carsten
—
Wir sind gerettet
http://www.hoesti.de/img/cartoons/baerchen-titanic.jpg
@Hadmut
Nein, MIR kommt es nicht auf die Höhe der Kamera ohne Leiter usw an, sondern dem BGH! Und das der BGH zur Rechtsanwendung Durchschnittswerte ansetzt, ist keine neue Erfahrung, dass wird immer praktiziert…bisher war es nie so, das ein Einzelextrem (beispielsweise ein 2,30-Meter großer Bundesbürger) als bundesdeutscher Durschnittswert für Urteile oder Gesetze zugrunde gelegt wurde oder wird. Es wird ja leider auch nicht der überdurchschnittlichhohe IQ von Professor XY aus Buxtehude als rechtlich als Grundlage gesehen, auch wenn ER diesen IQ hat!
Einhellige Ansicht über das Hundertwasser-Urteil in der Rechtssprechung ist, dass es um das generelle Fotografieren von erhöhten Punkten geht. Nach Vorgaben des BGH darf ICH als hier lebender, und fotografierender Bundesbürger Bilder, die ich aus einer Position wie es Google Street View macht, weder veröffentlichen, noch kommerziell verwerten (zumindest dürfte ich es nur so lange, bis mich jemand verklagt). Daher ist deine Frage, warum Alle es dürfen, nur Google nicht, falsch! Die Frage muss heissen, warum dürfen alle Bürger dieses Landes es per BGH-Urteil nicht, und Google darf es!?!?!?!?! Denn auch für Google gilt das Schutzland-Prinzip, wie es eben auch bei Dir und mir angewendet wird, wenn wir Bilder, die im Ausland unter anderen Urhebergesetzen entstanden, trotzdem hier nicht vertrieben werden können oder dürfen.
Wie bereits im anderen Thread geschrieben: Die deutsche Rechtssprechung scheint einen Unterschied zwischen rein privaten Fotos, die Du für dich zuhause zum angucken machst und denen, die Veröffentlicht und/oder kommerziell genutzt werden, zu machen. Vieleicht dürftest Du das privat genutze Bild auch nicht machen, aber wenn keiner weis, dass Du es hast (weil du es ja nicht veröffentlichst), kann man dich dafür auch nicht anzeigen….!
Der Umgang und die Zulässigkeit von Satelittenaufnahmen ist seit November 2007 durch das SatDSiG (= Satellitendatensicherheitsgesetz) geregelt und wird durch den Bund wahrgenommen.
@Carsten
Wenn Du – nach Definition des BGH – aus einer erhöhten Stelle, beispielseise von einer Mauer, einem Bus, einem Balkon oder einem LKW Fotos machst und diese publizierst kannst Du unter Umständen in rechtliche Konflikte geraten, ja. Du darfst aus einem Bus oder LKW fotografieren, du darfst die Bilder allerdings nicht ohne einholen von Nutzungs- und Verwetungsrechten betroffener Dritter veröffentlichen. Das UrhG ist richtig spannend, sollte man nicht nur gelegentlich mal googeln, sondern sich auch mal ein Buch zum Thema mit juristischen Kommentaren zulegen, bereitet richtig Frohsinn! Dann sieht man auch, dass man als Fotograf, egal wie profesionel man es betreibt, immer in Gesetzenkonflikt gerät…letztlich hilft nur Urteile zu produzieren, um Rechtssicherheit zu bekommen…aber selbst am Beispiel Hundertwasser-Haus siehst du ja, wie unterschiedlich man es auslegen kann
Bis 1990 waren Luftbilder genehmigungspflichtig und durften nur unter gewissen Bedingungen (beispielsweise dem Schutz militärischer Anlagen) ausgeführt werden. Heute unterstehen Luft- und Satelittenaufnahmen dem UrhG als Lichtbilder (im Gegensatz zu Lichbildwerken). Allerdings ist das nur die Kategorisierung…
…selbst wenn es rechtlich so wäre – die Konsequenzen sind unschön und gruselig.
Wo steht denn das vom BGH?
Aus 2,90 fotografieren i.d.R. nur wenige. Von daher ist das was google macht zumindest bisher nicht so üblich. Aber was wäre wenn google nicht eine Golf (oder was ähnliches) nehmen würde, sondern eine Feuerwehr-LKW und statt dem Blaulicht die Kamera draufmoniert?
Ich denke, einer der der Knackpunkte an der ganzen Sache ist wohl eher, daß Google diese Fotografieren systematisch macht und der Otto-Normal-Fotograf/Fotoreporter relativ wenige Bilder.
