The Ring of Fire
Oder: Reisen bildet.
Wenn es irgendwo Erdbeben oder Vulkanausbrüche gibt, dann wird im (deutschen) Fernsehen oft dramatisch darüber berichtet. Wie schlimm und so, sind die Helfer schon auf dem Weg, haben die Suchhunde nach drei Tagen noch Überlebende gefunden, kommen genügend Zelte dorthin, wie fühlen sie sich. Interview mit irgendwelchen Leuten, die es gerade noch überlebt haben.
Soweit ich mich erinnern kann, wurde aber nie etwas darüber gebracht, warum Erdbeben gerade dort passieren. Als wären Erdbeben und Vulkane halt irgendwie zufällig über die Erde verteilt, und wer sowas abbekommen hat, hat eben Pech gehabt.
Nun war ich doch gerade in Neuseeland. Einem Land, das mit ständigen Erdbeben und aktiven Vulkanen lebt. Wo in manchen Gegenden der Schwefel und der heiße Wasserdampf aus den Gärten hinter den Häusern und den Gullis am Straßenrand kommt. Wo man sich notgedrungen, aber irgendwie auch aus Kultur und Allgemeinbildung heraus mit Erdbeben und Vulkanismus beschäftigt. Das ist dort sowas wie ein Nationalsport. Und dementsprechend intensiv wird es in Museen, Büchern usw. erläutert.
Was mir in meiner europäischen Ignoranz noch nie so klar aber dort sehr plastisch vorgestellt worden ist: „The Ring of Fire”
Nein, damit meine ich nicht das Lied von Johnny Cash und auch nicht die diversen anderen Bedeutungen (wobei dem Wikipedia-Artikel vorzuwerfen ist, daß er eine nicht unwesentliche Bedeutung unterschlägt), sondern den Begriff aus der Geologie, der das Phänomen beschreibt, daß Erbeben und Vulkane besonders stark auf einem Ring rund um den Pazifik vorkommen, eben dem sogenannten (Pacific) Ring of Fire.
Nach einer älteren Theorie über Vulkane hat die Erde halt einfach zufällig irgendwo tiefe schlotartige Löcher, wo es halt ab und zu beim Herumschwappen des Erdinneren mal heißes Zeug rausspritzt.
Die neuere Theorie bezieht sich auf die Plattentektonik, wonach Erdbeben und Vulkane nicht zufällig angeordnet sind, sondern immer entlang der Bruchstellen zwischen den Platten, aus denen die Erdkruste besteht und die sich gegeneinander verschieben. Und rund um die Pazifische Platte herum verschieben sich eben verschiedene Platten gegeneinander, was dazu führt, daß die Erdkruste dort nicht „zuwachsen” kann und öfters mal was aneinander reibt oder es mal spritzt.
Diese Plattenbewegungen kann man messen. Neuseeland beispielsweise steht auf mehreren Platten, und so verschieben sich die Landesteile bzw. sogar Städte gegeneinander ein paar Millimeter im Jahr. Im Museum gibt es große bewegliche Modelle, bei denen man mit einem Hebel die Bewegung dieser Platten in der Vergangenheit nachbilden und veranschaulichen kann. Es erklärt zum Beispiel auch, warum es in Neuseeland (an der Grenzstelle zwischen mehreren Platten) so viel Erdbeben und Vulkanismus gibt, in Australien (genau in der Mitte einer großen stabilen Platte) aber praktisch gar nichts davon vorkommt.
Das war alles sehr interessant und es macht Spaß, das im Museum zu erkunden.
Bemerkenswert ist dann aber, wenn man direkt im Anschluß daran, quasi zur weiteren Veranschaulichung oder als Naturbeweis, in kurzer Zeit Erdbeben erst (wie kürzlich) in Chile und dann (wie heute morgen) in Mexiko geliefert bekommt. Genau am Ring of Fire entlang, als ob jemand die Theorie beweisen wollte.