Ein weiterer Knackpunkt dürfte sein, daß die Fotos von Straßenzügen ohne Bezug zu weiteren Daten (insbesondere zu Personen) dürfte im Prinzip unkritisch sind (meine Meinung!). So wäre es sicher für die meisten Bewohner in der XY-Straße in Z-Stadt kein Problem, wenn ein Tourist sich über Streetview eine Überblick verschafft, ob es sich für Ihn lohnt, durch die Straße zu flanieren.
Die Probleme fangen dann an, wenn ich Streetview dazu benutze, um mal nachzuschauen, in welchem Umfeld z.B. ein Herr Danisch (oder irgendjemand anders) wohnt. Und da fast jeder, egal ob er will oder nicht, zumindest durch seine Haus- oder Firmenanschrift eindeutig mit Streetview verknüpft ist, sind da schon Probleme vorprogrammiert.
Von daher ist nicht das frotrafieren und veröffentlichen per se in meine Augen der Kasus knackus, sondern die Verknüpfung mit anderen Daten.
Allerdings weiß ich auch keine Patentlösung und man wird vermutlich einen (ggf. faulen) Kompromiß finden müssen.
yasar
Satellitendatensicherheitsgesetz
armes Deutschland
Carsten
—
http://3.bp.blogspot.com/_PmRD1JJV0bU/S12aGNEfGOI/AAAAAAAAFMI/DYwfsbn-z8A/s1600/gruene.jpg
> http://derstandard.at/1269448411000/Protest-in-Deutschland-Street-View-Auto-beschaedigt
Maschinenstürmerei
Die Menschen gehen gegen Kleinigkeiten und gegen ihre eigene Freiheit auf die Barrikaden. Für den wirklichen Abbau von Anstand, Sicherheit und Freiheit sind sie blind — wie immer.
Carsten
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Fundamentalismus
http://www.toonpool.com/cartoons/Fundamentalism_78169#img9
“ch habe so den Verdacht, daß wir uns da gerade ohne es zu merken selbst eine Kunst- und Pressezensur bauen. Und wer weiß, vielleicht hat das Aufwiegeln gegen Google Street View ja diesen Zweck.”
So in der Art sehe ich das auch. Einerseits dient Google so für den Unbedarften im Spiel “guter Cop, böser Cop” perfekt als böser Cop, kann dann gleichzeitig geeigneter Vorwand sein, einfach nur weitere Freiheiten einzuschränken.
Meine persönliche Meinung zu Streetview: Ein einmaliges Foto z.B. vom eigenen Haus ist als harmlos zu betrachten; dauerhafte Videoüberwachung, z.B. staatlicherseits, dagegen nicht. Insofern bin ich der Meinung, soll Google da nur machen, solange sie keine permanente Videoaufzeichnung installieren. 😉
@ Hadmut
Wo steht was vom BGH?
Na, die Höhenangaben…
BGH, Urteil vom 5. Juni 2003, AZ: I ZR 192/00, – Hundertwasser-Haus
“[…](2) Das Recht, ein an einer öffentlichen Straße oder einem öffentlichen Platz stehendes Bauwerk durch Lichtbild zu vervielfältigen und zu verbreiten, ist bereits nach § 59 Abs. 1 Satz 2 UrhG auf die äußere Ansicht beschränkt. Es entspricht einhelliger Auffassung im Schrifttum, daß sich dieses Recht stets nur auf die Teile des Gebäudes bezieht, die von der Straße oder dem Platz aus zu sehen sind (vgl. Vogel in Schricker aaO § 59 UrhG Rdn. 7 u. 20; Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 59 UrhG Rdn. 2; Gass in Möhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 59 Rdn. 15 u. 22; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 2. Aufl., Rdn. 505). Die Panoramafreiheit des § 59 UrhG rechtfertigt es nicht, im Wege der Fotografie die Rückseite oder den Innenhof von Gebäuden zu vervielfältigen, die lediglich mit ihrer Fassade an einer öffentlichen Straße oder einem öffentlichen Platz stehen. Ebenso ist die Luftaufnahme eines solchen Gebäudes nicht privilegiert, schon weil es Teile des Gebäudes zeigt, die von dem Weg, der Straße oder dem Platz aus nicht zu sehen sind.
(3) Darüber hinaus sind durch § 59 Abs. 1 UrhG nur Aufnahmen und Darstellungen des geschützten Werkes privilegiert, die den Blick von der öffentlichen Straße oder dem öffentlichen Platz aus wiedergeben. Die Schrankenbestimmung soll es dem Publikum ermöglichen, das, was es von der Straße aus mit eigenen Augen sehen kann, als Gemälde, Zeichnung, Fotografie oder im Film zu betrachten. Von diesem Zweck der gesetzlichen Regelung ist es nicht mehr gedeckt, wenn – etwa mit dem Mittel der Fotografie – der Blick von einem für das allgemeinen Publikum unzugänglichen Ort aus fixiert werden soll. Ist ein Bauwerk für die Allgemeinheit lediglich aus einer bestimmten Perspektive zu sehen, besteht nach dem Sinn der gesetzlichen Regelung keine Notwendigkeit, eine Darstellung oder Aufnahme vom urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrecht auszunehmen, die eine ganz andere Perspektive wählt (vgl. Vogel in Schricker aaO § 59 UrhG Rdn. 10; Lüft in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 59 UrhG Rdn. 8).[…]”
Auszug des Urteils beispielsweise unter: http://www.aufrecht.de/urteile/urheberrecht/bgh-urteil-vom-5-juni-2003-az-i-zr-19200-hundertwasser-haus.html
Ja, und? Da steht nichts von maximal 2,50 Meter. Da steht, daß der Aufnahmestandpunkt an einem öffentlich zugänglichen Ort sein muß, etwa eine Straße.
Google Maps fotographiert von der Straße aus und in einer Höhe, die man in meinem LKW oder Omnibus von den Plätzen aus auch locker erreicht, also unter öffentlich zählen muß.
Bzw. auch hier als PDF-Download im Rahmen der Pressemitteilung: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=3e8bfa1b66f92510ee68bf8d9b24ebd7&client=2&anz=1&pos=0&nr=27285
Was regste dich denn dann auf? Dann fotografiere und veröffentliche, was das Zeug hält, ich drücke Dir bei einer Klage alle Daumen! 😉
Ausserdem hab ich nichts von “maximal 205 Metern” gesagt! DU hast das ziemlich abstruse Beispiel eines 2,30-Meter-Mannes gebracht, der die Arme ausstreckt…ich sagte, dass die Rechtssprechung bei der Anwendung des § 59 UrhG einen “erhöhten Standpunkt” nicht anerkennt, nichts weiter!
Um eines mal klar zu machen: nur weil ich beruflich mit dem Urheberrecht zwangsläufig ständig zu tun habe und mich etwas in der Anwendung auskenne heisst das nicht, dass ich es selber gut finde!
Wie in meinem ersten Kommentar erwähnt, hatte ich letztes Jahr beim Bundesjustizministerium angefragt, wieso Google etwas darf, was mir der BGH durch das Hundertwasser-Urteil als Bürger des eigenen Staates verbietet. Daraufhin kam zurück, dass ich ja gegen Google klagen könne. Als ich denen mitteilte, dass ich das ja garnicht will (weil GOOGLE es dann verboten bekäme), sondern ich als Bürger vielmehr das gleiche Recht haben will, Objekte aus einer Höhe von +/- 3 Meter zu fotografieren, ohne eine Anzeige befürchten zu müssen, bekam ich keine Antwort mehr…
Insofern ist meine “Hoffnung”, dass wenn man gegen GOOGLE vorgeht GOOGLE bis in die letzte Instanz gehen wird, um Recht zu kriegen, und das könnte bedeuten, dass das EU-Gericht das BGH-Urteil kippt…dann dürfte das, was GOOGLE derzeit betreibt, jeder machen, der will…!
Korrektur: 2,50 Meter!
Hat zwar mit Streetview nichts zu tun, aber mit dem von Dir angesprochenen Problem der Bildrechte üebr Ländergrenzen hinweg.
http://de.news.yahoo.com/2/20100409/twl-grieche-will-wegen-verwechslung-mit-4bdc673.html
Spätestens, wenn die rumänischen, ungarischen, serbischen und anderen ost- und südosteuropäischen Einbrecherbanden dank flächendeckender Erfassung der lukrativen Objekte per google maps und streetview bequem von zuhause aus ihre Beutezüge in den deutschen und österreichischen Grenzprovinzen planen können, weil sie dank google vorher evtl. vorhandene Einbruchmeldeanlagen, Hunden, Schwachstellen in der Sicherung des Grundstücks und der Häuser, Zugriffs- und Fluchtwege auskundschaften können, und diese Einbrüche (falls es nur dabei bleibt, und nicht Personenschäden oder anderes hinzukommen) noch mehr um sich greifen, als es jetzt schon der Fall ist, spätestens dann dürfte auch dem Naivesten klar werden, dass google maps und streetview sehr wohl “evil” sind.
Es ist nämlich keineswegs lustig, wenn , wie in unserer Gemeinde wegen der zur Zeit hohen Kupferpreise wieder überall , auch von Friedhöfen, Kupfer- und Bronzeteile geklaut werden, und dies nicht nur einmalig, sondern wiederkehrend. Auch die “Kupfervorkommen” in deutschen Kommunen lassen sich mit streetview sehr gut auskundschaften…
Im übrigen: § 59 UrhG besagt, dass nur die äussere Ansicht eines Hauses verbreitet werden darf. Ich kenne aber kein Haus ohne Fenster und durch jedes Fenster kann man hindurchsehen – google streetview maskiert aber diese Fenster nicht, so dass man regelmässig eine mehr oder minder umfangreiche Sicht in den Raum hat. Solange die Fenster nicht gänzlich ausgepixelt werden, ist streetview illegal.