Verlängert man die Strecke Chile – Mexiko nach oben hin, dann kommt einem der Verdacht, daß das lange vorhergesagte große Beben in Kalifornien wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. Und daß der etwas nördlicher gelegene Yellow Stone Park, der eigentlich wie der Korken in einem Riesen-Vulkan steckt, über kurz oder lang komplett in die Luft fliegt, sagen ja auch schon manche voraus. Vielleicht sind die Staatsschulden und die Immobilienkrise nichts gegen die Probleme, die die USA bald haben werden. Wenn das da mal richtig losgeht, könnte ein Drittel der USA beschädigt werden. Zudem habe ich gehört, daß es am nordwestlichen Ende im Bundesstaat Washington geheime riesige (so in Hochhausgröße) unterirdische Tanks gibt, in denen sie ihren ganzen radioaktiven Abfall seit den fünfziger Jahren, vor allem vom Bau von Atombomben, flüssig lagern. Und daß sie die Suppe aber schon lange nicht mehr im Griff haben (ich hab mal in Dresden einen Bericht darüber im Radio gehört, der so spannend war, daß ich mitten in der Stadt während einer Autofahrt eine halbe Stunde geparkt habe, nur um den Bericht ungestört zu Ende hören zu können). Da haben sie angeblich ein paar Fehler beim Hin- und Herpumpen gemacht, und nun brodelt und kocht da etwas, was die Tanks nicht mehr lange halten. Das ist angeblich so radioaktiv, daß kein Mensch da noch hinkann, und selbst mit Robotern gibt es enorme Probleme. Es heißt, daß wenn einer dieser Tanks platzt und die Suppe ins Grundwasser läuft, die westliche Hälfte der USA unbewohnbar werden könnte.
Und wenn man jetzt berücksichtigt, daß da gerade die Erdbeben so von Süden her die Kante der Pazifik-Platte heraufziehen…
Wow.
Das Modell erklärt sehr gut die Lage von Vulkanen und Erdbebenregionen,
8 Kommentare (RSS-Feed)
Keine Ahnung, ob das in BW zur Geographie gehört. Ich habe die 5. bis 13. Klasse in Rheinland Pfalz verbracht.
Und der Geographie-Unterricht, den ich genossen habe, war so grauenhaft schlecht, daß das eines meiner absoluten Horrorfächer war. Zudem richtig schlechte Lehrer, die einem wirklich jeden Spaß und Elan genommen haben. Spaß und Interesse an Geographie habe ich erst nach der Schule bekommen.
Ich weiß zwar, daß wir in der Schule mal das mit den Platten irgendwann dran hatten, aber an einen Zusammenhang mit Vulkanen und Erdbeben kann ich mich nicht erinnern. Geographie im Schulunterricht heißt in meiner Erinnerung nur Auswendiglernen von endlosen Tabellen wie Niederschlagszahlen, Getreidemengen, Eisenerzfördermengen und Bruttosozialprodukten. Und immer wieder der Scheiß, daß man in der Klassenarbeit irgendwelche Landkarten aus dem Gedächtnis zeichnen sollte. Reines stupides Auswendigpauken, überhaupt nichts zum Verstehen.
Der Horror fing schon in der 5. Klasse an. In Rheinland-Pfalz muß man die Schulbücher selbst kaufen. Also ist jeder mit der Einkaufsliste in den Buchladen. Geographie: “Diercke-Atlas”. Damals war gerade der neuere, bessere mit buntem Einband erschienen, den haben wir damals gleich gekauft. Und dann in der Schule der Schreck: Der Lehrer bestand darauf, den wieder zurückzubringen und gegen den alten, großen, braunen Atlas im 50er-Jahre-Stil zu tauschen, weil der keinen Bock hatte, sich selbst einen neuen zu kaufen und sich umzugewöhnen. Und dann war der alte Atlas noch zu groß für meinen Schulranzen. Ist doch zum Kotzen, sowas.