Sorry, aber das ist doch Käse.
Nur weil einem das Ergebnis nicht gefällt oder rumänische Banden es mißbrauchen könnten, wird es doch nicht automatisch rechtswidrig. Unerwünscht ja. Nachteilig auch. Aber nicht rechtswidrig.
Und die Argumentation mit dem Fenstern ist auch blödsinnig und an den Haaren herbeigezogen. Als ob man auf Bildern von Häusern die Fenster maskieren müßte. Sowas würde ich mir als Fotograph auch nicht bieten lassen. Außenansicht heißt, daß man beim Gucken außen steht. Ich könnte mich auch nicht erinnern, daß ich irgendwo schon mal Bilder von Häusern mit ausgepixelten Fenstern gesehen hätte. Ich glaub es geht los.
Aaaaaaaaaaaaah, mein Lieblingsthema!
Grundsätzlich darf Google das machen, was es unter seinem Projekt “Street View” versteht, aber nicht in der Form, wie sie es praktizieren!
§ 59 UrhG regelt den Bereich „Panoramafreiheit“, wonach ich nach einhelliger Rechtsauffassung – kurz zusammen gefasst – von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus natürlicher Haltung und ohne Hilfsmittel (wie Leiter, Hubschrauber, zehn Meter hohe Superstative, Balkone, Dächer, aus der Luft etc) Aussenansichten von Gebäuden und bleibende Kunstwerke ablichten und veröffentlich darf. Ein Stativ ist insofern erlaubt als das es die natürliche Haltung, also Blickhöhe, nicht übersteigt. (http://de.wikipedia.org/wiki/Panoramafreiheit)
Dies habe ich mit eMail vom 15.09.2009 aufgrund einer schriftlichen Anfrage von Herrn Dr. Eike Nielsen im Auftrag des Bundesministerium der Justiz bestätigt bekommen:
“Wie Sie ebenfalls zutreffend feststellen, hat die Rechtsprechung dieses Recht auf solche Lichtbilder begrenzt, die von einem für das Publikum allgemein zugänglichen Ort aus aufgenommen worden sind. Dies erlaubt die Aufnahme aus verschiedenen Perspektiven von ohne weiteres zugänglichen Orten im öffentlichen Raum. Gedeckt ist nur die Aufnahme von „an öffentlichen Wegen“ sichtbaren Werken. Damit ist es beispielsweise nicht erlaubt, unter Zuhilfenahme einer Leiter über eine Mauer oder Hecke hinweg ein Lichtbild anzufertigen. Auch hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Panoramafreiheit nicht solche Aufnahmen deckt, die beispielsweise von einem gegenüberliegenden Privathaus angefertigt werden und aus dem öffentlichen Raum so nicht sichtbar sind (Bundesgerichtshof v. 05.06.2003 „Hundertwasser-Haus“; in: GRUR 2003, 1035).”
Es reicht daher nicht alleine, die Paragraphen immerwieder zu rezitieren und sich zu wundern, das Käse Löcher hat, sondern wichtig ist die allgemeine Auslegung der Gesetze bei Gericht (was Du garantiert weisst, Hadmut! 😉 ). Grundsatzurteil in diesem Bereich ist das legendäre, auch vom BMJ angeführte BGH-Urteil zum “Hundertwasser-Haus” (http://de.wikipedia.org/wiki/Hundertwasserentscheidung).
Beschäftigt man sich nun mit der angeführten, allgemeingültigen Rechtsauslegung stellt man ziemlich eindeutig fest, dass GOOGLE mit der Art, wie sie Deutschland flächendeckend fotografieren, ganz klar gegen § 59 UrhG verstoßen – das auf dem Autodach angebrachte Stativ das die Rundum-Kameras auf eine Höhe von ca. 2,50 – 3,00 Meter bringt ist ganz klar keine “natürliche Höhe”, sondern vielmehr fast Höhe eines Balkonbodens im 1. Stock und somit im Bereich des Urteilgegenstandes des “Hundertwasserhaus”-Urteiles. (http://dailycontributor.com/wp-content/uploads/2009/11/google-street-view-roving-car-image.jpg)
Wenn es in anderen Ländern nichts vergleichbares zum deutschen §59 UrhG gibt, soll sich Google dran erfreuen und filmen, wie sie möchten – in Deutschland dürfen sie es aufgrund der Gesetzeslage in der Form, wie sie es praktizieren, nicht, da gibt’s nix dran rum zu diskutieren!