Und auch sonst könnte ich mich nicht erinnern, daß mir der Ring of Fire in unserem Kulturkreis schon mal über den Weg gelaufen wäre. In den sehr modernen Museen in Neuseeland wurde er teils als noch von der Lehre abweichende Theorie dargestellt, zu der immer mehr Geologen überlaufen. Unter anderem auch deswegen, weil erst neuere Meßmethoden die Plattenbewegungen genau erfassen und die Theorie bestätigen können.
Ich habe mal einen 150 Jahre alten Schulatlas in der Hand gehabt. Afrika war da noch eine weiße Fläche mit einer diagonalen Aufschrift “Größtenteils unerforscht”. Ich bezweifle, daß die sich da schon über die genauen Plattenbewegungen und deren Grenzen im Klaren waren.
Daß sich die Vulkane besonders an diesen Kanten entlang häufen, war mir neu. Ich wußte zwar, daß z. B. vor Kalifornien eine Spalte verläuft und des deswegen dort oft rumpelt, aber habe deren globalen Zusammenhang nicht gesehen.
Vom Yellowstone heißt es ja, daß es nicht mehr lange dauern kann, weil sich der “Deckel” schon hebt. Und wenn das jetzt von Chile und Mexiko so da hochzieht, könnt’s da langsam rundgehen. Ich Kalifornien ist ja auch schon einiges kaputtgegangen.
(Fast) passend zum Thema:
ZUm Thema:
Meine EK-Lehrer haben damals Plattentektonit und die damit einhergehenden aktivitäten durchgenommen (und es war interessant). Auch den “Ring of Fire” haben wir durchgenommen, auch wenn nicht unter diesem Namen. Insbesondere auch, warum im Mittelmeerraum es viel mehr Erdbeben und vulkanische Aktivitäten gibt als in Mitteleuropa (Da stoßen im wesentlichen die afrikanische und die eurasische Platte zusammen.
Auch die San-Andreas-Verwerfung war ein Thema.
Das Ganze fand an einem Gymnasium in Nordbaden statt. (1974-1983)
PS: Ich habe damals den braunen Diercke gekauft, meine Frau und inzwischen zwei meiner Kinder haben den bunten. Ich finde den braunen immer noch am Besten, auch wenn manche Daten natürlich nicht mehr aktuell sind.
Ist das dieses Ding?
Könnte sein.
Auch das passend zum Thema, wenn auch schon 2 Jahre alt:
http://medien.wdr.de/m/1206475200/quarks/wdr_fernsehen_quarks_und_co_20080325.mp4
“Neuere Theorie”? Meines Wissens nach ist die so in etwa 100 Jahre alt! man Alfred Wegener! Gehört das in BW nicht zum Kanon in Geographie?
Natürlich sind Plattenbewegungen nicht reibungslos, sondern die Platten verhaken sich ineinander, was der Grund für Erdbeben und Vulkane ist.
Richtig gefährlich leben aber die Leute, die sich mitten auf der Platte an einen Vulkan setzen. Von der Sorte gibts zwar weniger, aber dafür sind die bestehenden auch gefährlicher. Sogenannte Hot Spots. Auch klar: Wenn sich ein Vulkan mitten auf der Platte bildet, stecken da auch entsprechende Kräfte dahinter. Und die werden bei einem Ausbruch freigesetzt.
Ach ja, was Yellowstone betrifft: Such mal nach dem Erdbeben von Los Angeles (1920er Jahre). Es gibt auch ein Bild von einer Straße in der Nähe von LA, zum heutigen Zeitpunkt, wo die an einer bestimmten Stelle immer und immer wieder ausgebessert wurde. Nein, die Bauarbeiter haben nicht geschlampt, dort ist einfach eine Plattengrenze. Und die geht AFAIK aus bis zum Yellowstone, und dann noch weiter.
Und Forscher haben doch auch den Yellowstone-Vulkan gefunden, oder? Und zwar ist der ganze Park ein Vulkan. Wenn der hochgeht, sollte man sich nicht im Umkreis von IIRC 100km aufhalten.